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9. November 2013 – «Erinnern heißt handeln!»

strong>9. November 2013 | 11:00 Uhr
Antifaschistische Gedenkkundgebung in Erinnerung an die antijüdischen Pogrome vor 75 Jahren in Wuppertal
anschl. gemeinsame Fahrt zu den Protesten gegen die ProNRW-Kundgebungen in Duisburg
City-Arkaden (Alte Freiheit) | Wuppertal-Elberfeld

9. November 2013 | 12:00 Uhr
Er­in­nern heißt han­deln! Am 09. No­vem­ber auf die Stra­ße gegen Ras­sis­mus, An­ti­ro­mais­mus und PRO NRW! Zu­sam­men, ent­schlos­sen und so­li­da­risch!
Rathaus | Duisburg-Hamborn

9. November 2013 | 20:00 Uhr
Konzert: Bejarano & Microphone Mafia – la vita continua
Kulturausbesserungswerk | Leverkusen

10. November 2013 | 11:30 Uhr
Gedenken an die Pogromnacht 1938
Jüdischer Friedhof am Weinberg | Wuppertal-Elberfeld


Aufruf zur Gedenkveranstaltung am 9. November 2013 in Wuppertal

Die Verbrechen der Nationalsozialisten mahnen –
„Erinnern heißt handeln!“ (Esther Bejarano)

Antifaschistische Gedenkveranstaltung in Erinnerung an die antijüdischen Pogrome vor 75 Jahren in Wuppertal

9. November 2013 – 11.00 Uhr, City-Arkaden (Wuppertal-Elberfeld), anschl. gemeinsame Fahrt zu den Protesten gegen die ProNRW-Kundgebungen in Duisburg

Kein Platz für Nazis in Wuppertal und Überall!
Nichts und Niemand ist vergessen!

In Wuppertal wurden, wie überall im Deutschen Reich, zwischen dem 9. und 11. November 1938 die Synagogen in Barmen und Elberfeld von SA- und SS-Männern zerstört, zahlreiche jüdische Geschäfte und Privatwohnungen verwüstet und geplündert, Jüdinnen und Juden gequält und geschlagen. Nach der Pogromnacht verschleppten die Nazis 125 jüdische Männer aus Wuppertal in die Konzentrationslager Dachau und Sachsenhausen. Schließlich ordnete man am 12. November 1938 mit der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ die endgültige Auflösung von jüdischen Geschäften und Firmen gesetzlich an. Viele jüdische Firmenbesitzer wurden damit gezwungen, ihre Geschäfte weit unter Wert zu „verkaufen“. Einige dieser „arisierten“ Firmen bestehen heute noch. Die jüdische Familien, die über genügend finanzielle Mittel und die begehrten Visa eines ausländischen Staates verfügten, entschlossen sich nun zur Flucht, um dem Terror in Nazideutschland zu entkommen.

Am Jahrestag des 9. Novembers gedenken wir der Opfer der Pogromnacht. Er ist aber nicht nur Gedenktag, sondern muss gleichzeitig Anlass sein, uns mit dem Heute auseinanderzusetzen.

Während wir in ganz Europa ein Erstarken neofaschistischer Parteien und Strukturen, wie zum Beispiel in Ungarn, wo eine quasi-faschistische Regierung den dort lebenden Roma ein Leben in Würde verunmöglicht, erleben, sterben Hunderte von Flüchtlingen im Mittelmeer vor den Grenzen Europas: Seit einigen Jahren schon fliehen wieder mehr Menschen nach Europa. Aufgrund zusehends rigideren europäischen Abschottungsstrategien sehen sie sich gezwungen, immer gefährlichere Fluchtwege auf sich zu nehmen. Laut Pro Asyl starben seit 1988 schätzungsweise 19.000 Menschen auf ihrer Flucht nach Europa. Sie fliehen vor Krieg, sind politisch verfolgt, suchen Arbeit, müssen den Folgen des Klimawandels entgehen oder sind aus anderen Gründen auf der Suche nach einem menschenwürdigeren Leben.
Einen erneuten Höhepunkt erreichte das Flüchtlingsdrama, als vor rund drei Wochen wieder Hunderte Menschen vor der Küste der italienischen Insel Lampedusa ertrinken mussten. Einmal mehr diskutiert Europa seitdem über die Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik. Diese Debatte ist aber nicht, wie man vielleicht vor dem Hintergrund dieses von uns mitproduzierten Leids vermuten könnte, durch ein radikales Umdenken gekennzeichnet. Im Gegenteil: In völliger Verkennung der Zusammenhänge und Wechselwirkungen der jahrhundertelangen Ausbeutung des afrikanischen Kontinents durch Europa ist der Diskurs von Zynismus und Rassismus geprägt.

