Turn Left. Smash Nationalism.
Den AfD-Bundesparteitag in Köln verhindern!
22. April 2017, Köln
Den AfD-Bundesparteitag verhindern
Ab dem frühen Morgen: Blockaden
Im Anschluss: Großdemo >>join the anti-racist and anti-capitalist bloc
Am 22. und 23.4.2017 steht Köln ein Ereignis bevor, auf das die Stadt gut verzichten könnte: Der Bundesparteitag der AfD. Die AfD hat Köln als Austragungsort ihres Parteitages nicht zufällig gewählt. Die Domstadt ist seit den sexualisierten Übergriffen in der Silvesternacht 2015/16 in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt. Die Tatsache, dass die Gewalt gegen Frauen in der Silvesternacht von Menschen ausgegangen sein soll, die als „Nordafrikaner“ kulturalisiert wurden, brachte diese Gewalt in den Fokus des deutschen Staates – denn so wurde sie anzeigbar und verfolgbar. Diese Gewalt wurde nur sichtbar als ihre, national gedeutete, Form der Gewalt von „Fremden“. Sie blieb gerade dadurch in ihrer tagtäglichen patriarchalen Erscheinung unsichtbar. Der Sichtbarmachung von sexualisierter Gewalt hat die Poblembewältigung der bürgerlichen Gesellschaft nicht genützt – wohl aber zahlreichen völkischen Gruppierungen, die den sich als Frauenrechte schützend gerierenden Rassismus dankend als Ticket annahmen, mit dem sie an der Debatte der Mitte der Gesellschaft teilnehmen konnten. Die AfD ist die jüngste in dieser Reihe von Hässlichkeiten. Eingemietet hat sie sich in Köln im edlen Maritim-Hotel, das sich nicht zu schade ist, der parlamentarischen Stimme der Koalition aus völkischem Mob und Elite eine Heimat zu bieten. Verwiesen wird darauf, dass die AfD eine demokratische Partei wie alle anderen auch sei.
Der Maritim-Hotelgruppe mögen ihre Geschäftsinteressen wichtiger sein, wir jedoch werden die AfD auf eine Art und Weise willkommen heißen, die diesen völkischen Deppen angemessener ist. In der Vergangenheit ist es linken, emanzipatorischen Kräften schon oftmals gelungen, zu diesem Zweck tausende Menschen auf die Straße zu bringen.
Der Einmarsch in die Institutionen
Die AfD ist eine Partei, die schon seit ihrer Entstehung klargemacht hat, wie weit rechts sie steht. Schon beim Antritt bei den ersten Wahlen, damals noch mit Berufsbiedermann Bernd Lucke an der Spitze, leistete die Partei rassistische und sozialchauvinistische Aufbauarbeit. Das Anti-Euro Programm der AfD, mit dem sie in die Arena der politischen Auseinandersetzung gelangte, wird heute als Projekt eines „wirtschaftsliberalen“ Flügels begriffen, der sich nun aus der Partei verabschiedet habe. Diese Deutung der Vergangenheit belegt, wie wirkungsvoll die gegenwärtige Erzählung der AfD von sich selbst als bürgerlicher Partei ist. Denn tatsächlich ist auch der Anti-Euro Kampf Teil eines nationalistischen Projekts. Dieses fand lediglich auf einem Gebiet statt, das im Mainstreamdiskurs nicht als Teil dieses Projekts begriffen wird: der Wirtschaftspolitik. Die Trennung der AfD in „Konservative“ und „Rechtsextreme“ erscheint ob der heute, im Gegensatz zum Beginn der AfD, merklich verschärfteren Rhetorik von Höcke, Petry und co. nachvollziehbar. Sie verdeckt aber immer noch die Wahrheit zugunsten der AfD: Jedes Mal, wenn über „Flügelkämpfe“ der AfD debattiert wird, muss der Einspruch eingelegt werden, dass das einzige, was dort verhandelt wird, die richtige Strategie des Rassismus ist. Die Trennung der AfD in „Konservative“ wie Frauke Petry und „Rechtsextreme“ wie Björn Höcke ist durchaus im Sinne der AfD, da sie auf diese Art und Weise ein Gebiet bespielen kann, das von der rechten Mitte der Gesellschaft bis zu deren rechtem Rand reicht. Die Kooperation funktioniert: Der Vogel könnte nicht fliegen, wenn er nicht zwei Flügel hätte.
Akzeptierende AfD-Arbeit
Und tatsächlich begegnet der Einwand, dass die AfD ja gespalten sei und nicht über einen Kamm zu scheren, vor allem denen, die sich ihr in den Weg stellen wollen. So wurde auch die Einladung des ehemaligen Bundessprechers der AfD, Konrad Adam, zum antirassistischen Straßenfest Birlikte, welches jährlich anlässlich des Gedenkens an die Betroffenen des Nagelbombenanschlags des NSU in der Kölner Keupstraße stattfindet, begründet. Bei ihm handele es sich lediglich um ein Mitglied des „konservativen“ Flügels der AfD. Diese Trennung erweist sich spätestens dann als künstlich, wenn sich die ganz praktische Frage stellt, warum besagter Adam denn mit „Rechtsextremisten“, von denen er ja scheinbar abzugrenzen ist, zusammenarbeitet.
Die Blindheit gegenüber solchen Fragestellungen ist jedoch nicht etwa ein Zufall, sondern in der Strategie begründet, zu welcher der Feuilleton und seine Friends, das liberale Bürgertum, nun gekommen sind: Die akzeptierende AfD Arbeit. Seit die AfD weit genug aufgestiegen ist, um die Stellung der etablierten Parteien, sowie den Vorbau des parlamentarischen Betriebes, die Medien und anderen einflussreichen Organisationen, zu bedrohen, herrscht ein neuer Kurs vor. Parole ist nun, die AfD wie jede andere Partei auch in die Diskussion mit aufzunehmen, um sie mit Argumenten zu „demaskieren“. Diese Strategie, welche sich sehr moralisch erhaben und legitimiert gibt, ist vor allem dem Ziel geschuldet, die mittlerweile beträchtliche Anzahl der AfD Wähler*innen potentiell zur eigenen Partei zurück zu ziehen. Einher geht diese Strategie mit einer Übernahme der Inhalte der AfD bei vordergründiger Ablehnung. Der Rechtsruck vollzieht sich daher nicht nur in der Erscheinung und Stärkung rechter Parteien, sondern auch in der mörderischen Abschottung der nationalen Grenzen nach außen. Immer mehr Länder, deren Bevölkerung von Autokraten, die oftmals die großzügige Unterstützung des Westens genießen, islamistischem Terrorismus oder sonstiger Gewaltherrschaft gepeinigt werden, landen auf der Liste der „sicheren Drittstaaten“. Dass sich die etablierten Parteien von CDU bis Grüne nun als liberaler Gegenentwurf zum völkischen Großangriff inszenieren, sollte nicht davon ablenken, dass auch sie die Logik des nationalen Wirtschaftsstandortes mit voller Härte durchexerzieren: Erwünscht ist in Deutschland nur, wer dem Standortkollektiv nutzt. All jene, die nicht der Vorstellung vom Alteingessenen entsprechen, müssen ihre Existenzberechtigung täglich nachweisen.
Die „offene Gesellschaft“ ist also nicht offen für all jene, welche die Hilfe ihrer Gewinner*innen benötigen würden, namentlich die, die vor Bürgerkriegen, Armut und Hunger in die Gesellschaften fliehen, die von der internationalen Konkurrenz profitieren. Sie ist paradoxerweise aber offen für jene, die am entschiedensten daran arbeiten, selbst diese eingeschränkte Freiheit abzuschaffen.
Es muss nicht weit in die Geschichte zurück geschaut werden, um zu sehen, wie gut es funktioniert, rechten Parteien auf Augenhöhe zu begegnen, um ihre Wähler*innen nicht an den Rand zu drängen. Es zeigt sich am deutlichsten am aufhaltbaren Aufstieg des Donald Trump: Die liberale amerikanische Öffentlichkeit griff jedes seiner Argumente an, stellte ihn ständig zum Rededuell und brachte ihm letztendlich gerade durch diese Strategie die Aufmerksamkeit und demokratische Legitimation, welche er brauchte, um die Wahl zu gewinnen. Auch die österreichische FPÖ konnte die Aufnahme in die Familie der „Ebenso-wie-alle-anderen“ nutzen, um fast die Hälfte der Bevölkerung hinter sich zu bringen und knapp an der Übernahme des Präsidentenamtes zu scheitern.
An inconvenient truth
Warum eine Strategie, die sich offensichtlich als nutzlos blamiert hat, immer noch angewandt wird, gar als einzig mögliche verteidigt wird, liegt in der unangenehmen Wahrheit begründet, welche die Kritik an ihr über die Gesellschaft verrät. Wer der AfD entgegentritt, muss sich der Frage stellen, ob die völkischen Ausfälle und der offen formulierte Hass auf Muslime, Migrant*innen und politische Gegner*innen möglicherweise eben die Faktoren sind, welche die AfD attraktiv machen. Es reicht offenbar kein sorgfältig recherchierter Feuilleton-Artikel aus, um den autoritären Charakter derjenigen aufzulösen, die die Partei unterstützen. Dieser autoritäre Charakter ist scheinbar weit in der Gesellschaft verbreitet und wartet auf politische Ereignisse, die ihn aktivieren. Ein solches Ereignis war etwa die sogenannte Flüchtlingskrise, die eine merkliche Steigerung der Sichtbarkeit rassistischer Ressentiments mit sich brachte. Jedoch machte nicht etwa die Ankunft der Geflüchteten die Menschen auf einmal rassistisch, sondern ihre Sozialisation in einer Gesellschaft, in der sie vom Kindesalter an lernen, dass sie um überlebensnotwendige Ressourcen kämpfen müssen. Dieser Kampf bedeutet auch die Verdrängung derjenigen, die nicht als zugehörig wahrgenommen werden- eine Prägung, deren Ausbuchstabierung Rassismus und Nationalismus sind.
