Abschottung ist keine Alternative
Nachdem Deutschlands rassistischer Mob seit geraumer Zeit wieder an Sichtbarkeit gewinnt und die Sagbarkeitsgrenzen immer weiter nach rechts verschoben werden, biedert sich die Politik erneut den rassistischen Forderungen an.
Anstatt die Probleme an ihrer sozialen Wurzel zu fassen oder die viel zitierten Fluchtgründe zu bekämpfen, wird die Rhetorik der AfD übernommen und in rassistische Gesetze gegossen. So kündigte Innenminister de Maizière an, die Zahl der Abschiebungen in diesem Jahr verdoppeln zu wollen. Insbesondere sollen die Duldungsgründe von bereits lange hier lebenden Menschen neu geprüft und gegebenenfalls für nichtig erklärt werden. Dies wird zu einer großen Zahl von Abschiebungen in den Westbalkan führen. Zudem will der Bundesrat in den nächsten Wochen darüber abstimmen, ob die Liste der “sicheren Herkunftsstaaten” um die Maghreb-Staaten Algerien, Tunesien und Marokko erweitert wird. Es ist zu befürchten, dass dieser Antrag von SPD und CDU mit Hilfe der Stimmen von FDP und Grünen angenommen wird. Dieses humanitäre Armutszeugnis Deutschlands reiht sich damit in eine Liste von Asylrechtsverschärfungen ein, die bereits in den 1990er Jahren mit der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl ihren Anfang nahm.
Es gibt keine sicheren Herkunftsstaaten
Die Debatte um die sicheren Herkunftsländer orientiert sich nicht an dem Schutzbedarf asylsuchender Menschen, sondern lediglich an der Beschleunigung des Abschiebeprozesses und einer vereinfachten Regulierung und Kontrolle der nationalstaatlichen Grenzen. Die Maghreb-Staaten sind keinesfalls sicher. Es gibt kaum bis keinen Schutz vor sexueller Gewalt, Homosexualität wird strafrechtlich verfolgt und das Marokkanische Königshaus geht gewaltsam gegen die Demokratiebewegung vor. Die junge tunesische Demokratie wird nicht nur durch Islamisten sondern zusätzlich durch europäische Länder destabilisiert, indem wichtige Investitionen abgezogen werden und somit die Arbeitslosigkeit drastisch steigt. Auch die in den letzten zwei Jahren zu “sicheren Herkunftsstaaten” erklärten Westbalkan-Staaten sind nicht sicher. Roma und andere Minderheiten werden dort systematisch diskriminiert und von der Gesellschaft ausgeschlossen. Sie haben weder die Möglichkeit einer normalen Arbeit nachzugehen noch die Schule zu besuchen. Die Diskreditierung als “Wirtschaftsflüchtlinge” verleugnet, dass Armut existenzbedrohend ist und verschweigt die grundsätzliche Gewalt einer auf Konkurrenz basierenden Gesellschaft. Jeder Mensch sollte das Recht haben dort seine Existenz aufzubauen, wo ihm der Ort ein gutes Leben zu ermöglichen scheint. Ungeachtet dem Zufall der Geburtsnation.
Willkommenskultur vs. Wirtschaftliche Abschottung
Nachdem im „Willkommenssommer“ das unausweichliche Eintreffen der Flüchtenden kurzerhand zu einer großzügigen Geste seitens der Bundesregierung ausgelegt und Willkommenskultur zu einer Performance des Deutschseins auserkoren wurde, arbeiten die EU-Staaten, allen voran Deutschland, wieder daran die Kontrolle über die Migrationsfolgen ihrer desaströsen Außenpolitik zu gewinnen. Diese Kontrolle versuchen sie durch die Schließung von Fluchtwegen zu erlangen, die zu tausendfachen Tod im Mittelmeer führt. Dabei schrecken sie auch nicht vor fadenscheinigen Deals mit Diktaturen wie im Sudan oder der Türkei zurück und offenbaren so, dass die Verlierer dieses Gesellschaftssystems von den viel gepriesenen Werten der Europäischen Union ausgenommen bleiben. Denn nur so kann Sie ihre ökonomische Überlegenheit in der globalen Konkurrenz sichern.
Unsere Antwort muss Solidarität sein
Auch wenn die Verschärfungen des Asylrechts viele praktische Möglichkeiten der Solidarität, wie etwa die Verhinderung von Abschiebungen durch zivilen Ungehorsam, erheblich erschwert haben, kann die Schlussfolgerung keinesfalls Resignation sein. Vielmehr muss eine stärkere Vernetzung zwischen den an einer gerechten Flüchtlingspolitik interessierten Gruppen stattfinden, um auf politischer Ebene ein Gegengewicht zum anwachsenden gesamtgesellschaftlichen Rechtsruck zu schaffen. Lasst uns gemeinsam gegen die unmenschliche Asylpolitik der Festung Europa auf die Straßen gehen.
Für eine solidarische Gesellschaft statt Abschottung und weitere Asylrechtsverschärfungen!
Antirassistische Demonstration | Sa 17.09.2016 | Düsseldorf Hbf | 13 Uhr
Kategorie: Antirassismus & Migration
Samstag, 28.05.2016 – 13:00 Uhr
Alter Markt – Solingen
Am 29.Mai 1993 verübten Neonazis einen Brandanschlag auf das Wohnhaus einer türkischen Familie in Solingen. Fünf Familienangehörige starben.
In einem späteren Prozess wurden vier Neonazis zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Von den vier Tätern trainierten drei in der Solinger Kampfsportgruppe Hak Pao. Die Kampfsportschule galt in Solingen als Anlaufstelle für Neonazis. In der Kampfsportschule fanden u.a. Schulungsveranstaltungen der kurze Zeit später verbotenen Nationalistischen Front (NF) statt.
Die Kampfsportschule fungierte in zahlreichen Fällen als Saalschutztruppe für extreme rechte Veranstaltungen. So unter anderem auch bei einer Veranstaltung der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ im Kölner Senatshotel. Führende Köpfe bei der DLVH waren Markus Beisicht und Manfred Rouhs, die später „Pro Köln“ gründeten.
