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Köln: Wieder Wirbel ums Autonome Zentrum

Derzeit zeichnet sich für 2012 eine erneute Auseinandersetzung um das Autonome Zentrum in der Wiersbergstraße in Köln-Kalk ab. Diesmal taktieren CDU, SPD und Grüne hinter verschlossenen Türen, darüber die Sparkasse KölnBonn noch vor dem Kauf des Gebäudes durch die Stadt zu einer Kündigung des Autonomen Zentrums zu „überreden“. Das Autonome Zentrum lädt alle Unterstützer_innen am Samstag (4.2.) zu einer AZ-Vollversammlung, um die aktuelle Situation und mögliche (Re-)Aktionen zu diskutieren.
Die Stadt Köln und die Ratsfraktionen im Stadtrat beschäftigen sich mittlerweile intensiv mit dem baldigen Kauf der Immobilien der Sparkasse KölnBonn, zu denen auch das AZ gehört. Die Gesamtsumme, um die es dabei geht, liegt bei ca. 170 Millionen Euro. Der Verkauf an die Stadt wird nötig, weil die EU zuvor die jahrzehntelange kölsche Praxis kritisiert hat, dass außerhalb parlamentarischer Kontrolle über die Sparkasse Stadtentwicklungspolitik betrieben wurde.
Im vergangenen Hauptausschuss des Stadtrats stellte die CDU-Fraktion im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung hinter verschlossenen Türen per Tischvorlage (also ohne dass dies vorher in der Tagesordnung angekündigt war) den Antrag, dass der Vertrag mit dem Autonomen Zentrum vor dem Kauf der Immobilien durch die Stadt zu kündigen sei. Ursprünglich wollten sie sogar eine Räumung des AZ zur Bedingung machen. Damit fordert die CDU nun nicht-öffentlich genau das gleiche, was Pro Köln zuvor in einer Sitzung der Bezirksversammlung in Kalk forderte und was dort von allen anderen Fraktionen öffentlich abgelehnt wurde.
Doch anscheinend schwenkt nicht nur die CDU auf den Kurs von Pro Köln ein, sondern auch die anderen Fraktionen im Hauptausschuss, insbesondere SPD und Grüne, verzichteten darauf dem Antrag zu widersprechen.
Grüne gegen das AZ?
Überraschend ist hierbei zunächst das Verhalten der Grünen, die sich bisher als Unterstützer_innen des AZ zeigten. So deutet ihr Verhalten darauf hin, dass sie das AZ evtl. bereits in irgendeinem politischen Klüngel mit ihrem Koalitionspartner SPD eingetauscht haben. Andere Gründe für einen möglichen Meinungsumschwung sind bisher nicht ersichtlich. Eine öffentliche Positionierung aller Parteien wird es wohl spätestens in der Ratssitzung am 14. Februar geben. Eine erneute Thematisierung steht bereits am Donnerstag 26. Januar in der Bezirksvertretung Kalk auf der Tagesordnung.
Die SPD gegen die „beteiligten“ Bürger_innen
Was das Verhalten der SPD bezüglich des AZ angeht, überrascht nichts mehr. Während sie in der Vergangenheit immer wieder widersprüchliche Aussagen tätigte, hatte sie zuletzt auf Bezirksebene in Kalk – gemeinsam mit der CDU – für einen Abriss des AZ im Rahmen eines längerfristigen Bebauungsplanes gestimmt. Als bauplanerischer Vorwand dafür fiel der SPD lediglich ein, dass ein ebenfalls geplanter Grünstreifen ansonsten zu klein ausfallen würde.
Dies sahen selbst die ca. 200 Besucher_innen einer „Bürgerversammlung“ zu dem geplanten Bebauungsplan Anfang Dezember 2011 anders. Dort erhielt ein von dem AZ präsentierter alternativer Verlauf des Grünstreifens entlang des AZ sehr viel Zuspruch, während es keinerlei Forderung gab, dass das AZ abgerissen werde solle. Auch im Zusammenhang mit den vielen anderen Interessen (u.a. Ausbau der benachbarten Schule und der Abenteuerhalle, sowie des Fabrikgeländes) gibt es keinerlei Konflikte mit dem Fortbestehen des AZ. Die klare Forderung der anwesenden Bürger_innen lautete, dass das AZ bleiben solle. Selbst zwei kritische Stimmen kritisierten zwar den gewählten Weg einer Besetzung, aber auch sie forderten nicht den Abriss des Gebäudes.Wenn SPD und Grüne ihre eigenen Bürger_innenbeteiligungsverfahren ernst nehmen würden, so müssten sie auch auf ein eindeutiges Votum im Rahmen des sogenannten „Bürgerhaushalts“ der Stadt Köln eingehen, bei dem die Forderung das AZ zu erhalten mit 480 Stimmen und nur 42 Gegenstimmen zum Topthema im Bereich Kultur wurde. Dies bedeute zudem – so argumentierten die Antragsteller_innen – enorme Einsparungen der Kosten die eine Räumung und der Abriss mit sich bringen würden. Für das Fortbestehen des AZ würde die Stadt ja nach wie vor keinen Cent zahlen. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Stadt bzw. Rot-Grün sich derzeit weigert selbst einen Anteil von lediglich 30% bei zugesagter Restfinanzierung durch das Land für ein dringend benötigtes drittes Frauenhaus beizusteuern, stellt sich die Frage warum ihr Abriss und Räumung einer Kulturstätte mehrere hundert tausend Euro Wert sein sollten?