In der „Flüchtlingskrise“ kam nicht etwa die Deutung zum Ereignis, sondern das Ereignis zur Deutung. Der Rechtsruck der Gesellschaft war keine plötzliche inhaltliche Veränderung bei tausenden von Menschen, sondern ein Aussprechen deren ohnehin bereits vorhandener autoritärer Vorstellungen in eine Debatte hinein, in der dies plötzlich möglich und akzeptiert schien. Wenn aber die Sagbarkeit und Akzeptanz nationalistischer, rassistischer und sexistischer Positionen deren Ausbreitung ermöglicht, so ist diese Sagbarkeit unbedingt anzugreifen.
Turn left, smash right
Wer nicht möchte, dass der AfD ein ähnlicher Erfolg wie Donald Trump, der FPÖ, Silvio Berlusconi und den vielen Anderen einer ganzen Generation von Schweinen beschieden ist, sollte einen grundlegenden Fehler nicht machen: Es ist nicht MIT der AfD zu reden, sondern ÜBER sie. Wir brauchen Argumente und wir haben Argumente. Diese richten sich aber nicht an die überzeugten Brandstifter*innen, die das in der Bevölkerung vorhandene autoritäre Ressentiment kanalisieren, artikulieren und legitimieren. Sie sollten sich an die richten, die die rassistische, sexistische Propaganda der AfD nicht mehr ertragen wollen und das Gefühl haben, deren Aufstieg hilflos zuzusehen. Die aber auch sehen, dass die von oben verordnete Alternativlosigkeit in Zeiten wie diesen endgültig abgeschrieben ist angesichts des systemischen Versagens, dem größten Teil der Menschheit ein auch nur einigermaßen erträgliches Leben zu sichern. Konkurrenzdruck, Perspektivlosigkeit und Abstiegsangst sind jeglichen Debatten gewachsen- Solange sie nicht bekämpft sind, erzeugen sie weiter den Nährboden für Hass.
Die AfD zu bekämpfen, heißt, ihr konsequent den Raum für ihre autoritäre Propaganda streitig zu machen. Wenn sich deren Anhänger*innen dann in ihrer Unterstützung bestärkt fühlen – dann ist es so. Schwerer wiegt die Legitimation und die zusätzliche Unterstützung, die die AfD erhält, wenn sie zu einer Partei wie jeder anderen wird. Zu dieser Legitimation ist der Landtagswahlkampf in NRW ein wichtiger Schritt. Es ist klar zu stellen, dass Rassismus, Nationalismus und Sexismus der AfD niemals akzeptable Positionen sind, egal wie viele Wähler*innen sie unterstützen.
Ein Widerspruch gegen die AfD und ihren völkischen Schwachsinn bedeutet daher aber eben bedingt durch seine inhaltliche und analytische Kritik nicht, dass er nur als Debattenbeitrag dargereicht wird, sondern muss zwingend die Form haben, welche wir ihm geben: Das Verhindern des Parteitages der AfD mit allen notwendigen Mitteln! Daher fordern wir zu Blockaden des Parteitages der AfD in Köln auf. Wir möchten mit „Nationalismus ist keine Alternative“ zeigen, dass wir dem völkischen Wahnsinn der AfD einen Aufbauprozess entgegensetzen, dessen Ziel eine Gesellschaft ist, in der die Ressourcen bedürfnisorientiert verteilt sind. Daher rufen wir im Anschluss an die Blockaden zu einem antirassistischen und antikapitalistischen „NIKA“-Block auf der Großdemonstration gegen den AfD-Bundesparteitag auf.
Kommt mit uns auf die Straße, wenn wir allen zeigen: Nationalismus ist keine Alternative – die befreite Gesellschaft schon!
Am 22. April 2017 auf die Straße:
Auf die Straße, Grrrl-Gangs bilden !
1. Rechtsruck in Europa und USA
Seit einigen Jahren erstarken reaktionäre Bewegungen und Parteien weltweit. Wesentliche Schnittstellen rechter Bewegungen in Europa und den USA sind als Islamkritik getarnter Rassismus und Nationalismus. Geflüchtete und Muslime*Muslima1 werden zu einem diffusen Feindbild zusammengefasst, die vermutete Herkunft, Kultur und Religion wird rigoros gleichgesetzt und zum Urpsrung allen Terrors erklärt. Donald Trump betrieb damit Wahlkampf, Muslime*Muslima an der Einreise in die USA hindern zu wollen und hält weiterhin an seinem Plan fest, eine Mauer zu bauen, um illegalisierte Einwanderung aus Mexiko zu stoppen. Derweil hat Viktor Orbán die Fluchtroute im ungarischen Süden geschlossen und erklärt, im Einklang mit Politiker*innen von AfD, FPÖ und Front National, der Islam gehöre nicht zu Europa. Marine Le Pen, die im Frühjahr Frankreichs Präsidentin werden will, spricht sich gegen sogenannte Masseneinwanderung aus und will umfangreiche Verfassungsänderungen auf den Weg bringen, sodass französische Staatsbürger*innen bei Arbeitsplätzen, Sozialwohnungen und in vielen anderen Bereichen bevorzugt werden. Im Dezember 2016 wurde Norbert Hofer von der FPÖ zwar nicht das neue Staatsoberhaupt Österreichs, angesichts seiner Positionen ist es aber alarmierend, wie knapp die Wahl ausfiel. Beispielsweise bezeichnete er Geflüchtete als Invasoren und sprach sich gegen jede Zuwanderung aus – nach dem “Handbuch freiheitlicher Politik” der FPÖ sollen sogar “nach dem Prinzip der ‘Minus-Zuwanderung’ in Österreich aufhältige Ausländer wieder in ihre Heimat” zurückgeführt werden.
Die AfD schließlich ist natürlich nicht die einzige Partei in Deutschland, die mit vergleichbaren Positionen in den Wahlkampf zieht, formuliert ihr Anliegen aber ausgesprochen deutlich: “Der Islam gehört nicht zu Deutschland. In seiner Ausbreitung und in der Präsenz einer ständig wachsenden Zahl von Muslimen sieht die AfD eine große Gefahr für unseren Staat, unsere Gesellschaft und unsere Werteordnung.”2 Dass einige Abgeordnete der CDU für die Bundestagswahl 2017 bereits offen für eine Koalition mit der AfD werben, muss also alarmieren. Bei aller Diskussion über die “Werteordnung” des Islam, und damit meistens über das Frauenbild des Islam, wird dann schnell vergessen, dass diejenigen, die besonders lautstark die “eigenen” Frauen und die Ehre der Nation vor dem Sexismus vermeintlich fremder Kulturen schützen wollen, hierzulande selbst die größten Verteidiger des Patriarchats sind.
2. Frauen und der Antifeminismus der neuen Rechten
Antifeminismus ist ein grundlegendes Merkmal rechter Ideologie. Die Rolle der Geschlechter ist im rechten Diskurs biologistisch begründet. Es gibt Mann™ und Frau™. Die Frau ist vor allem Mutter. Der Mann vor allem Ernährer. In völkisch-nationalistischer Tradition bedeutet das, dass die Mutter die Gesundheit des deutschen Volkes zu pflegen und zu erhalten hat. Das bedeutet Ehegattenpflege, Kinder gebären und sie gemäß des völkischen Ideals zu erziehen. “Gender Mainstreaming und die generelle Betonung der Individualität untergraben die Familie als wertegebende gesellschaftliche Grundeinheit. … Es sollte wieder erstrebenswert sein, eine Ehe einzugehen, Kinder zu erziehen und möglichst viel Zeit mit diesen zu verbringen”, heißt es im Grundsatzprogramm der AfD, könnte genauso aber selbstverständlich auch von CDU/CSU stammen.
Der Hambacher Forst, gelegen im rheinischen Braunkohlerevier zwischen Düren und Kerpen, wird seit 1978 Stück für Stück gerodet. An Stelle des früheren Waldes und einiger umliegenden Ortschaften wird ein 400-500m tiefes Loch gebaggert, um an die Braunkohle zu gelangen, welche zum Erzeugen von Strom verbrannt wird. Eine Form der Energiegewinnung, welche zur heutigen Zeit in Deutschland wirtschaftlich nur zu betreiben ist, da es zahlreiche Subventionen und Vergünstigungen für die Stromkonzerne gibt und die Risiken des Tagebaus der Bevölkerung überlassen werden. Die CO2 Menge, die bei der Verbrennung der Braunkohle in Deutschland entsteht, macht ein Drittel der CO2 Emissionen Deutschlands aus und ist europaweit die Größte eines einzelnen Verursachers.
Im Hambacher Forst und den umliegenden Gemeinden regt sich Widerstand gegen den Braunkohleabbau und die dafür vorangetriebene Rodung des Hambacher Forstes durch RWE. Seit 2012 halten UmweltaktivistInnen* Teile des Forstes besetzt. AnwohnerInnen* und UmweltaktivistInnen* stehen ohne großartige Mittel und ohne Lobby einem gigantischen Konzern gegenüber und setzen sich ein für den Erhalt des Waldes, ein Ende der Energiegewinnung durch Braunkohle und die Verstrickungen zwischen Politik und Wirtschaft, sind doch verschiedenste Bürgermeister NRWs (Eschweiler, Hürth, Essen) sowie mehrere Landräte im Aufsichtsrat der RWE Power AG. Hinzu kommt, dass Dürens Landrat Wolfgang Spelthan (CDU) nicht nur seit 2011 Mitglied im Aufsichtsrat von RWE Power sowie Mitglied im RWE Beirat Mitte war, sondern zugleich die Polizeibehörde Düren leitete und damit den Einsatz gegen die AktivistInnen*.
Der Widerstand im rheinischen Revier ist bunt und vielfältig [nachzulesen in: http://www.packpapierverlag.de/?product=mit-baumhausern-gegen-bagger] und reicht vom Erzeugen von Öffentlichkeit durch Informationsveranstaltungen und Waldspaziergänge [http://hambacherforst.blogsport.de/termine/waldspaziergang/] über zivilen Ungehorsam bis hin zu Sabotage der zum Braunkohletagebau gehörenden Infrastruktur. Wir unterstützen diesen Widerstand und erkennen auch die gewählten Formen des Widerstandes als notwendig und berechtigt an, gleicht doch der Kampf um den Erhalt des Hambacher Forstes dem Kampf Don Quijotes gegen die Windmühlen.
