Am Samstag, 13.01.2007, feierte der Altnazi Günther Kissel im Romantik Hotel Gravenberg in Langenfeld, an der Stadtgrenze von Solingen, seinen 90. Geburtstag. Allerdings nicht ohne Protest.
Ab 10 Uhr versammelten sich ca. 30-40 Antifaschist_Innen und Gewerkschafter_Innen vor dem Hotel der Familie Lohmann.
Hotel-Chef Frank Lohmann sah in dem zahlenden Gast Günther Kissel, der seit einem Urteil des Wuppertaler Landgerichts von 1997 ungestraft als „Auschwitzleugner“ bezeichnet werden darf, nur „den großen Solinger Unternehmer und Arbeitgeber“.
Das Hotel hatte eigens für die Geburtstagsfeier mehrere Sicherheitsdienstkräfte eingestellt, die das Hotel und die Gäste vor vermeindlichen Störern schützen sollten. Die Polizei war mit mehreren Einsatzfahrzeugen und Motorrädern am Hotel postiert und beobachtete das Geschehen. Im angrenzenden Waldgebiet konnte mensch auch 2 extra für diesen Tag eingesetzte Polizeireiterinnen entdecken.
Die lokale Presse war auch vor Ort, da der Oberbürgermeister der Stadt Solingen sein Erscheinen angekündigt hatte, was zu großer Empörung geführt hatte. Darauf hin hatten der Vorsitzende des DGB Bergisches Land und die Solinger Grünen aufgefordert, nicht an der Feier teilzunehmen. Weder die Nähe zum Wenzelnberg-Ehrenmal, noch die Nähe zu Kissels faschistischer, rassistischer und Holocaust leugnender Weltanschauung, hielten einige Honoratioren der Stadt nicht davon ab, dem Ehrenobermeister der Solinger Bauinnung ihre Aufwartung zu machen. Der Solinger Oberbürgermeister Franz Haug kam der Einladung des Bauunternehmers Günther Kissel nach. Gemeinsam mit ihm kam der Vorsitzende der SPD Fraktion Ernst Lauterjung sowie der ehemalige Solinger Oberbürgermeister Ulrich Uibel. Sie alle verschwanden durch den Hintereingang um dem Protest aus dem Weg zu gehen.
Zu den zum Teil weit angereisten Gästen gehörte auch Ritterkreuzträger Hajo Herrmann (siehe unten).
Nachdem die meisten Gäste der Geburtstagsfeier eingetroffen waren, ging die Gruppe der Antifaschist_Innen zum Mahnmal in die Wenzelnbergschlucht, das etwa 300m vom Hotel entfernt liegt. In der Wenzelnbergschlucht wurden am 13. April 1945, drei Tage vor dem Einmarsch der Alliierten, noch 71 Gegner der Naziherrschaft von der Gestapo durch Genickschuß ermordet. Am Mahnmal wurde noch eine kleine Rede gehalten und ein paar Worte zur Vollständigkeit ergänzt.
Zu Günther Kissel:
Beigelegt zur Einladung war „die Rede eines 90jährigen, die nicht gehalten wurde“.
Die 39 Seiten lange Rede habe er zugeschickt, damit „jeder die Möglichkeit hat, vorab persönlich zu entscheiden, ob er meine Einladung trotz dieser nicht gehaltenen Rede annimmt“. Die Rede hat einen biographischen und einen aktuellen Inhalt und – wie sollte es bei Kissel anders sein – offenbart sie seine faschistische, antisemitische und Holocaust leugnende Weltanschauung ungeschminkt. Er erwartet also von seinen Gästen, wenn sie ihm am 13. Januar „Alles Gute“ wünschen, dass sie die Entscheidung getroffen haben.
Ob sie wollen oder nicht, sie dokumentieren dann mit ihrem Erscheinen eine gewisse Akzeptanz seiner politischen Haltung. Den Rat seiner Tochter, „frei von Problemen“ und „fröhlich mit Deinen Verwandten und Freunden“ zu feiern, hat er bewußt nicht befolgt, weil er es zu seinem Lebensziel gemacht habe, „für ein differenziertes Bild der eigenen deutschen Geschichte zu kämpfen“. Seine Geburtstagsfeier sieht er als Teil dieses „Kampfes“.
