Es gehört schon fast zum Alltag eines linken politisch aktiven Menschen, für seine Anliegen zu demonstrieren oder durch andere Aktionen sein Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen. Hierbei ist es auch schon alltäglich, der Schikane und Repression der Polizei oder auch der politischen Gegner ausgesetzt zu sein. Kaum ein Wochenende vergeht jedenfalls, ohne dass Verhaftungen und auch Verletzungen bei den AktivistInnen zu beklagen sind.
Dabei ist den meisten Menschen bewusst, wie sie sich bei Verhaftungen, Gewahrsamnahmen und anderen Schikanen der Polizei zu verhalten haben. Hier sei noch mal ausdrücklich auf die Broschüre „Was tun, wenns brennt“ der Roten Hilfe ( http://www.rote-hilfe.de) und auf das Buch „Durch die Wüste“ verwiesen. In diesem Kontext werden oftmals Verletzungen nur als unangenehme Nebenerscheinung betrachtet. Verletzungen sind jedoch, genau wie Verhaftungen, Gewahrsamnahmen, Anzeigen und Hausdurchsuchungen, eine Form der Repression, die seitens der Polizei geplant eingesetzt oder zumindest billigend in kauf genommen werden.
Während man sich gegen die typischen und im Zweifelsfall auch rational zu erfassenden Repressionsmassnahmen im klassischen Sinne in einem gewissen Umfang schützen kann, ist dieses in Bezug auf Verletzungen nur schwer möglich. So kann man sich entsprechend den Witterungsverhältnissen kleiden, ordentlich frühstücken, keine Drogen zu sich nehmen usw.. Gegen Verletzungen durch die Gewalt der Polizei kann man sich allerdings nur schwer schützen, will man nicht Gefahr laufen, direkt eine Anzeige wegen passiver Bewaffnung/ Verstoß gegen das Versammlungsgesetz zu bekommen. Ob einen die mögliche Strafe davon abhält, entsprechende Schutzmassnahmen zu ergreifen, kann und soll jedeR für sich selber entscheiden. In Anbetracht der Häufigkeit von Verletzungen und verletzten Menschen auf Demonstrationen sollte sich jedoch jedeR Einzelne bzw. in jeder Bezugsgruppe wenigstens EineR mit der 1. Hilfe auf Demonstrationen auskennen. Aufgrund der Tatsache, dass Verletzungen auf Demonstrationen häufig vorkommen, gibt es auch seit langer Zeit Demosanis, im Ausland nennen sie sich Streetmedics.
Was sind Demosanis?
Wir Demosanis sind einzelne und sich in Gruppen organisierende Menschen, die sich insbesondere mit min. erweiterter erster Hilfe im Kontext von Demonstrationen auskennen. Wir kennen nicht nur die entsprechenden Hilfsmassnahmen, sondern kennen eben auch die besondere Situation, dass jedeR Verletzte auf Demonstrationen von PolizistInnen erst mal als Verdächtiger einer Straftat gesehen wird, frei nach dem Motto: „Wer einen Knüppel abbekommen hat, wird auch schon was gemacht haben“. Verletzte DemonstrantInnen sind oftmals also nicht nur dem Risiko ausgesetzt, die Verletzungen nun mal so mit sich bringen, sondern auch dem Risiko der zusätzlichen folgenden Repression. Diesen Menschen zu helfen, ohne sie solchen Risiken auszusetzen, ist einer unserer Ziele. Denn eben aus dieser Situation heraus haben sich vielerorts Demosanigruppen gegründet, die ihre Kenntnisse solidarisch einbringen und betroffenen Menschen helfen. Wir Demosanis verstehen uns jedoch nicht als Dienstleister. Wir sind politische Gruppen und Individuen, welche die Notwendigkeit zu einer solchen Betätigung sehen. Wir kommen aus unterschiedlichen politischen Spektren, von der Antifa bis zur Anti- Atomkraft- Bewegung. Im groben soll hier das Selbstverständnis der Demosanis umrissen werden. So ist es unter den verschiedenen Gruppen Konsens, dass sie sich als antifaschistisch, antisexistisch, gesellschaftskritisch, hierarchieablehnend, emanzipatorisch und als einzelne Gruppe autonom verstehen. Wir verstehen unser Tun als praktische Anti- Repressions- Arbeit, weiterhin als Hilfe zur Selbsthilfe, was bedeutet, dass politisch aktive Menschen in die Lage versetzt werden sollen, sich selber und anderen in der entsprechenden Situation zu helfen. Dieses soll, sofern möglich und verantwortbar, ohne Hilfe von aussen geschehen und somit der Gefahr von unnötiger Repression vorbeugen. Wir versuchen selbst unser möglichstes, dass kein verletzter Aktivist ohne Hilfe bleibt. Hierbei wenden wir immer unser gesamtes Wissen und das vorhandene Material ein. Das wir natürlich keine Daten weitergeben, nicht mit irgendwelchen gegen unser Selbstverständnis verstoßende Gruppen zusammen arbeiten, sollte selbstverständlich sein. Klar sollte jetzt auch sein, dass sich Demosanis als politische Gruppen verstehen und ebenso agieren.
