Gegendemonstranten wundern sich über Staatsanwaltschaft
Vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand. Diese alte Weisheit wird derzeit bei den Widerspruchsverfahren zu den Vorfällen am 11. Januar am Oberbarmer Bahnhof unter Beweis gestellt. Dort waren 69 Gegendemonstranten, die einen Nazi-Aufmarsch verhindern wollten, in mehrstündigen polizeilichen Gewahrsam genommen und von der Wuppertaler Staatsanwaltschaft wegen Verstoßes gegen Paragraph 21 des Versammlungsgesetzes zur Zahlung eines Bußgeldes verdonnert worden (die Rundschau berichtete). Alle Betroffenen legten Widerspruch ein. Mit unterschiedlichen Konsequenzen: Im ersten und weiteren Widerspruchsverfahren erhöhte das Amtsgericht das zu zahlende Bußgeld. Mit der Folge, dass nicht wenige ihren Widerspruch zurückzogen und zahlten.
Ganz anders verlief demgegenüber ein Prozess in gleicher Angelegenheit in Hagen: Dort wurde das Verfahren gegen eine Studentin wegen Geringfügigkeit eingestellt mit dem Hinweis, auch weitere Verfahren in der gleichen Angelegenheit einzustellen. In einem vergleichbaren Fall in Düsseldorf basierten die Entscheidungen darauf, dass die von der Staatsanwaltschaft gelieferte Beweislage nicht ausreiche.
Kategorie: (Anti-)Repression
SchülerInneninitiative für Zivilcourage überreichte OB Kremendahl erneut einen Überweisungsträger über 20400 €
Im Rahmen der öffentlichen Bürgersprechstunde in der Rathausgalerie in Elberfeld sprach die SchülerInneninitiative erneut bei OB Kremendahl vor und forderte eine Stellungnahme zum 11. Januar und den Repressionen, die die AntifaschistInnen im Nachhinein erdulden müssen.
Am 11. Januar hatte Christian Worch, ein bundesweit bekannter Nazi-Kader, einen Aufmarsch in Wuppertal Oberbarmen angemeldet. Um ein gemeinsames Zeichen gegen Rechts zu setzen folgten ca. 500 AntifaschistInnen dem breiten Aufruf des Bündnisses „Wuppertal stellt sich Quer“ [u.a. Kremendahl, DGB] und versammelten sich friedlich auf dem Oberbarmer Bahnhof. Es folgte ein gewalttätiger, unkoordinierter Polizeieinsatz mit Schlägen, Tritten und der unverantwortlichen Gefährdung der DemonstrantInnen, die teilweise von den Einsatzkräften auf die Gleise gestoßen wurden. 69 standhafte AntifaschistInnen wurden schlussendlich geräumt, abgearbeitet1 und bis zu 11 Stunden in Gewahrsam genommen. Die Kriminalisierung von Zivilcourage gipfelte schließlich in den Strafbefehlen über 300,- €, die den Festgenommenen von der Staatsanwaltschaft Wuppertal zugestellt wurden. Darin wird ihnen Verstoß gegen §21 Versammlungsgesetz (Sprengung einer Versammlung) vorgeworfen.
Die SchülerInnen konfrontierten OB Kremendahl mit der derzeitigen Prozesslage und baten ihn dazu Stellung zu nehmen. Der OB betonte, dass er keinen Einfluss auf die Rechtsprechung in diesen Fällen habe und sah sich damit auch nicht in der „Pflicht“ seine Meinung zu diesen Vorfällen zu äußern.
Auf weiteres Nachfragen der SchülerInnen erklärte er, warum er sich am 11.Januar von der ursprünglichen Bündnis-Demonstration distanzierte und in 2km Entfernung vom Geschehen eine Kundgebung abhielt. Er ist der Meinung, dass es wichtig sei, dass die Rechten und die GegendemonstrantInnen räumlich voneinander getrennt werden. Ansonsten wäre zu befürchten, dass es zu Auseinandersetzungen komme. Dass die DemonstrantInnen auf dem Bahnhof allerdings äußerst friedlich waren – auch als sich Anhänger der rechten Szene auf dem Bahnhof befanden, sieht Herr Kremendahl dabei wohl nicht.