Sein „differenziertes Bild“ deutscher Geschichte liest sich in der „nicht gehalten Rede“ folgendermaßen:
„Durch diese Entscheidung Adolf Hitlers wurde jedoch die Macht der amerikanischen Ostküste in Frage gestellt, bzw. gebrochen. Die Abwendung vom Goldstandard und die Einführung des Tauschhandels war ein Paukenschlag und könnte der eigentliche Auslöser des zweiten Weltkrieges gewesen sein.“ Die Formulierung „Macht der amerikanischen Ostküste“ ist nichts anderes als der versteckte Hinweis auf die angebliche Weltverschwörung des jüdischen Finanz- und Bankkapitals. Kissel benutzt diese in Nazi-Kreisen gebräuchliche Formulierung, weil er weiß, dass er im Orginalton strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten hätte. Gemeint ist nämlich: Die Juden sind am 2ten Weltkrieg und in der Folge am Holocaust selbst schuld.
„Der § 130 Strafgesetzbuch ist vor einiger Zeit in der Auslegung noch verschärft worden. Er gibt die Möglichkeit, gewisse Meinungsäußerungen als Volksverhetzung zu verdammen und zu bestrafen. Eine Anzahl von Patrioten sitzt seit Jahren deshalb hinter Gittern in Untersuchungshaft“, erklärt Kissel seinen Lesern, quasi als Begründung, warum er vorsichtig formulieren muss. Danach folgt die übliche Litanei der Auschwitzleugnung, welche in der Feststellung gipfelt:
„Die politische Sonderbehandlung Israels durch die Bundesrepublik Deutschland basiert bekanntlich auf der Feststellung, das die Deutschen an den Juden einzigartige Verbrechen begangen haben. Das ist ein grausiger Vorwurf und man gibt sich deutscherseits politisch alle Mühe, dass dieser Vorwurf unser Volk dauerhaft belastet, anscheinend für alle Ewigkeit. Ja und was macht man, wenn dieser einzigartige Vorwurf bzgl. Auschwitz inzwischen von 4 Millionen auf ca. 500.000 herabgesetzt wird?“.
Das es Kissel nicht um die historische Wahrheit geht, sondern er sich bewußt und aktiv an den Desinformations-Kampagnen der organisierten Holocaust-Leugner beteiligt, wird an einem weiteren Beispiel in seiner „nicht gehaltenen Rede“ deutlich.
Er führt einen Artikel des Spiegelredakteurs Fritjof Meyer in der Zeitschrift „Osteuropa“ (5/2002) an, in dem dieser die Zahl der in Auschwitz ermordeten Juden ebenfalls auf 510.000 relativiert. Aus dem Umstand, dass diese Zeitung von der „Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde“ unter der Präsidentschaft der ehemaligen Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth herausgegeben wird, schlußfolgert Kissel: „Wenn ein ‚Normaldeutscher‘ oder gar ‚ich‘ die vorgenannten Feststellungen von sich geben würde, dann wird er üblicherweise wegen Volksverhetzung verklagt und verurteilt. Anscheinend kommt es heute nicht auf die Sachaussage an, sondern darauf, welche Person diese von sich gibt.“ Bestärkt sieht Kissel seine These darin, dass „einige national eingestellte Deutsche“den Autor und Frau Prof. Dr. Süßmuth bei verschiedenen Staatsanwaltschaften angezeigt hätten, aber kein Verfahren gegen diese eröffnet wurde. In Wahrheit jedoch handelte es sich hierbei um eine von Horst Mahler und anderen Holocaust-Leugnern inszenierte Kampagne, in die Günther Kissel – nach Informationen der Zeitschrift „Lotta“ – als potentieller Finanzgeber eingebunden war.
Mahlers „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreiten des Holocaust Verfolgten“ benutzte „diese Steilvorlage aus der Mitte der Gesellschaft“ (Lotta Nr. 15, 2004), um den Artikel von Fritjof Meyer an Prominente in ganz Deutschland zu verschicken Anschließend stellten die Volksverhetzer Selbstanzeige gegen sich wegen Volksverhetzung. Ziel dieser durchsichtigen Aktion war es, durch Ausnutzung von Schwächen und Inkonsequenz des Rechtsstaates, Straffreiheit für die Leugnung des Holocaust zu erstreiten und durch massenhafte Verbreitung, die Auschwitzlüge salonfähig zu machen. Die „Erkenntnisse“ des Meyer-Artikels sind im übrigen inzwischen auch anhand der von Meyer benutzten „neuen Archivfunde“längst widerlegt.
Was Kissel sonst noch an ekelhaften Bekenntnissen eines 90jährigen in seinem Einladungsbrief absondert, sei nur noch in Kürze anhand seiner eigenen Zitate erwähnt:
Die deutsche Sprache müsse „gegen Verflachung, Verbürgerung und Aushöhlung verteidigt werden“.