Im Laufe des Prozesses gegen die vier Brandstifter kam heraus, dass der Leiter der Kampfsportschule Hak Pao, Bernd Schmitt, als V-Mann des Verfassungsschutzes aktiv war. Er stand auf der Gehaltliste des Landesamtes in NRW.
Der Verfassungsschutz war hier ebenso wie zur kurze Zeit später beim Thüringer Heimatschutz also beim Aufbau einer neonazistischen Szene beteiligt, die tödliche Anschläge gegen Migrant*innen durchführte.
Dem tödlichen Brandanschlag in Solingen waren dutzende andere Anschläge auf Flüchtlingsheime und Häuser von Migrant*innen vorausgegangen, es gab auch zahlreiche pogromähnliche Ausschreitungen gegen vietnamesische Vertragsarbeiter*innen und Flüchtlinge in Rostock Lichtenhagen, Hoyerswerda aber auch in Mannheim-Schönau. Für die meisten Politiker*innen waren jedoch nicht Neonazis die eigentliche Gefahr, sondern die „Flutwelle der Asylanten“ wie sie es ausdrückten. Nach den Ereignissen in Rostock Lichtenhagen etwa hatte der damalige Bundesinnenminister Seiters zum strikten Handeln des Staates aufgefordert, allerdings nicht gegen Nazis und Rassist*innen, stattdessen ließ er verlauten: „Wir müssen handeln gegen den Missbrauch des Asylrechts, der dazu geführt hat, dass wir einen unkontrollierten Zustrom in unser Land bekommen haben“.
So wurde denn auch genau drei Tage vor dem tödlichen Brandanschlag von Solingen vom Bundestag das deutsche Asylrecht grundlegend verschärft und die „Drittstaatenregelung“ eingeführt.
Nach dem Anschlag in Solingen kam es zu heftigen Protesten vieler türkischer Migrant*innen und auch zu großen antirassistischen Demonstrationen. In den Monaten davor und danach demonstrierten Hunderttausende in Deutschland gegen diese rassistische Anschlagswelle.
Damals wie heute – Dem völkischen Mob entgegentreten!
Öffnet die Grenzen!
Samstag, 14.Mai | 14:00 Uhr | Alte Freiheit | Wuppertal-Elberfeld (Innenstadt)
w2wtal ruft zur Teilnahme an der «Open Borders»-Demo am nächsten Samstag in Wuppertal-Elberfeld auf (14.Mai, 14:00 Uhr, Alte Freiheit). Die Demonstration ist Teil eines weltweiten Aktionstages für die Rechte von Geflüchteten, sichere Reiserouten und gegen die «Festung Europa». Die Demonstration wird auch in Solidarität mit den Menschen von Aleppo stattfinden, die unter den andauernden Bombardements ihrer Stadt leiden.
Nach der kurzen Phase, in der Flüchtende willkommen geheißen wurden, waren rechte Politiker*innen und Rassist*innen mit ihren Forderungen erfolgreich, zum Normalzustand zurückzukehren. Vieles ist jetzt sogar schlimmer als vor dem «Sommer der Migration». Ihre fortgesetzten Hassreden haben dazu geführt, dass die EU-Grenzen inzwischen fast vollständig geschlossen sind: Die Europäische Union hat entschieden, dem Schicksal der Menschen, die vor Krieg und Elend fliehen, den Rücken zuzudrehen. Sie reden nun von «illegaler Einwanderung», wo vorher noch von Flucht vor Tod und Terror die Rede war. Die Rassist*innen triumphieren, die Flüchtenden leiden. Durch das Auslagern von Refugee-Camps in die Außenregionen wie Griechenland oder der Türkei ist ihr Leiden aus der Öffentlichkeit inzwischen fast verschwunden. Nur noch wenige Gruppen wie z.B. die Wuppertaler Initiative “Cars of Hope” kümmern sich um die an den Grenzen Festsitzenden. Zur gleichen Zeit werden in Deutschland zunehmend Menschen von Abschiebungen bedroht, was ebenfalls nur wenig Aufmerksamkeit auslöst, weil die Betroffenen auch hier ohne Kontakt zur Öffentlichkeit in Sonderlagern untergebracht sind.
Unsere Reaktion auf diese Entwicklungen muss eine vielfältige sein. Ebenso wie konkrete Solidarität für Menschen, die außerhalb von Mitteleuropa festsitzen oder die hier von Abschiebungen bedroht sind, sind direkte Aktionen gegen Zäune und Mauern und ein ständiger Kampf um eine Änderung des öffentlichen Diskurses notwendig. w2wtal versucht auf verschiedenen Wegen Einfluss auf die öffentliche Debatte zu nehmen. Auf der einen Seite haben wir versucht, eine politische Diskussion um die Aufnahmenbereitschaft unserer Stadt für Menschen aus Idomeni anzustoßen, auf der anderen Seite werden wir weiter versuchen, die Debatte auf die Straße zu tragen.
Deshalb haben wir – Aktivist*innen und syrische Geflüchtete von w2wtal – beschlossen, zusammen mit verschiedenen Wuppertaler Initiativen zur Demonstration am Samstag aufzurufen. Wir wollen den Druck zur Aufnahme in Griechenland gestrandeter Geflüchteter verstärken, weil mehr und mehr strukturelle und personelle Ressourcen in Deutschland ungenutzt sind und es nur einer politischen Entscheidung bedürfte, das Leiden der Familien in Idomeni zu beenden. Aber wir wollen auch auf die Ursachen dafür eingehen, warum so viele Menschen Zuflucht suchen. Dieses Thema war ein großer Aufreger in den Medien im letzten Jahr, es wurde jedoch nie ernsthaft behandelt.