Doch das Politiker_innen, in diesem Fall von SPD und Grünen, sich weder Argumenten, noch ihren eigenen Aussagen in der Vergangenheit, noch ihren eigenen Bürger_innen-Beteiligungsverfahren gegenüber verpflichtet fühlen, ist prinzipiell keine Überraschung. Pro Köln feiert entsprechend ihren angeblichen Erfolg mit einem Beitrag auf ihrer Website unter dem Titel: „Anhaltender PRO-KÖLN-Druck zeigt Wirkung: Tage des linksautonomen Zentrums vielleicht bald gezählt“.
Macht Euch bereit, für erneute Auseinandersetzungen um die Zukunft des AZ in den nächsten Monaten. Um alles weitere gemeinsam zu besprechen lädt das AZ zu einer Vollversammlung am Samstag 4. Februar um 15 Uhr is Autonome Zentrum.
Aktuelle Infos und Termine findet ihr wie immer auf der AZ-Website: http://unsersquat.blogsport.eu
Pressemitteilung des Autonomen Zentrums Köln zur “Kulturförderung mit der Abrissbirne”
Das Autonome Zentrum Köln soll nach Angaben des Stadtplanungsamts ”weggeplant” werden [1]. Somit ist die gewollte Zerstörung des AZ der ”politische Auftrag” von CDU, SPD und Pro Köln und die Kölner Politik ignoriert wieder einmal ihre eigenen, auf Teilhabe geschönten Verfahren zur Bürger_innen Beteiligung. Dass der Erhalt des Autonome Zentrums in Kalk auf Platz 1 der Kulturvorschläge des letzten Bürger_innen Haushalts landete [2], war keine Überraschung, genauso wie die zu erwartende Planlosigkeit des Kulturausschusses, der sich Aufgrund von “laufenden Verhandlungen mit der Sparkasse” nicht in der Lage sieht, die alte Kantine konsequenterweise zur weiteren Nutzung als AZ zu befürworten [3].
Wir möchten dem Kulturausschuss etwas auf die Spünge helfen und Stimmen von Kölner Politiker_innen einholen, die bereit sind uns zu erklären, was gegen selbstverwaltete Kunst, Kultur und Politik in Köln spricht und die den Abriss des AZ als ädequate Alternative propagieren.
Am Sonntag den 29.01 wollten wir uns spontan und unangekündigt mit OB Rothers treffen, der als Ehrenvorsitzender des Sommerblut Kulturfestivals für alternative Kultur [4] eine Rede zu dessen 11 jährigen Bestehen halten sollte. (Rothers, bekannt als grosser Befürworter von Kultur, spricht sich dafür aus, dass sich an Kunst und Kultur “Meinungen reiben muessen”.) Das geplante Gesprächsthema ”Kulturförderung mit der Abrissbirne” fiel leider aus, da OB Rothers absagte.
Das kam uns nur zu Gute, denn so konnten wir mit Menschen des Sommerblut Festivals über Möglichkeiten der Integration des AZ als einen der Veranstaltungsorte für das nächste Festival Mitte Mai sprechen, oder mit Pfarrer Hans Mörtter, der ganz richtig erkannte: “das hat ja schon einen Grund, dass ihr in Kalk seid”. Andrea Asch, Mitglied der Grünen im Landtag, kündigte an das Thema AZ auf Landesebene anzusprechen. Im Allgemeinen empfing das AZ viel Zuspruch durch die anwesenden Gäste und erhielt mehrere Unterstützungsangebote, die in den nächsten Wochen konkret ausgearbeitet werden sollen.
Demnächst setzen wir unsere Reihe “Selbstorganisierte Kunst, Kultur und Politik in Köln wegplanen” mit weiteren politischen Verantwortlichen der Stadt fort.
Kein Tag ohne Autonomes Zentrum Köln
[1] “Ende der Entspannung”, in der aktuellen Februar 2012 Ausgabe der Stadt Revue
[2] “Kein Abriss des AZ Köln – Alternative Kultur erhalten”, Bürger_innen Haushalt 2012,
https://buergerhaushalt.stadt-koeln.de/2012/inhalt/bestenliste-vorschlaege-kultur
[3] Protokoll Kulturausschuss Januar 2012, Anlage 1,
http://ratsinformation.stadt-koeln.de/vo0050.asp?__kvonr=32116&voselect=8718
[4] Sommerblut Festival

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