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Anti-Knast Wuppertal

Anti-Knast-Aktion in Wuppertal

Am 7. Mai wurde eine Informationsveranstaltung zum Jugendknastneubau in Wuppertal-Ronsdorf von knapp 20 Aktivist_Innen gestört, um den fadenscheinigen Argumenten der Landesjustitzministerin, des Oberbürgermeisters und des Wuppertaler Polizepräsidenten entgegenzutreten. Ausserdem wurde auf den massive Polizeiterror gegen linke Strukturen seit einiger Zeit in Wuppertal hingewiesen.
Seit einiger Zeit ist es beschlossene Sache, dass am Wuppertaler Stadtrand, in Ronsdorf ein neuer, riesiger Jugendknast gebaut werden soll. Gestern Abend fand dazu eine Bürgerinformationsabend vor der zumeist kritischen Ronsdorfer Bevölkerung statt. Als Redner zugegen waren unter anderem der Wuppertaler Oberbürgermeister Jung, der Wuppertaler Polizeipräsident Werries und die Landesjustizministerin Müller-Piepenkötter. Mit ca. 200 anwesenden Bürger_Innen und verschiedenen Presseteams war der Abend erwartungsgemäß gut besucht.
Der neue Knast ist in der Ronsdorfer Bevölkerung stark umstritten. Allerdings entspringt die meiste Kritik in der Öffentlichkeit der Angst der dort lebenden Menschen um ihre Kinder und Immobilienpreise.
Nach etwa einer halben Stunde stürmten knapp 20 Aktivist_Innen die Veranstaltung mit Transparenten und der der Parole „Nie wieder schwedische Gardinen – Macht die Knäste zu Ruinen!“. Leider konnte eine vorbereitete Rede mit weitergehender Knast- und Justizkritik, sowie eine Darstellung der derzeitigen Bullenrepression nicht gehalten werden, da dem gestürmten Rednerpult kurzerhand der Ton abgedreht wurde.
Während der Aktion wurden Flyer an die Anwesenden verteilt, die sich im ersten Teil mit weitgehender Kritik am Strafsystem und der Praxis Menschen wegzusperren befasste und im zweiten Teil, die von der Presse völlig ignorierten Vorfälle mit der Wuppertal Polizei aufgriff. Hier wurden die Folterungen an In-Gewahrsam-Genommenen in Wuppertal, das völlig unbegründete, äußerst gewalttätige Vorgehen der Wuppertaler Einsatzhundertschaften gegen die 21. autonome 1.Mai-Demo, und die am 3.Mai folgenden Hausdurchsuchungen bei linken Aktivist_Innen dokumentiert, nachdem in der Nacht vom 2. auf den 3.Mai in Wuppertal fünf Bullenwachen entglast und befarbbeutelt wurden.
Nach etwa 5 Minuten zogen sich die Störer_Innen aus dem Raum zurück.
Die Reaktionen der Anwesenden fielen erwartungsgemäß völlig unterschiedlich aus und reichten von ernsthaftem Interesse, und der Aufforderung doch später mit zu diskutieren bis hin zu krasser Ablehnung und faschistoiden Sprüchen.
Ein Video der Aktion wird es vielleicht später noch geben.
Nie wieder Knäste!
Freiheit für alle emanzipatorischen Gefangenen!
…und… 1.Mai – es bleibt dabei!
Flyer:
Polizeiwillkür in Wuppertal
In der Nacht vom 2. auf den 3. Mai gab es zwei Festnahmen in Wuppertal. Es folgten am 3. Mai Hausdurchsuchungen bei den Festgenommenen und einer weiteren Person. Anlass für all dies waren mehrere zerstörte Fensterscheiben an der Polizeiwache Uellendahl.
Begründet wurden die Maßnahmen gegenüber den Festgenommenen lediglich durch ihren Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der Festnahme – die Festnahmen fanden mehrere Kilometer von der Uellendahler Polizeiwache entfernt statt. Aus der Presse jedoch ergibt sich der eigentliche Vorwurf: Nach Meinung der Polizei sind die Festgenommenen “Mitglieder der autonomen Szene“. Anlass für die Repressionen waren also nicht konkrete Vorwürfe, sondern die politische Haltung der Betroffenen.
Eine weitere Person wurde ohne jegliche Begründung plötzlich zur Beschuldigten inklusive Hausdurchsuchung, als sie sich bei der Polizei nach einem der Festgenommenen erkundigte.
Zu den Hausdurchsuchungen in Wuppertal fuhr ein martialisches Aufgebot der Bereitschaftshundertschaft inklusive Kamerawagen vor, welches nicht an den Durchsuchungen beteiligt war, sondern die ganze Strasse besetzte.
Eine Anzeige wegen Freiheitsberaubung ist gestellt. Widersprüche gegen die willkürlichen Festnahmen und Hausdurchsuchungen werden folgen.