Die AktivistInnen*, AnwohnerInnen*, UnterstützerInnen* folgen nicht kapitalistischen Gesetzen sondern ihrem Gewissen und dem Willen, den Schutz von Natur und Umwelt über wirtschaftliche Interessen zu stellen. Sie bringen sich persönlich ein, opfern viel Zeit und Energie, um die Zukunft aller zu verbessern und zu verändern. Genau das halten wir für unterstützenswert, weswegen auch wir uns informierten, an Waldspaziergängen teilnahmen, die AktivistInnen* materiell unterstützten oder auch einfach nur im Camp der WiderständlerInnen* vorbei gingen, um den Menschen dort mitzuteilen, dass wir das, was sie tun, für richtig halten und ihren Einsatz schätzen. So wie es viele AnwohnerInnen* und MitbürgerInnen* in dieser Region in den letzten Jahren taten (bis Januar 2017 waren es 5587 SpaziergängerInnen* bei insgesamt 34 Waldspaziergängen), oder im Stillen dachten, als sie über den Widerstand im rheinischen Revier lasen.
Stellen Sie sich nun vor, diese Zustimmung zu einem Protest kann für Sie gravierende Konsequenzen haben: Allein die Zustimmung zu einem Protest und die Anwesenheit im Umfeld der Protestierenden, das „bekannt sein mit“ den Protestierenden wird zum Verdachtsmoment. Durch Ihre Haltung werden Sie verdächtig und beschuldigt.
So ergeht es derzeit einem unserer Freunde, einem Unterstützer des Protestes.
Im Mai 2013 sowie Anfang 2014 kam es zu versuchten und geglückten Sabotageaktionen an der Hambachbahn, welche Braunkohle vom Tagebau Hambach zu verschiedenen Braunkohle-kraftwerken in der Region transportiert. Ende 2016 erhielt unser Freund nun die Aufforderung durch die Staatsanwaltschaft Aachen, eine DNA-Probe abzugeben. Laut Schreiben des Amtsgerichts Aachen war unser Freund im Umfeld des Tatortes gesehen worden und es sei bekannt, dass er sich im Kreise der UmweltaktivistInnen* aufhielt und mit einigen von ihnen bekannt ist.
Der sogenannte „begründete Anfangsverdacht“, welchen die Polizei benötigt, um eine DNA-Feststellung anzuordnen, besteht hier also darin, dass ein Mensch in der Nähe eines Tatortes gesehen wurde. In welchem Kontext dieser Mensch dort gesehen wurde, wird außer Acht gelassen. Fragen danach, ob weitere Personen zur gleichen Zeit in der Nähe des Tatortes gesehen wurde und wie die Identität der „Gesehenen“ festgestellt wurde, ob dies bspw. durch eine Personenkontrolle festgestellt oder nachträglich nach Überprüfung von Bildmaterial vermutet wird, werden dabei nicht beachtet. Zum Verdacht trägt ebenfalls bei, dass unser Freund mit einer bestimmten Gruppe von Menschen in Kontakt steht, was auf seine Haltung schließen lasse. Die Gesinnung des Verdächtigen macht ihn also zum Verdächtigen.
„Wenn er sich nichts hat zu Schulden kommen lassen, dann kann er ja einfach eine Probe abgeben.“ Genau dies geht Ihnen vielleicht gerade beim Lesen durch den Kopf. Aber ist es nicht absurd, dass ein Mensch genötigt wird eine DNA-Probe abzugeben, um seine Unschuld zu beweisen? Dies wäre juristisch als Beweislastumkehr zu bezeichnen.
Warum aber wird überhaupt eine DNA-Probe benötigt um eine Tatbeteiligung auszuschließen? Nun: Ein zur Sabotage genutzter Gegenstand, welcher von der Polizei sichergestellt wurde, war mit einen Stück Klebeband beklebt, an welchem eine DNA-Spur anhaftete. Die Polizei ist nun auf der Suche nach der zur DNA-Spur gehörenden Person, welche sich wohl wegen der Sabotage an der Hambachbahn zu verantworten hat. Und das, obwohl eine Übereinstimmung einer DNA-Spur mit eine abgegebenen DNA-Probe immer nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage darstellt und DNA als Beweismaterial sehr fehleranfällig ist. Hinzu kommt, dass vollkommen ungeklärt ist, wie die DNA-Spur an das Klebeband kam und durch wessen Hände dieses Klebeband ging, bevor ein Stück davon von der Polizei sichergestellt wurde. Vom Verkäufer im Baumarkt, über einen Unterstützer im Camp der Plakate klebte, bis zum Saboteur hatten vermutlich verschiedenste Menschen Kontakt mit dem Material, wessen Spur dem Material anhaftet ist nicht zweifelsfrei aufklärbar. Neben der Tatsache, dass der Verdacht der Polizei gegen unseren Freund recht wage ist, ist zu befürchten, dass eine einmal gegebene DNA-Probe lange Zeit gespeichert wird, um sie ggf. zu anderen Zeitpunkten mit immer neuen gefundenen Spuren zu vergleichen.
DNA-Proben können gespeichert werden, wenn dies der Gefahrenabwehr dient. Der Begriff der Gefahrenabwehr ist jedoch rechtlich nicht ausreichend definiert. Ist davon auszugehen, dass die Person, welche eine Probe abgab, ähnliche Taten begeht, wie die, zu der gerade ermittelt wird, so stellt die Polizei eine sogenannte Negativprognose aus, um die DNA-Probe auf bis zu 10 Jahre speichern zu können. Dies ist bei jeder abgegebenen DNA-Probe möglich, selbst wenn sich herausstellt, das der Probengeber als Tatverdächtiger auszuschließen ist. Eine aussagekräftige Begründung, warum die Polizei eine Negativprognose erstellt und die DNA-Probe speichern möchte, wird nicht verlangt. Hier reicht dann vermutlich wieder die Haltung einer Person oder auch ihr Umgang mit einer bestimmten Gruppe Menschen, welche eine Speicherung zum Zwecke der Gefahrenabwehr notwendig machen. Hinsichtlich der Herangehensweise der Polizei scheint die Gefahren-abwehr so zu funktionieren, dass der Protest in all seinen Formen, sowie die AktivistInnen* selbst kriminalisiert und durch Repressionsmittel, wie z.B. der Abgabe von DNA-Proben, eingeschüchtert werden, auf dass sie ihren Protest irgendwann aufgeben.
All dies bedenkend entschied unserer Freund sich also, die Abgabe einer DNA-Probe zu verweigern.
Am 31.1. war unser Freund nun zu einer Verhandlung am Wuppertaler Landgericht anwesend und wurde in der Verhandlungspause vor dem Gericht erwartet und zur Abgabe einer DNA-Probe abgeholt, wozu nicht weniger als 5 Zivilpolizisten gekommen waren. Gegen die Abgabe einer DNA-Probe legte unser Freund mündlich Widerspruch ein, was die Beamten aber nicht davon abhielt, eine Probe zu entnehmen. Es wurden also Tatsachen geschaffen, bevor über den Widerspruch entschieden ist.
Die Polizei und Justiz zeigte sich in den letzten Jahren immer besonders engagiert in der vorschnellen Verfolgung und Kriminalisierung linker Personen, im Hambacher Forst und auch in Wuppertal denken wir nur an die strafrechtliche Verfolgung der Ersthelfer nach dem Mordanschlag am AZ Wuppertal (/2016/02/02/eine-vierte-erklarung%E2%80%A8/) oder das aggressive Vorgehen gegen ein Punkertreffen in Wuppertal im Sommer 2015 welches in Misshandlungen (Biss durch einen Hund bei der Festnahme, Abdrücken der Halsschlagader zur Abnahme von Fingerabdrücken, Urinieren in die Schuhe der Gefangenen, um nur drei Beispiele zu nennen) auf dem Polizeirevier gipfelte.
Die Kriminalisierung des Wiederstandes im Hambacher Forst, unseres Freundes und vieler linker AktivisInnen* werden wir nicht wort- und tatenlos hinnehmen.
Wir solidarisieren uns mit dem Widerstand im Hambacher Forst in all seinen Formen!
Wir werden unseren Freund weiterhin bei seinem Kampf gegen die Repression durch Polizei und Justiz begleiten und unterstützen.
Vielleicht müssen wir in Zukunft noch gemeinsam der Polizei den ein oder anderen Besuch abstatten, haltet euch auf dem Laufenden.
Wir wünschen unserem Freund alles Gute und viel Kraft.
No Justice – No Peace!
– Molchfreunde Lichtscheid –
No Pasaran! – Den Nazitrotteln den Marsch am 04.03. versauen!
Am Samstag, den 04. März 2017 um 12.30 Uhr zum Oberbarmer-Bahnhof in Wuppertal. Die Nazis nach Hause schicken!
Am 04.03.2017 wollen die Nazis der Kleinstpartei „Die Rechte“, eine Demo unter dem Motto „Massenzuwanderung stoppen“ gegen einen vermeintlichen „Asylwahn“ abhalten. Dass sie hierfür Wuppertal auserkort haben, ist nicht gerade verwunderlich und dürfte mit Kevin Koch, Kameradschaftsführer der ehemaligen „Nationalen Sozialisten Wuppertal“, zu tun haben. Dieser tritt, sofern die Nazis die 1000 Unterstützungsunterschriften zusammen bekommen, zur nordrhein-westfälischen Landtagswahl für „Die Rechte“ auf Listenplatz eins an. Mit Daniel Borchert steht auf Platz fünf ein zweiter Wuppertaler Nazi auf der Kandidat*innenliste. Regelmäßig trotteln beide zusammen mit einer handvoll anderer Wuppertaler Nazis ihren Gesinnungskamerad*innen aus Dortmund hinterher. Jetzt erhoffen sie sich für den Naziaufmarsch Unterstützung von dem nationalsozialistischen Wanderzirkus aus der Umgebung.