Überhaupt schlägt OB Kremendahl vor, immer mit der Polizei zusammen zu arbeiten und mit ihr jede Gegendemonstration abzusprechen. Das Recht einer Spontan-Demonstration, das laut dem Artikel 8 im Grundgesetz jedem/r BürgerIn zusteht, blendet Herr Kremendahl dabei völlig aus. Und das solche Versammlungen unter dem Schutz des Rechtsstaates stehen wohl auch.
Prozesszusammenfassung
Diese Woche fanden wieder zwei Prozesse zum 11.1. statt. Obwohl die Staatsanwaltschaft darauf hingewiesen wurde, dass ein Verfahren vom Jugendgericht Hagen wegen Geringfügigkeit eingestellt wurde und es eine Aussetzung des Verfahrens vom 09.05. gab, führt sie trotzdem die Prozesse weiter. Am 09.05. konnte die Staatsanwaltschaft dem Gericht nicht nachweisen, dass die Angeklagte eine grobe Störung verursacht habe. Daraufhin forderte der Richter die Staatsanwaltschaft, die sich vehement gegen die vorgeschlagene Einstellung wehrte, auf, ihre Beweise zu präzisieren. Am Jugendgericht Hagen stellte die Richterin das Verfahren gegen die Angeklagte nach wenigen Minuten ein und kündigte an, auch alle weiteren Verfahren, die sie dazu bearbeiten würde, einzustellen. Selbst der Hagener Staatsanwalt konnte sich die Anklage der Staatsanwaltschaft Wuppertal nicht erklären.
Am Dienstag, 03.06.2003 fand ein weiterer Prozess am Jugendgericht Menden statt. Der Richter verurteilte den Angeklagten nach Erwachsenenstrafrecht zu 30 Tagessätzen à 7 €. Da der Angeklagte ohne Verteidigung in den Prozess ging, wird er Berufung einlegen.
Am Mittwoch, 04.06.2003 wurden am Amtsgericht Wuppertal drei AntifaschistInnen wegen des 11.1. angeklagt. Leider hatte keiner der drei Angeklagten juristischen Beistand mit im Gerichtssaal, aber einer der Angeklagten verteidigte sich selbst. Trotz alledem verurteilte der Richter zwei der Angeklagten zu 35 Tagessätzen á 15 € und einen zu 35 Tagessätzen á 10 €.
Diesmal allerdings wurde der Prozess von Staatsanwalt Heinrichs persönlich geführt. Herr Heinrichs hatte am 11.1. die In-Gewahrsamnahme der 69 AntifaschistInnen nach §21 Versammlungsgesetz angeordnet und schickte den 69 AntifaschistInnen die Strafbefehle zu. Nach der Pleite vom 09.05. traute Heinrichs seiner jungen Kollegin wohl nicht mehr zu, diese Prozesse zu führen. Allerdings wartete man vergeblich auf die neuen präzisierten Beweise. Neu allerdings ist die Strategie Flugblätter der SchülerInneninitiative vorzulesen, aber die Beweiskraft dieses Dokuments nicht zu erklären.
Am 11. Januar 2003 veranstaltete der Neonazi Christian Worch einen seiner Aufmärsche in Wuppertal-Oberbarmen. Gegen den Aufmarsch protestierte bereits im Vorfeld ein breites Spektrum gesellschaftlicher Gruppen. Der DGB ließ ein Flugblatt verteilen, auf dem implizit zur Besetzung des Bahnhofs, über den die Neonazis anreisen wollten, aufgerufen wurde. Von der eigenen Courage erschreckt, zog der DGB-Vorsitzende von Wuppertal, Peters, jedoch einen Tag vor dem Naziaufmarsch den Aufruf zurück. Zu spät jedoch für rund 150 Menschen, die erfolgreich den Bahnhof den Neonazis streitig machten. Der Bahnhof selbst wurde von Polizei und Bundesgrenzschutz unter Einsatz von Gewalt gegen die nicht-militanten AntifaschistInnen geräumt.
Antifaschisten vor Gericht
Kerzen, schweigende Mahnwachen und Politiker, die flammende Appelle gegen Ausländerfeindlichkeit hielten. Das war vor ein paar Jahren der ‚Aufstand der Anständigen‘ – eine Reaktion auf brennende Flüchtlingsheime und ermordete Menschen. Zurück blieb ein unangenehmer Beigeschmack: warum Bürger zu Zivilcourage aufrufen, während doch Flüchtling munter weiter in Bürgerkriegsländer abgeschoben und Gelder für Sprachkurse dramatisch gekürzt werden.
