Perspektiven entwickeln
für antimilitaristisches
und antirassistisches Handeln!
im war-starts-here Camp 2017
31. Juli bis 6. August 2017
am Gefechts-Übungs-Zentrum Altmark (GÜZ)
in 39 638 Potzehne
> Die Ohnmacht gemeinsam durchbrechen
Aus der öffentlichen Wahrnehmung sind die Bilder von geflüchteten Menschen verschwunden. Und doch gibt es sie immer noch: zu Tausenden müssen Menschen ihr Zuhause verlassen und sich unter gefährlichen und unmenschlichen Bedingungen auf die Suche nach einem sicheren Ort zum Leben begeben. Immer noch ertrinken Hunderte von Menschen auf ihrer Flucht übers Mittelmeer. Hunderttausende harren aus in prekären Unterkünften außerhalb der Grenzen der Festung Europa, in Lagern unzureichend versorgt und mit wenig Perspektive auf Veränderung. Sie sind weit weg gerückt; wir haben sie nicht mehr vor Augen, auch nicht mehr ihre Not und das Elend und den unmenschlichen Umgang damit.
Und hier?
Viele Menschen haben sich mit unglaublicher Energie engagiert und tun das weiterhin, um die geflüchteten Menschen willkommen zu heißen. Die zunächst öffentlich gelobte „Willkommenskultur“ wurde rasend schnell und kaum bemerkt politisch hintertrieben. Das Recht auf Asyl wurde ausgehebelt und die Asylbedingungen verschärft. Die Militarisierung der Außengrenzen der Festung Europa und Verträge über Auffanglager in den Ländern, aus denen die Menschen fliehen, sollen dafür sorgen, dass hier gar keine Schutzsuchenden mehr ankommen. Immer mehr Herkunftsländer werden zu „sicheren“ Ländern erklärt, in die abgeschoben werden darf.
Geflüchtete hängen über lange Zeiträume in einer zermürbenden und mit Unsicherheit und Angst behafteten Warteschleife. Schnelle Abschiebungen sind an der Tagesordnung. Verzweiflung und Ohnmacht verschärfen ihre traumatisierenden Erfahrungen von Krieg, Terror und Flucht.
Den Menschen, die sich einsetzen für einen menschlichen und solidarischen Umgang mit den Schutzsuchenden, werden in ihrem Engagement deutliche und harte staatliche Grenzen gesetzt. Und statt Fluchtursachen zu bekämpfen schaffen Rüstungsexporte, Aufrüstung und Kriegseinsätze gleichzeitig neue Ursachen für Vertreibung und Flucht. Diese Entwicklung verstärkt Gefühle von Hilflosigkeit und Ohnmacht, lässt aber gleichzeitig den Willen größer werden, sich gemeinsam gegen diese menschenverachtende Politik zur Wehr zu setzen.
Es ist Zeit, sich zusammenzutun und Perspektiven zu entwickeln, wie wir jetzt und praktisch eingreifen können; nach Wegen zu suchen, wie wir gemeinsam die lähmende Ohnmacht durchbrechen und ein solidarisches Miteinander entwickeln können: kleine Schritte der Veränderung, die eine andere Welt am Horizont aufscheinen lassen.
Mit dem war-starts-here-Camp wollen wir deutliche Zeichen setzen gegen die kriegerischen Verhältnisse, die hinter Krieg, Terror, Flucht und Migration stehen, sie gemeinsam bekämpfen und uns stark machen für eine Welt, in der niemand mehr aufgrund von zerstörten Lebensgrundlagen und Krieg gezwungen ist, sein/ihr Zuhause zu verlassen. Für eine Welt ohne Grenzen, in der das Leben lebenswert ist – überall.
Dazu brauchen wir Dich, Dich …. und Dich, damit uns das gelingen kann. Also komm in die Puschen und bring Dich ein in einen Austausch von Ideen, wie wir gemeinsam wieder antimilitaristisch und antirassistisch sichtbar und in Aktionen stark werden können. Eine andere Welt ist möglich – und nötig!
Gemeinsam mit vielen wollen wir die scheinbare Normalität der kriegerischen Verhältnisse offenlegen, stören, blockieren: Spürbare Steine im Getriebe sein.
- Wir rufen dazu auf, dem staatlich organisierten Töten und Zerstören mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten.
- Für globale soziale Rechte und ein gutes Leben für alle!
– Ursachen von Krieg und Flucht –
Wir leben in kriegerischen Verhältnissen.
Die globale Entfesselung des Kapitalismus hat die Welt zu einem höchst unsicheren Ort gemacht. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion geht es um eine neue Aufteilung der Welt, um den Zugang und die Aneignung der letzten Rohstoffe und Energieressourcen, um die Erschließung neuer Märkte und billiger Produktionsbedingungen weltweit. Mit politischer und wirtschaftlicher Macht und immer mehr auch mit militärischen Mitteln werden die „Versorgungssicherheit“, – das heißt die unendliche Ausbeutung von Mensch und Natur und der Fluss der Warenströme, nicht eine gute Versorgung der Menschen – weltweit sichergestellt. Es geht um die Aufrechterhaltung des herrschenden krisenproduzierenden Weltwirtschaftssystems.