Kevin Koch auf Listenplatz eins sollte eigentlich allen Antifaschist*innen ein Lächeln ins Gesicht zaubern, bedeutet es doch, dass die Nazikameradschaften offensichtlich in einer personellen Krise stecken und sie niemand Intelligenten oder wenigstens jemand mit etwas Charme für die Spitzenposition ihrer Liste finden konnten.
Leider können aber auch die Nazis von „Die Rechte“ von der allgemein spürbaren rassistischen und nationalistischen Stimmung profitieren.
In beinahe jedem Staat mit „westlicher Demokratie“ sind rechtspopulistische, rassistische, nationalistische bis faschistische Parteien und Bewegungen aktuell sehr stark. In den USA regieren sie bereits und die Wahlen in Frankreich und den Niederlanden lassen auf nichts Gutes hoffen. Auch in Deutschland agiert die rassistische AfD sehr erfolgreich und wird auch im Jahr 2017 vermutliche hohe Wahlergebnise einfahren. Doch die aktuelle Politik gegen Geflüchtete, Abschiebungen nach Afghanistan, Planungen von Abschiebezentren, die tödliche Abschottung Europas wird von der CDU/CSU und SPD – unterstützt von den Grünen und von der Linkspartei kaum behindert – durchgeführt.
In dieser gesellschaftlichen Situation übernehmen die Nazis die Handarbeit. Während aus weiten Teilen der Parteienlandschaft rassistisch gehetzt wird, zünden sie Unterkünfte für Geflüchtete an und drangsalieren Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen oder greifen sie körperlich an.
Die Wuppertaler Polizei hat im übrigen die Demo am Karnevalswochenende nicht haben wollen und sie um eine Woche verlegt. Möchten die Beamt*innen doch an diesem Wochenende mal wieder in Ruhe rassistisch motivierte Polizeikontrollen in den Rheinmetropolen durchführen.
Auch sie haben in der Vergangenheit deutlich genug gezeigt wessen Geistes Kinder sie sind. Neben den vielen Repressionsmaßnahmen gegen Antifaschist*innen wird besonders deutlich, dass die Wuppertaler Polizei keinerlei Interesse an einer Strafverfolgung gegen die Nazis hat. Bundesweite Aufmerksamkeit hat in dem Zusammenhang der überreginal organisierte Naziüberfall auf das Cinemaxx erhalten, an dem u.a. Kevin Koch maßgeblich beteiligt war.
Dies hat sich nicht geändert. Als Ende letzten Jahres antirassistische Plakate an der Thomaskirche zerstört und die Kirche mit Hakenkreuzen beschmiert wurde, ließ die Polizeipressesprecherin sinngemäß verlauten, Hakenkreuze gäbe es in vielen Kulturen und man dürfe nicht vorschnell davon ausgehen, dass es sich hierbei um eine Tat von Nazis handle.
Besonders dramatisch war das Handeln der Polizei im Zusammenhang mit dem Mordversuch dreier Nazihools (Bekannte jener Nazis, die die Demo im März organisieren) vor dem Autonomen Zentrum im Jahr 2015. Kurzerhand betrieb die hellwache Polizei eine Täter*innen-Opfer-Umkehr und verbreitete eine hahnebüchende Räuberpistole über die Geschehnisse in der Tatnacht. Wie bei der allgemeinen und alltäglichen rassistischen Hetze übernahm die Presse, ungeprüft und vermutlich zum Teil mit böser Absicht, die Version der Polizei. Dass den Berichten der Polizei nicht einfach zu trauen ist, ist vielfach bewiesen und sollte immer wieder in Erinnerung gerufen werden.
Auch wenn das Nazipack vielleicht zahlenmäßig eher gering in Wuppertal-Oberbarmen aufschlagen wird und aktuell andere rechte Formationen gewaltige Erfolge einfahren, könnte mensch den Fehler machen und sie nicht ernst nehmen. Doch diese überzeugten Nazis sind genauso Teil des massiven Angriffs auf die Bewegung der Geflüchteten und des Angriffs auf das gute Leben für Alle, wie die AfD und die Politik der etablierten Parteien.
Wir brauchen massive emanzipatorische Aktionen und Mobilisierungen gegen den ganzen Rassismus und Nationalismus. Da sollten wir keine Gelegenheit auslassen!
Nachdem Ende Oktober nur ca. 35 Nazis (trotz Unterstützung aus Dortmund) zu einer von dem Wuppertaler Kreisverband der Kleinstpartei „Die Rechte“ angemeldeten Kundgebung gegen eine geplante Unterkunft für Geflüchtete mobilisiert werden konnten und dem gegenüber 400 Gegendemonstrant*innen standen, versuchen Kevin Koch und co. erneut Fuß in Wuppertal-Oberbarmen zu fassen. Machen wir den Nazis einen Strich durch die Rechnung! Es bleibt also an uns den Marsch, der Rassist*innen zu verhindern. Kommt am 04.03.2017 nach Wuppertal-Oberbarmen!
Refugees Welcome! Nazipack verjagen!
Für das gute Leben für Alle!
https://linksunten.indymedia.org/de/node/204057
Die Staatsanwaltschaft Aachen fordert die zwangsweise DNA-Abnahme von einem Wuppertaler Umweltaktivisten.
Zum Hintergrund:
Im Mai 2013 und Anfang 2014 kam es laut Ermittlungsbehörden zu versuchten und geglückten Sabotageaktionen an der Hambachbahn. Die Hambachbahn transportiert Braunkohle vom Tagebau Hambach zu verschiedenen Braunkohlekraftwerken in der Region. Gegen den Abbau der Braunkohle, die damit verbundene Ausdehnung des Tagebaus und die deshalb forcierte Abholzung des zum Teil 10.000 Jahre alten Hambacher Forstes regt sich seit Jahren massiver Widerstand. Dieser Widerstand ist so bunt und vielfältig und reicht von zivilem Ungehorsam bis hin zur Sabotage der zum Braunkohletagebau gehörenden Infrastruktur. Gleichzeitig steht der Betreiber RWE, der zu den größten Umweltverschmutzer*innen weltweit zählt, zunehmend in der Kritik. Auch die polizeilichen Erfolge bei der Ermittlung der Saboteur*innen sind bisher sehr überschaubar.
Seit dem Herbst darf nun im Hambacher Forst wieder gerodet werden. Die Rodungssaison sorgt erneut für sehr engagierten Widerstand der Umweltaktivist*innen, deshalb wird von Seiten von RWE und Polizei an der Repressionsschraube gedreht. Im Zuge dessen soll jetzt ein Wuppertaler Umweltaktivist eine DNA-Probe abgeben. Ein Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft seit über drei Jahren erfolglos, selbst eine Hausdurchsuchung 2014 führte nicht zum Ermittlungsdurchbruch. Da sehr fraglich ist, ob die DNA-Abnahme zu einer signifikanten Veränderung der Beweislage führt, ist es offensichtlich, dass hier ein weiteres Mal die Gegner*innen der Rodungsarbeiten im Hambacher Forst eingeschüchtert und kriminalisiert werden sollen.
Generell ist zu beobachten, dass sich die Bestrebungen seitens des Staates an mehr und mehr DNA-Proben zu kommen, drastisch verstärken. Seit einiger Zeit ist auch zu beobachten, dass es mehr linke, anarchistisch orientierte Menschen trifft.
1998 wurde beim BKA eine DNA-Datenbank eingerichtet, in der inzwischen über eine Millionen Datensätze gespeichert sind und monatlich ca.9.400 neue dazukommen. Davon sind knapp 860.000 Persondatensätze und 300.000 Spurendatensätze. In jeder Zelle, aus denen sich die Körperspuren – für die nicht bekannt ist, wem sie zuzuordnen sind – zusammensetzen, befinden sich mikroskopisch kleine Moleküle, die genetische Informationen enthalten. Diese Moleküle werden Desoxyriboinukleinsäure, kurz DNA genannt. Ermittlungsbehörden lesen die DNA nicht komplett aus, stattdessen werden nur eine bestimmte Anzahl festgelegter Abschnitte (Loki) von scheinbar informationslosen Bereichen der DNA ausgelesen, sogenannte STR (short tandem repeats).
Wir verurteilen die staatliche DNA-Sammelwut und die Praxis, bei jeder Gelegenheit eine Abnahme durchzuziehen. Gesellschaftlich ist die Massenerfassung der DNA-Profile ein Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht, dessen Folgen kaum abzuschätzen sind. Die DNA-Sammelwut muss beendet werden!
Wie zweifelhaft der kriminalistische Wert einer DNA-Probe ist, zeigt aktuell der sogenannte Fall Peggy. Eine angebliche Spur führte zu einem der drei bekannten NSU-Mörder*innen, soll dann aber letztlich auf Grund einer Verunreinigung der DNA-Proben entstanden sein. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist auch, dass die beiden Untersuchungen mehrere Jahre auseinander gelegen haben. Es stellt sich die Frage, wie aussagekräftig die als unfehlbar geltenden DNA-Untersuchungen überhaupt sind.
Wir lassen eine weitere Kriminalisierung und Einschüchterung unseres Freundes nicht zu!
Gegen die staatliche DNA-Sammelwut!
Sollte es zum Versuch oder Vollziehen der DNA-Abnahme kommen, rufen wir für den gleichen Tag zu solidarischem und vielfältigem Protest auf!
Wuppertaler Anti-Repressions-Komitee
Im Gedenken an Mohammad Sillah, der am 14. Januar 2007 starb, da ihm die ärztliche Hilfe verweigert wurde!
14.01.2017 // 14:30 Uhr // Remscheid Hbf
Kundgebung mit anschließender Demonstration durch die Innenstadt
Der 23 jährige Mohammad Sillah war Singer/Songwriter aus Guinea, der im Isolationslager für Geflüchtete am Bergfrieder Weg in Remscheid untergebracht war. Von Freunden und Bekannten wurde er als eine freundliche und frohe Person beschrieben, die Konzerte in Remscheider Kneipen oder bei Veranstaltungen und bei afrikanischen Events in der Region gab.
