Eduard von der Heydt –
das ultimative Geschichtsquiz!
Die Diskussion um Eduard von der Heydt ist in der Wuppertaler Öffentlichkeit endlich voll entbrannt.
Aber wir tun uns sehr schwer mit der Einordnung seiner Persönlichkeit.
Wann ist ein Nazi ein Nazi? Wie lange bleibt ein Mitläufer ein Mitläufer? Was ist Antisemitismus?
Müssen in Wuppertal Kulturpreise, Museen, Straßen und Parks nach Antisemiten, NSDAP-Mitgliedern, Nazigold-und Geldwäschern benannt bleiben? Fragen über Fragen.
Mehrere Antworten sind möglich!
Fragekomplex: Was ist Antisemitismus?
Frage 1: Durch die Heirat mit Vera von Schwabach, der Tochter von Paul Schwabach, der das renommierte
jüdische Bankhaus S. Bleichröder leitete, entwickelten sich in Amsterdam wohlkalkulierte Geschäftschancen.
Von der Heydt eröffnete 1920 in Amsterdam als Vertretung von S. Bleichröder und anderer Bankhäuser
die Von der Heydt-Kersten-Bank. Nach dubiosen Transaktionen verlor er das Vertrauen des jüdischen Schwiegervaters, seine Bank wurde liquidiert und von der Heydt musste sich umorientieren. Spätestens seit
1925 suchte er offensiv Kontakt zu
völkisch-konservativen Kreisen.
Wer ist der Verfasser folgender Zeilen?
a) Der deutsche Stammtisch
b) Eduard von der Heydt
c) Adolf Hitler
„In der Tat sind die ganzen Depositen und Ersparnisse des deutschen Volkes durch die Organisation der
Berliner Großbanken in der Hand von wenigen Berliner Juden, welche mit den Ihnen zur Verfügung stehenden
Geldmitteln die Wirtschaft terrorisieren und die öffentliche Meinung korrumpieren. (…) Angesichts der
politischen Charakterlosigkeit des deutschen Volkes halte ich die Verjudung der deutschen Finanz und
Öffentlichkeit für eine ganz ungeheure Gefahr und bekenne mich in diesem Zusammenhang durchaus zu den
völkischen Ideen.(…) Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mich einmal gelegentlich mit einem führenden
konservativen Politiker in Verbindung bringen könntest, mit dem ich über diese haarsträubenden Zustände sprechen könnte.“
Frage 2: Wie sind diese Aussagen zu bewerten?
a) Stimmt, die Juden wollten schon 1925 das deutsche
Volk aussaugen und zu beherrschen die Presse
b) Das ist widerlicher Antisemitismus.
c) Das könnte ein Tatbestand der Volksverhetzung sein.
„Die Grenze ist überschritten, wenn eine Täterschaft im juristischen Sinne nachweisbar wäre“ (Drevermann)
Frage 3: Wer hat in der Wuppertaler Öffentlichkeit folgende Aussagen unwidersprochen tätigen können, die
in der Antisemitismus-Forschung als „sekundärer Antisemitismus“ bezeichnet werden?
Aussage 1:
„Rechtsansprüche auf Herausgabe der drei Kunstwerke bestehen nicht, aber auch eine moralische Verpflichtung vermögen wir- fast 60 Jahre nach
Beseitigung des Nazi-Unrechtsregimes- angesichts der vielen Millionen Mark, die unserer Staat an finanzieller Wiedergutmachung geleistet hat, nicht zu erkennen. Wir wissen, dass die Werke nach einer möglichen Restitution verkauft oder auf Kunstmärkten versteigert werden sollen. Es geht also nicht um
Moral, sondern um Geld“.
Aussage 2:
„Dass an den Juden im Namen des deutschen Volkes begangene Unrecht könne nicht „durch falsch
verstandenen Wiedergutmachungseifer vergessen gemacht werden“.
a) Arno Breker
b) Carl Duisberg
c) Eduard von der Heydt
d) Eberhard Robke
e) Sabine Fehlemann
Fragekomplex: Was ist ein Nazi?
Frage 4: Eduard von der Heydt trat 1926 in die Organisation „Stahlhelm“ ein.
War der „Stahlhelm“
a) eine völkisch-militaristische Organisation?
b) eine Organisation für Mitläufer?