So war es eine kleine Sensation. als auch Oberbürgermeister Kremendahl und der örtliche DGB-Chef Peters aufriefen, den geplanten Aufmarsch von Faschisten am 11. Januar in Heckinghausen zu verhindern.
Bis die Beiden sich dann einen Tag vorher von der Strategie distanzierten. Inkonsequent, wenn man aufmerksam die offizielle Internetseite der Stadt Wuppertal liest. „Jeder von uns ist gefordert, Ausländerfeindlichkeit und Rechtsradikalismus den Boden zu entziehen“, lautet da ein kämpferisches Zitat des ehemaligen Justizministers von Rheinland-Pfalz Cäsar. Etwa 300 Antifaschistinnen nahmen sich den Satz zu Herzen und versuchten Anfang Januar genau das: Rechtsradikalen mit der symbolischen Blockade des Bahnhofes den Boden zu entziehen.
Nach dem einige zuerst Dresche von der Polizei bezogen hatten, müssen sich nun insgesamt 68 Teilnehmer strafrechtlich u.a. wegen „gemeinschaftlicher grober Störung“ des Nazi-Aufmarsches verantworten.
Oberbürgermeister Kremendahl ist die Rechnung für konkrete Zivilcourage in Höhe der addierten Strafbefehle von mehr als 20.000 Euro bereits präsentiert worden. Mal sehen, ob er wieder kneift. Ole.
aus: zweinullzwei 06_2003
500 AntifaschistInnen folgten dem breiten Aufruf des Bündnisses „Wuppertal stellt sich quer“ (u.a. OB Kremendahl und DGB) : Sie stellten sich am 11. 01. diesen Jahres den Nazis entgegen und besetzten friedlich den Oberbarmer Bahnhof.
Es folgte ein gewalttätiger, unkoordinierter Polizeieinsatz mit Schlägen, Tritten und der unverantwortlichen Gefährdung der DemonstrantInnen, die teilweise auf die Gleise gestoßen wurden.
68 standhafte AntifaschistInnen wurden schlussendlich geräumt, abgearbeitet (orginal Polizeijargon) und bis zu elf Stunden in Gewahrsam genommen. Unter Gewaltandrohungen wurden Fingerabdrücke, Fotos und Personalien aufgenommen und junge DemonstrantInnen massiv eingeschüchtert. Die Kriminalisierung von Zivilcourage ging aber noch weiter: Einer ausländischen Antifaschistin wurde vom schon mehrmals als Rassist aufgefallenen Staatsschützer Woizek unmissverständlich klar gemacht, dass „sie ihre Staatsbürgerschaft jetzt vergessen kann.“ Die Kriminalisierungsstrategie der Wuppertaler Staatsanwaltschaft gipfelte dann in den Strafbefehlen, die an die 68 AntifaschistInnen verschickt wurden. Darin wird ihnen die Gefährdung des Schienenverkehrs, sowie die grobe Störung einer genehmigten Versammlung vorgeworfen . Kostenpunkt mindestens 300 € pro Person.
Heute morgen verurteilte das Wuppertaler Amtsgericht einen 25-jährigen Studenten wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz zu einer Geldstrafe von 525 Euro.
Der Duisburger Student folgte dem Aufruf eines breiten Bündnisses aus Gewerkschaften, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden welche sich gemeinsam einem am 11. Januar stattgefundenem Nazi-Aufmarsch entgegenstellen wollten.
Am 11. Januar demonstrierten auf dem Bahnsteig des Bahnhofs Oberbarmen mehrere hundert Menschen friedlich gegen den von Christian Worch organisierten Nazi-Aufmarsch. Nach einigen Aufforderungen der Polizei wurden 69 Demonstranten vorrübergehend in polizeilichen Gewahrsam genommen.
15 Anwerbeversuche im Ruhrgebiet
Innerhalb von wenigen Tagen bekamen kürzlich zehn AntifaschistInnen aus diversen Ruhrgebietsstädten „Besuch“ von Damen und Herren, die sich als Mitarbeiter/innen des Innenministeriums NRW vorstellten und eine „Zusammenarbeit“ suchten…
Antifaschistische Gruppen aus NRW
http://www.antifa-nrw.de
Pressemitteilung vom 23. März 2003