Anfang Januar 2007 suchte Mohammad aufgrund starker Schmerzen einen Arzt auf. Dieser erklärte ihm, dass er ihn erst behandeln könne, wenn er beim zuständigen Sozialamt einen Krankenschein beantragen würde. Dieser Schein wurde ihm allerdings von dem Mitarbeiter des Sozialamtes verweigert, mit der Begründung, dass er das Land ja sowieso bald verlassen müsse.
Die Stadt Remscheid bestreitet dieses, da bei dem Gespräch zwischen Mohammad und dem Mitarbeiter keine anderen Personen anwesend gewesen sein sollen. Jedoch gab es Zeugen, denen Mohammad unmittelbar nach der Verweigerung des Krankenscheines davon erzählte.
Am 11.Januar wurden die Schmerzen dann so stark, dass Mohammad den Hausmeister seiner Unterkunft bat, einen Krankenwagen zu rufen. Dieser weigerte sich aber unter der Aussage, wenn er die Treppen schon alleine geschafft hätte, könne er ja auch alleine ins Krankenhaus gehen.
Daraufhin begleitete ein afrikanischer Mitbewohner ihn zum Krankenhaus. Mohammad brach noch auf dem Weg dorthin zusammen und wurde den Rest des Weges auf den Schultern seines Begleiters dorthin getragen.
Drei Tage später wurde er in ein Krankenhaus nach Essen verlegt, wo er letztendlich verstarb.
Der damalige Remscheider Sozialdezernent Burkhard Mast-Weisz (heutiger Bürgermeister Remscheids) versicherte daraufhin, Mohammad wäre niemals der Krankenschein verweigert worden. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal nahm ebenfalls Ermittlungen auf, legte die Akten jedoch bald wieder beiseite. Stattdessen fand im Oktober desselben Jahres eine Razzia statt, um protestierende Flüchtlinge einzuschüchtern und zu kriminalisieren. Diese Großrazzia der Polizei wurde später von mehreren Gerichten als rechtswidrig eingestuft.
Damit die Opfer nicht vergessen werden und sich die Liste der Toten nicht fortsetzt, werden wir am 14.01.2017, dem zehnten Todestag von Mohammad Sillah, zusammenkommen, um auf die Schikanen und die Ausgrenzungsmethoden der Stadt Remscheid und des deutschen Staates gegenüber Geflüchteten aufmerksam zu machen und Solidarität einzufordern.
In Gedenken an Mohammad Sillah und alle Opfer der rassistischen Staatsgewalt!
Der Spaltung der Gesellschaft von oben setzen wir Solidarität und Einheit entgegen.
Für freien Zugang zu Gesundheitsversorgung – für die Schließung aller Sammelunterkünfte und Isolationslager!
Für eine Gesellschaft ohne Rassismus, Ausbeutung und Kriege!
Antifaschist*innen aus der Region
Antifa Remscheid
Es ging nochmal um den Morgen des 11. April 2014, an dem Hogesa-Nazis vor dem AZ einen Antifaschisten mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt hatten. Der darauffolgende Polizeieinsatz führte in klassischer Täter-Opfer-Umkehr zu einem unsäglichen Polizeieinsatz, der durch den polizeilich und notärztlich angeordneten Rückzug der Rettungssanitäter das Leben des Schwerverletzten gefährdete und gleichzeitig die traumatisierten AZ-Besucher*innen tätlich angriff.
Die polizeiliche Nachbereitung des Polizeieinsatzes führte nicht zur Versetzung der verantwortlichen Polizist*innen in den (nicht mehr existierenden) Polizeiposten Beyenburg, sondern natürlich zu Strafanzeigen wegen Widerstand und versuchter Körperverletzung, um die AZ-Besucher*innen weiter einzuschüchtern und zu kriminalisieren.
Mit falschen Behauptungen durch die sog. Polizeipressestelle gefüttert, übernahmen die Wuppertaler Qualitätsmedien ungeprüft die Version der Polizei. Insbesondere verbreiteten sie die Version, dass Autonome die Lebensrettung ihres schwerverletzten Freundes durch Kämpfe mit der Polizei schwerbehindert hätten. Zu dieser „Tatversion“ gab es dann auch noch von Polizeibeamt*innen unterzeichnete Anzeigen. In der ersten Version der Anklageschrift wurde sogar behauptet, der Beschuldigte habe die Rettungssanitäter getreten!
Diese führten dann nach 1,5 Jahren zu einem Prozesstermin vor dem Wuppertaler Amtsgericht. Am ersten Prozesstag stellten – einmal mehr- die Rettungssanitäter klar, dass sie keineswegs von den AZ-Besucher*innen am Rettungseinsatz gehindert wurden oder sich bedroht fühlten. Im Gegenteil sie waren von den AZ-Besucher*innen direkt zu dem Schwerverletzten im Flur vor den Toiletten gebracht worden und konnten mit den lebensrettenden Maßnahmen ungestört beginnen. Auf Bitten eines Rettungssanitäters wurde der Flur zusätzlich durch einen AZ-Besucher an der Tür abgesichert.
Die Polizei
Am gleichen Prozesstag sagten dann die Polizisten Pavic, von Lehn und Schwede aus. Insbesondere die an schweren Feindbildern gegen Links leidende Polizistin Pavic überraschte mit offensichtlichen Falschaussagen. Zu Beginn der Vernehmung sprach sie noch davon, dass die Autonomen die Rettungssanitäter „angegangen“ wären.
Den Vogel schoss aber der Einsatzleiter des Einsatzes, Patrick Gröteke, ab, der am 2. Prozesstag aussagte und uns tief in die autoritäre Seele der Cop Culture im Hause Rademacher blicken ließ. Er gab sich zunächst als erfahrener Polizist aus, der in 20 Jahren Bereitschaftspolizei gestählt, genaue Kenntnisse über die „Linksautonomen“ habe. Er sei schon bei der sog. Jugendschutzrazzia 2009 dabei gewesen und kenne Waffentechnik und die Waffenarsenale der Autonomen ganz genau.
Als der Richter den besonders sachkundigen Beamten nach den Strukturen des AZ fragte, fabulierte der angebliche Kenner der autonomen Szene sogar davon, dass die Rote Flora in Hamburg der Träger des Wuppertaler AZ sei…
Der mit Beißreflexen gegen Links gut ausgestattete Einsatzleiter versteht bis heute nicht die zugespitzte Situation nach dem Nazi-Angriff. Selbst rudimentäre Fähigkeiten zu Empathie, Kommunikation und Deeskalation waren bei ihm nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Er machte sich sogar noch über das Opfer lustig, in dem er den von den Nazis fast Getöteten im Prozess ironisch als „verdienten Bürger“ bezeichnete.
Grö beklagte zudem, dass die Autonomen ihr Zentrum als staatsfreien Raum ansehen würden und dass man daher bei einem Einsatz mit Allem rechnen müsse. Diese Verhetzung oder anders gesagt dieses ausformulierte Feindbild gegen Links, Grö. sprach in seiner Vernehmung von „Störern“, von „Mob“ und „bewaffneten Linksautonomen“, ist wahrscheinlich der Hauptgrund für den brutalen, gefährlichen und unverantwortlichen Polizeieinsatz am AZ.
Aber kommen wir noch mal auf den genauen Ablauf der Ereignisse zu sprechen: Folgen wir der Aussage des Einsatzleiters Grö., schickte er zunächst zivile Kräfte zum AZ. Dann folgten insgesamt 3 Funkwagen mit etwa 6-8 uniformierten Polizist*innen. Nach der Aussage von Grö. führten Zeugenhinweise, dass die Täter schon weg sind und Richtung Innenstadt gelaufen seien, zunächst nicht zu Fahndungsmaßnahmen im Umfeld des AZ und in der Innenstadt. Die Polizei konzentrierte sich zunächst auf den Tatort AZ. Grö begründet das vor Gericht damit, dass sie noch nicht genug Kräfte vor Ort hatten und dass Hinweise auf Täter und Fluchtwege kriminalistisch und in der Gefahrensituation nicht relevant seien. Es hätte ja auch die Täter Zeugenaussagen machen können…
Die Notwendigkeit, die Rettungssanitäter zurückzuziehen, und einen Polizeieinsatz gegen die AZ-Besucher*innen im Eingangsbereich zu starten, begründete er mit der Gefährdung der Rettungssanitäter durch die sich möglicherweise noch im AZ befindlichen Täter und zusätzlich mit der bekannten Gewaltbereitschaft der Autonomen.
Erstaunlich ist aber, dass Einsatzleiter Grö. bei dieser (von ihm selbst angenommenen) brisanten Gefahrenlage (Täter im Haus, zahlreiche gewaltbereite Autonome im AZ) nicht auf polizeiliche Verstärkung wartet, sondern mit nur 6-8 Polizist*innen den Polizeieinsatz beginnt. Bei dieser Gefahrenprognose fehlte doch offensichtlich die selbst postulierte Fähigkeit zur Eigensicherung! Schließlich überwältigten die Polizist*innen die AZ-Besucher*innen im Eingangsbereich und „retten“ Patient und Rettungssanitäter. Weitere „Geländegewinne“ im AZ oder Durchsuchungen gegen mögliche Täter und militante Autonome wurden nicht gemacht. Die Kämpfer der Polizei machten einen taktischen Rückzug, wie Grö. bei Gericht schilderte, und gingen wieder aus dem AZ raus.
Die Notärztin
Erwartungsgemäß hat das Gericht das gefährliche und lebensbedrohende Fehlverhalten der Notärztin Dorothea Scheidt nicht gewürdigt. Das wollen wir hier nochmal ausdrücklich nachholen:
Der Notärztin Dorothea Scheidt sei in ihr Führungszeugnis geschrieben, dass sie das Leben des schwerverletzten Opfers durch die Anordnung des Rückzugs der Rettungssanitäters gefährdet hat. Es darf nicht durchgehen, dass eine Notärztin lebensrettende Sofortmaßnahmen unterbrechen lässt, indem sie die Rettungssanitäter von der Polizei zurückholen lässt, ohne den schwerverletzten Patienten selbst gesehen zu haben oder wenigstens von den eingesetzten Rettungssanitätern Informationen über den Zustand des Patienten erhalten hat.
