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Freiräume Wuppertal

RISS+LÜCKE BLEIBT!

AKTIONSTAG GEGEN GEPLANTE RÄUMUNG DES WAGENPLATZES RISS + LÜCKE
Eine Gruppe von politischen Menschen hält nun seit schon fast drei Wochen ein Grundstück am Mirke Bahnhof in Wuppertal besetzt. Die Gruppe, die sich Riss + Lücke nennt, hat dort begonnen einen Bauwagenplatz aufzubauen.
Die Fläche ist rechtliches Eigentum eines Tochterunternehmens der Deutschen Bahn, namens AURELIS. Es liegt nun seit 15 Jahren brach, es verrottet und erstickt zusehends im Müll. Diesen Zustand hat die Gruppe Riss + Lücke, die seit geraumer Zeit eine Fläche für ihr Wohn- und Lebensprojekt sucht, ein Ende gesetzt.
Riss + Lücke besteht aus Menschen, die ihren Zustand in der Gesellschaft als prekär empfinden, wie es in der kapitalistischen Gesellschaft leider üblich ist:
Hartz IV EmpfängerInnen, StudentInnnen, Flüchtlinge, Lohnabhängige und viele Andere, sie alle werden von immer weitergehenden Beschneidungen ihrer Möglichkeiten und zunehmendem Sozialkahlschlag heimgesucht.
Es gibt eigentlich keinen sicheren Zweig, auf den mensch sich in der kapitalisierten Gesellschaft retten kann, ohne dabei jede Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung zu opfern. Beim ständigen Kampf um eine Verbesserung, oder öfter noch, nur eine einfache Sicherung der Lebensverhältnisse, sind die meisten nur Verlierer, während nur wenige Menschen Teilerfolge erzielen.
Das Projekt Riss + Lücke soll genau hier eine Alternative sein. Die Gruppe versucht ihren Lebensstandard zu verbessern, indem sie sowieso ungenutzten Raum nutzbar macht, um anders und schöner Leben zu können. Sie lehnt es aber entschlossen ab, als Lohnsklave den Konkurrenzkampf gegen ihre Mitmenschen zu führen, sondern will in einer gemeinschaftlichen Form für die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse kämpfen, ohne dabei anderen etwas wegzunehmen, oder in ihren Bedürfnissen einzuschränken.
Auch wenn die einzelnen BewohnerInnen oft noch gezwungen sind, sich dem kapitalistischen Strom zu fügen, versuchen sie mit dem Projekt Riss + Lücke wenigstens Abstand von den Verwertungsinteressen der kapitalistischen Gesellschaft zu nehmen.
So ist eine Wohngemeinschaft gestaltet worden, wo viele Diskussionen geführt werden und eine unkommerzielle Kultur nach außen getragen wird, die fernab vom Mainstream steht. Die Gruppe versucht hierarchiefrei und selbstbestimmt zusammen zu leben, zu wohnen und zu arbeiten und will sich einen Schutzraum vor gesellschaftlichen Unterdrückungsmechanismen aufbauen:
Denn in dieser Gesellschaft werden immer noch Menschen in Frau oder Mann, hetero- oder homosexuell, farbig oder nicht, Deutscher oder Migrant, Arm oder Reich kategorisiert. Diese Einteilung erfolgt aufgrund oberflächlicher Merkmale, hinter die der Mensch als Mensch völlig zurücktritt und damit auf oder abgewertet wird. So werden Menschen, die auf diese Weise gewertet und eingeteilt werden, gleichermaßen unterdrückt, gespalten und vereinzelt. Sie stehen letztlich gegeneinander und können so nicht solidarisch zusammenleben.
Die Menschen von Riss + Lücke sehen sich selbst auch auf diese Weise kategorisiert und versuchen sich durch das Projekt von diesen Mechanismen zu lösen, um als Individuen wahrgenommen zu werden.
Nun hält Riss + Lücke das Gelände seit knapp drei Wochen besetzt. In dieser Zeit gab es bereits mehrere Veranstaltungen, wie Filmabende, Umsonstessen und verschiedene Workshops. Viele weitere Projekte sind in Planung, wie ein Umsonstladen und Bücherei, Kräuterbeet, anarchistischer Lesekreis, Konzerte und andere politische Veranstaltungen.
Auch gab es bereits viele anregende Gespräche mit interessierten BesucherInnen und AnwohnerInnen.
