Konsens aufgekündigt
Mit zahlreichen Zwangsmaßnahmen, gewaltsamen Räumungen durch
Bahn- und Polizeikräfte sowie mit Aufenthalts- und Redeverboten
reagierte die Konzernleitung der Bahn AG am Auschwitz-Gedenktag auf
die bundesweiten Informationsveranstaltungen über das
Deportationsschicksal von 3 Millionen NS-Opfern. Auch mehrere
zehntausend jüdische Kinder waren mit dem Bahn-Vorgänger “Deutsche
Reichsbahn” in die Vernichtungslager transportiert worden. Wie aus
Halle berichtet wird, forderte das lokale Bahnmanagement die
bereitstehenden Polizeikräfte auf, “mit allen Mitteln” gegen das
Gedenken vorzugehen. Auf den Bahnhöfen Würzburg und Schweinfurt wurde
den Veranstaltern untersagt, sich mit Redebeiträgen an die Reisenden
zu wenden. Anlaß war eine Gedenkansprache des Berliner
Wissenschaftlers Prof. em. Dr. Ekkehart Krippendorff. In Göttingen
rissen Bahnbedienstete Fotos und Dokumente der 11.000 deportierten
jüdischen Kinder von einer provisorischen Ausstellungswand im dortigen
Hauptbahnhof. In Frankfurt a. M. griff das lokale Bahnmanagement
Mitglieder einer Bürgerinitiative an, die in den Zügen
Informationsmaterial an die Reisenden verteilen wollten. Die
Repressionsmaßnahmen waren von der Berliner Konzernzentrale angeordnet
worden. In Berlin drohte sie, den Berliner Hauptbahnhof zu räumen,
sollte es dort zu einer Pressekonferenz mit anschließender
Informationsveranstaltung kommen. Angekündigt war die Teilnahme des
Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Berlin Gideon Joffe und der
Publizistin Lea Rosh. Aus Paris kam Beate Klarsfeld in den Berliner
Hauptbahnhof. Bahnbedienstete setzten Gewalt ein, um ein Transparent
zu beschlagnahmen. “Wir sind bestürzt und beschämt”, sagt der
Pressesprecher der “Initiative Elftausend Kinder”. “Hier wird ein
demokratischer Konsens aufgekündigt, der unser aller Vergangenheit
betrifft.” german-foreign-policy.com dokumentiert die Ereignisse mit
Fotos und Redebeiträgen.
mehr unter:
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56719
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