Deshalb sei eine „Tabuisierung bestimmter Sprachbegriffe“ wie „Neger“ oder „Fremdarbeiter“ oder „Fremdlinge“ abzulehnen.
„Ein sterbendes Volk“ sei das der Deutschen. „Ein sterbendes Volk kann aber Mitglieder anderer Völker aufnehmen und dann den Eindruck von einem großen Volk geringe Zeit aufrecht erhalten. Nur ändert dies nichts an dem eigentlichen Problem des sterbenden Volkes und der sterbenden Kultur.“
„Ist es denn nicht verständlich, dass Persien eine Atombombe bauen will, als Gegengewicht gegen einen kleinen Staat in seiner Nachbarschaft, der viele Atombomben besitzt.?“
Kissel, der in der „Führerreserve“ der Heeresgruppe B als Gebirgsjäger im Kaukasus und als Kompaniechef in der „Festung Breslau“ diente, über die Nazi- und Kriegszeit:
„Die meisten Deutschen waren damals von der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen überzeugt, aber wir alle, insbesondere die Jugend, haben doch irgendwie instinktiv befürchtet, dass der Neid unserer früheren Gegner durch diese außenpolitische Erfolge Adolf Hitlers doch sehr geweckt würde.“
„Selbst das persönliche Opfer von Rudolf Hess, der als Friedensparlamentarier alleine den Flug nach England wagte, hat die Ausweitung des Krieges dann nicht verhindern können.“
„Anständiger wie wir gegenüber Frankreich konnte sich kein Sieger benehmen.“
„Unanständig und unmenschlich haben die Alliierten die Mitglieder unserer letzten Reichsregierung mit Großadmiral Dönitz an der Spitze nach der Kapitulation behandelt. Man zwang diese führenden Männer regelrecht, die Hosen herunterzulassen. Sie wurden am ganzen Körper durchsucht. Eine solch schmähliche Behandlung der Repräsentanten eines besiegten Landes dürfte es in der Weltgeschichte bislang nicht gegeben haben.“
Zu Hajo Herrmann:
Sein gesamtes Leben hat Hajo Herrmann für die „gerechte Sache“ gekämpft. Zuerst in Spanien für Franco, bis zur Niederlage für den Führer, später als Rechtsanwalt, Autor und Referent gegen „Geschichtsverfälschungen“. Und der heute 90-jährige Düsseldorfer denkt offenbar nicht an Kapitulation. Schließlich wird er sowohl von der Riege der Auschwitzleugner als Rechtsbeistand benötigt, als auch als „Zeitzeuge des II. Weltkrieges“ für Vorträge, in Bundeswehr-Kasernen zum Beispiel.
Der Mann ist ein Held, da sind sich fast alle einig. Und schließlich ist das ja auch ‚belegt‘: Dem Jagd- und Kampfflieger wurde sogar die „Tapferkeitsauszeichnung“, das „Ritterkreuz“, verliehen. Ein mutiger Draufgänger. Und erfolgreich oberdrein. Und deshalb beliebt. So beliebt, dass ihm zu Ehren im extrem rechten Verlag „Vox Libri“ aus Nettetal ein „Hörbuch“ in Form einer Doppel-CD erschien. Titel: „Hajo Herrmann. >>Kleine Odysee<< der Luftangriff auf den Hafen von Piräus". Der Held persönlich spricht in dem "Hörbuch", welches als Thema das Kapitel "Kurze Odyssee" seines Buches "Bewegtes Leben. Kampf- und Jagdflieger von 1935-1945" hat, das Vorwort. Es geht um seinen Einsatz in Griechenland im April 1941. Damals habe er gegen den Einsatzbefehl, so die NPD-Zeitung "Deutsche Stimme" (DS, 12/2003), "zwei 250 Kg-Bomben zusätzlich" geladen und einen alliierten Munitionsfrachter versenkt. "Mit einer Explosion nuklearen Ausmaßes wird der ganze Hafen zerstört, selbst in Athen werden von der Druckwelle Türen und Fenster eingedrückt." Und ebenso Menschen, Wohnbevölkerung, aber davon liest und hört man bei Herrmann und seinen Verehrern nichts. Auch das Bundesorgan der REPs, "Der Republikaner", ist voll des Lobes: "Seinem persönlichen Einsatz ist es zu verdanken, daß Berlin nicht ‚von einem bis zum anderen Ende in Schutt und Asche' gelegt werden konnte". Auf den CD werde "ohne falsches Pathos […] ethisches Soldatentum vorgestellt […], das in Selbstverantwortlichkeit, mit Mut, Können und einem Quentchen Glück am großen Auftrag mitwirkt."