Selbst Gespräche mit dem rechtlichen Verwalter des Grundstücks, der Liegenschaftsverwaltungs- und Spekulationsfirma EPM ASSETIS aus Düsseldorf erschienen positiv. So gab es die feste Zusage von EPM ASSETIS auf Gespräche, über die weitere Nutzung des Geländes, die in dieser Woche stattfinden sollten.
Doch statt Gesprächen wurde am Morgen des 2. Mai 2006 der Gruppe unter völlig übertriebenen Polizeiaufgebot unter ohrenbetäubenden Sirenengeheul Briefe von EPM ASSETIS übergeben. In diesem Schreiben wird die Gruppe unter Androhung einer Zwangsräumung aufgefordert, das Gelände bis zum kommenden Sonntag, den 7. Mai komplett zu räumen.
Das Gelände liegt nun seit 15 Jahren brach und verkommt zur Mülldeponie. Und wenn Riss + Lücke am Sonntag wirklich gehen muss, wird es sicherlich auch die nächsten 15 Jahre brach liegen.
Die Bahn, beziehungsweise ihr Geflecht aus Subunternehmen hat kein anderes Argument für die Räumung als ihr Eigentumsrecht an dem Grundstück. Denn dieses Stück Land soll in gar keiner Form für Menschen nutzbar gemacht werden. Es dient, wie unzählige andere Bahnflächen quer durch die Republik auch, lediglich dazu, dass finanzielle Volumen der Bahn beim geplanten Börsengang künstlich aufzublähen. Das funktioniert, in dem sie das Gelände zu einem völlig überhöhten Preis an ein Tochterunternehmen namens AURELIS verkauft und auf dem Papier damit Mehrwert bekommt. Dieser Preis schreckt mögliche Nutzer ab und das Gelände verweist weiterhin.
Das Projekt Riss + Lücke fällt nun genau der politischen bzw. wirtschaftlichen Linie zum Opfer, gegen die es sich stellt. Nämlich der absoluten Kommerzialisierung von Allem und Jedem, wobei die einzelnen Bedürfnisse der Menschen gänzlich auf der Strecke bleiben. Dieser Vorstellung hängt natürlich auch die Bahn und ihr Konsortium aus Maklerfirmen, als rein gewinnorientiertes Konglomerat an. Denn eigentlich gibt es keinen Grund für diese Unternehmen das Projekt zu zerschlagen. Für sie geht es nur ganz grundsätzlich darum keine Gegenbewegung zuzulassen. Denn die Kontinuität von Vertreibung alternativer Freiraumprojekte nimmt kein Ende. Überall werden freie Wohn- und Lebensprojekte, die sich emanzipieren, wie Plan B in Oberhausen, Bambule in Hamburg, die Schattenparker in Freiburg, Okupaqueer in Barcelona, die Ex-Steffi in Karlsruhe, das Ungdomshuset in Kopenhagen ,das OBW 9 in Stuttgart und viele andere kriminalisiert und vertrieben oder massiv bedroht, wie die Alte Meierei in Kiel, Les 400 couverts in Grenoble, das Walli in Lübeck oder die KTS in Freiburg.
Doch genau in einer Gesellschaft in der Ausbeutung und soziale Ausgrenzung immer extremer werden, in einer Gesellschaft, in der diese immer skrupelloser von Staat und Kapital durchgesetzt werden, in einer Gesellschaft, wo jeder Versuch von Emanzipation davon in Keim erstickt wird, ist es notwendiger denn je seine eigenen Freiräume zu erkämpfen und zu verteidigen!
Deshalb fordern wir:
sofort Verhandlungen mit ASSETIS
die volle Unterstützung der Stadt Wuppertal zur Schaffung eines Freiraumprojekts am Mirker Bahnhof
Legalisierung des Platzes Riss + Lücke und unserer Lebens- und Wohnform
Darum kommt am Samstag um 14 Uhr zum Aktionstag mit überregionaler Solidemo für Riss + Lücke unter dem Motto „Bauwagen statt Bausparen“ am Kerstenplatz in Wuppertal (aus dem Tunnel vorm Hauptbahnhof geradeaus bis zum Brunnen vor dem Rathaus).
Im Anschluss findet auf dem Platz die „Platzparty ins Fristende!“ mit Live-Musik, Volxküche, Feuertonne, politische Diskussionen und jede Menge Sommer, Sonne, Bauwagenplatz statt.
Denn wir lassen uns nicht in die Schablonen pressen, die tausendfach für uns ausgelegt sind! Wir wissen, wie wir leben wollen, und das macht uns niemand kaputt!
Für Wagenplätze hier und überall!
Für ein freies und selbstbestimmtes Leben, hier und überall!
Riss + Lücke muss bleiben!