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(Anti-)Repression Antikapitalismus & Globalisierung

G8 – Grundrechte mit Füßen getreten

Grundrechte mit Füßen getreten
Dem Legal Team/Anwaltlicher Notdienst gelangten in der Zeit vom 2. Juni bis 7. Juni 1.136 Freiheitsentziehungen in Form von Verhaftungen und Ingewahrsamnahmen zur Kenntnis. Überwiegend handelte es sich dabei um Ingewahrsamnahmen auf Grundlage des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes von Mecklenburg-Vorpommern. Zum Teil dauerte dieser administrative Freiheitsentzug bis zu sechs Tage. Hunderte von Platzverweisen wurden während der Proteste gegen den G8-Gipfel gegen GlobalisierungskritikerInnen ausgesprochen.
Acht Schnellverfahren fanden in den letzten Tagen wegen der Ereignisse bei der
großen Anti-G8-Demonstration am 2. Juni statt. Dabei wurden Haftstrafen
zwischen sechs Monaten mit Bewährung und zehn Monaten ohne Bewährung verhängt.
Den Angeklagten war schwerer Landfriedensbruch in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung oder versuchter gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen
worden. Die meisten Beschuldigten hatten die Vorwürfe bestritten, sich wegen
der entwürdigenden Haftbedingungen jedoch auf die Schnellverfahren eingelassen.
Da Schnellverfahren ohne hinreichende Beweiserhebung stattfinden, erfolgten die
Verurteilungen zum Teil auf Grundlagen lückenhafter, zum Teil schriftlicher
Aussagen.
Keinem der Angeklagten war die Vermummung oder das Agieren aus dem sogenannten
Schwarzen Block vorgeworfen worden. Vor diesem Hintergrund drängt sich der
Eindruck auf, dass die Schnellverfahren vor allem ein symbolischer Akt waren:
Einmal zur Abschreckung der Protestierenden, dann aber auch in Richtung
Öffentlichkeit. Wenn die Verurteilten in einigen Monaten in Berufungsverfahren
freigesprochen werden, wird sich kein Mensch mehr dafür interessieren. Derzeit
sind die Urteile nicht rechtskräftig und die Betroffenen auf freiem Fuß.
Das Legal Team/Anwaltlicher Notdienst ist erschrocken, in welchem Ausmaß
während der Proteste gegen den G8-Gipfel seine Arbeit behindert,
rechtsstaatliche Grundsätze unterminiert und Menschen- und Grundrechte verletzt
wurden. „Als wir den Anwaltlichen Notdienst geplant haben, befürchten wir
bereits, dass es schlimm werden würde, aber es hat sich herausgestellt, dass es
noch schlimmer wurde“, resümiert RAV-Vorstandsmitglied Michael A. Hofmann.
Erschrocken zeigt sich das Legal Team/Anwaltlicher Notdienst über die exzessive
Desinformationspolitik der BAO Kavala, die offenbar der Stimmungsmache diente.
Angefangen mit der Veröffentlichung übertriebener Zahlen von verletzten
Beamten, über ganz offensichtliche Lügen, wie z.B. dass Clowns Giftflüssigkeit
versprüht hätten oder falschen Angaben über Gewalttaten bei Demonstrationen.
Erschrocken sind wir über das Ausmaß der Behinderung unserer Tätigkeit durch
die BAO Kavala. Nicht nur wurde uns der Zugang zu den Betroffenen erheblich
erschwert, auch wurden Anwälte auf Demonstrationen massiv beleidigt, gestoßen
und geschlagen.
Erschrocken sind wir über die hohe Zahl offensichtlicher Fälle von
Polizeibrutalität bei Festnahmen – teilweise waren unsere Mandanten noch grün
und blau im Gesicht von Schlägen, die sei bei der Festnahme erhalten hatten.
Dies veranlasste bei den Gerichtsverfahren die Richter zu besorgten Nachfragen.
Erschrocken sind wir über die exzessive Anwendung der Ingewahrsamnahme. Nach
ersten Schätzung erfolgte sie in 95 Prozent der Fälle rechtswidrig und wurde
richterlich aufgehoben. Erschrocken sind wir über die Behandlung der
Ingewahrsahmgenommenen; angefangen von der Unterbringung in käfigartigen Zellen
bis hin zur massenhaften Verschleppung von richterlich angeordneten
Entlassungen durch die BAO Kavala. Der RAV behält sich insofern vor,
Strafanzeige wegen Freiheitsentziehung im Amt in mehren Fällen zu erstatten, in
denen Personen trotz richterlicher Anordnungen erst mit Verzögerungen bis zu
sechs Stunden aus dem Gewahrsam entlassen wurden.
„Es lässt sich resümieren, dass die Grundrechte während der Tage des Protestes
seitens der Polizei und Teilen der Justiz mit Füßen getreten würden“, so
Rechtsanwältin Anni Pus vom Legal Team. Die Art und Weise, in der sich die
Polizei in den vergangenen Tagen sogar über richterliche Anordnungen
hinweggesetzt hat, zeigt beispielhaft, dass hier ein Polizeiapparat bewiesen
hat, wie er exzessiv Freiheits- und Grundrechte abbauen kann.