Frage 5: Eduard von der Heydt tritt 1933 in die NSDAP ein.
Wie nennt man gemeinhin die Parteigänger der NSDAP?
a) Nazis
b) Mitläufer
Frage 6: Eduard von der Heydt wurde 1937 Schweizer Staatsbürger und trat in Absprache mit der Zentrale
der NSDAP aus. Dafür trat er dem „Bund treuer Eidgenossen“ bei, der in der Alpenrepublik die
nationalsozialistische Weltanschauung vertrat.
Wie nennt man die Parteigänger des „Bundes treuer Eidgenossen“
a) Mitläufer
b) Schweizer Nazis
Fragekomplex: Was ist ein Rassist?
Frage 7: Eduard von der Heydt versuchte seine wachsende Sammler-Leidenschaft für ostasiatische Kunst
1933 durch wissenschaftliche Vorträge wie „der nordische Mensch und die ostasiatische Kunst“ oder
„Wikinger und Inder„ mit dem arisch- germanischen Kunstverständnis der Nazis zu versöhnen. In einem
Zeitungsartikel lesen wir:
„Der Vortragende [ E. von der Heydt] betonte, dass wir fast ein Jahrhundert unter dem Einfluß Goethischer
Kunstauffassungen die ostasiatische wie die nordische Kunst verachtet hätten. (…) Baron v.d. Heydt wies
darauf hin, dass Europa aus dem Mittelmeerkreis heraus von drei semitischen Religionen überschwemmt wurde und
unter ihnen der Paulinismus die Blüte der germanischen Kultur knickte. (…) beklagte mit Recht, dass das
Interesse für nordische Kultur, trotzdem uns das Idealbild des nordischen Menschen aus dem Gedanken der Rassenerneuerung und Rassenpflege im volkserzieherischen und zukunftssichernden Sinne
stärkstens bestimmt, heute noch wenig vorhanden ist. “
Wie ist dieser Vortrag zu bewerten?
a) „Er hat versucht, seine Haut zu retten“ (Robke)
b) Das ist nicht nur rassistisch, sondern auch
antisemitisch
Frage 8: Eduard von der Heydt blieb in Nazideutschland als Förderer der Künste und Sammler präsent. Als
Vorsitzender des Fördervereins der Nationalgalerie in Berlin unterstützte er die kulturpolitischen
Erfordernisse der Nazis, seine Bilder zeigte er gerne, förderte Nazimaler und korrespondierte mit Nazigrößen.
Gleichzeitig verkaufte er noch im Juni 1933 weitsichtig seine von Beschlagnahmung bedrohten Bilder
jüdischer und progressiver Künstler an das Kunsthaus in Zürich. Herausragend sind seine Beziehungen zu Hermann Göring.
„ Sehr verehrter Herr Reichsmarschall. (…)
In der Angelegenheit des Gemäldes von Lochner habe ich
einmal an meine Tante geschrieben, sie möchte doch ihre Tochter und ihre 3 Enkelinnen beeinflussen, das
Bild zu verkaufen. (…) Da es sich bei den (…) Damen um Gutsbesitzerinnen handelt, könnte ich mir denken,
dass das Bild vielleicht gegen ein Gut in Polen abgegeben würde. (…)
Was den Monte Verita angeht, so handelt es sich um eine Besitzung von etwa 100.000 qm, auf der sich zwei
Hotelgebäude, mein Privathaus und eine Anzahl kleinerer Häuser befinden. Ich lege einen Plan der
Besitzung und einige Photos bei. Der Besitz ist ja weltbekannt und gilt als einer der schönsten Punkte
der Schweiz bezw. Norditaliens. Ich habe das Hotel Anfang September 1939 geschlossen, da es hauptsächlich
eine internationale Kundschaft hatte, und habe es deutschen Verwundeten, durch Vermittlung der deutschen
Gesandtschaft in Bern, angeboten. (…) Die Photos, die ich ihnen beilege, geben einen kleinen Begriff von der
Besitzung. Man kann diese Besitzung als Heim für verwundete Fliegeroffiziere oder auch als Privatbesitz ausgestalten. (…) Ich bleibe stets mit besonderer
Vorliebe zu Eurer Exzellenz Verfügung und hoffe, dass
es mir vor allem gelingen wird, zum Ausbau der berühmten Sammlung Eurer Exzellenz beizutragen. Wegen
des Lochner werde ich auf jeden Fall heute noch einmal an meine Tante schreiben. Mit herzlichen Grüssen und
Heil Hitler verbleibe ich, sehr verehrter Herr Reichsmarschall, als Eurerer Exzellenz ganz gehorsamster sig. Eduard von der Heydt“
Ascona 24. April 1941
Wer war dieser Hermann Göring?
