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Antifaschismus Wuppertal

Eduard von der Heydt

Westdeutsche Zeitung 2.2.2006
Von der Heydt-Preis in der Kritik
Ein Tabu wird Thema: Darf die Stadt einen Kulturpreis nach Eduard von der Heydt benennen?
Wuppertal. Eine alte Diskussion erhält neue Nahrung.
Es geht um Eduard von der Heydt und den nach ihm benannten Kulturpreis der Stadt. Angefüttert hat das
Thema der Vorsitzende der
Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft, Hajo Jahn. Bei der Verleihung des „Rheinlandtalers“ hatte Preisträger
Jahn in seiner Festrede vorgeschlagen, den Eduard von
der Heydt-Kulturpreis der Stadt in
Else-Lasker-Schüler-Preis umzubenennen.
Doch die für den Vorsitzenden einer internationalen Gesellschaft, die sich mit dem Erbe der berühmten
Wuppertaler Dichterin befasst, durchaus nachvollziehbare Anregung ist in Wuppertal ein Politikum. Hintergrund ist die umstrittene Biografie Eduard von der Heydts. Der Bankier, Ehrenbürger der Stadt und Schweizer Staatsbürger, gehört zur
bekanntesten und verdienstvollsten Familie der Stadt.
Das Museum trägt nicht nur den Namen von der Heydt, sondern gründet auch seine wertvolle und international beachtete Sammlung auf die Bankiersfamilie und auf
Eduard von der Heydt. So ging aus dessen Nachlass eine Stiftung hervor, die dem Museum den Ankauf neuer
Kunstwerke ermöglicht. Der Kulturpreis der Stadt trägt seit 1957 den Namen Eduard von der Heydts.
Der Baron und Bankier war aber nicht nur ein vermögender Kunstliebhaber, er gehörte in der Weimarer
Republik auch dem Stahlhelmbund und ab 1933 der NSDAP an. Von der Heydt ließ sich von seiner jüdischen Frau scheiden und war nach 1945 in der Schweiz in einen unrühmlichen Devisenprozess verwickelt, wurde
allerdings freigesprochen.
Eine Vergangenheit, die für Jahn ausreicht, den Kulturpreis der Stadt umzubenennen. Der Journalist
befindet sich mit seiner Initiative in guter Gesellschaft. Von der Heydt-Preisträger wie Wolf Erlbruch und Peter Brötzmann gehören laut Jahn zu den Unterstützern des Vorschlags.
Nicht dazu gehört der Historiker und Von der Heydt-Forscher Detlef Bell, auf den sich Hajo Jahn in
seiner Begründung unter anderem beruft. Gegenüber der WZ sagte Bell: „Nach meiner Auffassung würde es der Stadt nicht dienen, den Preis umzubenennen.“ Dennoch
hält Bell die Anregung nicht für überflüssig. Man könne die Diskussion nutzen, um über den Menschen
Eduard von der Heydt zu informieren. Für Bell ist der umstrittene Mäzen kein Täter, eher ein Mitläufer: „Eduard von der Heydt ist kein Vorbild. Er ist ein
Beispiel für den klassischen Opportunisten, der es jedem Recht machen wollte.“ Aber er sei eben auch ein großer Mäzen, und auch einen Mäzen, der nicht vorbildhaft gelebt habe, könne eine Stadt aushalten.
Überrascht zeigte sich lturdezernentin Marlis Drevermann vom Vorschlag Jahns: „Ich habe die Sorge,
dass der Preis dadurch beschädigt wird.“ Für unglücklich hält sie auch, einen Gegensatz zu der
Wuppertaler Dichterin Else Lasker Schüler aufzubauen. Gleichwohl: Der Vorschlag ist in der Welt und soll
ernsthaft in den Gremien diskutiert werden anders übrigens als eine vergleichbare Initiative, die vor
einiger Zeit die Umbenennung des Von der Heydt-Museums forderte.
