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Antirassismus & Migration

Demo gegen den Abschiebeknast in Büren am 02. September 2007

Kriege beenden – Abschiebung abschaffen – Menschenrechte durchsetzen
Das Recht auf die freie Wahl des Wohnortes gilt für die meisten Menschen auf diesem Planeten nicht. Dass die Wahrnehmung dieses Rechtes zunehmend auch militärisch verhindert wird, wird in den bürgerlichen Medien in der Regel verschwiegen. Der Krieg gegen die Flüchtlinge, der daraus entsteht, gehört zu den neuen Erscheinungen einer Kriegspolitik, die sowohl die stofflichen Ressourcen der Erde, wie auch die Arbeitskraft der Menschen für eine Minderheit der Weltbevölkerung in Anspruch nehmen will. Die Mehrheit wird so von Wohlstand und sozialen Rechten, wie das der Freizügigkeit, ausgeschlossen.
Zusammengedrängt in Massenunterkünften und isoliert von der Gesellschaft werden diejenigen bestraft, die es trotz aller Hindernisse „geschafft haben“ ihr Recht auf Freizügigkeit durchzusetzen. Sie erhalten keine Arbeitserlaubnis, dürfen ihren Landkreis nicht verlassen und werden tagtäglich daran erinnert, dass sie nicht willkommen sind. Wer die Auflagen der Bürokratie nicht erfüllen kann, dem droht die Abschiebung.
Das weltweit Menschen vor Kriegen flüchten und es nur wenige bis nach Europa schaffen, ist darüber hinaus eine Tatsache, von der keiner sagen kann, er habe es nicht gewusst. Bei der Demonstration gegen das Abschiebegefängnis in Büren anlässlich des Antikriegstages 2007, soll die Verbindung der Themen Abschiebung, Festung Europa mit den Themen Krieg als Fluchtursache und Krieg gegen die Flüchtlinge in den Mittelpunkt gerückt werden.
Der Abschiebeknast in Büren ist Symbol und praktische Umsetzung dieser kriegerischen Politik. Er ist der drohende Zeigefinger, der den Kriegsflüchtlingen genau so wie allen anderen, die nach Europa kommen wollen, drohend entgegen gehalten wird: „Das passiert, wenn ihr es bis Deutschland schafft.“ Er ist aber auch ein tatsächliches Gefangenenlager, in dem mit polizeilichen und juristischen Mitteln die Flüchtlingsabwehr flankiert wird, die im Norden Afrikas und im Osten Europas zunehmend durch Militärs übernommen wird. Zu schlechterletzt ist er immer häufiger Endstation in Deutschland für viele, die hier über Jahre gelebt haben und nun von der Bürokratie als überflüssig angesehen werden. Von Büren aus werden jedes Jahr ca. 2.500 Menschen abgeschoben, ihre Arbeitskraft ist hier nicht (mehr) nachgefragt und sie sollen dort, wohin sie abgeschoben werden erzählen, dass Flüchtlinge in Deutschland im Gefängnis landen.
Wer nach Deutschland kommen darf und für wie lange wird von Gesetzen und Erlassen geregelt. Von Kapitalseite wird eingefordert, dass die Rationalität der herrschenden Ökonomie zur 100 Prozent diese Regelungen bestimmt. Diese Ökonomie beurteilt die Menschen nach der Arbeitskraft, die sie in die deutsche Wirtschaft einbringen können. Der Rassismus der weiterhin bei der Gesetzgebung ein erhebliches Wort mitredet schreckt dabei vor irrationalen Kosten nicht zurück. So werden für die Abschiebung Mittel aufgewandt, die mehrere zehntausend Euro betragen können. Für die Abschreckung und Durchsetzung dieser Flüchtlingspolitik eben nichts zu teuer ist.
Die Schließung des Abschiebeknastes in Büren ist eine Forderung, die eingebettet ist in einen Forderungskatalog, der die Beendigung des Krieges gegen die Flüchtlinge genau so umfasst, wie die Beendigung aller Kriege. Dazu gehört ebenso die Durchsetzung sozialer Rechte, wie das auf die freie Wahl des Wohnortes. Für Deutschland bedeutet die konkret: Abschaffung der Abschiebehaft, Schluss mit den Abschiebungen, Rückberufung aller im Ausland stationierten Bundeswehrsoldaten und Auflösung des Militärs.