Während sich die meisten EuropäerInnen an die Meldungen aus dem syrischen Krieg gewöhnt haben, ist der Krieg noch immer einer der wichtigsten Gründe, Schutz zu suchen. Und während viele erleichtert über den so genannten Waffenstillstand in Syrien waren, gingen die Kämpfe beispielsweise in Aleppo, früher die größte Stadt des Landes, unvermindert weiter. Während der letzten Wochen wurde die Lage für die noch immer in Aleppo Lebenden duch ständige Bombardierungen der Ruinen und durch direkte Angriffe auf Hospitäer und medizinische Einrichtungen sogar noch schlimmer als zuvor. Wir sind solidarisch mit den Menschen in Aleppo, die häufig Verwandte und Freund*innen unserer Freund*innen sind. Wir klagen die Gruppen und Einheiten an, die dafür verantwortlich sind – egal wer sie sind.
Doch die Verantwortlichkeit ist nicht auf aktive Kämpfer am Boden beschränkt. Wir sollten ebenso die Profiteure des Krieges anklagen. Einer der wichtigsten Kriegsgewinnler ist beispielsweise «Heckler und Koch» in Oberndorf, wo das «G32-Sturmgewehr produziert und verkauft wird, das eine der am meisten gebräuchlichen Waffen im syrischen Krieg ist. Experten schätzen, dass es mehr Menschenleben gekostet hat als Massenvernichtungswaffen. Dieser Grund für die Notwendigkeit zur Flucht ist handgemacht in Bayern und solange das akzeptiert und nicht gestoppt wird, kann die Verantwortung für die Fluchtursachen unter anderem an dieser Stelle auch mitten in der «Festung Europa» gefunden werden.
Das Profitieren vom Krieg und die Ausbeutung anderer Kontinente fortzusetzen, während gleichzeitig die Türen zum «sicheren Hafen» Europa und zu unseren überquellenden Supermärkten geschlossen werden, ist ein doppelter moralischer Zusammenbruch. Wir sollten nicht müde werden, das herauzustellen. Demonstriert mit uns am Samstag um 14:00 Uhr in Wuppertal-Elberfeld!
Öffnet die Grenzen! Stoppt die EU/Türkei-Vereinbarung!
Stoppt den Waffenhandel jetzt!
Solidarität mit den Menschen in Aleppo!
w2wtal.noblogs.org
Ab 14 Uhr versammelten sich ca. 150-200 Menschen am Platz der Republik, gerade zu diesen Zeitpunkt kam wie geplant die Sonne raus und sorgte für sehr angemessenes Frühlingswetter. Nach etwas Musik und einer kurzen Begrüßung mit Einschätzung der aktuellen Lage ging die Demo mit dem Frontransparent „Grenzen niederreißen, sich verbünden, für globale Bewegungsfreiheit kämpfen!“ zügig und entschlossen los. Unter Parolen wie „No border, no Nation stop deportation“, „No Nation, no border, fight law and order“, „Idomeni ist kein Einzelfall, Grenzen auf überall“ wuchs die Demo auf bis zu 250 Menschen an. Die Bullen benahmen sich halbwegs, auch wenn sie wie jedes Jahr die Innenstadt panisch abriegelten und sich einige der Bereitschaft nur voll vermummt zutrauten einige der abseitig gelegenen Seitenstraßen abzuriegeln. Auch meinten sie, einige Menschen schon im Vorfeld an der Teilnahme an der Demo hindern zu müssen. Wieder einmal willkürlich und frech!
Die Demo zog vom Platz der Republik über die Flensburger Straße auf die Gathe zum AZ, wo eine Zwischenkundgebung eingelegt wurde. In einem eindringlichen Redebeitrag wurde nochmal auf den feigen Mordversuch durch HoGeSa-Nazis vor einem Jahr erinnert und das Verhalten von Bullen und Staatsanwaltschaft beleuchtet. Dann zog die Demo weiter Richtung Schusterplatz. Auf dem Weg zeigte sich wieder einmal, dass die Kondition der eingesetzten Bullen eindeutig mangelhaft war, denn als die Demo einige überraschende Wendungen machte, gerieten sie schon ziemlich außer Atem.
Am Schusterplatz angekommen, begann unverzüglich das beliebte Straßenfest mit sehr leckerem Essen, kühlen Getränken, verschiedenen aktuellen Redebeiträgen und stimmungsvoller Musik. Inhaltlich war klar, dass sich die Demo intensiv mit dem Kampf der Geflüchteten solidarisierte und den Kampf für globale Bewegungsfreiheit unterstützt!
Die Demo war klein aber fein. Leider fanden nicht besonders viele Menschen den Weg ins Tal, was natürlich sehr schade ist, handelt es sich doch um eine der wenigen noch unangemeldeten Demos zum 1. Mai in Deutschland. Bereits im Vorfeld gab es eine Veranstaltungsreihe zu vielen verschiedenen spannenden Themen, die inhaltlich sehr stark war, es aber sicher verdient gehabt hätte, dass sich etwas mehr Leute an den wichtigen Diskussionen beteiligt hätten.
Am 1. Mai mussten natürlich viele Freund*innen in Bochum und Plauen gegen die widerlichen Nazis kämpfen, an dieser Stelle gehen unsere solidarischen Grüße an die kämpferischen Genoss*innen! Dennoch war es vor einigen Jahren noch möglich, dass tausende gegen die Nazis agierten und zugleich viele Leute z.B. an der unangemeldeten Demo in Wuppertal teilnahmen und insgesamt einfach mehr Menschen auf den Straßen unterwegs waren. Es zeigt sich also leider, dass wir in einer historisch wichtigen Phase nicht so gut aufgestellt sind, wie es wünschenswert wäre. Aber Bange machen gilt nicht! Wir haben nach wie vor großen Spaß an unseren rebellischen Aktionen und wissen, dass einiges gehen kann, wenn wir mit Freude, Feenstaub, Liebe zum Abenteuer, Entschlossenheit und gut organisiert weiter an der sozialen Revolution arbeiten. Die gesellschaftlichen Verhältnisse sind unbestreitbar im Umbruch, wir können darin gemeinsam eine Rolle spielen, wenn wir es wollen. Also, auf weitere 30 millionen Jahre (mindestens) autonome 1.Mai Demos in Wuppertal und überall. Für die soziale Revolution!