Kampf gegen die "Zumutung von Versailles"
Früh schon hatte er angefangen, der in Kiel aufgewachsene Held. "Bereits […] 1935 wurde Herrmann zum Leutnant der Luftwaffe befördert. Seine ersten Kampfeinsätze hatte er 1936/37 in Spanien. Hier flog er in den Reihen der Legion Condor gegen den Bolschewismus", schreibt Ralph Tegethoff in der DS (8/2003).Am 1. September 1939 flog Herrmann dann "an der Spitze einer Staffel […] über die polnische Grenze. Der Krieg begann, in dem wir den ersten Schuß feuerten, die erste Bombe warfen, um Gewalt zu zerbrechen", berichtete der Held 47 Jahre später. Die "Gewalt", die er zu "zerbrechen" trachtete, war die "Zumutung von Versailles". Die Polen hätten zuvor jedwede "friedliche Lösung" verweigert. Notwehr also…
Herrmann kam schnell zu militärischen Ehren, flog bis 1942 über 300 Einsätze über Spanien, England, Norwegen und Griechenland, rückte dann 1942 auf in Hitlers Luftwaffenführungstab und wurde zum Vertrauten Görings. Eine besondere Rolle kam ihm ab Sommer 1942 bei der "Reichsverteidigung", insbesondere von Berlin zu. Nicht zuletzt durch seine Entwicklung und Anwendung eines unkonventionellen Nachtjagdverfahrens – wegen seiner draufgängerischen Praxis "Wilde Sau" genannt – gelang es den Nazis, das immer wieder von englischen Bomberverbänden angeflogene und 1944 von Zerstörung bedrohte Berlin noch über ein Jahr zu halten und damit die Kapitulation hinauszuzögern – mit allen Konsequenzen, die das für die Opfer des NS hatte. Aber selbst ein Held wie Herrmann konnte die "große Niederlage" letztendlich nicht verhindern. "Admiral Dönitz verkündete: ‚Der Führer ist in Berlin gefallen.' […] Was war das Reich ohne ihn? Es blieb das Reich. Wir sind noch da. Also weitermachen!"
Eisige Kälte und Aufbau einer neuen Existenz
Herrmann machte weiter. Zunächst aber war eisige Kälte angesagt, unter anderen in Workuta, 120 km nördlich des Polarkreises. Nach zehn Jahren in Kriegsgefangenschaft ging es dann 1955 zurück ins "Vaterland." Herrmann nahm nun ein Jura-Studium auf, mit dem er schon vor seiner militärischen Laufbahn geliebäugelt hatte. 1965 ließ er sich als Rechtsanwalt in Düsseldorf nieder, wo er auch heute noch lebt.
Über Herrmanns Aktivitäten in den folgenden 20 Jahren ist wenig bekannt. Ein besonderes Anliegen schien es ihm aber schon damals zu sein, "Geschichtsverfälschungen" zu Leibe zu rücken. Gegen Zivilisten sei man zum Beispiel nie vorgegangen. "Warum werden Menschen vor aller Augen aufgehängt?", so Herrmann später einmal in einem Interview mit der "Deutschen Militärzeitung" (DMZ, Nr. 20, Januar-März 2000). "Der Kundige weiß: Die Partisanen in Zivilkleidung haben deutsche Soldaten hinterrücks ermordet".1986, inzwischen 73 Jahre alt, meldete sich Herrmann mit einem über 400-seitigen Buch, "Bewegtes Leben", zu Wort: Der Autor habe lange "geschwiegen und Historikern und Instituten geholfen. Nun erzählt er selbst, wie es wirklich war…", heißt es im Klappentext. Zwei Jahre später folgte ein zweites Buch: "Als die Jagd zu Ende war. Mein Flug in die sowjetische Gefangenschaft", 2003 bereits in achter, erweiterter Auflage bei "Universitas" erschienen. "Herrmanns Bericht ist eine packende und erschütternde, auch gut geschriebene Schilderung der Leiden deutscher Kriegsgefangener in der Sowjetunion", lobt die konservative "Rheinische Post" das "aufwühlende Werk".