„Dieser Krise wird man nicht dadurch Herr werden, daß man Ungerechtigkeit auf Ungerechtigkeit häuft, nur um eine Ordnung wiederherzustellen“ (Hannah Arendt)

Dieser Zynismus zeigt sich unter anderem darin, dass weiter Milliarden in einen riesigen Sicherheits- und Abschreckungsapparat wie Frontex und das neu eingekaufte Überwachungssystem Eurosur investiert werden, diese aber keineswegs die Zustände verändern, die es zulassen, dass im Tagesrhythmus Flüchtlinge ertrinken. „Überwachung statt Rettung“ titelte passenderweise Spiegel Online am 10. Oktober. Im gleichen Atemzug werden Asylbedingungen weiter verschärft und die Repression gegen Flüchtlinge, die es geschafft haben, einen „sicheren Drittstaat“ zu erreichen, nimmt zu. So zum Beispiel in Hamburg: Trotz geheuchelter Betroffenheit, lässt der Hamburger Senat seit einigen Tagen afrikanisch aussehende Menschen verstärkt kontrollieren. Um die Identität der mehr als 350 Flüchtlinge der Gruppe »Lampedusa in Hamburg« festzustellen, scheint jedes Mittel recht. Zudem nahm die Polizei in den letzten Tagen 29 schwarzafrikanische Kriegsflüchtlinge aus Libyen vorübergehend in Gewahrsam. Viele wurden erkennungsdienstlich behandelt. Mit der Verschärfung der Kontrollen und der Weigerung, ein Winterquartier für die Flüchtlinge bereitzustellen, versucht der Hamburger Senat nun offenbar den Druck auf die ohnehin verzweifelten Menschen weiter zu erhöhen und, völlig ungeachtet der öffentlichen Betroffenheitsrhetorik, eine Abschiebung vor dem Winter zu forcieren.

„Erinnern heißt handeln!“

Esther Bejarano, Überlebende der Konzentrationslager Auschwitz und Ravensbrück, machte deutlich, was es bedeutet, wenn diesen Menschen in Not der Schutz verweigert wird:
»Die gesamte Asyl- und Flüchtlingspolitik in Deutschland ist unerträglich. Wie der Hamburger Senat agiert, ist eine Schande. Die Politiker sollten sich erinnern, was Rassismus alles bewirken kann«

Antirassistische Demonstration in Duisburg

Aufruf zur antirassistischen Demonstration am 9. November 2013 in Duisburg

Er­in­nern heißt han­deln!
Am 09. No­vem­ber auf die Stra­ße gegen Ras­sis­mus, An­ti­ro­mais­mus und PRO NRW!
Zu­sam­men, ent­schlos­sen und so­li­da­risch!

Aus­ge­rech­net am 9. No­vem­ber, dem 75. Jah­res­tag der Reichs­po­grom­nacht, wäh­rend der in Deutsch­land 1938 weit mehr als 1.​300 Jü­dIn­nen er­mor­det und Syn­ago­gen an­ge­zün­det wur­den, will die ex­trem rech­te Split­ter­par­tei PRO NRW gleich zwei Kund­ge­bun­gen in Du­is­burg ab­hal­ten. So­wohl in Neu­mühl als auch in Rhein­hau­sen will PRO NRW ihre rech­te Pro­pa­gan­da ver­brei­ten und wei­ter­hin ver­su­chen, die ras­sis­ti­sche Stim­mung in Tei­len der Be­völ­ke­rung zu nut­zen, um sich als bür­ger­na­he, de­mo­kra­ti­sche „Be­we­gung“ zu in­sze­nie­ren.

Ras­sis­mus be­kämp­fen – So­li­da­ri­tät mit allen Flücht­lin­gen!