Da Frau Scheidt vor Gericht eingeräumt hat, den Befehl für den Rückzug der Sanitäter gegeben zu haben, könnte eine Schadensersatzklage wegen unterlassener Hilfeleistung und Gefährdung des Patienten auf die Notärztin zu kommen. Dieses Eingeständnis fehlte bisher in der Beweiskette und es wird notwendig sein, die Notärztin sowohl standesrechtlich, dienstrechtlich und zivilrechtlich zu belangen.
Unabhängig davon raten wir der Wuppertaler Feuerwehr, bei ihren nächsten Noteinsätzen Funkgeräte oder Mobiltelefone mit sich zu führen, damit Rettungssanitäter und Notärzte in möglichen Gefahrenlagen auch ohne brachiale Polizeieinsätze miteinander sprechen können, auch zum Wohle der Patient*innen.
In unserem Fall hätten die Rettungssanitäter dann telefonisch gefragt werden können, ob sie gerade von den Autonomen bedroht werden und von Herrn Grö. gerettet werden müssen, noch wichtiger wäre sicherlich die Frage nach dem Gesundheitszustand des Schwerverletzten gewesen.
Das führt uns zum
Freibrief für die Polizei
Zur Polizei fällt uns nach diesen Auftritt nicht mehr viel ein. Wir haben gelernt, dass auch hasserfüllte und ahnungslose Polizist*innen unendlichen Ermessensspielraum und vor allem Rückendeckung für dilettantische und gefährliche Polizeieinsätze genießen.
Auch wenn sich später das Einsatzziel „Rettung der Sanitäter“ als falsch und unnötig erweist, wie der Richter im Urteil ausdrücklich einräumte, bleibt der Polizeieinsatz legitim. Das heißt im Umkehrschluss: Wer sich einem unsinnigen und gefährlichen Polizeieinsatz in den Weg stellt, wird trotzdem wegen Widerstand gegen Vollzugsbeamte zu hohen Strafen verurteilt. Möglich macht das die weite Auslegung des Landespolizeigesetzes, dass auch solchen inkompetenten Polizisten wie Herrn Grö freie Hand für jeden Polizeieinsatz gibt. Wenn Herr Grö sich, seine Polizist*innen oder die Rettungssanitäter subjektiv bedroht sieht, dann ist alles erlaubt.
Gegen diese „Rechtsauslegungen“ hilft nur eine kritische Öffentlichkeit, die genaue Beobachtung dieser Polizist*innen und die politische Praxis…
Das wichtigste bleibt aber Solidarität mit den Betroffenen und der Aufbau von solidarischen Strukturen.
In diesem Sinne:
Herzlichen Dank an die Rettungssanitäter und Ersthelfer*innen aus dem AZ, die K. das Leben gerettet haben.
Antifaschistische Initiative Wuppertal 7.12.2016
*UPDATE*
Eine gute Nachricht: Die AfD kommt am 25. Februrar nicht nach Wuppertal in die Stadthalle!
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Sie kommen nicht durch!
Oder der 1. antifaschistische Karneval in Wuppertal!
Keine AfD-Veranstaltung in der Wuppertaler Stadthalle am 25. Februar 2017!
Am 25. Februar 2017 will die rassistische, sexistische und nach wie vor sozialchauvinistische AfD mit einer großen Veranstaltung – mit internationaler rechtspopulistischer Beteiligung (u.a. sollen Norbert Hofer von der österreichischen FPÖ sowie der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Klaus auf der Gästeliste stehen) – in der Wuppertaler Stadthalle in die heiße Phase des NRW-Wahlkampfes starten. Die ziemlich schicke Wuppertaler Stadthalle bietet dem Rassist*innenpack neben Platz für ca. 2500 Leute auch ein sehr repräsentatives Domizil. Mit einer solch hochkarätig besetzten Veranstaltung erhofft sich die AfD sicher bereits Ausstrahlungskraft für den Bundestagswahlkampf. Dies wollen wir verhindern!
Die AfD ist einer der zentralen Akteure des zunehmenden Rechtsrucks, auch wenn wir die diversen militanten Neonazis und die etablierten (bürgerlichen) Stichwortgeber*innen in Politik und Gesellschaft weder unterschätzen noch vergessen werden. Vorangetrieben wird dies durch eine immer härtere Entrechtung von Geflüchteten und Erwerbslosen durch alle etablierten Parteien.
Leider werden wir die AfD wohl so kurzfristig nicht loswerden können. Daher ist es an der Zeit, dass sich noch mehr vielfältiger Widerstand gegen die immer krassere Zuspitzung rassistischer Agitation und Aktion durch AfD und Co regt.
Aus diesem Grund halten wir es für sehr notwendig, mit einer großen offensiven Mobilisierung in das Jahr 2017 zu starten und den 25. Februar zu einem ersten großen antifaschistischen und antirassistischen Termin im neuen Jahr zu machen. Wir wollen mit möglichst vielen ein verstärkt emanzipatorisches Potenzial entwickeln und wenn möglich deutlich ins Jahr 2017 hineintragen.
Wir werden es 2017 mit einigen Mobilisierungsbemühungen diverser Neonazis und Rassist*innen zu tun haben, allein schon wegen der anstehenden Wahlen in NRW und im Bund.
Aber auf der emanzipatorischen Seite steht im Sommer auch die Gegenmobilisierung zum G20-Treffen in Hamburg an.
Wir glauben, dass das internationale Treffen von Rechtspopulist*innen in Wuppertal ein hervorragender Anlass ist, unseren Widerstand offensiv aufzustellen und verstärkt sichtbar zu machen. Damit es die herrschenden (Zustände) hierzulande mit einer lebendigen, vielfältigen und emanzipatorischen Bewegung zu tun bekommen.
Ganz konkret wollen wir die AfD-Veranstaltung verhindern, blockieren, sabotieren, kurzum zum Desaster machen! Dabei könnte der Umstand, dass der 25. Februar der Karnevalssamstag ist, dazu führen, dass Wuppertal endlich auf diesem Gebiet zu den Karnevalshochburgen am Rhein aufschließen kann, indem wir der AfD einen antifaschistischen Karneval bereiten, den sie nicht vergessen werden.
Wir wollen mit euch eine autonome antifaschistische und antirassistische Mobilisierung auf die Beine stellen und ausloten wie unsere Gegenaktionen gestaltet werden können!
Weiteres Mobimaterial wird folgen. Aktuelle Infos gibt es immer unter
afdindiewupper.noblogs.org
Autonome Antifaschist*innen aus Wuppertal
Am kommenden Dienstag, den 22. November 2016 um 12:30 Uhr, findet vor dem Wuppertaler Amtsgericht ein Prozess gegen einen Wuppertaler Antifaschisten statt. Der Tatvorwurf lautet: Versuchte Körperverletzung und Widerstand gegen Polizeibeamte.
Dieser Prozess ist nicht irgendein beliebiger Versuch der Wuppertaler Staatsanwaltschaft und des Staatsschutzes Linke zu kriminalisieren, sondern es geht um die Ereignisse rund um den Mordversuch vor dem Autonomen Zentrum in Wuppertal am 11. April 2015 und um den darausfolgenden Polizeieinsatz.
Zur Erinnerung: Am 11. April 2015 um 1:00 Uhr morgens wurde ein Freund des AZ auf der Straße vor dem AZ von drei Nazis aus dem HOGESA-Spektrum angegriffen. Aufgefallen waren die Täter bereits vorher durch Provokationen und Versuche das AZ auszuspähen. Nachdem einer der drei Nazis von dem späteren Opfer erkannt wurde, wurde er vor dem AZ mit dem Ruf „Wir sind HOGESA“ angegriffen und vom Nazi Patrick Petri mit etlichen gezielten Messerstichen lebensgefährlich verletzt. Nach der Tat sind die Nazis Richtung Gathe / Innenstadt geflüchtet.
Der Schwerverletzte wurde schnell in den Flur des AZ gebracht und Erste Hilfe geleistet. Gleichzeitig ist umgehend vom AZ aus der Notarzt gerufen worden. Die Rettungskräfte kamen zeitnah mit Polizeieinsatzkräften am AZ an, sie wurden zu dem Schwerverletzten begleitet. Sie konnten sofort und ungehindert die professionelle Erstversorgung durchführen. Die Rettungssanitäter wurden einige Zeit später ohne ersichtlichen Grund vom Opfer zurückgerufen. Die Einsatzleitung der Polizei hat den Rettungseinsatz unterbrochen und die Rettungssanitäter mit scharfem Ton vom Verletzten weggeholt.
Die Polizei stürmte nun, anstatt das Gespräch mit den geschockten AZ-Besucher*innen am Eingang zu suchen, unter Androhung von Schlagstock- und Pfefferspray-Einsatz in den AZ-Eingang und überwältige u.a. den Angeklagten.
Die nach den Sanitätern eingetroffene Notärztin hat mit der ärztlichen Versorgung des Opfers erst außerhalb des Hauses begonnen.
Die später eingetroffene Notärztin ist nicht zum schwerverletzten Opfer gegangen, die ärztliche Versorgung des Opfers wurde erst außerhalb des Hauses begonnen. Später traten die Polizeikräfte auf der Suche nach möglichen Tätern noch wahllos Türen im AZ ein. Schließlich erklärte die Polizei das AZ zum Tatort und beschlagnahmte unser Haus bis zum Morgen. Die Nazi-Täter waren zu diesem Zeitpunkt schon lange weg.
