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Antifaschismus Antirassismus & Migration

15 Jahre nach dem Solinger Brandanschlag

Gedenkkundgebung und Demonstration
Am 29. Mai 2008 jährt sich der rassistische Solinger Brandanschlag zum 15. Mal. Saime Genç wäre heute 19 Jahre, Hülya Genç 24 Jahre, Gülüstan Öztürk 27 Jahre, Hatice Genç 33 Jahre und Gürsün Ince 42 Jahre alt. Wie die fünf Mädchen und Frauen heute leben würden weiß niemand, dass sie aber in diesem Land, in dieser Stadt ohne Angst leben würden, ist zu bezweifeln. Wie groß die Angst von MigrantInnen vor Anschlägen nach wie vor ist, erfahren wir wieder angesichts der jüngsten Brände in von MigrantInnen bewohnten Wohnhäusern. Dass diese Angst nicht unbegründet ist, zeigt die Tatsache, dass 136 Todesopfer rechtsextremistischer Gewalt seit 1990 in Deutschland verzeichnet werden, weitere Anschläge geschehen und „ausländerfreie Zonen“ geduldet werden.
Der Solinger Brandanschlag von 1993 war nach den Morden von Hoyerswerda, Rostock, Mölln, Lübeck und Hünxe der entsetzliche Höhepunkt einer Welle von rassistischen Pogromen gegen Menschen ausländischer Herkunft in unserem Land. Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde durch eine massive mediale und politische Hetze gegen AsylbewerberInnen das Klima des Zusammenlebens vergiftet. Die von der CDU eingeleitete „Asylkampagne“ endete wenige Tage vor dem Solinger Brandanschlag am 26. Mai 1993 mit der faktischen Abschaffung des Asylrechtes durch eine Änderung des Grundgesetzes.
Die Folge dieser Politik ist, dass die Neonazis sich ermuntert fühlen. Nazis sitzen heute in diversen Landtagen und Stadträten. Nazi-Demonstrationen werden von der Polizei geschützt. Neben der neofaschistischen NPD, die vor kurzem in Solingen einen Kreisverband gründete, existieren auch offen gewalttätige „Freie Kameradschaften“. Sie agieren auch in NRW zunehmend aggressiver. Aufgeklärt ist bis heute nicht die Rolle des Verfassungsschutz-Agenten Bernd Schmitt beim Solinger Brandanschlag, obwohl damals sogar von einem „Betriebsunfall“ des Staatschutzes gesprochen wurde.
Obwohl es auch in Solingen ein breites Engagement gegen rassistische und faschistische Einstellungen und Organisationen gibt, ist es auch 15 Jahre danach nicht gelungen, eine Straße nach einem der Opfer zu benennen, während andere deutsche Städte wie Frankfurt oder Bonn Straßen und Plätze nach den Opfern des Solinger Brandanschlages benannt haben. Der Umgang mit der „Bleiberechtsregelung“ und Abschiebungen beim Solinger Ausländeramt ist unverändert restriktiv. Die Solinger CDU unterstützte die rassistische Wahlkampagne von Roland Koch in Hessen. Führende Mitglieder der Solinger CDU, aber auch einige SPD und FDP-Honoratioren, erwiesen dem Auschwitzleugner, Volksverhetzer und rechtsextremistischen Drahtzieher Günther Kissel zum 90. Geburtstag die Ehre.
Der Solinger Appell, der sich vor 15 Jahren unmittelbar nach dem Brandanschlag als Bündnis verschiedener antirassistischer Personen und Gruppen bildete, ruft mit gemeinsam mit zahlreichen weiteren Gruppen aus der Region zu zwei Veranstaltungen auf, um ein Zeichen gegen Rassismus und für gleiche Rechte für alle hier lebenden Menschen zu setzen.
Gedenkkundgebung zum 15. Jahrestag des Brandanschlags in Solingen
am Do., 29.5.2008, 19.00 Uhr in Solingen-Mitte, Untere Wernerstraße / Ecke Schweizer Straße.
Demonstration 15 Jahre danach: Rassismus und Neofaschismus bekämpfen!
am Sa., 31.5.2008, 12.00 Uhr. Treffpunkt in Solingen-Mitte, Mühlenplatz.