a) NS-Kriegsverbrecher
b) Kunsträuber
c) Immobilieninteressent und möglicher Nachbar imTessin
Frage 9: Eduard von der Heydt war ab 1939 als Bankier für den Geheimdienst der Deutschen Wehrmacht tätig. Für die „Abwehr“ tätigte er Gold- und Geldgeschäfte im
Werte von mindestens 10.5 Millionen Schweizer Franken. Über seine Konten in der Schweiz wurden Freikäufe von
verfolgten Juden getätigt und das Spionagenetz der Wehrmacht in Westeuropa, China und Amerika
finanziert. Über Kuriere wurden Gold und Dollar-Banknoten in Millionenhöhe von ungeklärter
Herkunft illegal in die Schweiz gebracht und von Von
der Heydt verkauft bzw. umgetauscht und schließlich wieder nach Berlin geschafft.
In welche NS-Kriegsverbrechen war die Abwehr verwickelt:
a) in keine, die Abwehr war ein Hort des Widerstandes
b) Angehörige der Abwehr: Soldaten des Regiment 800
(Brandenburger) und des Sonderverbandes Nachtigall
unter Theodor Oberländer waren in Lemberg an den Pogromen beteiligt, bei denen 400 Juden ermordet
wurden.
c) Die Abwehr befehligte die Geheime Feldpolizei GFP,
die für zahllose Kriegsverbrechen verantwortlich war. In der Sowjetunion exekutierten GFP-Einheiten in der
Zeit vom 1.7.1943 bis zum 31.3.1943 rund 21.000 Personen wegen angeblicher Bandenbetätigung, Spionage und Sabotage. Anfang 1944 baute die GFP Gruppe in
Mogilew einen Lastkraftwagen zum Vergasungswagen um.
Frage 10: Zum 100. Geburtstag des Von der Heydt Museums überbrachte die „Initiative für ein Jankel Adler Museum“ am 25. Oktober 2002 der Stadt Wuppertal die schlechte Nachricht, das das Von der Heydt Museum u.a nach einem prominenten Nazi, Rassisten, Antisemiten und Bankier der Wehrmacht benannt wurde. Sie forderten die unverzügliche Umbenennung des „Von
der Heydt Museums.“, die Aberkennung der Ehrenbürger-Würde in Wuppertal und die Umbenennung
des „Eduard von der Heydt Preises. Sie schlugen vor, das Museum in „Jankel Adler Museum“ umzubenennen.
Was „kostet“ in Wuppertal eine politischen Rede, die die Umbenennung des Museums fordert und auf die Nazivergangenheit des Eduard von der Heydt hinweist?
a) Der Redner erhält einen Forschungsauftrag zu
Eduard von der Heydt
b) Die Verleihung des Wuppertal-Talers
c) 5000 Euro inklusive einer Verurteilung wegen
schwerem Hausfriedensbruch und „Versammlungssprengung“
Die Lösung c) ist leider richtig. KritikerInnen gelten in Wuppertal als Nestbeschmutzer und werden
strafrechtlich verfolgt. Honorige Persönlichkeiten gehen beim Thema „Von der Heydt“ auf Tauchstation. Wir lassen uns aber nicht kriminalisieren!
Es bleibt dabei: Maul aufmachen! Antisemitismus und Nazis bekämpfen!
Die Initiative für ein Jankel Adler Museum bittet daher um großzügige Spenden in die Spendendose oder
auf das Spendenkonto:
Freie Medien Postbank Essen Knr. 470834437 Blz.
36010043 Stichwort Jankel Adler
WDR 8.11.2006
http://www.wdr.de/themen/kultur/2/kulturpreis_wuppertal/index.jhtml
Literaturgesellschaft:
Namensgeber war aktiver Nazi Brauner Schatten auf Kulturpreis
Von Robert Franz
Die Stadt und engagierte Bürger streiten um den Titel des Wuppertaler Kulturpreises. Sein Namensgeber,
Eduard von der Heydt, sei Antisemit und Nazi-Helfer gewesen, so der Vorwurf. Am Mittwoch (08.11.06) ist
der Auftakt einer Veranstaltungsreihe der Namenskritiker.
