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Nie wieder Gebirgsjäger in Mittenwald! Aufruf 2008

Nie wieder Gebirgsjäger in Mittenwald!
„Berg frei!“ werden wir am 3. und 4. Mai 2008 wieder alten und jungen Gebirgsjägern in Mittenwald entgegen rufen. „Berg frei!“ ist nicht als Gruß unter Wanderern gemeint, es heißt kurz und schlicht: „Haut ab! Nie wieder Gebirgsjäger in Mittenwald!“ Über 50 Jahre lang treffen sich jährlich zu Pfingsten einige tausend aktive und ehemalige Gebirgsjäger aus Bundeswehr und Wehrmacht. Dieses Jahr ist alles etwas anders, denn der Kameradenkreis musste das Gebirgstreffen auf Anfang Mai verlegen. Aufgrund der Proteste gegen die Mörder unterm Hakenkreuz blieben zu Pfingsten die Touristen im oberbayerischen Mittenwald aus.
Wir rufen auch in diesem Jahr wieder zu Protesten gegen das Traditionstreffen in Mittenwald auf. Kommt am 3. und 4. Mai 2008 und „Geben wir ihnen den Rest! Nie wieder Gebirgsjäger in Mittenwald!“ Das Treffen des Kameradenkreises der Gebirgsjäger in Oberbayern ist das größte Soldatentreffen Deutschlands. Neben Abordnungen der Bundeswehr nehmen an dem Traditionstreffen auch revisionistische und faschistische Organisationen teil, u.a. die Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger.
Die Gebirgsjäger gedenken all derer, die sie als „Opfer“ stilisieren, unter Anderem Angehörige der Wehrmacht oder der Mussolini treuen „Divisione Monterosa“, aber auch in Afghanistan gestorbener Bundeswehrsoldaten.
Mit von der Partie ist auch die bayerische Politprominenz. Im vergangenen Jahr hielt der parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt, selbst Mitglied der CSU und des „Kameradenkreises der Gebirgsjäger“, die Festrede zum fünfzigsten Jubiläum des Kriegsdenkmals auf dem Hohen Brendten. 2008 wird voraussichtlich Minister Jung in Mittenwald erwartet. Unter den Gästen des Kameradenkreises tummeln sich stets zahlreiche Kriegsverbrecher, z.B. aus der 1. Gebirgsdivision, die für die Wehrmachtsmassaker in Kommeno und Kephallonia verantwortlich waren. Doch für den Kameradenkreis der Gebirgstruppe wird die Luft auf dem Hohen Brendten immer dünner, nicht nur weil die Wehrmachtsangehörigen wegsterben. Im November 2007 eröffnete der römische Militärstaatsanwalt Antonio Intelisano ein Ermittlungsverfahren wegen des Wehrmachtsmassakers 1943 an Tausenden italienischen Offizieren und Soldaten der italienischen Division „Acqui“ auf der griechischen Insel Kephallonia. Ein Teilnehmer des Kameradentreffens, Josef Scheungraber, wurde 2006 vom Militärgericht in La Spezia in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt.
Aktuell hat die Staatsanwaltschaft München I Anklage wegen Mordes gegen den in Ottobrunn bei München lebenden 89-jährigen Scheungraber erhoben. Als Befehlshaber war er für die grausame Ermordung von 14 Menschen im Juni 1944 in dem toskanischen Dorf Falzano di Cortona (bei Arezzo) verantwortlich. Seine Einheit hatte als „Vergeltung“ gegen Partisanenangriffe 15 Zivilisten in ein Bauerhaus gesperrt und es gesprengt. Alle im Haus bis auf einen 15-jährigen Jungen starben. Auch in diesem Jahr wird so manches „Lebenslang“ gegen Angehörige des Kameradenkreises wegen in Italien verübter Kriegsverbrechen gefällt. Trotzdem können die Mörder unterm Edelweiß in ihren Betten sterben, schließlich wurde bis heute kein Gebirgsjäger von einem deutschen Gericht verurteilt.
Der von den Deutschen geführte Krieg zur Zeit des Nationalsozialismus war ein Vernichtungskrieg – gerade in Osteuropa. Deshalb ist er mit keinem anderen Krieg zu vergleichen. Trotzdem ist Krieg ohne Mord, Vergewaltigung und Raub nicht zu denken. Im Oktober 2006 wurde öffentlich bekannt, dass Gebirgsjäger aus Mittenwald in Afghanistan mit Totenschädeln posierten. Sie gehören zur Elitetruppe der Bundeswehr, die seit Mitte der 1990er Jahre an Auslandseinsätzen beteiligt ist. Als Bestandteil der Krisenreaktionskräfte und des Kommandos Spezialkräfte werden sie in der EU-Interventionstruppe eingesetzt. Die Totenschändung geht einher mit den hinreichend bekannten Formen von sexualisierter Gewalt, die wir aus zahlreichen Kriegen kennen. Sexualisierte Gewalt gedeiht erst recht in patriarchalen Strukturen. Auch diese Art der Gebirgsjäger-Traditionspflege gehört zu Mittenwald, dem „Standort der Totenschänder.“
Seit unserer ersten Intervention in Mittenwald 2002 ist das politische und öffentliche Interesse an der Bestrafung von NS-Kriegsverbrechern und der Verhinderung von Veteranenveranstaltung von Wehrmacht und Waffen-SS stark gewachsen. Im vergangnen Jahr gab es an zahlreichen Orten im In- und Ausland Proteste gegen NS-Mörder und ihre Veranstaltungen. Im Dezember vergangenen Jahres protestierten antifaschistische Initiativen aus dem gesamten Bundesgebiet und aus Österreich in elf deutschen Städten und in Hopfgarten/Österreich gegen NS-Kriegsverbrecher, die u. a. an Massakern an der italienischen Zivilbevölkerung in Marzabotto, Sant?Anna di Stazzema und Civitella im Sommer und Herbst 1944 beteiligt waren und in Italien verurteilt wurden. In Mittenwald werden wir wieder dagegen protestieren, dass die Soldaten des NS-Vernichtungskrieges ihre Tradition ungestört an die Soldaten der Bundeswehr weitergeben können. Wir werden es nicht dulden, dass deutsche Soldaten zu ?Opfern“ umgelogen werden sollen – weder in Mittenwald, noch in Bad Reichenhall, noch sonst wo. Das Militär hat keine Zukunft, es ist Garant einer Gegenwart, die jeder emanzipatorischen Politik entgegensteht.
Mord verjährt nicht – Verurteilung der Kriegsverbrecher – Entschädigung aller NS-Opfer! – Bundeswehr – wegtreten! Für Entnazifizierung und Entmilitarisierung Mittenwalds!
Geben wir ihnen den Rest! Nie wieder Gebirgsjäger in Mittenwald!
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