Dabei zerstört dieses System, dessen innere Logik von Wachstum und Profit geprägt ist, und das die Interessen der Ökonomie über die der Menschen stellt, in zunehmendem Maße und weltweit die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen. Und auch in den reichen Industrienationen klafft die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander.
Krisen, Kriege, Klimawandel, Armut und Migration sind aufs Engste verwoben mit diesem zerstörerischen System, das unserem „Wohlstand“ zugrunde liegt und zeigen seine Grenzen auf. Wir alle sind Teil dieses Systems – gezwungenermaßen. Unsere Art zu leben und zu wirtschaften trägt zu seiner Aufrechterhaltung bei. Das zu erkennen ist ein wichtiger Schritt, um daran was zu ändern.
Deutschland. Macht. Krieg.
Deutschland hat längst eine zunächst propagierte Politik der Zurückhaltung aufgegeben und entwickelt seine eigene Kriegsfähigkeit. Der Militärhaushalt wird erhöht und es wird verstärkt aufgerüstet. Die Bundeswehr – längst umgebaut von einer Verteidigungs- zu einer Angriffsarmee – wird personell erweitert und ist bereits in einer ganzen Reihe von Kriegen weltweit im Einsatz. Im Bündnis der NATO, aber auch als mächtiger Staat innerhalb einer zunehmend militarisierten EU, arbeitet die BRD an ihrer eigenen Gestaltungsmacht und nennt das „Übernahme internationaler Führungsverantwortung“. Der NATO-Pakt unter Führung der USA sichert seine wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen in der globalen Konkurrenz mit anderen Großmächten und Schwellenländern mit kriegerischen Mitteln ab. Und Deutschland ist dabei militärische Drehscheibe. Über den Militärstützpunkt Ramstein werden Transporte der US-Armee in Kriegsgebiete abgewickelt und der Einsatz von Killerdrohnen gelenkt. Am Fliegerhorst Büchel lagern immer noch 20 US-Atomwaffen, die bei Bedarf mit deutschen Tornados in Einsatzgebiete geflogen werden können.
Auch wenn die Bundesregierung nicht an allen Kriegen beteiligt ist oder ihre Kriege als friedensbringende Mission verklärt: ganz praktisch verkauft Deutschland hemmungslos-aggressiv seine Waffen in alle Welt, auch in Spannungsgebiete. Saudi Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate gehören zu den größten Empfängern von Waffen aus Deutschland.
Eine zunehmende Militarisierung durchdringt alle Bereiche der Gesellschaft und wird auch ganz stolz öffentlich präsentiert: mit zweifelhaften Imagekampagnen versucht die Bundeswehr, Jugendliche zu rekrutieren; auf Messen und an Schulen betreut sie Stände, veranstaltet Tage der offenen Türen und ist auch sonst bemüht, sich medial als etwas Normales im Alltag zu verankern.
Gleichzeitig üben sich Politik und Medien in unterschwelliger und offener Kriegsrethorik. Terroranschläge und die „Flüchtlingskrise“ werden instrumentalisiert, um Ängste zu schüren. Migrantinnen erscheinen als Bedrohung – Abschottung und Kriege als Verteidigung der Inneren Sicherheit. Populistische und rechtsextreme Gruppen greifen die Verunsicherung der Menschen auf und nutzen sie für ihre rassistische und nationalistische Hetze. So wird ein gesellschaftliches Klima geschaffen, in dem eine drastische Steigerung des Militär- und Rüstungshaushalts, ebenso die Aufstockung der Bundeswehr und ihr zunehmender Einsatz in Kriegen ohne grossen Widerspruch beschlossen werden. Mit Angst lässt sich wunderbar regieren. Wen interessieren da Grundrechte? Auf dem Ticket Innere Sicherheit hebelt die Regierung diese aus und bereitet die Aufstandsbekämpfung im Inneren vor.
– Werde Teil des Camps –
Seit mehreren Jahren hat das war-starts-here Camp-in Potzehne, in der Nähe des GÜZ, viele unterschiedliche Menschen zusammengebracht. Gemeinsam zu diskutieren und aktiv zu werden hat einiges bewirkt, sowohl bei den Teilnehmenden des Camps als auch in der Region. Und es hat Spaß gemacht.