Dafür demonstrieren wir am 2.9.2007 in Büren
Die Abschiebehaftanstalt in Büren
Videoüberwachung, Sicherheitsschleusen, Zäune, Schranken: Willkommen am größten Abschiebegefängnis der BRD. Die JVA Büren-Stöckerbusch liegt ca. 8 km außerhalb von Büren, mitten im Wald und mit einer 6,5 m hohen Betonmauer umgeben. Die ehemalige NATO-Kaserne bietet seit 1994 Platz für bis zu 530 männliche Häftlinge ab 16 Jahren. Die Inhaftierung von Minderjährigen ist ein eindeutiger Verstoß gegen die UN – Kinderrechtskonvention, die festlegt, dass Kinder und Jugendliche nur als ultima ratio inhaftiert werden dürfen.
Nach § 57 des Ausländergesetzes können MigrantInnen in Abschiebehaft genommen werden, wenn sie versucht haben, sich der Abschiebung zu entziehen oder der „begründete Verdacht“ dazu besteht. Abschiebehaft ist keine Strafhaft, den Inhaftierten wird kein Verbrechen zur Last gelegt. Die Entscheidung liegt im Ermessen des Ausländeramtes. Die Haftdauer kann bis zu 18 Monate betragen. Tatsache ist, dass regelmäßig 30-40 % der Inhaftierten wieder aus der Haft entlassen werden müssen, weil sie widerrechtlich inhaftiert waren.
Der politische Sinn der Abschiebehaft ist die Abschreckung der MigrantInnen. Sie ist ein Baustein des modernen Migrationsmanagements, um gemeinsam mit anderen Maßnahmen MigrantInnen nach ökonomischen Nützlichkeitskriterien zu selektieren und unerwünschte Zuwanderung zu beschränken.
Die Gefangenen sind elementarer Rechte beraubt. Die meisten wissen überhaupt nicht, warum sie im Gefängnis sind und empfinden die Internierung als ungerechte Bestrafung. Und wenn ihre Abschiebung bevorsteht, wissen sie oft nicht, was sie im Zielland erwartet. Die Gefangenen leiden oft unter massivem psychischem Druck, aus Angst, in ihren Heimatländern verfolgt, eingesperrt, gefoltert oder umgebracht zu werden.
Der Alltag im Gefängnis besteht aus 13-22 Stunden Einschluss in den Zellen. Nur wenige Gefangene haben das „Privileg“, für einen geringen Stundenlohn Kabel zu binden oder einzutüten. Die meisten MigrantInnen sind mittellos, wenn sie hier ankommen, einige haben nicht einmal ausreichen Kleidung. Wenn einzelne Gefangene dennoch Geld besitzen, wird es ihnen abgenommen: Sie müssen das „Hotel Abschiebehaft“ und ihre eigene Abschiebung selbst bezahlen.
Zudem besteht im Knast ein umfangreiches Bestrafungssystem, das bis zum Arrest reicht. Schon für kleine Verstöße gegen die Anstaltsordnung werden Gefangene in speziellen Arrestzellen über Wochen in Isolationshaft eingesperrt. Sie müssen sich total entkleiden und erhalten spezielle Arrestkleidung. Alle Gegenstände werden ihnen abgenommen, Kontakt ist nicht erlaubt. Amnesty international sieht in Isolationshaft eine Form von Folter. Es ist nicht verwunderlich, dass viele Gefangene gerade in diesen Zellen durchdrehen.
Immer wieder begegnet der Besucher Flüchtlingen, die lieber bereit sind, hier in Deutschland zu sterben, als in ihren Herkunftsländern an die Folterer ausgeliefert zu werden. Suizidversuche gehören damit in der JVA Büren zur Tagesordnung. Seit 1993 ist es zu mindestens 49 Totesfällen in Abschiebehaft gekommen, zwei davon in Büren.
Seit das Gefängnis 1994 eröffnet wurde gibt es Widerstand. 1994 und `95 kam es zu Häftlingsrevolten, die sich u.a. gegen die schlechten Haftbedingungen und die ungenügende Betreuung richteten. Die Hilfe von außen wird im Wesentlichen getragen vom Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.“. Dieser war es auch, der die ersten Demos organisierte. 1998 machte die „Karawane für die Rechte der MigrantInnen und Flüchtlinge“ in Büren Station. Seitdem finden unregelmäßig Demonstrationen gegen das Gefängnis statt, an denen sich z.T. über 1000 Menschen beteiligten.
Abschiebehaft abschaffen! Für das Recht auf globale Bewegungsfreiheit!
weiteres unter http://www.bueren-demo.de/