Zum Schluss gehen noch die allerherzlichsten solidarischen Grüße an die militant kämpfenden Antifaschist*innen in Bochum, Stuttgart und Plauen. Wir stehen immer an eurer Seite und wir hassen die Bullen, die auf der Seite des Nazi- und Rassist*innenpack kämpfen!
Der rassistischen Bewegung entgegentreten – Grenzen niederreißen!
autonomer1mai.noblogs.org
14:00 Uhr Platz der Republik (Titel: „Die Rückkehr“)
Auf unserem Weg zum allseits beliebten Straßenfest auf dem Schusterplatz werden wir einen Zwischenstop mit Kundgebung am Autonomen Zentrum in der Markomannenstr. 3 einlegen.
An den diesjährigen Mai Feier- und Kampftagen ist einiges geplant und angedacht. Wir laden nach Wuppertal zum Aktionswochenende vom 29. April bis zum 1. Mai. Für Pennplätze und Abendunterhaltung ist gesorgt. Am Freitag Abend wird es ein krawalliges Punk-Konzi geben: Die Bilanz, Placebotox und Oijeh werden dort aufspielen.
Am 30. April werden wir dann ab 20:00 Uhr losziehen um mit einer Nachttanzdemo unter dem Motto “Spaß muss sein! – Kapitalismus nicht!” angemessen in den autonomen Mai zu feiern.
Da wir unseren Gefährt*innen in Bochum solidarisch zur Seite stehen, haben wir uns entschieden, statt wie gewohnt in Wuppertal feucht fröhlich in den Mai zu tanzen, nach Bochum zur revolutionären Vorabenddemo zu raven.
Zugtreffpunkt für Wuppertal ist am 30. April um 18 Uhr am HBF vor der Schwebebahnstation.
Infos zu Bochum unter: antifabochum.noblogs.org
Am 1. Mai treffen wir uns natürlich wie angekündigt um 14 Uhr am Platz der Republik in Wuppertal zur großen Rückkehr.
Dazwischen ist noch viel Platz für Kreativität und Aktion. Wir sind mitten im Entwicklungsprozess und informieren euch rechtzeitig über die Planungen.
Vor 30 Jahren zog zum ersten mal die autonome 1. Mai Demo durchs Tal, sie bog links vom DGB ab um nunmehr einen radikalen Ausdruck am 1. Mai auf die Straße zu tragen. Seit 30 Jahren gehört auch das Fest auf dem Schusterplatz dazu. In den letzten Jahrzehnten ist viel passiert und viele Kämpfe wurden geführt, die Gewerkschaften haben sich nicht zum Besseren gewandelt und auch die Verhältnisse lassen zunehmend frösteln. Deshalb lieben wir den autonomen 1. Mai so, weil er es irgendwie immer wieder schafft uns ein wenig das Herz zu wärmen und das trotz einiger dreister Polizeischikanen in den letzten Jahrzehnten. Wir hoffen möglichst viele, die sich in den letzten 30 Jahren am autonomen 1. Mai beteiligt haben, dieses Jahr auf der Straße zu treffen! Ganz besonders natürlich die, die nicht nur vor 30 Jahren schon dabei waren, sondern auch über die Jahrzehnte immer wieder dafür gesorgt haben, dass es die autonome 1. Mai Demo gab und gibt.
Auch wenn die autonome 1. Mai Demo nun seit drei Jahrzehnten durchs Tal zieht, ist sie alles andere als ein Relikt. Sie ist wichtiger Bestandteil der autonomen, anarchistischen und undogmatischen Versuche in Wuppertal im Kampf für das gute Leben.
Im letzten Jahr sind wir sehr hart getroffen worden, der mörderische Angriff dreier HoGeSa–Nazis auf einen Freund des Autonomen Zentrums ist nicht spurlos an uns vorbei gegangen. Zumal die Bullen mit ihrem Vorgehen in der Tatnacht und den Ermittlungen gegen Besucher*innen des AZ die Tat noch verstärkten. Glücklicherweise geht es dem angegriffenen Menschen wieder deutlich besser, doch werden Beeinträchtigungen bleiben.
Doch obwohl es wirklich eine schwere Situation für uns war und zum Teil noch ist, haben wir uns nicht total unterkriegen lassen. Wir haben die Täter benannt und die Bullen dabei nicht ausgespart und letztlich doch für etwas Wirbel in der Stadt gesorgt. Wir wissen aber auch, dass unsere Reaktion, unsere Gegenwehr noch zu schwach ist! Wir müssen mehr werden, die die Verhältnisse nicht hinnehmen, wir müssen Nazis und Bullen effektiver in Wort und Tat entgegentreten können, doch ein Anfang ist gemacht! Das Erstarken der Nazis und das strukturell rassistische und anti-emanzipatorische Agieren der Repressionsbehörden ist nicht trennbar von sonstigen gesellschaftlichen Zuständen und Entwicklungen. Klar im Fokus unserer Mobilisierung steht deshalb die beeindruckende Bewegung der Geflüchteten, die entschlossen gegen die Festung Europa kämpft. Was können wir weiter und intensiver tun um dieser Bewegung vom inneren der Festung aus entgegenzukommen, um gemeinsam die Grenzen nieder zu reißen? Wichtig in der Auseinandersetzung mit der stärksten rassistischen Bewegung hierzulande seit Jahren wird auch die Soziale Frage sein. Das sexuelle Übergriffe nur interessieren, wenn sie rassistisch nutzbar gemacht werden können, ist auch ein geradezu typischer Ausdruck der gesellschaftlichen Verhältnisse. Mit all diesen Themen werden wir uns auf unterschiedlichen Ebenen auseinandersetzen u.a. mit einer ausführlichen Veranstaltungsreihe.
Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen der unterschiedlichen Aufsätze zu den verschiedenen komplexen Themen mit denen sich unser Aufruf beschäftigt. Aber eigentlich geht es immer um ein Thema: Soziale Revolution!
Wir grüßen die die 1.Mai-Demos in Oldenburg, Hamburg, Berlin, Mailand, Bonn, Zürich und alle Menschen auf der Welt, die nicht nur am 1. Mai auf die Straße gehen! Und natürlich alle Menschen, die sich in Plauen, Bochum, Stuttgart, Nürnberg und sonstwo den Nazis und Rechtspopulist*innen entgegen stellen!