Wir kommen zusammen, um über Kriege und deren Vorbereitung zu informieren, die Lage zu durchschauen und die Zusammenhänge zu analysieren. So vielfältig die Strömungen in emanzipatorischen Bewegungen sind, so vielfältig sind auch die individuellen Sichtweisen auf Krieg und Militär. In Anbetracht dessen wollen wir die Gemeinsamkeit des Widerstands weiterentwickeln, den lange gewachsenen Widerstand vor Ort stärken und dabei unsere Unterschiede diskutieren und respektieren. Wichtig ist uns auch, auf die Menschen in der Umgebung des GÜZ zuzugehen, mit ihnen in Kontakt und ins Gespräch zu kommen und vielleicht auch mehr…
Bei diesem (inzwischen sechsten) Camp knüpfen wir am Thema des letzten Camps an. „Krieg.Macht.Flucht.“ ist immer noch aktuell. Diesmal geht es vor allem darum, antimilitaristische und antirassistische Perspektiven zu entwickeln. Lasst uns unsere OhnMacht gemeinsam durchbrechen! Das Camp in Potzehne wird ein Ort dafür sein. Wir wollen eine Diskussion auf Augenhöhe mit allen, die das Gleiche antreibt: die Abneigung gegen die zerstörerischen Verhältnisse weltweit.
Es ist ein selbstorganisiertes Camp, das durch Einsatz der teilnehmenden Menschen entsteht, besteht und Wirkung entfaltet. Was du nicht selber organisierst, vermisse nicht! Das Camp ist ein sozialer Ort, an dem wir einen Gegenentwurf zu leben versuchen: gegen eine Gesellschaft, die in allen Fasern von Herrschaft durchdrungen ist, setzen wir konkrete Utopie.
– Krieg beginnt hier – Unser Widerstand auch –
Das GÜZ, die Kriegsübungsstadt Schnöggersburg und warum wir gerade hier aktiv werden:
Wir wollen der kriegerischen Mobilmachung was entgegensetzen. Nicht nur in den Köpfen der Menschen, sondern auch ganz praktisch. Abrüstung ist Handarbeit. Wir können nicht auf die Politik vertrauen, sondern müssen die Dinge selbst in die Hand nehmen.
Wir haben uns einen Punkt herausgegriffen, der bereits in den letzten Jahren ein Kristallisationspunkt für antimilitaristische Aktionen war und auch weiter sein wird – auf Grund seiner Funktion für die Vorbereitung von kriegerischen Einsätzen und von Aufstandsbekämpfung im städtischen Raum wie in ländlichen Regionen.
Im Gefechtsübungszentrum (GÜZ) in der Altmark, dem modernster Truppenübungsplatz Europas, bündeln sich viele Facetten von Krieg und Militarisierung nach Außen und Innen.
Auf dem 230 qkm großen Militär-Gelände wird Krieg mit hochgerüsteter Technik und lasersimulierten Waffensystemen geübt und vorbereitet. Deutsche Soldat_innen bereiten sich hier auf Auslandseinsätze in unterschiedlichen Regionen vor.
Der Betreiber „Rheinmetall Dienstleistungszentrum Altmark“ vermietet das Gelände an die Bundeswehr und die Armeen anderer NATO-Mitgliedsstaaten, ist Dienstleister der gesamten Technik und Logistik und leistet die Vorarbeit für die militärischen Analysen. Zusätzlich werden Söldner in die Kriegsübung,-vorbereitung und auch in die realen Kriegseinsätze integriert.
Auf der Baustelle der gigantischen Kriegsübungsstadt „Schnöggersburg“, in der Aufstandsbekämpfung im urbanen und ländlichen Raum trainiert werden soll, ist es in den letzten Jahren mächtig vorangegangen. Inzwischen präsentiert die Bundeswehr öffentlich ihre Einrichtung im Wald mit Werbefotos von der einzigen U-Bahnstation Sachsen-Anhalts, einem Stadion und einem Multifunktions-Sakralbau.
Gleichzeitig ist das GÜZ ist eine riesige Verkaufsausstellung. 2011 bestellte Russland nach dem Vorbild des Truppenübungsplatzes in der Altmark eine Anlage, deren erste Hälfte bis zum Beginn der Sanktionen ausgeliefert wurde; die Vereinigten Arabischen Emirate orderten 2010 ein komplettes Gefechtsübungszentrum im Wert von 70 Millionen Euro bei Rheinmetall Defence. Ihre Streitkräfte wurden im GÜZ mit der modernen Kriegsübungstechnik vertraut gemacht. Zudem ist Rheinmetall der größte Lieferant von Kleinwaffen in alle Welt und verkauft ganze Munitionsfabriken zum Beispiel an Saudi-Arabien.
Hier wird Krieg und Aufstandsbekämpfung geübt, ausprobiert, vorbereitet. Krieg beginnt hier.
Wir wollen diesen zentralen Ort der Kriegsvorbereitung sichtbar machen und mit unseren unterschiedlichen Aktionen den „Normalbetrieb“ – die gut geschmierte Kriegsmaschinerie – stören und blockieren.
Seit Oktober finden regelmäßig „antimilitaristische Ratschläge” statt – bundesweite öffentliche Treffen zur Vernetzung, zum Austausch und zur praktischen Vorbereitung des Camps 2017.
- Werdet aktiv, bringt Euch ein in die Vorbereitung!
- Entwickelt Eure Aktionsideen!
- Wir sehen uns spätestens auf dem Camp!
- Antimilitaristisch und antirassistisch Campen!
- Krieg beginnt hier – Unser Widerstand auch!