Reicht das denn aus?
Natürlich nicht. Denn nicht auf jeder Demo sind auch Demosanis (und wollen es mitunter auch gar nicht sein!), und selbst wenn, sind sie nicht überall gleichzeitig oder auch nicht gekennzeichnet. Manchmal kommt es auch zu Situationen mit mehreren verletzten Menschen, und wir als Demosanis müssen uns einfach um schwerere Verletzungen kümmern. Eigene grundlegende Kenntnisse, wie man sich in einer entsprechenden Situation verhält, sollten also vorhanden sein. Es kommt oft genug zu kleineren Verletzungen, die bei entsprechender Kenntnis ohne große Probleme versorgt werden können, wie z.B. kleinere Wunden oder Pfefferspray. Aber auch und gerade bei schwereren Verletzungen sollte keineR den Kopf verlieren und richtig handeln können. Denn eines muss man sich bewusst machen: Jedes mal, wenn der Rettungsdienst gerufen wird, werden die Personalien aufgenommen, ein Protokoll über die vorgefundene Situation wird angefertigt, und diese erhobenen Daten zentral abgelegt und archiviert. Auf diese Daten hat dann auch die Polizei Zugriff. Ähnlich wird auch im Krankenhaus verfahren. Es wäre nicht das erste mal, wenn die Polizei nahe gelegene Krankenhäuser abklappert oder gleichzeitig mit dem Rettungswagen ankommt. Hier sei auch nochmal darauf hingewiesen, dass nicht alle Menschen einen legalen Aufenthaltsstatus oder Papiere haben und das oben Beschriebene noch mal schwerere Folgen haben kann Die Notwendigkeit zur Selbsthilfe sollte also klar sein. Aus diesen Gründen ist jede Person oder Bezugsgruppe dazu aufgerufen, sich mit dieser Thematik auseinander zu setzen. In welcher Form dieses geschehen kann, wird weiter unten beschrieben.
Der G8- Gipfel
Kritisch wird es insbesondere bei Demonstrationen und Aktionen, bei denen eine große Menge an politisch aktiven Menschen zusammen kommt, wie im Jahr 2007 beim G8- Gipfel in Heiligendamm. Wir Demosanis werden auf jedem Camp sicherstellen, dass verletzte und erkrankte Aktivisten eine entsprechende Hilfe erhalten. Auch werden wir bei verschiedenen Aktionen dabei sein. Jedoch wird es uns nicht möglich sein, immer überall anwesend zu sein. Auch hier zeigt sich wieder die Notwendigkeit, sich selbst und/oder in der Gruppe mit der Thematik „ Verletzungen“ auf Demonstrationen auseinander zu setzen sowie sich in Bezugsgruppen zu organisieren.
Und was kann ich tun?
Eigentlich ist es ganz einfach und gar nicht so aufwendig. Demosanigruppen bieten immer wieder Möglichkeiten, entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten in Workshops u.ä. zu trainieren. Hierbei werden einerseits grundsätzliche Kenntnisse und Fähigkeiten in der ersten Hilfe vermittelt, grundsätzliche Informationen zur Repression in diesem Bereich weitergegeben und auch die Grenzen der eigenen Möglichkeiten dargestellt. Gerade in der noch verbleibenden Zeit bis zum G8 werden diese Bemühungen noch verstärkt. Wenn ihr also Interesse an entsprechenden Workshops habt, meldet euch einfach bei der Demosanigruppe in eurer Nähe. Wenn ihr nicht wisst, welche Gruppe bei euch in der Nähe existiert oder keine Ahnung habt, wie ihr da Kontakt aufnehmen könnt, schreibt an g8-medics_2007@riseup.net .
Weitere Informationen:
http://www.nadir.org/strassenmedizin
http://www.rote-hilfe.de
zum G8:
http://www.gipfelsoli.org
http://dissentnetzwerk.org/
http://www.g8-2007.de/
http://www.g8-germany.info
http://www.heiligendamm2007.de/
http://antig8.tk/
http://www.block-g8.org/