Für einen sozialrevolutionären Antifaschismus!
Antifaschistischen Selbstschutz entwickeln und in die Offensive treiben!
Am 11.April 2015 griffen drei HoGeSa–Nazis vor dem Autonomen Zentrum einen Antifaschisten in mörderischer Absicht an. Dem Opfer wurden acht Messerstiche in den Rücken zugefügt und stumpfe Gewalt beigebracht. Die darauf folgenden Ereignisse, das Verhalten der Bullen, die Art wie das ganze vor Gericht verhandelt wurde, zeugen von dem üblichen Umgang mit Nazi-Gewalt. Es wird verharmlost, entpolitisiert und Opfer werden zu Tätern umgedeutet. In diesem Fall muss davon ausgegangenen werden, dass die Bullen die Situation bewusst nutzten um dem “verhassten” Autonomen Zentrum zu schaden.
Die mörderische Tat fand nicht im luftleeren Raum statt: Seit langer Zeit entfalten sich unterschiedlich zusammengesetzte und schattierte rassistische Bewegungen, Mobilisierungen und andere Dynamiken. Etablierte Politiker*innen, Teile der Medien und die Repressionsbehörden sind entweder Teil dieser, flankieren sie oder laufen ihr hinter her.
Die AfD ist stärkster parteipolitischer Ausdruck und jetzt auch parlamentarischer Arm der rassistischen Bewegung. Ihre Programatik ist zutiefst rassistisch, nationalistisch und auch sozialchauvinistisch. Neben ihr existieren aber auch andere (Kleinst-)Parteien, die fleißig und leider ganz und gar nicht folgenlos hetzen.
Die Rassist*innen und Nazis befinden sich unbestreitbar in der Offensive, aber dass Widerstand durchaus effektiv seien kann zeigt sich immer wieder, z.B. in Köln im Oktober letzten Jahres gegen den dortigen zweiten HoGeSa-Aufmarsch. Hier wurde auch besonders deutlich wie wichtig militanter antifaschistischer Selbstschutz ist. Unsere Interpretation von antifaschistischem Selbstschutz bedeutet auch, dass wir den Nazis die Ruhe zum agieren wieder nehmen müssen. Es reicht nicht das Pack bei ihren Aufmärschen zu stören, wir müssen sie da treffen wo es sie noch empfindlicher stört. Beispielweise in ihrem Wohnumfeld oder am Arbeitsplatz. Die Kader von den Nazis über die PRO–Gruppierungen bis hin zur AfD müssen ins Schwitzen geraten, damit sie mehr mit sich selbst, als mit ihrer widerlichen Hetze und den dazugehörenden Taten beschäftigt sind. Ansätze dazu gibt es bereits überall. Lasst uns diese ausbauen und den antifaschistischen Selbstschutz in die Offensive bringen!
Für einen sozialrevolutionären Antifaschismus in den kommenden Kämpfen!
Antifaschistische Aktionen (militante und nicht militante) gegen Nazis und Rassist*innen sowie ihre Infrastruktur sind ganz klar das Gebot der Stunde! Aber der Kampf gegen Faschismus, Rassismus und anderes reaktionäres muss aus emanzipatorischer Perspektive viel mehr beinhalten. Wir plädieren für einen sozialrevolutionären Ansatz und wir halten es für nötig diesen mit Antifaschismus eng zu verknüpfen. Eines der entscheidenden Mittel gegen die Nazis wird auf lange Sicht unsere tiefe Verankerung in den sozialen Auseinandersetzungen dieser Zeit sein. Hartz IV wird verschärft und die Herrschenden bereiten bereits das Ausspielen, trotz zum Teil gegenteiliger Behauptungen, der „Schwachen gegen die Schwächsten“ vor. Es ist abzusehen, dass es zu verschärften Verteilungskämpfen um Ausbeutungsplätze und Wohnraum kommen wird. Unsere dringende und zutiefst antifaschistische und antirassistische Aufgabe ist es in dieser Auseinandersetzung eine solidarische, Grenzen wie „Ethnie“, „Herkunft“ oder “rechtlicher Status” (deutscher Pass, kein deutscher Pass, „legal“, “Illegal“) überwindende Perspektive zu entwickeln. Der Kampf um bezahlbaren Wohnraum, um eine Entlohnung, die ein halbwegs anständiges Leben garantiert und die Zurückweisung von Zwangsmaßnamen, Lohn sogar unter dem Mindestlohn und Sozialleistungen noch unter dem Hartz IV-Satz (der übrigens angehoben werden muss) für Geflüchtete sind ganz konkrete und dringende Aufgaben. Wenn wir es nicht schaffen in diesen Auseinandersetzungen sichtbar und auch wirkmächtig zu werden, stärkt das die Nazis, Sozialchauvinst*innen und Rassist*innen noch mehr. Dabei haben wir nicht die Illusion, dass wir eingefleischte Rassist*innen von der Falschheit und Widerlichkeit ihres Denkens und Handelns überzeugen können oder dass die Leute nur Nazis werden, weil es ihnen wirtschaftlich schlecht geht. Es kann aber beobachtet werden, dass es sobald es in Deutschland zu verschärften Verteilungskämpfen kommt das auch zu einem Erstarken reaktionären Kräfte führt. Dem kann durch verstärktes Auftreten emanzipatorischer Kräfte entgegen gewirkt werden und diejenigen die keine eingefleischten Rassist*innen, Sozialchauvinist*innen oder blinde Egoist*innen sind, können so gestärkt werden. Wenn es uns tatsächlich gelingt solidarische Perspektiven in die kommenden Kämpfe zu tragen hat auch die Soziale Revolution noch eine Chance.
Für einen sozialrevolutionären Antifaschismus!
Grenzen niederreißen, sich verbünden, für globale Bewegungsfreiheit kämpfen!