Die Polizei behauptete später in einer unsäglichen Pressemitteilung, die von allen Wuppertaler Medien ungeprüft übernommen wurde, folgenden Sachverhalt:
„Bei Eintreffen der Rettungskräfte wurden Polizeibeamte und Rettungswagenbesatzungen im Gebäude von mehreren Angehörigen der linken Szene angegriffen und der Zutritt verwehrt. Erst durch den Einsatz von Pfefferspray und mittels Schlagstock konnten die Einsatzkräfte den Verletzten zur weiteren ärztlichen Versorgung aus dem Gebäude retten.“
(Pressemitteilung der Polizei Wuppertal 11.04.2015 – 08:58)
Via WDR-Lokalfernsehen gab es eine weitere Version. Die Polizeisprecherin führte aus: „Die Kollegen sind in das Gebäude rein. Es gab Rangeleien und Schubsereien. Und da musste man auch zwischendurch wieder rausgehen, sich sammeln. Die verletzte Person konnte aber aus dem Gebäude gebracht werden und wurde dann aber weiter behandelt.“
Die trauen sich was
Die zuletzt zitierten Behauptungen der Polizeipressestelle, die später auch von der Polizeipräsidentin im Fernsehinterview – etwas variert – wiederholt wurden, sind offensichtlich die Grundlage des aktuellen Gerichtsverfahrens. Dass beim Hauptverfahren gegen die Nazi-Täter vor dem Landgericht die Polizeiversion widerlegt wurde, ist u.a. im Artikel der Wuppertaler Rundschau vom 20.1.2016 dokumentiert: „Ebenfalls klar ist inzwischen, dass an einer ersten öffentlichen Mitteilung der Polizei vom Tattag kaum mehr als das Datum stimmte: Es gab keinen Schlagstock- und Pfefferspray-Einsatz gegen AZ-Besucher, mit dem den Rettungskräften der Weg zum Verletzten quasi freigekämpft worden wäre. Es gab allerdings den wohl irrtümlichen Befehl eines leitenden Polizisten im voll besetzten Flurbereich: „Rettungskräfte raus!“ Das belegen Aussagen der Sanitäter. Das Gericht hat erklärt, dass es diesen Punkten nicht nachgehen wird. Der Vorsitzende Richter Robert Bertling: „Das betrifft nicht das Kerngeschehen.““
Wir sind verwundert und gleichzeitig erbost, dass die Lügengeschichten der Wuppertaler Polizei jetzt zu diesem Prozess führen. Dass eine Verurteilung wegen Widerstand gegen Vollzugsbeamte „immer geht“ und gerne als Retourkutsche bei Gewalttätigkeiten der Polizei eingesetzt wird (siehe auch http://www.taz.de/!5273271/ ), brauchen wir hier nicht weiter ausführen. Doch offensichtlich denkt die hellwache Wuppertaler Staatsanwaltschaft und Polizei, dass die skandalösen Umstände des Polizeieinsatzes und der Ermittlungen in der Öffentlichkeit schon vergessen sind.
Daher möchten wir die Gelegenheit des Prozesses nutzen, um erneut auf schwerwiegende Rechtsverstöße hinzuweisen und eine Reihe von öffentlichen Dienstaufsichtsbeschwerden zu stellen. Auch ein kleiner Eintrag in der Personalakte kann aufgeweckten Vorgesetzten auffallen…
Öffentliche Dienstaufsichtsbeschwerden:
1. Wir fragen uns, ob das Presseteam um Polizeisprecherin Anja Meis einen Freibrief für Lügengeschichten und Hetzkampagnen gegen Links hat oder von der hellwachen dienstvorgesetzten Radermacher Anordnungen erhalten hat?
2. Wir fragen uns, ob die Quellen für die Falschaussagen auf Aussagen der am Einsatz beteiligten Polizisten beruhen? Welcher Polizist lügt so offensichtlich? Und sind das dieselben Polizisten, die jetzt eine versuchte Körperverletzung und Widerstand gegen sich beklagen und bezeugen werden? Wir fragen uns natürlich, ob die offensichtlichen Falschaussagen im Polizeidienst zu Disziplinarverfahren und sogar zu Strafverfahren führen werden?
3. Wer hat den Einsatzbefehl gegeben, die Sanitäter von dem lebensgefährlich Verletzten abzuziehen, um danach einen brutalen Polizeieinsatz zu starten, um die im Eingangsbereich des AZ befindlichen, größtenteils geschockten AZ-BesucherInnen anzugreifen und teilweise zu verletzen?
4. Wer trägt die Verantwortung für die Unterbrechung des Rettungseinsatzes? Wer übernimmt die Verantwortung und auch die zivilrechtliche Haftung für die mögliche Schädigung des Verletzten, weil die Rettungsanitäter die Erstversorgung unterbrechen mussten? Da das Opfer sein ganzes Leben mit Folgeschäden leben muss, wäre auch eine Schadensersatzklage in Betracht zu ziehen.
5. Welche Rolle spielt eigentlich die Notärztin? War sie einverstanden, dass die Rettungssanitäter von der Polizei abgezogen werden? Warum hat die Notärztin sich selbst kein Bild vom Verletzten gemacht, ob, wie und mit welcher Versorgung er aus den engen Räumlichkeiten transportiert werden kann? Warum hat sie stattdessen zugelassen, dass Polizeibeamte die Bergung des schwerverletzten Opfers vornahmen? Hier stellt sich die Frage, welcher Umstand eine Notärztin dazu veranlasst nicht direkt zum Opfer zu gehen. Es gab laut Rettungssanitäter offensichtlich keine bedrohliche Situation im Rettungseinsatz, das dürfte der Notärztin nicht entgangen sein.
6. Spätestens um 2:15 Uhr waren der Polizei und der bereits eingesetzten Mordkommission durch Zeugenaussagen bekannt, dass die Täter eine HOGESA-Parole während des Angriffs brüllten und dann Richtung Gathe /Innenstadt flüchteten. Auch für Mitglieder von Mordkommissionen müsste begreiflich sein, dass ab jetzt die Täter a) auch im rechten Spektrum gesucht werden sollten und das b) das AZ nicht mehr die Fluchtstätte für diejenigen sind, die einen Antifaschisten mit dem Messer abstechen.c) wurde im gleichen frühen Zeitraum eine weitere Person mit Stichverletzungen an den City-Arkaden von der Polizei entdeckt, die sicherlich von der Polizei als der Nazi Patrick Petri identifiziert werden konnte.
Trotzdem werden die ZeugInnen aus dem AZ und Umfeld bis September 2015 als Beschuldigte in einem Mordverfahren geführt. Später wird diese massive Einschüchterung und Kriminalisierung von der Staatsanwaltschaft als Computerversehen schöngeredet. Auch hier ist mindestens ein Disziplinarverfahren gegen die Mitarbeiter der Mord-Kommission und der Staatsanwaltschaft denkbar, die wider besseren Wissens über Monate falsche Beschuldigungen erheben.
7. Ist der Einsatzleiter eigentlich noch im Amt, der diesen gesamten Polizeieinsatz zu verantworten hat? Muss man für eine Tatortsicherung Rettungskräfte zurückziehen und anschließend die von der Tat geschockten AZ-Besucher*innen brachial angreifen und überwältigen? Wurden die eingesetzten Polizisten auch schon mal mit deeskalierenden Einsatzmethoden vertraut gemacht? Können die eingesetzten Polizisten nicht nachvollziehen, dass nach einen Messerangriff auf einen Antifaschisten die Ersthelfer*innen geschockt und die Nerven blank liegen und dass man in dieser Situation nicht mit dem Knüppel drohen, sondern es mit einer Ansprache versuchen sollte?
8. Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, dass der Staatsschützer Böttcher immer noch im Dienst ist, obwohl aus einem Chat-Protokoll seit dem 23.1.2015 wussste, dass Wuppertaler Nazis aus dem HOGESA-Spektrum einen bewaffneten Überfall auf das AZ in Wuppertal und auf das Linke Zentrum in Düsseldorf, sogar unter Einsatz von Brandsätzen während vollbesetzten Konzertsälen diskutierten? Weder wurden die Betreiber des AZ oder des Linken Zentrums informiert, noch gab es eine Warnung vor den Tätern. Auch werden Nazis, die solche gravierenden Straftaten planen, in Wuppertal juristisch offensichtlich nicht zur Verantwortung gezogen. Dass nicht mal die ermittelnde Staatsanwaltschaft nach dem Mordversuch über Planungen eines der Hauptangeklagten vom Staatsschutz informiert wird, müsste eigentlich sogar die Staatsanwaltschaft und erst Recht das Gericht beunruhigen.
Die Wahrheit wird uns nicht davonlaufen!
Antifaschistische Initiative Wuppertal 20.11.2016

Solidarische Perspektiven gegen den technologischen Zugriff
Köln | Alte Feuerwache | 30.9-2.10.2016
english version
„Wenn wir die gesamte Materie und Energie des Weltalls mit unserer Intelligenz gesättigt haben, wird das Universum erwachen, bewusst werden – und über fantastische Intelligenz verfügen. Das kommt, denke ich, Gott schon ziemlich nahe“. (Ray Kurzweil, Chefingenieur von Google)
Die Wellen informations-technologischer Entwicklungen greifen in immer kürzeren Abständen in unser Leben ein: Es geht um Daten, Daten und nochmals Daten. Google, facebook und deren Verwandte, die „Nachrichten“dienste aller Länder, saugen unsere Daten ab.
Oft kommt dieser Zugriff erst mal unverdächtig daher: das Bargeld soll abgeschafft werden zugunsten elektronischer Transfers, die vermeintlich der Kriminalitätsprävention dienen sollen, jedoch die Ökonomie möglichst Aller komplett transparent machen würden. Gadgets wie google glass, Fitnessarmbänder oder Smartphones – Sensoren der Erfassung und des Zugriffs auf unser (öffentliches) soziales Miteinander bis hin zur (Selbst)kontrolle unserer Körperfunktionen rücken uns zunehmend auf die Pelle.
Auch das Internet der Dinge – internet of things – gehört dazu, das aus harmlosen Haushaltsgeräten Spione und Denunzianten im privaten Lebensbereich macht. Die im unscheinbaren Kleid der „Industrie 4.0“ daherkommende massive Umwälzung der Arbeitsprozesse werden Millionen Menschen aus der Erwerbsarbeit drängen und vor existenzielle ökonomische Probleme stellen.