Die ist kein Einzelfall. Bereits nach der 1.Mai-Demo 2005 wurde eine Person als Rädelsführer angeklagt ohne dass ihm konkretes Handeln angelastet wurde. Der polizeiliche Staatsschutz und die Staatsanwaltschaft warfen ihm lediglich vor sich schon einen längeren Zeitraum über in einem autonomen Umfeld zu bewegen.
Steine und Farbe trafen in der Nacht zum 3. Mai nicht nur die Uellendahler Polizeiwache, sondern auch die Wachen in Beyenburg, Ronsdorf, Wichlinghausen und Langerfeld.
Zwei Tage zuvor fand, wie traditionell seit 20 Jahren, die autonome 1.Mai-Demo statt. Neu in diesem Jahr: die Polizei tat so, als sei sie der Veranstalter der Demo. Sie wollte den Weg und das Ende der Demonstration bestimmen. Dies ging so weit, 250 Menschen kollektiv einen Platzverweis für die gesamte Innenstadt anzudrohen. Das Herstellen einer Öffentlichkeit für die Anliegen der Teilnehmer_innen sollte durch das Umgehen der Innenstadt und sämtlicher größerer Strassen verhindert werden.
Direkt zu Beginn wählte die Polizei für eine Lautsprecherdurchsage an die Versammlung genau den Moment, als die Teilnehmer_innen mit einem Lied einer kürzlich verstorbenen Genossin gedachten.
Im Verlaufe der Demonstration kam es zu zahlreichen Gewalttätigkeiten seitens der Einsatzhundertschaften. So ging die Polizei (wie schon im vergangenen Jahr) wiederholt mit Schlagstöcke und Pfefferspray gegen die Demonstrant_innen vor, auch wenn von diesen keinerlei Aktivität ausging. Dabei wurde auch gezielt auf die Köpfe eingeschlagen. Folge dessen sind zahlreiche Verletzungen, z.B. Gehirnerschütterungen und zwei ausgeschlagene Zähne. Ebenfalls eingesetzt wurden Hunde und Pferde. Dabei wurden die Tiere so nah an Menschen herangeführt, dass mindestens eine Person durch ein Pferd verletzt wurde. Die Hunde wurden den ganzen Zeitraum über ohne Maulkörbe mitgeführt und unter anderem über einen belebten Kinderspielplatz geführt.
Nachdem im letzten Jahr eine Person fast von einem Motorradbeamten überfahren wurde, setzte in diesem Jahr die Hundestaffel diese brutale Praxis fort.
Neben dieser körperlichen Gewalt war die Praxis der Polizei geprägt von Freiheitsberaubungen, so war es nicht oder nur gegen Personalienabgabe möglich die Demonstration zu verlassen. Auch das nachfolgende Fest auf dem Schusterplatz war von Polizeisperren umgeben und konnte ebenso nicht oder nur nach Personalienkontrollen und Durchsuchungen verlassen werden.
Nachdem es am 1.Mai wieder einmal zu massiver Gewalt seitens der Polizei gekommen ist und zahlreiche Körperverletzungen durch Polizist_innen straflos begangen werden konnten, verstehen wir die Angriffe auf die Polizeiwachen als Ausdruck der Wut über diese Übergriffe und die herrschenden Verhältnisse.
Polizeigewalt findet in Wuppertal (und nicht nur dort) jedoch nicht nur am 1.Mai statt. In den letzten Monaten gab es einige bekannt gewordene und sicher zahlreiche unbekannt gebliebene Vorfälle von Schikanierungen, Beleidigungen und körperlicher Gewalt der Polizei gegen Randgruppen wie Punks, Migrant_innen, Obdachlose etc.
So wurde z.B. in Remscheid ein Mensch auf der Polizeiwache als „schwarzer Teufel“ und „Nigger“ von Beamt_innen beschimpft und geschlagen. Bei der Festnahme von jungen Menschen in Wuppertal wurde eine Person mehrfach mit dem Kopf gegen eine Hauswand gestoßen und nachdem er gefesselt wurde ins Gesicht geschlagen. Eine andere Person wurde nachts von mehreren Polizist_innen in der Zelle aufgesucht und dort eingeschüchtert, schikaniert und geschlagen. Dazu passt die Drohung eines Polizisten gegen über einem am 1.Mai Festgenommenen: „Jungs, ich bin jetzt gut drauf, lasst mich ruhig alleine, mit dem werde ich schon fertig!“ Jugendliche mit Migrationshintergrund berichteten mehrfach von rassistischen und homophoben Äußerungen von Polizist_innen ihnen gegenüber.
Keine Bereitschaftspolizei an der Parkstrasse und auch nicht anderswo!
Stopp aller Justizwillkür und politischen Verfolgung emanzipatorischer Bewegungen!
Berufsverbote für Richter, die willig alle Durchsuchungsanordnungen unterschreiben, die ihnen vorgelegt werden!
Auflösung der rassistischen, homophoben, sexistischen, antisemitischen und gewaltverherrlichenden Gruppierung „Deutsche Polizei“!
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Ein neuer Knast in Wuppertal?