Überall auf der Welt sind Menschen unterwegs und zwar aus tausend und einem Grund. Es ist nichts weiter als eine grandiose Anmaßung darüber zu urteilen, welcher Grund legitim ist und welcher nicht. Menschen sind unterwegs, das war schon zu allen Zeiten so und vermutlich wird es auch immer so sein. Es ist auch ein Fakt, das sich die Bewegung der Geflüchteten, also derer die unterwegs sind, nicht vollends kontrollieren lassen wird und seien die Herrschenden auch noch so grausam und brutal. Ebenso ist es ein Fakt, dass sich viele nicht gerade freiwillig und gut gelaunt auf den Weg machen um etwas Neues zu entdecken, ganz so als wäre es ein spannendes Abenteuer. Nein, viele müssen Hals über Kopf all ihre Habe zurücklassen und ihr Zuhause verlassen. Andere gehen los, weil sie unter grausamen ökonomischen Bedingungen leben und keine Perspektive auf Besserung besteht.
Die Leute kommen und das ist gut!
Natürlich wollen viele von ihnen in das “reiche” Deutschland. Wir finden das auch sehr passend, denn genau von hier geht viel Elend in der Welt aus, deshalb sehen wir die Fluchtbewegung durchaus auch als einen Kampf um Gerechtigkeit. Wir bewundern den Mut und die Kraft den so viele Menschen auf der Welt aufbringen, indem sie sich auf den Weg machen, weil sie ein besseres Leben wollen, denn genau das können wir sehr gut verstehen. Das wollen wir auch!
Als letzten Sommer für einen kurzen Augenblick die Grenzen Europas zumindest ein bisschen brüchig wurden, war das für uns ein grandioser und bewegender Moment. Der Bewegung der Geflüchteten war es gelungen sich lange nicht gekannte Bewegungsspielräume zu erkämpfen. Seitdem ringen die Herrschenden um die Wiedererlangung der teilweise verlorenen Kontrolle. Und das mit zunehmender Härte und Brutalität. Die europäischen Außengrenzen sollen nun aufs äußerste durch FRONTEX abgeschirmt werden, damit die Binnengrenzen Europas weiter problemlos passierbar bleiben. Das ist besonders wichtig für die deutsche Wirtschaft, sie profitiert am meisten vom europäischen Binnenmarkt. Wir müssen viel gemeinsame Kraft aufwenden und solidarisch um und für Bewegungsfreiheit kämpfen und das im Lokalen so wie im Globalen!
Das Menschen sich frei bewegen können und damit das Potenzial existiert, das mit ihnen auch Erfahrungen und Ideen von Gerechtigkeit und Freiheit, Liebe und Glück frei über den Planeten fluten, ist eine unbedingte Voraussetzung für eine soziale Revolution überall.
Große Worte! Taten?
Ja das sind große Worte! Sie sind dennoch wahr und es lohnt sich für die Ideen, die hinter den Worten stehen zu kämpfen. Es ist aber auch richtig, das unser Kampf in der alltäglichen Auseinandersetzung schon mal nicht so phantastisch daher kommt, dennoch sollten wir unsere Ziele nicht aus den Augen verlieren.
Unsere Kämpfe wenden sich im lokalen Rahmen gegen die sogenannte Residenzpflicht, die Menschen vorschreiben will, wie und wo sie sich bewegen. Wir kämpfen gegen die Lager, deren Einrichtung nur dazu dient, dass die gerade angekommenen Menschen wieder abgeschoben werden sollen. Der Kampf richtet sich im speziellen auch gegen die Betreiber*innen dieser Lager. Wir kämpfen gegen die lokalen Ausländerbehörde, die die Leute auf die Abschiebelisten setzen. Wir haben all diese Schreibtischtäter*innen im Blick.
Kampf den rassistischen Zuständen
Die Abschiebepolitik dient der Sortierung von Menschen, in für die deutsche Wirtschaft und Politik nützliche und nicht nützliche Menschen. Die, die nicht von der direkten Abschiebung betroffen sind, werden dennoch tendenziell diszipliniert. Schließlich haben sie Glück, dass es sie nicht erwischt.
Gleichzeitig wird unter dem Schlagwort Integration schon darüber verhandelt, wie am besten eine „Unter-Unterschicht“ etabliert werden kann, die zu noch schlechteren Bedingungen arbeiten muss als das jetzt schon üblich ist. Die Hetze von Nazis, über AfD bis SPD/CDU und CSU befeuert die Entsolidarisierung, der hier schon länger Lebenden mit denen, die auf der Suche nach einem besseren Leben kommen. Die Menschen, die bereits jetzt unter Hartz IV, unter Niedriglöhnen, Zeitarbeit und allgemeiner Unsicherheit leiden, sollen sich statt gegen die beschissenen Verhältnisse gegen die Geflüchteten erheben. Leider zeugen über tausend angegriffene Unterkünfte für Geflüchtete (viele davon Brandanschläge oder auch Schüsse mit Waffen) davon, dass die geistige Brandstiftung sehr reale Folgen hat und mit welcher Aggressivität diese erschreckend breite rassistische Bewegung vorgeht.
Aber zum Glück gibt es auch gegenteilige Tendenzen: Der Kampf der Bewegung an den Aussengrenzen der EU hält unverminndert an und wird sich letzlich auch durch noch so große Brutalität der herschenden nicht Aufhalten lassen! Nazis und Rassist*innen werden auf unterschiedliche Arten angegangen und attackiert, Demos gegen Abschiebungen werden organisiert und nach wie vor unterstützen viele die ankommenden Menschen. Es ist aber zwingend notwendig, dass die helfenden Menschen erkennen, das helfen alleine nicht reicht. Die Erkenntnis, dass die Politik der Herrschenden schrecklich grausam und brutal ist der Wiederstand entgegen zu setzten Pflicht ist , muss sich unbedingt durchsetzen. Das Kalkül der Herrschenden und die Hetze der organisierten Nazis und Rassist*innen geht dann nicht auf, wenn es gelingt gegen den Spaltungsversuch die gemeinsame solidarische Aktion zu setzen mit der Perspektive ein besseres Leben für Alle zu erkämpfen!
Grenzen niederreißen, sich verbünden, für globale Bewegungsfreiheit kämpfen!
War starts here!