Westdeutsche Zeitung 2.2.2006
Von Andreas Lukesch
„Eine NS-Belastung des Herrn Von der Heydt ist nicht nachweisbar“ Museumsleiterin Fehlemann vor dem
Wuppertaler Landgericht November 2005
E. von der Heydt 1925
„In der Tat sind die ganzen Depositen und Ersparnisse des deutschen Volkes durch die Organisation der Berliner Großbanken in der Hand von wenigen Berliner Juden, welche mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Geldmitteln die Wirtschaft terrorisieren und die
öffentliche Meinung korrumpieren. (…) Angesichts der politischen Charakterlosigkeit des deutschen Volkes halte ich die Verjudung der deutschen Finanz und Öffentlichkeit für eine ganz ungeheure Gefahr und
bekenne mich in diesem Zusammenhang durchaus zu den
völkischen Ideen.“
Zitiert nach Detlef Bell: Eduard von der Heydt- ein Leben hinter der Kunst, in: Die Von der Heydts. Bankiers, Christen und Mäzene, (Hg.: Sabine
Fehlemann/Rainer Stamm), Wuppertal 2001, S. 61.
Seine wachsende Sammler-Leidenschaft für ostasiatische
Kunst versuchte er 1933 durch pseudowissenschaftliche Vorträge wie „der nordische Mensch und die
ostasiatische Kunst“ oder „Wikinger und Inder„ mit dem arisch- germanischen Kunstverständnis der Nazis zu versöhnen.
„Der Vortragende [ E. von der Heydt] betonte, dass wir fast ein Jahrhundert unter dem Einfluß Goethischer
Kunstauffassungen die ostasiatische wie die nordische Kunst verachtet hätten. (…) Baron v.d. Heydt wies
darauf hin, dass Europa aus dem Mittelmeerkreis heraus von drei semitischen Religionen überschwemmt wurde und
unter ihnen der Paulinismus die Blüte der germanischen Kultur knickte. (…) beklagte mit Rrecht, dass das
Interesse für nordische Kultur, trotzdem uns das Idealbild des nordischen Menschen aus dem Gedanken der Rassenerneuerung und Rassenpflege im volkserzieherischen und zukunftssichernden Sinne
stärkstens bestimmt, heute noch wenig vorhanden ist. “
[2] Ebd. S. 63
Hintergründe:
www.jungle-world.com/seiten/2004/12/2816.php
www.az- wuppertal.de/aktuelles/aktuelles-lang.php?id=59
www.taz.de/pt/2004/03/31/a0042.1/text
www.dirk-eckert.de/texte.php?id=834
www.juedische.at/TCgi/TCgi.cgi?target=home&Param_Kat=3&Param_RB=14&Param_Red=1981
www.wuppertal.de/rathaus/onlinedienste/ris/html/pdf/00039148.pdf
Neuer Name für Kulturpreis
ERSTELLT 01.02.06, 09:32h Kölner Stadtanzeiger
Wuppertal – Der Wuppertaler „Eduard von der Heydt-Kulturpreis“ sollte in
„Else-Lasker-Schüler-Preis“ umbenannt werden. Dies hat
der Vorsitzende der nach der jüdischen Dichterin
benannten internationalen Gesellschaft, Hajo Jahn,
angeregt. Jahn, ehemaliger WDR-Studioleiter, wurde am
Dienstagabend in Wuppertal für sein Engagement zu Werk
und Leben Lasker-Schülers mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet.
Hintergrund ist die umstrittene nationalsozialistische Vergangenheit Eduard von der Heydts als Mitglied von
Stahlhelmbund und Nazi-Partei, die der Historiker Detlef Bell nachgewiesen hatte. Von der Heydt, der 1945 in der Schweiz einem geheimen Militärprozess wegen angeblicher Devisenvergehen und Handel mit Raubgoldgeld „einen Freispruch zweiter Klasse“
erhalten hatte, sei zwar „ein verdienstvoller Mäzen“,
aber auch „eine sehr gespaltene Persönlichkeit“, betonte Jahn. Ein Teil der von der Heydt-Sammlung war
nach dessen Freispruch an das Museum Rietberg in Zürich gegangen.
Ohne Zweifel habe sich die Wuppertaler Bankiersfamilie
von der Heydt um die Stadt verdient gemacht, sagte Jahn. Deren renommiertes Museum ist nach den Eltern Eduards benannt, die dem Museum ihre Sammlung
schenkten ebenso wie später ihr Sohn Eduard. Nach ihm, einem Ehrenbürger der Stadt, ist auch eine aus seinem Nachlass mit rund 2,5 Millionen Euro ausgestattete
Stiftung benannt, aus der das Museum Ankäufe bestreitet.
Sein einziger Wunsch sei die „Rückbenennung“ des
städtischen Kulturpreises, der erst sieben Jahre nach seiner Gründung 1957 den Namen des umstrittenen
Bankierssohnes Eduard bekam, betonte Jahn. (dpa)