Herrmann und die "Auschwitz-Lüge"
In den achtziger und neunziger Jahren machte sich Herrmann als Strafverteidiger von exponierten Holocaust-Leugnern einen Namen. Er trat unter anderem auf in Prozessen gegen den englischen "Historiker" David Irving, Otto Ernst Remer, den us-amerikanischen "Gaskammer-Experten" Fred Leuchter, Ernst Günter Kögel im Remscheider Auschwitzlüge-Prozess" sowie Günter Demolsky und Werner Gebhardt im Bochumer Verfahren. Im Mai 1991 gab er bei Walter Lüftl, dem damaligen Präsidenten der Österreichischen Bundesingenieurkammer, ein Gutachten "über die angeblichen Vergasungen von Menschen während des Krieges in den Konzentrationslagern Auschwitz 1+2 […]" in Auftrag. Mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens beauftragte er den Diplom-Chemiker Germar Rudolf (verheiratet Germar Scheerer), der daraufhin das "Rudolf-Gutachten" anfertigte, das den vermeintlich "wissenschaftlichen Beweis" lieferte, dass es keine Vernichtung durch Gas in Auschwitz gegeben habe.
"In rechtsradikalen Kreisen ist Hajo Herrmann eine erste Adresse. […] Der Oberst a.D. […] muss allerdings selbst mit einer Anklage rechnen. Gegen ihn, so bestätigte Staatsanwalt Hans-Heiko Klein, läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung", berichtete die "Rhein-Neckar-Zeitung" am 9. September 1994 über den Mannheimer Prozess gegen Leuchter. Herrmann soll in einer Haftbeschwerde das folgende formuliert haben: "Die Behauptung des Angeschuldigten, in Auschwitz habe es keine Gaskammern gegeben, trifft zu." Damit verhöhne auch Herrmann "das Leid der Opfer im Konzentrationslager Auschwitz". Herrmann äußerte sich in einer "Presseerklärung der Verteidigung" dahingehend, dass "zu befürchten" sei, "daß sich das Gericht im Schuldspruch […] nicht frei fühlen könnte." Weswegen Leuchter sich vermutlich "nicht stellen" werde. Und so kam es dann auch: Leuchter war die Sache zu heiß geworden. Gegen 20.000 DM Kaution auf freien Fuß gesetzt, machte er sich aus dem Staub.
Bei derartiger Betätigung würde es also nicht erstaunen, wenn Herrmann bei der rechtlichen Beratung des unter anderem von Horst Mahler initiierten neuen Projektes der Auschwitzleugner, dem "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten", und bei deren aktuellen Selbstanzeige-Kampagne hilfreich zur Seite stehen würde. Der offenbar ebenfalls interessierte und finanzkräftige Solinger Bauunternehmer Günther Kissel, lud ihn auch prompt – nebst Mahler und anderen – für den 19. August 2003 zu einer Besprechung in sein Privathaus ein (siehe LOTTA Nr. 15, S. 28 und Antifa-Infoblatt Nr. 61, S. 54-55).
Herrmann bei der "Truppe"
Aber Herrmann wird nicht nur vom äußerst rechten Rand der Gesellschaft hofiert. Auch in Bundeswehrkasernen ist er offenbar gern gesehen. "Auf Initiative des Militärhistorischen Arbeitskreises der RK Ratingen im VdRBw und der Sektion Düsseldorf-Münster der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik (DWT) hielt Oberst a.D. Hajo Herrmann am 28.02.2002 in der Bergischen Kaserne in Düsseldorf einen Vortrag über seine persönlichen Erlebnisse". So steht es auf der Homepage des "Militärhistorischen Arbeitskreises der Reservistenkameradschaft Ratingen im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V." (Mil.Hist. Arbeitsgr. RK Ratingen im VdRBW). Autoren des Berichtes über den Vortrag, "der mit übermäßigem Beifall seinen Abschluß fand": "Sektionsleiter" Dipl. oec. Ralph W. Göhlert sowie Robert Neber, VdRBW-Pressebeauftragter.
"Zurück nach Workuta"
"War ich […] ein politischer Soldat?" frug Herrmann 1986 rückblickend: "Was sonst!" Auch heute noch mischt er emsig mit. Und niemand kam ihm am Boden bisher ernsthaft in die Quere. Wirklich niemand? Während seiner Gefangenschaft und nach einer bitter kalten Zeit nördlich des Polarkreises endlich in eine südlichere warme Region verlegt, "grünte die Hoffnung der Heimkehr", erinnert sich Herrmann. Zu früh gefreut: "Der Politoffizier eröffnete mir, daß ich innerhalb einer Viertelstunde meine Sachen zu packen […] hätte". Ein "Antifalümmel am Lagertor" verriet ihm "verheißungsvoll" das Ziel der anstehenden Reise: "Zurück nach Workuta".
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