Diese Liste ließe sich noch um einiges erweitern: Gentechnik, Drohnen, Cyberwar, Künstliche Intelligenz … Big Data ist der Euphemismus dafür, Big Theft (Diebstahl) wäre ehrlicher.
Überwachung ist ein klassisches Herrschaftsinstrument, jetzt ist es gelungen, daraus auch noch ein erfolgreiches business-model zu machen, was die Anzahl der Akteur*innen vervielfacht. Profitstreben wird zum neuen Motor der Überwachung und Datenerfassung. Sie dienen nicht nur der Kontrolle, sondern werden benutzt, um menschliches Verhalten vorherzusagen und gezielt zu manipulieren – eine Fremdbestimmung ganz neuer Qualität kündigt sich an.
Wir laden euch zur Konferenz „Solidarische Perspektiven gegen den technologischen Zugriff“ nach Köln in die Alte Feuerwache ein.
Dort soll nicht etwa einem vermeintlichen Tsunami Orwell‘scher Fantasien das Wort geredet werden, sondern es gibt einen physischen Raum für Information, Austausch, Diskussion, Vernetzung und die (Weiter)entwicklung von Ideen. Wir wollen nicht nur die erschreckend schnell voranschreitende Erfassung aller Lebensabläufe samt ihrer ökonomischen Verwertung und den weitgehend undiskutierten Lenkungsmethoden analysieren. Wir wollen unsere Möglichkeiten des Widerstands gegen den technologischen Zugriff auf unsere Autonomie in den Mittelpunkt stellen.
Im Silicon Valley, dem Zentrum des technologischen Zugriffs auf unser Leben, nennt man die Strategie der unumkehrbaren Veränderung sämtlicher Lebensgewohnheiten „disruptive Innovationen“: „Wir erzeugen Produkte, ohne die man nicht mehr leben kann“. Welche Auswirkungen haben diese Innovationen für das Geschlechterverhältnis, welche für unser Denken und Sprechen? Das gesellschaftliche Bewusstsein für die Konsequenzen dieses tiefgreifenden Wandels, inklusive der Verstärkung von Abhängigkeiten und Ungleichheiten, hinkt so weit hinterher, dass deren technokratische Macher*innen leichtes Spiel haben. Sie brauchen unsere Kritik oder Gegner*innenschaft derzeit kaum zu fürchten. Das wollen wir ändern. Diese Konferenz soll dazu beitragen.
Die Pionier*innen des auf gleichberechtigter Teilhabe ausgerichteten Internets sagen angesichts der Praxis der totalen Erfassung und immer umfangreicherer Lenkungs- und Manipulationsmethoden durch die aktuellen HighTech-Konzerne: „Das Netz ist kaputt“. Wie gehen wir damit um? Weitermachen, das Netz „ein bisschen sicherer“ machen? Oder sind wir in der Lage Alternativen zu erdenken, uns Techniken anzueignen, Techniken zu „hacken“ und sie gegen die beklemmende Totalität des Zugriffs auf unser Leben in Stellung zu bringen. Reicht das oder müssen wir nicht viel mehr die techno-imperiale Ideologie dieser Form der Vernetzung von allem mit allen angreifen, um uns ein Minimum an Autonomie zurück zu erkämpfen?
Die Verweigerung, am digitalen Dauersenden teilzunehmen und unsere Selbstverteidigungsversuche gegen den digitalen Zugriff sind zwar absolut notwendig, aber definitiv nicht ausreichend, um uns langfristig der weitreichenden Fremdbestimmung zu entziehen.
Wir wollen miteinander Möglichkeiten von Gegenwehr diskutieren. Dazu zählt z.B. auch, über eine andere Gesundheitsversorgung nach zu denken und sie um zu setzen.
Wie war es möglich, dass eine Massenbewegung in Indien Facebooks neokolonial bevormundendes Schmalspurinternet Free Basics Anfang diesen Jahres zu Fall bringen konnte? Wie wehren sich diejenigen, die die Hauptlast unseres Smartphone-Hungers in den (Coltan-) Minen zur Gewinnung der seltenen Erden tragen müssen? Gibt es überhaupt minimale Widerstandsnischen in den Produktionsstätten des weltgrößten Elektronikzulieferers Foxconn? Was waren die wirklich selbstermächtigenden Momente bei der Nutzung sozialer Medien in der Arabellion und welchen Anteil an der sich aufheizenden Dynamik hatte die physische Zusammenkunft in den Straßen nach der Abschaltung sämtlicher Kommunikationsnetze durch die wankende Regierung? Welche Chancen haben die Kämpfe gegen Vertreibung in den „Smart Cities“ der Welt?
Dabei wird es ganz automatisch konkret. Über staatliche Repression durch Datenspeicherung und Überwachung hinaus, müssen wir nicht künstlich nach „Anknüpfungspunkten“ suchen, denn der technologische Zugriff reicht tiefer in unser Leben und unsere politischen Auseinandersetzungen hinein, als uns lieb und bewusst ist. So versieht die Bundesnetzagentur seit Oktober 2015 SIM-Karten von Geflüchteten mit einer besonderen Signatur, um sie im Telefonnetz identifizieren zu können.
Facebook und Twitter behindern in Kooperation mit Europol aktiv die Kontaktaufnahme von Flüchtenden mit Fluchthelfer*innen über soziale Medien. In Oberbayern führt die Kreisstadt Altöttingen die Refugee-Card ein, die Geflüchteten nur bestimmte Einkäufe räumlich begrenzt erlaubt – die „smarte“ Form des Lebensmittelgutscheins, deren Guthaben zum Monatsende verfällt.
Und noch ein Beispiel: Die EU-Kommission will langfristig das Bargeld für alle abschaffen und durch elektronische Bezahlsysteme ersetzen (Karten und Smartphone-Apps). Alle Transaktionen und alle Einkäufe wären dann nachvollziehbar.
(Kranken-)Versicherungen wollen Zugriff auf diese Daten haben. Die ersten BigData-Apologeten haben Anfang diesen Jahres die Einführung einer universellen Versichertenkarte zur Speicherung dieser Alltagsdaten vorgeschlagen. Aus unserem Einkaufs- und Fitnessverhalten plus weiterer Informationen über unser Leben soll das Gesundheitsbewusstsein oder vielmehr dass der Bereitschaft zur Selbstoptimierung permanent bemessen werden. Der Versicherungstarif wird dann für jeden kontinuierlich neu kalkuliert. Das ist nicht weniger als die endgültige Abkehr vom Solidargedanken einer Krankenversicherung – ersetzt durch das Prinzip des Individualversagens. So wie wir es von Hartz IV in Ablösung für die Arbeitslosenversicherung kennen.
Wir wollen mit dieser Konferenz anregen, deutlich wacher zu werden und uns nicht länger allein vom verheißungsvollen „Komfort“-Gewinn der smarten Technologien in den Bann ziehen zu lassen. Dabei ist uns bewusst, dass uns die Verhältnisse nicht einfach nur gegenüberstehen, sondern dass wir Teil davon sind und an deren Reproduktion – ob gewollt oder nicht – mitwirken. Im Wissen um unsere Widersprüchlichkeiten im Alltag wollen wir das Verhältnis von Bereicherung und Entmündigung besprechen. Ray Kurzweil, Gott-Azubi und Chef-Ingenieur von Google prognostiziert :„Ende der 2020er werden wir das menschliche Gehirn komplett erforscht haben, was uns ermöglichen wird, nichtbiologische Systeme zu schaffen, welche dem Menschen an Komplexität und Raffinesse in nichts nachstehen – dies schließt auch die emotionale Intelligenz mit ein.“ Dann ist es jetzt Zeit, diese Gott gleichen patriarchalen Männerfantasien anzugreifen, wie es die feministische Bewegung gegen Gen- und Reprotechnologien mit einigem Erfolg in den 80er Jahren getan hat.
Um nicht missverstanden zu werden: Unsere (unterschiedlichen) Vorstellungen von Verweigerung und Widerständigkeit sollten nicht mit puristischer Enthaltsamkeit, totaler digitaler Abstinenz oder Ausstieg aus jeglicher sozialer Vernetzung verwechselt werden. Es geht uns also nicht um den Erhalt einer nostalgischen Sozialität. Die Auswirkungen von Technologien auf Fremdbestimmung und Beherrschbarkeit hingegen interessieren uns sehr wohl! Wir suchen in einer Art praktischer Technologiekritik nach Wegen der Selbstbehauptung. Wir wollen mit dieser Konferenz Selbstvertrauen gewinnen, uns gegen eben diese Fremdbestimmung kollektiv zur Wehr zu setzen.
Beeindruckt hat uns die Praxis von Whistleblowern wie Chelsea Manning, Edward Snowden und Julien Assange – wir fordern ihre Freilassung und die Straflosigkeit aller Hacker und Whisleblower. Der Hacker und politische Aktivist Jeremy Hammond – er sitzt nach einem der bedeutendsten Hacks der letzten Jahre gegen das regierungsnahe Sicherheitsunternehmen Stratfor in den USA aktuell eine zehnjährige Haftstrafe ab – hat folgende Erkenntnis gewonnen:
„(…) Es reicht also nicht, ihre Aktivitäten zu entlarven, wir müssen diese Geheim- und Nachrichtendienste eigenhändig niederreißen, wir müssen die Straßenlaternen zertrümmern wie in der Französischen Revolution. Dazu braucht man kein großer Hacker oder hochrangiger Geheimdienstmitarbeiter mit Zugang zu sensiblen Informationen zu sein, der dann zum Whistleblower wird. Wir müssen uns nur bewusst machen, welche Rolle wir bei der Aufrechterhaltung des Status quo spielen, uns über unsere Fähigkeiten und Möglichkeiten klar werden, herausfinden, was die jeweilige Entsprechung von Snowdens Aktion in unserem eigenen Leben sein könnte, und dann das System zerlegen.“
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