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Anti-Knast Wuppertal

Es geht nicht nur um Molche…

Diskussion über den neuen Jugendknast in Wuppertal Ronsdorf
21. April 2009 – 19:00 Uhr
Gemeindehaus der katholischen Kirchengemeinde St. Joseph (1. Etage)
Remscheiderstr. 8 – Wuppertal-Ronsdorf
mit:
– Klaus Jünschke, Projekt Haftvermeidung Kölner Appell
– Jürgen Heimchen, Vorsitzender des Bundesverbandes der Elternverbände für akzeptierende Drogenarbeit
– Kurt Feisel, Gefängnispfarrer i.R
Moderation: Prof. Heinz Sünker, Universität Wuppertal
VeranstalterInnen: Wuppertaler Sozialforum, Stiftung W., Tacheles e.V.
Seit der Öffentlichkeit bekannt ist, dass im ökologisch wertvollen Landschaftsschutzgebiet Scharpenacken eine neue Justizvollzugsanstalt gebaut werden soll, erhebt sich zu Recht der Protest der UmweltschützerInnen und AnwohnerInnen. Demonstrationen und Unterschriftenlisten, Veranstaltungen und Klagen gegen die Bebauung versuchen bis heute die Bebauung des Scharpenacken zu verhindern.
Kein Thema ist bisher der Jugendknast selbst. Was passiert mit den Menschen hinter den Mauern. Welches Konzept von „Strafvollzug“ steckt hinter dem Jugendgefängnis. Wir haben daher Sachverständige und KritikerInnen des bundesdeutschen Gefängnissystems eingeladen.
Zum Hintergrund:
www.jugendliche-in-haft.de
Seit Anfang der 1990er Jahre wendet sich das Projekt Haftvermeidung des Kölner Appells gegen „Law and Order“,und fordert statt der Bekämpfung der Armen die Überwindung der Armut und weist immer wieder darauf hin, dass sich Kriminalitätsursachen nicht abschieben lassen.
Heute sind die Gefängnisse überfüllt,Tausende von Überstunden der dort Beschäftigten verweisen auf den Personalnotstand und die öffentliche Debatte ist nicht mehr von „Hilfe statt Strafe“ sondern von der Forderung nach mehr Härte gegen die Menschen geprägt, die strafbare Handlungen begangen haben. Selbst die 80%ige Rückfallquote bei Jugendlichen, die zu einer Haftstrafe ohne Bewährung, verurteilt worden waren, konnte daran nichts ändern und es wird am Gefängnis als Antwort auf schwere Straftaten festgehalten. In den ersten Beschlüssen nach dem so genannten Foltermord in der Jugendanstalt Siegburg hat das Justizministerium von NRW „zur Entspannung“ neue Haftplätze versprochen.In Wuppertal soll daher ein ganz neues Jugendgefängnis mit 500 Haftplätzen entstehen und es wird alles ignoriert was seit 100 Jahren von Kritikern des Gefängnisses gesagt wurde. Warum wird angesichts der Hohen Rückfallquoten blind und verbissen daran festgehalten, dass das Gefängnis eine Lösung im Umgang mit delinquenten Jugendlichen bieten könne?
Sogar der ehemalige Leiter der JVA Köln-Ossendorf, Jörn Foegen, hat immer wieder betont, dass er bei einer an Leidverminderung orientierten Drogenpolitik ein Drittel aller Zellen dicht machen könnte. Er betonte auch immer wieder, er sei Gefängnisdirektor und kein Klinikchef. Fast die Hälfte aller Gefangenen haben Drogenprobleme und sind deshalb direkt oder indirekt mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Auch die Polizeichefs aller nordrhein-westfälischen Großstädte würden es begrüßen, wenn Heroin als Medikament zugelassen würde.
Was getan werden kann, liegt auf der Hand, für jede und jeden, der sich die Biographien der inhaftierten Jugendlichen und Heranwachsenden ansieht.. Die von innerfamiliärer Gewalt geprägte Kindheit ist Teil des Aufwachsens auf der Straße, des Herausfallens aus der Schule und der Berufsausbildung und der Arbeitslosigkeit. Es ist die Erwachsenengesellschaft, die dafür verantwortlich ist, dass tausende von Kindern und Jugendlichen auf der Straße verwahrlosen und verrohen und die Schulen ohne Abschluss verlassen und schließlich keinen legalen Wegen zum Geldverdienen mehr sehen. Die Kinder- und Jugendhilfe kann auf all diese Entwicklungen angemessen reagieren, wenn sie mit den entsprechenden Personal und Mitteln ausgestattet wird. „Menschen statt Mauern“ ist eine Parole der Kinder- und Jugendhilfe – für eine Gesellschaft ohne Jugendgefängnisse. Wer das für Utopie hält, muss sich nur die Schweiz ansehen, wo es keine Jugendgefängnisse gibt, oder die skandinavischen Staaten, mit ihren viel geringeren Inhaftierungsraten.