Der Castor bleibt auf der Strecke!
Anfang November ist es soweit:
11 Castoren mit hochradioaktivem Müll sollen von La Hague nach Gorleben transportiert werden. Dem wollen wir ein deutliches und entschiedenes Nein entgegenhalten!
Mit einer großen gemeinsamen Aktion werden wir uns einen Teil der Castorgleise aneignen – der Castor bleibt diesmal auf der Strecke – basta! Mit dieser Idee wollen wir an die Aktionserfahrungen anschließen, die in den vergangenen Jahren viele Menschen – in Heiligendamm, Hamburg und anderswo – spektrenübergreifend gesammelt haben.
Globale Systemkritik praktisch werden lassen!
Gerade jetzt ist es wichtig und notwendig, dass der Widerstand gegen die Atomtechnologie öffentlich sichtbar und spürbar wird: Die Erneuerung des deutschen Kraftwerkparks steht an. Dies bedeutet Investitionen in Milliarden Höhe. Auf der Agenda steht der Bau von zwei Dutzend Großkraftwerken;
Atomlobby und manche PolitikerInnen schwadronieren sogar von einer Renaissance der Atomenergie. Jetzt werden die Weichen für die Energiepolitik der nächsten Jahrzehnte gestellt! Hier geht es um viel: um Profit einerseits – aber auch um die Chance für einen energiepolitischen und gesellschaftlichen Umbruch, für ein menschengerechtes Leben. Der Castortransport ist eine gute Gelegenheit, die Debatte um Klima und Energie inhaltlich und praktisch auszutragen. Energiepolitik wird hier verhandelt!
Widerstand gegen Atomanlagen heißt immer auch Widerstand gegen Strukturen einer Gesellschaft, der die Folgen des Betriebs von Atomanlagen und Kohlekraftwerken egal sind. Wir wollen ein ganz anderes gesellschaftliches Klima; eine Gesellschaft, die ihre Energiepolitik vom Nutzen für alle durchdenkt, und nicht vom Profit weniger im globalen Norden.
Mit der Klimadebatte ist das Thema Energie- und Atompolitik wieder in den Mittelpunkt gesellschaftlicher Auseinandersetzung gerückt. Der globalisierte Kapitalismus mit seinem inhärenten Zwang zu ständigem Wachstum und Profitmaximierung stößt an seine Grenzen. Die Folgen der damit verbundenen grenzenlosen Vernutzung von Ressourcen, vor allem von Energieressourcen, sind unausweichlich und irreversibel. Bereits stattfindende drastische Schäden im Ökosystem lassen sich nicht länger verdrängen.
Die massiven politischen und sozialen Folgen im globalen Süden, aber auch in den Industrieländern bringen zentrale gesellschaftliche Konflikte mit sich und beeinflussen die Bedingungen für alles (menschliche) Leben. Klima und Energie als soziale Frage zu begreifen bietet die Chance, die Systemfrage in die gesellschaftliche Debatte einzubringen und mit Aktionen politisch einzugreifen. Die Kämpfe gegen die ungleiche Verteilung der Kosten und Schäden des herrschenden Energieregimes sind bereits im Gange – wir sehen uns als einen Teil davon.
Die Atomlobby nutzt die Gunst der Stunde. Um weiter so machen zu können wie bisher, versprechen sie das Blaue vom Himmel: Atomenergie rettet das Klima und garantiert billigen Strom. Die durch Klimawandel und steigende Energiepreise verunsicherte Bevölkerung wird mit einer massiven Lügenpropaganda bearbeitet, um Akzeptanz zu schaffen für Laufzeitverlängerung der AKWs und den Ausstieg aus dem „Ausstieg“.
Diese Lügen sind nicht neu – und doch wirksam.
Dagegen stehen unsere Argumente:
– Weder ist Atomenergie CO2-frei, noch kann sie das Klima retten. Uran ist begrenzt, Atomenergie
ist teuer und eine wenig energieeffiziente Methode der Stromerzeugung – unberührt bleibt das Energieproblem im Individual- und globalen Warenverkehr.
– Möglichst lang laufende AKWs sind gut – für den extra-Profit der Atomwirtschaft! Der Preis für die Kilowattstunde wird an der Strom-Börse ausgehandelt, die teuren Kraftwerke bestimmen den Preis. Niedrige Kosten der Atomstromproduktion kommen bei den VerbraucherInnen gar nicht an. Und die Folgekosten und – risiken, wie z.B. die der Atommüll-Lagerung, müssen alle tragen.
– Für eine sichere Lagerung von Atommüll gibt es keine Lösung. Die skandalösen Vorgänge im Atommüll-Lager Asse, dem Pilotprojekt für Gorleben, zeigen: Sicher ist nur das Risiko. Trotz dieses öffentlich zugegebenen Dilemmas wird jeden Tag weiter Atommüll produziert.