Schon am ers­ten Tag, als in der Öf­fent­lich­keit be­kannt wurde, dass aus dem ehe­ma­li­gen St. Bar­ba­ra-​Kran­ken­haus eine Flücht­lings­un­ter­kunft wer­den könn­te, mach­te sich in Du­is­burg-​Neu­mühl eine be­un­ru­hi­gen­de Stim­mung breit. Diese fand ihren bis­he­ri­gen Hö­he­punkt bei der letz­ten PRO NRW Kund­ge­bung in Neu­mühl am 05.​10.: Etwa 200 An­woh­ne­rIn­nen ju­bel­ten den ras­sis­ti­schen Pa­ro­len der Rech­ten zu, wäh­rend sie gleich­zei­tig den an­ti­ras­sis­ti­schen Pro­test aus­pfif­fen und be­droh­ten. Am Ende der Kund­ge­bung kam es schließ­lich zu einer kör­per­li­chen At­ta­cke gegen mi­gran­ti­sche Teil­neh­me­rIn­nen der Ge­gen­pro­tes­te, wobei eine An­ti­ras­sis­tin ver­letzt wurde. Emo­tio­nal auf­ge­la­den und in wei­ten Tei­len ras­sis­tisch, er­in­nern diese Zu­stän­de stark an die De­bat­te An­fang der 1990er Jahre, wel­che da­mals eine Serie von Brand­an­schlä­gen auf Flücht­lings­hei­me und von Mi­gran­tIn­nen be­wohn­te Häu­ser in ganz Deutsch­land zur Folge hatte. Vor die­sem Hin­ter­grund fin­den wir es un­er­träg­lich, dass PRO NRW die Stim­mung wei­ter auf­hei­zen möch­te.
Wir sagen nein zur geis­ti­gen Brand­stif­tung und sagen ganz deut­lich: Asyl und Be­we­gungs­frei­heit sind Men­schen­recht. Las­sen wir nicht zu, dass PRO NRW auf dem Rü­cken von sy­ri­schen Bür­ger­kriegs­flücht­lin­gen ihre men­schen­ver­ach­ten­de Po­li­tik be­trei­ben will! Auf nach Du­is­burg-​Neu­mühl – Ge­mein­sam und ent­schlos­sen gegen PRO NRW!

Gegen An­ti­ro­mais­mus – So­zia­le und de­mo­kra­ti­sche Rech­te für alle!

Seit Mo­na­ten ist auch Du­is­burg-​Rhein­hau­sen Aus­tra­gungs­ort einer ras­sis­ti­schen Kam­pa­gne, in der Stadt­po­li­ti­ke­rIn­nen, Po­li­zei und Me­di­en den Ball den Ras­sis­tIn­nen und Neo­na­zis zu­ge­spielt haben, wel­che die­sen dan­kend auf­neh­men. Der Be­griff des „Pro­blem­hau­ses“, der von Ta­ges­zei­tun­gen und Po­li­tik für die Häu­ser „In den Pe­schen 3-5“ ver­wen­det wird, macht es bit­ter deut­lich: Nicht etwa die Ras­sis­tIn­nen, die gegen Men­schen aus Ru­mä­ni­en, Bul­ga­ri­en und an­de­ren Län­dern Stim­mung ma­chen und sogar ex­pli­zi­te Mord­dro­hun­gen aus­spre­chen wer­den als Pro­blem be­trach­tet, son­dern die Be­woh­ne­rIn­nen der Häu­ser selbst gel­ten als Ur­sa­che. Auch hier spitz­te sich die Stim­mung am 05.​10. zu, als An­woh­ne­rIn­nen selbst eine Kund­ge­bung gegen „Kri­mi­na­li­tät und Ver­mül­lung“ or­ga­ni­sier­ten, die sich nicht nur in den ras­sis­ti­schen Wort­bei­trä­gen klar gegen die Roma po­si­tio­nier­te. Kurze Zeit spä­ter ju­bel­ten die­sel­ben An­woh­ne­rIn­nen den ras­sis­ti­schen Phra­sen von PRO NRW zu und rich­te­ten ihre Wut gegen den an­ti­ras­sis­ti­schen Pro­test.
Nur drei Tage nach die­sen Ge­scheh­nis­sen kam es im Nach­bar­stadt­teil Du­is­burg-​Hom­berg zu einer Brand­stif­tung an einem vor­wie­gend von Roma be­wohn­tem Haus: 42 Män­ner, Frau­en und Kin­der ret­te­ten sich vor den Flam­men auf das Haus­dach und muss­ten zum Teil im Kran­ken­haus me­di­zi­nisch ver­sorgt wer­den. Die Er­mitt­lun­gen zum Ver­dacht auf vor­sätz­li­che Brand­stif­tung dau­ern bis heute an.
In dem an­ge­spann­ten Klima ist auch auf die Po­li­zei kein Ver­lass: Sie re­agier­te bis­her größ­ten­teils mit Un­tä­tig­keit, Ver­harm­lo­sung und man­geln­der In­for­ma­ti­ons­po­li­tik. Immer wie­der ver­such­te sie die Haus­be­woh­ne­rIn­nen „In den Pe­schen“ und deren Un­ter­stüt­ze­rIn­nen zu kri­mi­na­li­sie­ren. Damit muss end­lich Schluss sein: Schluss mit der Re­pres­si­on und Schluss mit den ras­sis­ti­schen Kon­trol­len und Schi­ka­nen, wel­che täg­lich vor dem Haus statt­fin­den!