Auch Museum trägt den Namen von der Heydt Heinrich Böll hat ihn ebenso verliehen bekommen wie
Alice Schwarzer oder Pina Bausch: den Kulturpreis der Stadt Wuppertal. Die Stadt ehrt damit Menschen, die
sich um die Stadt verdient gemacht haben oder aus ihr stammen. Doch nun ist dieser Preis durch Recherchen
der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft ins Zwielicht geraten. Danach hatte der Wuppertaler Bankier und
Namensgeber, Eduard von der Heydt, eine unrühmliche braune Vergangenheit.
„Er ist nicht nur Mitläufer, sondern Täter gewesen“,
erklärt Hajo Jahn, der Vorsitzende der Wuppertaler Literaturgesellschaft. Dabei beruft er sich auf Recherchen Schweizer Historiker, die er am Freitag
(03.11.06) der Öffentlichkeit vorstellte. Danach pflegte der Bankier etwa eine enge Freundschaft zur Nazigröße Hermann Göring, der ihn in seinen Briefen als lieben Baron ansprach. Auch bei Devisengeschäften habe der Ehrenbürger Wuppertals den Nazis geholfen.
Prominente gegen von der Heydt-Preis
Kritiker Ralph Giordano
Mit einer Initiative will die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft nun die Stadt weiter unter Druck setzen, den Namen ihres Kulturpreises zu ändern. Dafür sammelt sie Unterschriften und beginnt
am Mittwoch (08.11.06) eine Veranstaltungsreihe. Zu deren Auftakt lädt die Gesellschaft zu einer
Diskussionsrunde mit prominenten Wuppertalern ein. Unterstützt wird der Verein von Schriftstellern wie
der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek oder dem Kölner Publizisten Ralph Giordano. Er fordert: „Ein mit öffentlichen Mitteln finanzierter Kulturpreis darf nicht nach einem aktiven Mitläufer des Nazi-Regimes
benannt sein.“ Doch die Stadt hängt an dem Namen von der Heydt, der in Wuppertal nicht zu übersehen ist.
Auch Straßen, Plätze und das städtische Kunstmuseum sind nach der Bankiersfamilie benannt. Zuletzt
entschied der Rat der Stadt im April 2006, den Namen des Kulturpreises beizubehalten, um die alten
Preisträger nicht nachträglich zu beschädigen. So seine Begründung.
Stadt beruft sich auf Freispruch nach dem Zweiten Weltkrieg Die Stadt will nun eigene Recherchen zur Vergangenheit ihres namhaften Bürgers anstellen. „Mit sorgfältiger
Arbeit“ hofft die Kulturdezernentin, Marlis Drevermann, den Streit beizulegen. Dazu lässt sie
unter anderem in den USA und der Schweiz forschen. Bis die Ergebnisse im kommenden Frühjahr vorgestellt
werden, geht sie weiter davon aus, dass Eduard von der Heydt ein harmloser Mitläufer gewesen sei.
Ausschlaggebend für ihre Beurteilung ist dabei das Urteil eines Schweizer Gerichts, dass den Bankier nach
dem Zweiten Weltkrieg freigesprochen hatte. Doch für die Stadt drängt die Zeit. Im nächsten Jahr soll der
Eduard von der Heydt-Preis wieder verliehen werden.
Wer will den Preis noch haben?
Der Vorsitzende der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft ist skeptisch. „Kein Preisträger wird diese
Auszeichnung noch entgegen nehmen wollen“, glaubt Hajo
Jahn. Er rät der Stadt, wieder den alten, schlichten Titel „Kulturpreis“ zu verwenden. Seine Literaturgesellschaft hatte sich ursprünglich dafür eingesetzt, den Preis nach der Wuppertaler Dichterin
Else Lasker-Schüler zu benennen. Als Jüdin hatte sie vor den Nazis aus ihrer Heimatstadt fliehen müssen. Doch für ihren Namen fand sich in der Stadt keine Mehrheit. „Ich empfinde dies als Beleidigung der Opfer des Nazi-Regimes“, sagt Hajo Jahn.
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