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Antifaschismus Wuppertal

Gedenkveranstaltung an das Massaker der Wuppertaler Gestapo

NS-Spurensuche in Wuppertal e.V.
Gedenkveranstaltung
wie in den vergangenen Jahren schon, erinnern wir auch dieses Jahr wieder mit einer kleinen Gedenkveranstaltung an das Massaker der Wuppertaler Gestapo Ende Februar, Anfang März 1945 im Burgholz an den 30 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, die bis auf Helena Matrosowa unbekannt geblieben sind.
Zu dieser Gedenkfeier laden wir herzlich ein am
Freitag, den 2. März 2007 um 16.30 Uhr
Am Mahnmal auf dem Friedhof Schorfer Straße in
Wuppertal Cronenberg.
zum Hintergrund:
„Gruppe Wichlinghausen“ um Karl Igstaedter und der
Widerstand der sowjetischen Zwangsarbeiter
Eingebunden war auch Karl Igstaedter. Der Schweißer
Karl Igstaedter, geboren am 10.2.1896, gehörte seit
1932 der KPD an und war vor 1933 Mitglied der 60
köpfigen KPD-Betriebsgruppe bei den Bahnen. Als
Beschäftigter der Barmer Berg- und Straßenbahn AG
geriet er in die Verhaftungswelle von Friedrich Senger
und Adolf Mann 1936. Am 27.6.1936 wurde er verhaftet,
aber am 20.10.1936 ohne Anklage entlassen. Zu Beginn
der Vierziger Jahre schloss er sich einer Gruppe der
KPD um Ferdinand Haas und Willy Heinzelmann in
Wichlinghausen an. Über Walter Böhne und Hugo Paul
wurden regionalen Verbindungen hergestellt. Die Gruppe
hatte lose Verbindungen zu Betriebsgruppen in einigen
Metall- und Textilbetrieben : Siller & Jamert;
Spelleken; Köllmann & Grühn; Vorsteher & Bünger. Der
Schwerpunkt ihrer Tätigkeit war Vorwerk & Co. Ab 1943
bestand über Karl Igstaedter auch ein fester Kontakt
zu einer Gruppe sowjetischer Zwangsarbeiter, die im
Lokal „Schützengilde“ untergebracht waren und auf dem
Güterbahnhof Wichlinghausen Be- und Entladearbeiten
verrichtete. Diese Gruppe brachte einen eigenen
Informationsdienst heraus. Aus dieser Gruppe
rekrutierten sich offensichtlich auch diejenigen
Zwangsarbeiter und entflohenen Kriegsgefangenen, die
im Winter 1944 begannen, im Großraum Wuppertal
bewaffnete Gruppen zu bilden, die zum Teil illegal in
den Trümmergrundstücken lebten und bewaffnet
Lebensmittel requirierten und eine Reihe von
Einbrüchen und Überfällen organisierten. In der Nacht
vom 21. auf den 22. Januar 1945 kam zu einem
folgenschweren Zwischenfall bei einem Überfall auf
Güterwagons im Bahnhof Wuppertal-Wichlinghausen. Ein
Reichsbahnangestellter und ein sowjetischer
Zwangsarbeiter starben bei einem Schusswechsel. Wenige
Tage später umstellten Polizei und Beamte der
„Reichsbahnfahndung“ ein Haus, das von Zwangsarbeitern
in Wuppertal-Heckinghausen bewohnt war. Die
Zwangsarbeiter waren bewaffnet und in einem
„Feuergefecht mit russischen Banditen“ starben ein
Polizist und zwei Russen. Insgesamt wurden 5
Polizisten bei dem Schusswechsel verwundet und ein
weiterer Zwangsarbeiter wurde schwer verletzt. Die
Polizei konnte schließlich eine Gruppe von
sowjetischen Zwangsarbeitern festnehmen.
Es gibt keine sicheren Informationen darüber, wie die
Gestapo auf die Spur von Karl Igstaedter kam. Drei
Wochen später, am 10. Februar 1945 erhängte er sich in
der Verbindungsgasse Schwarzbach zur
Langobardenstrasse. Die Sterbeurkunde weist Selbstmord
aus „Angst vor Strafe“ aus. Der Generalanzeiger vom
14. Februar1945 nannte als Grund, er wäre beschuldigt
worden, „mit fremdvölkischen Einbrechern, die auch den
Rangierer auf dem Bahnhof Wichlinghausen erschossen
haben, `Beziehungen´“ unterhalten zu haben. Er hätte
„Ostarbeiter“ in seiner Wohnung beherbergt und
„Diebesgut“ erhalten. Schließlich hätte er sein
„schändliches Verhalten erkannt und sich selbst
gerichtet.“ Auch nach dem Tod Igstaedters ließ die
Gestapo nicht locker. Die Ehefrau von Karl, Hedwig
Igstaedter, wurde festgenommen und im Polizeigefängnis
Barmen in der Bachstraße eingesperrt. Dort fand man
sie am 17. Februar 1945 erhängt auf. Die Ermittlungen
nahmen ihren Fortgang. Die schon inhaftierten
Zwangsarbeiter wurden schwer gefoltert und zu Aussagen
erpresst. Weitere Verhaftungen folgten bis insgesamt
80 „Russen“ festgenommen werden konnten. Dieser Gruppe
wurden zahlreiche Raubüberfälle zum Teil mit
Tötungsdelikten vorgeworfen, insbesondere auf
Lebensmittelgeschäfte und Luftschutzkeller. Alle
Inhaftierten waren nach Aussage der Gestapobeamten aus
ihren Firmen geflohene „Ostarbeiter“. 30 Personen aus
dieser Gruppe, unter ihnen 8 Frauen wurden von
Wuppertaler Gestapo und Schutzpolizei auf Befehl von
Josef Hufenstuhl auf dem Schiesstand der Polizei im
Burgholz Anfang März 1945 ermordet. Eine unbekannte
Anzahl wurde in Konzentrationslager wie nach
Buchenwald deportiert.