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Antifaschismus

Möllemann in Münster gestört

Flugblatt zur Aktion
Von: Offene Antifa Münster (OAM) 20.05.2003
Klartext für Deutschland? An das Publikum der Buchlesung von Jürgen Möllemann
„Wurde antisemitische Gesinnung laut, so fühlte sie sich als bürgerlich und aufsässig zugleich“ (Th. W. Adorno)
Bildungsbürgerlich gebärdet ihr euch am heutigen Abend, zelebriert Intellektualismus – eine Buchvorstellung ist ja schließlich schon was. Den signierten Möllemann wollt ihr euch danach ins Regal stellen wie der Kanzler das Foto seines Vaters in Wehrmachtsuniform auf den Schreibtisch. Freie Meinungsäußerung schreibt ihr groß, demokratische Grundrechte verteidigt ihr dann, wenn es euch gerade in den Kram passt. Ihr hofiert heute Abend jemanden, der euch aus euerer eigenen deutschen Seele vorliest, und dabei das ausspricht, was ihr euch bisher nicht zutrauen wolltet. Ein Meinungsmaulkorb liege über dem Land, das Freie Wort stehe zur Disposition. Auf der anderen Seite: Scharfmacher und Moralisten, die das ewige Tabu bewahren wollten gegen Diskussionskultur und Politik einer Nation, die sich ihren historischen Ballastes entledigt wähnt.
Auch über Walser habt ihr euch einst gefreut, als er 1998 in der Paulskirche den Tränen nahe am Mikrofon stand, und dort die „Moralkeule Auschwitz“ beschwor, von der Deutsche aller Couleur geknechtet worden seien. Die bundesrepublikanische Elite antwortete mit Standing Ovations. Nur einer blieb sitzen: Ignatz Bubis, seinerzeit Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland. Er mag geahnt haben, was für ein Geist dort rituell aus der Flasche gelassen wurde: Dass „die Deutschen den Juden Auschwitz nie verzeihen“ werden (H.M. Broder). Der unbewältigte Komplex in euerer Seelenwelt, die Existenz des Staates Israels, der stets daran erinnert, dass das singuläre Verbrechen der Geschichte nicht die Bombardierung Dresdens oder die Teilung des Vaterlandes, sondern die bürokratisch- organisierte und industriell durchgeführte Vernichtung des europäischen Judentums durch die deutsche Volksgemeinschaft war, treibt euch rastlos umher, vom Reagan-Besuch auf dem SS-Soldatenfriedhof in Bitburg 1986, der Wiedervereinigung, dem Kosovo-Krieg „nicht trotz, sondern wegen Auschwitz“ (J. Fischer) zum Handshake mit Karsli bis an diesen Ort, der Buchhandlung Thalia, wo euer mutiger, standhafter, volksnaher Thekenbruder, Vereinspräsident und verfolgte Unschuld in Person, namentlich Jürgen W. Möllemann, heute die wahnhaften Projektionen eueres und seines kranken Hirnes in Worte zu fassen beabsichtigt.
All die antisemitischen Ressentiments, die ihr verdrängen musstet, um in der Welt als Menschen, nicht als Barbaren angesehen zu werden, kehrt ihr nun gegen Israel um. Dabei sind Populismus und vemeintliche Tabubrüche die Ventile, durch die ihr eueren antisemitischen Wahn zum Ausdruck bringen könnt. Israel, der Jude unter den Staaten, einflussreich, mächtig, an kein herrschendes Recht gebunden, unterdrückerisch, ausbeuterisch, zudem imperialistisch und rassistisch, begehe, so wie ihr meint, Vertreibungspolitik und Völkermord. Vertreibungspolitik und Völkermord – Anklagepunkte, wie sie die Alliierten und Sieger des Zweiten Weltkrieges gegen Deutschland formulierten. In Deutschland dagegen war es Völkermord, was der Opa an der Ostfront, der Onkel als Blockwart, die Mutti im BDM, der Papa als Flakhelfer, von Antisemitismus sowie Blut- und Bodenideologie getrieben, vermittels seines bzw. ihres politischen und militärischen Überbaus an all denjenigen vollzog, die nach den Nürnberger Rassegesetzen nicht „deutschen oder artverwandten Blutes“ gewesen seien. In Möllemann, seinen Elaboraten, und euch, seinem johlenden Fußvolk und willigen Vollstreckern, offenbart sich die Wiederkehr des Verdrängten, das Ressentiment des durch das Judentum unterdrückten Volkes. Ihr, die ihr Euch paranoid als Opfer von Friedman, Sharon und dem Mossad wähnt, zelebriert das alte Vorurteil von jüdischer Verschwörung. Euer Fallschirmspringer dazu:„Westerwelle wurde anlässlich seines Besuches in Israel, im Vorzimmer von Sharon von einem Mossad Agenten erpresst“ – Für euer Scheitern ist der Jude verantwortlich – das persönliche, das der Partei oder das der Nation. So habt ihrs gerne.
Welche nämlich, wie die Söhne und Töchter der Überlebenden, die Frechheit besitzen, schon durch ihre bloße Exitenz stets an die bereits erledigt geglaubte Vergangenheit zu erinnern, ziehen eueren Hass auf sich.
Mit „Klartext für Deutschland“ wollt ihr eueren netten, amüsanten Abend heute betiteln. Wir werden dafür sorgen, dass dieser Abend für euch alles andere als nett und amüsant wird. Geht am besten nach Hause, verschließt Fenster und Türen. Sonst werden wir diesen Aufzug – versprochen – in eueren Wohnzimmern wiederholen.
Deutschland halt’s Maul!
Antisemitismus bekämpfen!
antifaschistische Gruppen aus Münster
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