– Mit der „militärischen Option“ der vorgeblich zivilen Atomtechnologie ist ein ungeheures Macht- und Bedrohungspotential verbunden. Dies nutzen die Mächtigen für ihre Interessen, und sie denken nicht daran, ihre Vormachtstellung im globalen Kampf um knapper werdende Ressourcen aufzugeben.
Notwendige Eingriffe in die Energiepolitik
Atomenergie ist und bleibt Bestandteil kapitalistischer Verwertungs- und Machtsysteme; Umwelt
und menschliches Leben, die Gefährdung durch laufende Atomanlagen und die unlösbare Lagerproblematik haben darin nur eine untergeordnete Bedeutung. Mit diesem Wahnsinn muss Schluss sein. Und zwar sofort!
Beim Castortransport im November soll ein Normalzustand simuliert werden; alles andere wäre eine Bankrotterklärung der Atommafia. Spätestens dann wird sichtbar, dass ein Staat mit Atomanlagen ohne massive Repression nicht funktioniert. Gäbe es nicht die größten Polizeieinsätze der Nachkriegsgeschichte – kein Castor hätte jemals sein Ziel erreicht. Ohne den massiven Einsatz zehntausender PolizistInnen wäre die Transportstrecke im Wendland nie passierbar gewesen – der Castor, und mit ihm die herrschende Energiepolitik, wäre auf der Strecke geblieben.
Seit mehr als dreißig Jahren greift die Anti-Atom-Bewegung ein, und noch nie haben wir uns darauf beschränkt, politische Parteien darum zu bitten, doch mal die AKWs abzuschalten. Nein, es war der direkte Eingriff Tausender, der die WAA Wackersdorf verhindert hat und den schnellen Brüter in Kalkar zu einer Bauruine werden ließ.
Sicherlich gibt es viele Stellen, den Schraubenschlüssel ins Getriebe des Kapitalismus zu werfen; im Bereich der Energiepolitik stellen die Castortransporte ins Wendland einen einmaligen Angriffspunkt dar. Der Schlüssel zum Atomausstieg hat Größe 41, und wir haben ihn in der Hand.
Die Idee: Gemeinsam zum Zug kommen!
„Bildet Banden!“ heißt es, „organisiert Euch in Bezugsgruppen!“ Viele haben diesen Aufruf in den vergangenen Jahren beherzigt, sind hartnäckig in kleinen Gruppen durch die Wälder des Wendlands gestreift. Und wenn der Zug kam, dann… blieb mensch mit der Bezugsgruppe häufig ratlos an der Polizeikette stehen. Den Mut und die Kraft all dieser Bezugsgruppen und Einzelpersonen wollen wir in diesem Jahr zu einer bewegten Schienenblockade bündeln.
Wer sich in den vergangenen Jahren auf den Weg zur Transportstrecke gemacht hat, hat sicher vieles im Kopf gehabt, was sie oder er dort auf den Schienen gern tun würde. Von diesen unterschiedlichen Ideen so viele wie möglich umzusetzen, und uns als gemeinsam Handelnde zu erleben: das nehmen wir uns für dieses Mal vor. Mit einer großen gemeinsamen Aktion werden wir den Raum dafür schaffen.
Auch neben den Schienen wird es viel zu tun geben – laut und lästig – Transparente halten, die erklären, worum es uns geht, laut sein, Krach schlagen gegen Einsatzbefehle, im Weg stehen, wenn die Polizei zu den Schienen will, Kaffee, Kuchen und belegte Brote mitbringen, weil’s länger dauern wird.
Natürlich brauchen wir dafür Zeit und Vorbereitung. Camps sind ein guter Ort dafür; bereits ab Donnerstag (6.11) vor dem Transportwochenende seid Ihr in den beiden bisher feststehenden Camps in Hitzacker und Metzingen willkommen. Dort wird es genügend Gelegenheit geben, um Ideen auszutauschen und Verabredungen zu treffen. Also nehmt Euch den Freitag frei und kommt rechtzeitig, um Euch an den verschiedenen warming ups zu beteiligen. Sollte der Castor – wider Erwarten – den Verladekran in Dannenberg erreichen, werden wir uns natürlich auch noch mit Aktionen an der Straßenstrecke einmischen. Gemeinsam sind wir unausstehlich! Mit dem besten Gewissen der Welt: Energiepolitik ist Handarbeit! Wichtige Dinge kann mensch keiner Regierung überlassen!
Für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen – weltweit!
Für ein ganz anderes Kl!ma und soziale Rechte weltweit
Kampagne Castor 08
Infos: http://www.castor.de oder http://castor08.nadir.org
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