Die Welt ist ein Schlachtfeld! Diesen krassen Satz setzen wir an den Anfang unseres kurzen Aufsatzes über Militarismus. Er hört sich heftig an, aber genau so heftig ist es leider. Überall herrscht Krieg, in vielen Teilen der Welt unübersehbar und blutig wie in Syrien, an anderen Stellen ein heftiger ökonomischer mit beinah ebenso viel Leid für Menschen, wie beispielsweise in Textilfabriken in Bangladesch. Aber auch hier im reichen Norden, tobt alltäglich Krieg untereinander, jede*r gegen jede*n und gerade von hier geht viel von der kalten, brutalen ökonomischen Gewalt aus, die Hunger und Leid, Mord und Totschlag erzeugt. Wir hier tragen daran Mitverantwortung, wie hier konsumiert und produziert wird und welche imperiale Dominanzpolitik von den hiesigen Herrschenden betrieben wird.
Denken wir an die Rüstungsfirmen Kraus-Maffei Wegmann, Siemens, Blohm+Voss, Thyssen Krupp und ihre Zulieferer, die in Deutschland fette Gewinne einfahren, weil sie Waffen überall hin exportieren. Denken wir an Kriegslogistiker wie die DHL. Nicht zu vergessen Rheinmetall und ihr im Bau befindliches Gefechtsübungszentrum für die NATO in Sachsen-Anhalt.
Denken wir daran, wie Europa unter der Ägide von Merkel, die Krieg gegen die Kurd*innen führende Türkei als Pufferstaat zur Abwehr der Fluchtbewegung einspannt und plötzlich ist keine Rede mehr vom autoritären Erdogan-Regime.
Denken wir daran, wie Europas Grenzen zunehmend militärisch abgeschottet werden, mit dem Ergebnis, dass immer mehr Menschen auf der Flucht ihr Leben lassen müssen.
Denken wir daran, wie sich das Militärische in der Gesellschaft einnistet durch das intensive Werben der Bundeswehr an Schulen und auf Messen, durch Werbung auf Plakatwänden und in Bussen, durch Konzerte in den Stadthallen mit Bundeswehr Orchestern, durch Verbindungsoffiziere in den Stadtverwaltungen um Notstände zu organisieren, durch die Einmischung in die Versorgung der Geflüchteten (auch ein Notstand?).
Let’s stop it here
In den letzten Jahren gab es viele, auch militante Aktionen gegen den Krieg und die Bundeswehr, vom Stören von Werbeveranstaltungen in Jobcentern, über das Angreifen von ganzen Werbetrucks auf Messen, bis zu millionenfachem Sachschaden an Bundeswehrfahrzeugen war alles dabei! Militärlogistiker wie die Post Tochter DHL wurden markiert und sabotiert und vieles andere mehr. Leider sind diese sehr schönen Aktivitäten in letzter Zeit scheinbar etwas eingeschlafen, aber gerade vor dem Hintergrund der militärischen Angriffe auf die Fluchtbewegungen, gerade vor dem Hintergrund der weltweit mit Waffen “Made in Germany” stattfindenden Kriege wird es wieder Zeit etwas zu unternehmen. Die Bundeswehr scheißt uns zu: Keine Stadt und kein Dorf mehr ohne ihre ekelhafte Werbung. Zum Glück gibt es viele, die die Werbung entfernen oder umgeändert haben! Überall wo Menschen Arbeit suchen, kommen die schleimigen Werbeoffizier*innen und wollen sie zur Bundeswehr locken, das könnte unter anderem farblich, tortlich oder sonst irgendwie beantwortet werden. An jeder Ecke lässt sich ansetzen, da ist ganz sicher was für jeden Geschmack dabei!
Let’s start now.
Still not lovin’ police!
Kritik an der Institution Polizei kann in Wuppertal, dass hat die letzte Zeit überdeutlich gezeigt, sehr gefährlich sein.
Von der Stürmung des AZ’s in der Nacht des mörderischen Naziangriffs durch die Polizei, über die Lügen und die Täter-Opfer-Umkehr in den Pressemitteilungen, bis hin zu wiederholten, brutalen Übergriffen und Misshandlungen von Antifaschist*innen, kriegen wir in Wuppertal aktuell deutlich vor Augen geführt, was es bedeuten kann ins Feindbild der Polizei zu passen.
Neben der ganz realen Gewalt der Beamt*innen auf der Straße und der bewussten Verbreitung von Fehlinformationen und Lügen durch die Polizeiführung, zeigt sich in Wuppertal auch wie die Polizei versucht Kritik an ihrer Institution unmöglich zu machen.
Zuletzt am 02.02.2016, indem eine angemeldete Kundgebung vor der Polizeiwache Hofkamp, auf der Kritik am Handeln der Polizei im Nachgang zum HoGeSa-Mordversuch Thema sein sollte, versucht wurde durch unverschämte Auflagen zu verhindern.
Nachdem die Versammlung dann doch spontan und unangemeldet stattfand, versucht die Wuppertaler Polizei nun im Nachgang einzelne Aktive mit Repression zu überziehen, z.B. mittels Anzeigen wegen des Vorwurfs der Leitung einer unangemeldeten Versammlung gegen einzelne Teilnehmer*innen der Kundgebung.
Doch wir werden uns den Mund nicht verbieten lassen, je mehr sie uns versuchen einzuschüchtern, desto deutlicher und lauter werden wir versuchen unsere Kritik in die Öffentlichkeit tragen, so auch rund um diesen 1. Mai.
Und das Problem liegt nicht in einer falschen Polizeiführung oder in einzelnen schwarzen Schafen in der Beamt*innenschaft, sondern in der Institution Polizei selber. Diese Institution existiert allein zu dem Zweck, die unerträglichen Verhältnisse zu unterstützen und aufrecht zu erhalten. Dabei ist die Polizei von vorne herein so angelegt, dass sie rassistische Strukturen in sich und gesamtgesellschaftlich reproduziert und festschreibt (z.B. durch Racial Profiling in Bahnhöfen). Die Polizei ist dazu da, die kapitalistischen Zustände (z.B. durch Schutz des Eigentums) aufrecht zu erhalten und widerständiges Verhalten zu unterdrücken.
