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Antirassismus & Migration

700 x 50 Euro für unabhängigen Brandgutachter

Oury Jal­loh – Das war Mord!
Wir for­dern Auf­klä­rung und Ge­rech­tig­keit!

Am 7. Januar 2005 ist Oury Jalloh im Polizeirevier Dessau bei lebendigem Leib verbrannt. Bis heute ist nicht geklärt, was an diesem Tag in Zelle Nr. 5 tatsächlich geschehen ist. Während Verwandte, FreundInnen und die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh von Mord sprechen, wurde im ersten Prozess gegen zwei Polizisten lediglich Anklage wegen „fahrlässiger Tötung“ bzw. „fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge“ erhoben. Der Prozess endete mit einem Freispruch, obwohl sich PolizeizeugInnen in eklatante Widersprüche verwickelt hatten. Am 7. Januar 2010 kassierte der Bundesgerichtshof in einer spektakulären Entscheidung das Urteil des Dessauer Landgerichts. Der Fall wurde nun seit zwei Jahren vorm Landgericht Magdeburg neu verhandelt.
Stel­lung­nah­me der In­itia­ti­ve in Ge­den­ken an Oury Jal­loh e.V. nach dem Ur­teil des Mag­de­bur­ger Land­ge­richts (13.12.2012)
Wie viele von uns wer­den sie noch töten?

