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Antifaschismus

Keine Staatenimmunität für NS-Kriegsverbrechen! Auf nach Den Haag!

12. bis 16. September
Verhandlung Deutschland vs. Italien vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag

Zehntausende Zivilist_innen wurden ermordet
Zehntausende Zivilist_innen sind es, die von der Wehrmacht oder eingegliederten SS-Einheiten während der Besatzung Griechenlands und Italiens im Zweiten Weltkrieg massakriert und gemordet wurden.
Zehntausende, die zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurden.
Gemeinsam trifft sie, dass sie bis zum heutigen Tage von der Rechtsnachfolgerin des verbrecherischen „Dritten Reichs“, der Bundesrepublik Deutschland, keine Entschädigung erhalten haben. Keinen Cent für die niedergebrannten Häuser, für verwüstete Ortschaften, keine Entschädigung für den Verlust ermordeter Eltern, Kinder, Geschwister.
Keine Entschädigung für jahrelange Ausbeutung durch Zwangsarbeit (Nur ein kleiner Teil ehemaliger NS-Zwangsarbeiter_innen erhielt symbolische Zahlungen aus der Stiftung EVZ). Der Grundsatz der offiziellen deutschen „Wiedergutmachungs“-Politik ist: Sonntagsrhetorik und Erinnerungskultur ja, aber keine Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung – und: das Geld bleibt hier.
Deutschland verweigert jede Entschädigung
Des Wartens leid haben Hunderte Personen in den letzten zwei Jahrzehnten geklagt und bis zu den höchsten Gerichten Griechenlands und Italiens Recht bekommen. In den Urteilen heißt es jeweils, die von Deutschland vorgebrachte Staatenimmunität gelte nicht für die verbrecherischen Handlungen der Besatzungsmacht. Viele Millionen Euro schuldet Deutschland inzwischen den ehemaligen Zwangsarbeiter_innen, den Überlebenden und Angehörigen der Ermordeten der Massaker von Distomo, Kalavryta, Civitella, Marzabotto, Falterona, Mommio, Cevarolo, Monchio, Morello, … Doch die bundesdeutschen Regierungen lassen nichts unversucht, die Opfer um ihre berechtigten Ansprüche zu prellen.
Griechenland und Italien: Es gibt einen Rechtsanspruch der Opfer
Die Überlebenden des Massakers deutscher SS-Truppen im griechischen Distomo, wo am 10. Juni 1944 218 Menschen ermordet wurden, haben bereits im Jahr 2000 vor dem Obersten Gerichtshof Griechenlands (Areopag) ein rechtskräftiges Urteil gegen die Bundesrepublik Deutschland erstritten, wonach diese ca. 28 Mio. Euro plus Zinsen an die Kläger zahlen muss. Die Bundesregierung verhinderte die Durchsetzung des Urteils und nötigte die griechische Regierung, die begonnene Zwangsversteigerung deutscher Liegenschaften (Goethe-Institut) zu stoppen.
Nachdem in einer Aufsehen erregenden Entscheidung im Juni 2008 der Oberste Gerichtshof in Rom die Vollstreckung der Ansprüche in deutsches Staatseigentum in Italien erlaubte und daher die Opfer des Massakers im griechischen Distomo mit der Pfändung der deutschen Villa Vigoni am See von Como begannen, erhob Deutschland Klage gegen Italien vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Deren Ziel sei es, „die ungesetzliche Praxis der italienischen Gerichte zu stoppen, die ihre [Deutschlands] Souveränitätsrechte verletzt“. Der Internationale Gerichtshof solle grundsätzlich feststellen, dass Privatpersonen keine Befugnis haben, Klagen vor den Gerichten eines Staates gegen einen anderen Staat zu erheben.
Deutschland stiehlt sich aus der Verantwortung
Mit der Klage will Deutschland die unabhängige italienische Justiz mit Hilfe des UN-Weltgerichts konterkarieren, will Italiens Souveränität unterhöhlen und sich selbst aus der finanziellen Verantwortung für seine Geschichte stehlen.
In dem Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof haben die Betroffenen, die Opfer der NS-Verbrechen, die Überlebenden und Angehörigen, keine Beteiligungsrechte. Sie werden mit ihren Argumenten nicht gehört und haben keine Antragsrechte. Der Prozess selbst stellt schon einen Versuch dar, die deutsche Hegemonie durchzusetzen: Der IGH sollte nicht dafür zuständig sein, einem Staat zu erlauben, in die Rechtsprechung eines anderen Staates einzugreifen.
Wenn Deutschland gegenüber den Opfern der NS-Kriegsverbrechen von der Haftung frei bliebe, wäre das ein verheerendes Signal auch für gegenwärtige (z.B. in Afghanistan) und zukünftige Kriege. Dies gilt es zu verhindern.
Gerade darum wollen wir zusammen mit griechischen, italienischen und slowenischen Opfern Nazi-Deutschlands vor dem Internationalen Gerichtshof dagegen protestieren und für die sofortige Auszahlung der Entschädigungen demonstrieren.
Für die sofortige Entschädigung aller NS-Opfer! Keine Staatenimmunität für Kriegsverbrechen! Abweisung der Klage Deutschlands durch den Internationalen Gerichtshof!
Programm in Den Haag
Sonntag, 11. September 2011
20.00 Uhr: Informations- und Diskussionsveranstaltung im Autonomen Zentrum, Willem van Outhoornstraat 17
Montag, 12. September 2011
9.00 Uhr: Kundgebung vor dem Internationalen Gerichtshof
10.00 – 13.00 Uhr: Besuch der Gerichtsverhandlung und Infopoint vor dem Gerichtshof, Carnegieplein 2, Den Haag ¹
18.30 Uhr: Vorstellung eines völkerrechtlichen Gutachtens für Amnesty International zur Frage Entschädigung und Staatenimmunität
Den Haag Universität für Angewandte Wissenschaften, Johanna Westerdijkplein 75
Dienstag, 13. September 2011
10.00 – 13.00 Uhr: Besuch der Gerichtsverhandlung ¹
¹ Für den Besuch der Gerichtsverhandlung ist eine Anmeldung bis zum 8.9.11 erforderlich: http://www.icj-cij.org/docket/files/143/16590.pdf
http://keine-ruhe.org/