Ist es verantwortbar den Neubau der JVA Ronsdorf abzulehnen, angesichts der seit Jahren bestehenden Überbelegung aller Knäste und der damit einhergehenden beengten Unterbringung der Gefangenen?
Ja! Ein Knastneubau bedeutet nicht bessere Haftbedingungen, sondern in kürzester Zeit nur einen weiteren überfüllten Knast. Ein Knastneubau hat auch unter den real gegebenen heutigen Bedingungen nichts mit Notwendigkeit zu tun. Die polizeilich registrierte Kriminalität stagniert seit Mitte der 90ziger, wobei die Anzahl der schweren Gewaltdelikte sogar rückläufig ist. In derselben Zeit ist jedoch die Anzahl der Gefangenen kontinuierlich gestiegen. Allein dies zeigt schon, dass es sinnvollere Wege zur Abschaffung der Überbelegung gibt, als einen Knastneubau.
Entstanden sind die Knäste aus den Arbeitshäusern des 16./17. Jhds. In diese wurden alle unproduktiven und den gesellschaftlichen Normen abweichenden Menschen gesperrt, sog. Kleinkriminelle, genauso wie Landstreicher, Prostituierte, Bettler,… Diese Herkunft ist immer noch sichtbar. Auch heute ist Zwangsarbeit mit Löhnen von unter 10 € pro Tag und Disziplinarstrafen bei Verweigerung Teil der Haftstrafe. Und das Vollzugsziel aus einem Menschen mit sog. abweichendem Verhalten eine_n disziplinierte/n Arbeiter_in zu machen, versteckt sich heute hinter dem netten Wort „Resozialisierung“. Und noch immer hängt die Verhängung einer Haftstrafe stark von der sozialen Schicht und des Habitus1 des Angeklagten ab.
„Klar.“, mag da wohl so manche_r einwenden, „Berechtigte Kritik an den Haftbedingungen gibt es sicherlich.“ Aber deswegen direkt Knäste an sich kritisieren? Die sind doch leider nötig, um uns alle vor Gewalttätern zu schützen. Doch entgegen der öffentlichen Meinung und der Mediendarstellung sind deutsche Knäste nicht voll mit Mördern und Vergewaltigern. 2/3 der dort Einsitzenden sind wegen Eigentums- bzw. Vermögensdelikten verurteilt. Selbst unter den sog. Sicherungsverwarten, d.h. Menschen, die wegen Wiederholungsgefahr auch nach Absitzen der Haftstrafe weggesperrt werden, befinden sich nicht nur Menschen, die wegen sexueller Gewalt oder Mord einsitzen. Mit diesen Täter_innen wurde die wiederholte Ausweitung der Sicherungsverwahrung zwar begründet, treffen tut sie aber auch eine angenommene Wiederholungsgefahr von Betrug, Diebstahl und Bankraub.
Des weiteren steigt die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls je härter die verhängte Strafe ist. Menschen die Einstellungen oder Bewährung bekommen, werden viel seltener erneut straffällig, als solche die eingesperrt wurden, wie selbst eine Studie des Bundesjustizministeriums2 zeigt.
Sicherlich darf nicht jede Missachtung der herrschenden Eigentums- und Ressourcenverteilung als positiver Akt gegen die Gesellschaftsordnung verklärt werden. Und es darf auch nicht vergessen werden, dass Taten, die sich nicht hauptsächlich gegen die körperliche Integrität des Opfers richten, trotzdem traumatische Folgen für das Opfer haben können. Doch findet Kriminalität nicht im luftleeren Raum statt, sondern innerhalb der Gesellschaft, die die Menschen die in ihr leben prägt. Kriminalität, welche ein übertreten gesellschaftlicher Normen darstellt, wird nicht mehr als Ausdruck eines Konfliktes in der Gesellschaft, und damit als gesellschaftliches Problem gesehen, sondern statt dessen wird die Norm absolut gesetzt und der Konflikt als individuelles Problem abgetan.
Auch darf die Konstruktion von Kriminalität nicht aus dem Blick geraten. Was kriminell ist und was nicht, ist nicht naturgegeben, sondern politisch und gesellschaftlich bestimmt. Zu einer Betrachtung der Knäste gehört also auch die Frage, was ist eigentlich strafbar? Und Warum? Warum ist Autofahren erlaubt und Haschischverkauf nicht? Obwohl nur die erstere Handlung jährlich über 5000 Tote und über 40.000 Verletzte in Deutschland zur Folge hat.
Es gäbe noch eine Menge zu sagen über Knäste. Darüber, dass selbst Menschen, die so gesellschaftskonform denken, dass sie es zur/m Richter_in am Bundesverfassungsgericht geschafft haben, die Zustände in den deutschen Knästen schon mehrfach als Verstoß gegen die Menschenwürde bezeichnet haben. Dass selbst Jurist_innen nicht begründen, können warum Menschen eingesperrt werden müssen. Und das es im hier und jetzt häufig schwierig ist sich eine Gesellschaft ohne Knäste vorzustellen.
Denn Knäste sind Teil des Problems – nicht der Lösung
Für eine Gesellschaft ohne Knäste
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