Mit Wut und Trau­er be­geg­nen wir dem Ur­teil des Land­ge­richts Mag­de­burg. Wut, weil auch diese Kam­mer die dring­li­che Mord­fra­ge nicht auf­klä­ren woll­te. Trau­er, weil wir im Ge­richts­saal ein wei­te­res Mal die rich­ter­li­che Ver­höh­nung des Op­fers er­tra­gen muss­ten, die De­mü­ti­gung ge­gen­über der Fa­mi­lie und der Freun­de von Oury Jal­loh. Diese for­dern ein­fach nur Auf­klä­rung der To­des­ur­sa­che, keine Lü­gen­ge­schich­ten und Ver­tu­schun­gen mehr!
Nach dem skan­da­lö­sen Frei­spruch in Des­sau 2008 er­folg­te in Mag­de­burg zwar eine Ver­ur­tei­lung des An­ge­klag­ten. Wir be­wer­ten diese je­doch als Farce. Schu­bert wurde als Bau­ern­op­fer vor­ge­führt, um einen rechts­staat­li­chen An­schein zu wah­ren. Die Ver­ur­tei­lung ist das ge­rin­ge­re Übel, das Sach­sen-An­halt auf Jus­tiz­ebe­ne in Kauf neh­men mußte, um den „Fall Oury Jal­loh“ end­lich vom Tisch zu haben. Die­ser könne oh­ne­hin nicht mehr auf­ge­klärt wer­den sagen die Jus­tiz­be­hör­den und geben vor, alles Mög­li­che getan zu haben. Ab­so­lut nicht!
Das Ge­richt woll­te sich, an­ge­sichts der neuen In­di­zi­en­la­ge, die immer ein­deu­ti­ger in Rich­tung Mord weist, so schnell wie mög­lich aus der Af­fä­re zie­hen. Ein schnel­les Ur­teil mußte her, ob­wohl die Wi­der­sprü­che zum Him­mel schrei­en. Es kam so­wohl in Des­sau als auch in Mag­de­burg nicht dar­auf an „Recht“ zu spre­chen, son­dern nur dar­auf, dass über­haupt ver­han­delt wurde. In Mag­de­burg wurde ein­mal mehr deut­sche Rechts­staat­lich­keit vor­ge­gau­kelt, um einen ras­sis­ti­schen Mord, be­gan­gen durch Po­li­zis­ten aus Sach­sen-An­halt, zu ver­tu­schen. Es kann eben nicht sein, was nicht sein darf.
Es war für uns daher nicht über­ra­schend, wie das Ge­richt letzt­lich ge­ur­teilt hat. Be­reits im März 2012 hat die Ne­ben­kla­ge­ver­tre­tung einen ent­spre­chen­den Be­fan­gen­heits­an­trag gegen die Kam­mer ge­stellt, weil sie er­kannt hatte, dass die Rich­ter nicht be­reit waren, die Auf­klä­rung der To­des­ur­sa­che vor­an­zu­trei­ben. Wir sehen das Ur­teil aus Mag­de­burg als einen schwer­wie­gen­den Be­weis dafür, dass die rich­ter­li­che „Un­ab­hän­gig­keit“ an ihre Gren­zen stößt und Ge­wal­ten­tei­lung of­fen­sicht­lich nicht ge­währt ist, weil sie sich den in­nen­po­li­ti­schen In­ter­es­sen­la­gen Sach­sen-An­halts un­ter­ord­net. Die Kam­mer in Mag­de­burg hat sich in die­ser Hin­sicht selbst vor­ge­führt.
Des­halb ist für uns die Er­stel­lung eines neuen, un­ab­hän­gi­gen Brand­gut­ach­tens, das nicht auf rich­ter­li­che Vor­ga­ben be­schränkt ist, umso be­deut­sa­mer. Ent­ge­gen der unglaub­li­chen An­naha­men der Straf­kam­mer und des Staats­an­wal­tes, sind wir über­zeugt, dass die To­des­ur­sa­che von Oury Jal­loh auf­ge­klärt wer­den kann und muß!
Der Kampf geht wei­ter!
Die Ne­ben­kla­ge­ver­tre­tung hat im Namen der An­ge­hö­ri­gen von Oury Jal­loh die Re­vi­si­on ein­ge­reicht. Vorraus­sicht­lich Mitte Ja­nu­ar 2013 wird ein in­ter­na­tio­na­ler Brand­gut­ach­ter mit Ver­su­chen be­gin­nen, die erst­mals das Ab­bren­nen der Ma­trat­ze mit Brand­be­schleu­ni­gern be­inhal­ten wer­den. Wir er­war­ten Er­geb­nis­se, die den Jus­tiz- und Si­cher­heits­be­hörden in Sach­sen-An­halt auf­zei­gen wer­den, dass ihre Selbst­ent­zün­dungs­hy­po­the­se in kei­ner Weise rea­lis­tisch ist. Wir dan­ken allen bis­he­ri­gen Spen­dern für ihre So­li­da­ri­tät und rufen zu wei­te­ren Spen­den auf, die hel­fen sol­len, end­lich die Wahr­heit ans Licht zu brin­gen.
700 x 50 Euro für unabhängigen Brandgutachter
Bis heute fußt die Klage der Staatsanwaltschaft auf der Annahme, dass Oury Jalloh trotz Fixierung an Armen und Beinen mit einem Feuerzeug seine feuerfeste Matratze selber angezündet habe. Das fragliche Feuerzeug ist jedoch erst zwei Tage nach dem Brand aufgetaucht. Zudem wurde bei einer erneuten Untersuchung dieses Feuerzeugs ganz klar festgestellt, dass es sich zur Brandzeit nicht am Brandort befunden haben kann. Denn es weist keinerlei Materialspuren der Matratze oder der Kleidung von Oury Jalloh auf. Mit diesen hätte es aber verschmolzen sein müssen. Ebenfalls verschwunden sind die Videobänder von der Durchsuchung der Zelle, hinzu kommen weitere Ungereimtheiten aus jüngster Zeit..
Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh hat daher einen bekannten Brandgutachter gebeten, in einem unabhängigen Gutachten zu klären, wie das Feuer entstanden ist und welchen Verlauf es genommen hat. Denn für die Verwandten von Oury Jalloh genauso wie für die Oury Jalloh-Initiative, für die Black Community (nicht nur) in Deutschland und für alle, die in einer Gesellschaft ohne Rassismus und Diskriminierung leben möchten, ist es von allerhöchster Bedeutung, die Wahrheit über den Tod von Oury Jalloh ans Licht zu bringen und Klarheit über strukturellen Rassismus insbesondere in deutschen Polizeistationen zu erlangen. Einziges Problem: Ein solches Brandgutachten ist sehr teuer – insgesamt 40.000 Euro. Nicht nur, weil es erforderlich ist, die Zelle nachzubauen, auch Matratzen und andere Materialien müssen angeschafft werden. Hinzu kommen Reise-, Übersetzungs- und sonstige Sachkosten.
Sicherlich, 40.000 Euro sind viel Geld. Wir glauben allerdings, dass diese Ausgabe notwendig ist, vor allem deshalb, weil sich Polizei und Staatsanwaltschaft von Anfang an auf ein einziges Brandszenario festgelegt haben, und zwar das unwahrscheinlichste. Konkret haben wir bislang 5.000 Euro gesammelt, es fehlen also noch 35.000 Euro. Dieses Geld wollen wir in den nächsten 2 Monaten in einer massenhaften Crowdfunding-Kampagne mit Unterstützung möglichst vieler SpenderInnen sammeln, weshalb wir die Devise „700 x 50 Euro“ ausgegeben haben.
Natürlich sind auch kleinere oder größere Beträge willkommen. Mit unserem Rechenbeispiel wollen wir lediglich deutlich machen, dass das Geld schnell zusammen kommen könnte, wenn sich nur genügend Menschen beteiligen.
In diesem Sinne möchten wir um vier Dinge bitten:
Individuelle oder kollektive Spenden – jeder Betrag ist willkommen!
Weiterleitung dieses Spendenaufrufes – gerne auch in sozialen Netzwerken!
Einladung der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh zu Veranstaltungen!
Spenden sind steuerlich absetzbar.
Bitte die Adressen per Post oder Mail an uns schicken oder auf den Überweisungsträger schreiben:
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh
Colbestraße 19
10247 Berlin – Friedrichshain

http://initiativeouryjalloh.wordpress.com
Mail: initiative-ouryjalloh@so36.net