Wir sagen: De­mo­kra­ti­sche und so­zia­le Rech­te müs­sen für alle gel­ten! So muss auch den Roma der Zu­gang zu an­ge­mes­se­nem Wohn­raum, Ar­beit und der exis­ten­zi­el­len Grund­ver­sor­gung er­mög­licht wer­den.

Es liegt an uns, PRO NRW wie schon so oft zu zei­gen, dass sie in Du­is­burg nicht will­kom­men sind: In der Ver­gan­gen­heit ver­such­ten sie immer wie­der gegen Mus­li­me und Mus­li­mas in Marx­loh zu het­zen, blie­ben je­doch durch star­ke an­ti­ras­sis­ti­sche Pro­tes­te er­folg­los! Kommt alle nach Neu­mühl und setzt ein Zei­chen mit uns auf der an­ti­ras­sis­ti­schen De­mons­tra­ti­on. Lasst uns er­neut ent­schlos­sen und so­li­da­risch auf die Stra­ße gehen und die PRO NRW Kund­ge­bun­gen ver­hin­dern! Bringt eure Freun­dIn­nen, Trans­pa­ren­te und Schil­der mit!

Gegen Ras­sis­mus, An­ti­ro­mais­mus und die geis­ti­gen Brand­stif­ter von PRO NRW!
Für das Recht auf Asyl und Be­we­gungs­frei­heit! So­zia­le und de­mo­kra­ti­sche Rech­te für alle!

Am 9. No­vem­ber: Er­in­nern heißt Han­deln.

Mit un­se­rem De­mo-​Mot­to fol­gen wir dem Ap­pell von Es­ther Be­ja­ra­no zum 75. Jah­res­tag der No­vem­ber-​Po­gro­me. Die 86-​jäh­ri­ge An­ti­fa­schis­tin er­leb­te die größ­ten an­ti­se­mi­ti­schen Po­gro­me in Deutsch­land als jun­ges Mäd­chen und ist noch heute gegen Neo­na­zis aktiv. Die No­vem­ber­po­gro­me mar­kier­ten den Be­ginn der sys­te­ma­ti­schen Ver­nich­tung der eu­ro­päi­schen Jü­dIn­nen, Wi­der­stand und Pro­test der deut­schen Be­völ­ke­rung blie­ben da­mals aus. Auch die Ver­fol­gung von Roma und Sinti durch die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten nahm 1938 zu. Sie sind die zweit­größ­te Grup­pe, die Opfer des NS-​Ras­sen­has­ses wurde.

Konzert: Bejarano & Microphone Mafia - la vita continua | 9. November 2013 | KAW | Leverkusen

Konzert: Bejarano & Microphone Mafia

Esther Bejarano ist eine der letzten Überlebenden des Mädchenorchesters aus dem Konzentrationslager Auschwitz. Sie singt antifaschistische und jüdische Lieder.

Die Rapper Kutlu Yurtseven, Signore Rossi und DJ Önder aus Köln („Microphone Mafia“) haben die Musik der Bejaranos gesampelt und 2009 gemeinsam mit ihnen die CD “Per la Vita” veröffentlicht. 2013 ist jetzt ihr neues gemeinsames Album „la vita continua“ erschienen, welches sie uns an diesem Abend präsentieren.

Das Konzert findet im Rahmen des antifaschistischen Gedenkens an die Opfer der Reichspogromnacht statt und wird von der Antifaschistischen Aktion LEVerkusen – [AALEV] in Zusammenarbeit mit dem KULTURAUSBESSERUNGSWERK – Autonomes Zentrum für Kultur & Politik und der Antifaschistischen Koordination Köln & Umland (AKKU) veranstaltet.

9. November 2013 | Kulturausbesserungswerk
Kolbergerstraße 95 a | 51381 Leverkusen
Einlass: 19:00 Uhr | Beginn: 20:00 Uhr
Quelle: Antifa-Café Wuppertal – 9. November 2013 – «Erinnern heißt handeln!»