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Antifaschismus Wuppertal

Vor 20 Jahren – Neonazis ermorden Karl-Hans Rohn

Rostock, Mölln, Silvio Meier, Solingen…
Rassismus und Antisemitismus tötet!

Wir erinnern an Karl-Hans Rohn ✝12.11.1992
Nahezu flächendeckend wird das wiedervereinigte Deutschland nach 1990 von Pogromen und nationalen Gewaltexzessen erschüttert; jede*r der*die nicht in das Weltbild der Neonazis passt gerät ins Visier und wird um Leib und Leben bedroht. Hoyerswerda, Mölln und Solingen sind die Symbole für diese Jahre des ungezügelten Neonaziterrors. Über 180 Menschen wurden nach der Wiedervereinigung von Neonazis in Deutschland ermordet. Karl-Hans Rohn war einer von ihnen. Er ist in Wuppertal fast vergessen – es gibt kein Erinnerungszeichen, nichts erinnert an das erste Wuppertaler Neonaziopfer seit dem 2. Weltkrieg.
Was genau sich in der Nacht vom 12. auf den 13.11.1992 in der kleinen Kneipe „Laternchen“ zugetragen hat, ist nicht in Gänze geklärt. Aussagen zum Tathergang gibt es nur von den faschistischen Tätern. So betrat Karl-Hans Rohn (53) am Abend des 12.11.1992 die schlecht besuchte Kneipe am Hohenstein in Wuppertal Unterbarmen / Loh und nahm am Tresen Platz, wo auch seine späteren Mörder saßen.
Andreas Wember (26) und Michael Senf (19), beide in der Nationalistischen Front (NF) organisiert, treten als Skinheads martialisch auf und machen auch keinen Hehl aus ihrem Menschenbild, in ihrer Umgebung fühlen sie sich sicher und erfahren viel Anerkennung und wenig Gegenwind. Die drei Männer trinken gemeinsam große Mengen an Alkohol, die Stimmung scheint ausgelassen in der nun leeren Kneipe. Neben den Männern am Tresen ist nur der Wirt, Marian Glensk (32), anwesend. Die Aussagen zu den folgenden Stunden sind z.T. recht widersprüchlich. Unumstritten ist, dass Rohn mehrfach mit antisemitischen Beleidigungen und „Späßen“ traktiert wurde, da angenommen wurde er sei Jude. Laut Staatsanwaltschaft habe der Wirt die beiden jüngeren Männer immer wieder angestachelt und ermutigt Rohn auch körperlich zu attackieren. Durch sich gegenseitiges aufputschen, gebündelt mit Gewaltfantasien und von einem gnadenlosen Welt- und Menschenbild geleitet, stürzt sich der bullige Wember auf Rohn und schlägt ihn vom Barhocker. Der nun am Boden liegende Rohn wird nach diesem ersten Schlag, von zwei Seiten mit Springerstiefeln getreten bis er sich kaum rührt. Unter „…Juden müssen brennen!“ Rufe von Marian Glensk überschütten sie Rohn mit hochprozentigem Schnaps und zünden ihn an.
Aufgrund der Rauchentwicklung löschen die drei das Feuer bevor Rohn stirbt, jedoch war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass es für den alleinstehenden Mann keine Rettung mehr geben würde. Die beiden NF`ler schlagen vor, Rohn ins benachbarte Venlo zu schaffen und sich dort dem Sterbenden zu „entledigen“. Marian Glensk lässt sich überreden sein Fahrzeug dafür zu nutzen und das Trio fährt mit Rohn nach Holland, wo sie ihn an einer Autobahn aus dem Wagen werfen, ob Rohn zu diesem Zeitpunkt noch lebt bleibt unklar. Wenn ja wäre dies eher Zufall als ein Teil des tödlichen Plans. Mit welcher Brutalität die Mörder vorgegangen sind lässt sich im Obduktionsbefund erahnen; „…dem Opfer wurden nahezu alle Rippen gebrochen und Verbrennungen zweiten Grades zugeführt….“. Der Leichnam wird am nächsten Tag gefunden und über die Reifenspuren sind die Mörder auch recht schnell ermittelt.
Der antisemitische Mord an Karl-Hans Rohn in Wuppertal sorgt weltweit für Schlagzeilen. Nur die Wuppertaler Polizei und Staatsanwaltschaft üben sich in Ignoranz und wollen die internationale Öffentlichkeit beschwichtigen. Für die Wuppertaler Polizei ist die Tat eine „Kneipenschlägerei mit dramatischen Folge.“ Oberstaatsanwalt Rosenbaum wollte die internationale Öffentlichkeit mit der Feststellung beruhigen, dass Karl-Hans Rohn ja kein Jude sei. Er habe eine katholische Mutter und einen evangelischen Vater und sei in der Jüdischen Gemeinde in Wuppertal nicht bekannt.
Erst viele Monate später beim Prozess erkannten die Richter den neonazistischen und antisemitischen Hintergrund der Tat an. In der Urteilsbegründung hieß es u.a.: Die Täter seien „so mit rechtsradikalem Gedankengut vollgesaugt, dass sie in einem entscheidenden Moment nach rechtsradikalem Muster handelten.“ Andreas Wember und Michael Senf werden als Haupttäter zu 14 bzw. 8 Jahren (Jugendstrafrecht), und Marian Glensk zu 10 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Nichts und niemand ist vergessen!