Von der unsäglichen Ermittlungsarbeit nach jedem einzelnen NSU Mord, bis zur aktuellen Täter-Opfer-Umkehr im Fall des rassistischen Mobs, der in Clausnitz einen Bus mit Geflüchteten belagerte. Es zeigen sich immer wieder die selben Tendenzen im Handeln der Polizei.
Daher an dieser Stelle ein Zitat aus dem Redebeitrag der Kundgebung vom 02.02.2016, der übertragen so nicht nur für Wuppertal gilt:
“Der Fisch stinkt – der Kopf erst recht
Es war nicht nur der Einsatzleiter des Abends, der die Situation “falsch” einschätzte.
Es war nicht nur die Spurensicherung, die schlampte.
Es war nicht nur der / die einzelne Streifenpolizist*in, der / die schon immer mal gegen die von ihm / ihr verhassten Autonomen vorgehen wollte.
Es war nicht nur die einzelne Polizeisprecherin, die gelogen hat.
Es war nicht nur die Mordkommission, die versäumt hat ihre Ermittlungsergebnisse an die Öffentlichkeit weiterzugeben.
Es waren nicht nur die Vernehmungsbeamten Böttcher, Klämmer, Baron, die eine Vernehmung vergeigt haben.
Und so weiter, und so weiter, und so weiter…
Die ganzen Lügen, das Schweigen und gezielte Nicht-Ermitteln gegen Nazis liegt im System, der Struktur und der Institution begründet:
Mit Schlampigkeit oder Fehlverhalten eines einzelnen Beamten ist ein solches Verhalten, das quasi alle Abteilungen der Wuppertaler Polizei betrifft, nicht zu erklären.”
Doch trotz aller strukturellen Mißstände endbindet das niemanden von persönlicher Verantwortung.
Radermacher demaskieren, Dienst quitieren, mehr Freizeit für Polizist_innen!
Lasst uns den Bullen zusammen zeigen, dass wir uns unser Recht auf Kritik von niemandem werden nehmen lassen!
Am 1. Mai gemeinsam auf die Straße gegen Repression und alltägliche Polizeigewalt!
Sexismus und Rassismus zum Thema machen – Keinerlei Freiraum für Sexismus und Rassismus
Wir lassen uns vor keinen rassistischen Scheißkarren spannen!
Es wird „Die Silvester Nacht von Köln“ genannt. Um den Jahreswechsel 2015/2016 kam es in Köln und anderen Städten zu vermehrten widerlichen sexualisierten Übergriffen. Als ob das nicht schon schlimm und erschreckend genug wäre, versuchen mackerige Politiker*innen, Bullen, Nazis und ohnehin dauerbesorgte Bürger*innen diese Übergriffe zu instrumentalisieren, um eigene Interessen durchzusetzen, rassistische Hetze zu betreiben und Stimmung gegen Geflüchtete zu machen. Vor allem Nazis und rechte Hetzer*innen sind auf einmal besonders bestrebt sich ziemlich durchschaubar als vermeintliche Verteidiger von Frauenrechten und Emanzipation aufzuspielen. Dabei versuchen sie sich das Thema nutzbar zu machen, so wie sie sonst Frauen auch nur als verfügbare Objekte betrachten, die gemäß ihrer Anschauung, wenn überhaupt den Wirkungskreis Heim, Herd und Kinder haben sollten. Unter dem Deckmantel der Anteilnahme und Betroffenheit werden Geflüchtete dabei stigmatisiert und Betroffene benutzt.
Es ist widerlich, dass sich die rassistischen Hetzer*innen mit ihren Parolen vor allem gegen Geflüchtete richten, die ohnehin schon von großer Unsicherheit bedroht (z.B. Aufenthaltsstatus) und tagtäglich Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt sind. Davon sind wiederum in besonderem Maße Frauen betroffen (z.B. sexualisierte Gewalt durch Securitys in Gremberg). Aber den Schutz dieser Frauenrecht haben die Nazis und rassistische Politiker*innen bei ihrer widerlichen Forderung nach schnelleren Abschiebungen wohl eher nicht im Blick. Machen wir ihnen am 1. Mai klar, dass es keine Rechtfertigungen für Abschiebungen gibt.
Diese medial breit getragene rassistische Hetze ist total ätzend. Es sollte klar sein, dass Anti-Sexismus und Feminismus nichts gemein haben können mit rassistischer Agitation und Stimmungsmache. Deshalb gehen wir bei der Durchsetzung anti-sexistischer Forderungen niemals ein Bündnis mit Bullen, Nazis oder irgendwelchen Populist*innen ein, die das Thema sexualisierte Gewalt für sich nutzbar machen wollen. Sie sind Teil des gesamtgesellschaftlichen Problems müssen bekämpft werden und können nicht zur Lösung beitragen.
Sexismus und sexualisierte Gewalt markieren und bekämpfen
Das Problem Sexismus gesamtgesellschaftlich zu bekämpfen heißt, zunächst auch, es schon im vermeintlich Kleinen zu thematisieren und aufzudecken. Dazu gehört bei sexistischen oder rassistischen Sprüchen, Floskeln oder Witzen aufzumerken und einzugreifen. Solche vermeintlich harmlosen Bemerkungen bieten Rassist*innen und Sexist*innen sonst einen sprachlichen Akzeptanzraum den wir Ihnen nicht überlassen wollen.
Doch allein die Verteidigung verbaler Räume reicht natürlich nicht aus. Sexismus und sexualisierte Gewalt müssen markiert und bekämpft werden Es sind leider tagtägliche Probleme (Angrabschen im Bus, ungleiche Bezahlung bei der Lohnarbeit, Werbeplakate, anzügliche Blicke,…), die zudem noch gesellschaftlich begünstigt und bagatellisiert werden. Handlungsempfehlungen (Bluse zu, dunkle Gassen meiden,…) gehören dabei nicht zur Auseinandersetzung mit Sexismus und sexueller Gewalt, sie sind vielmehr Teil des Problems und tragen dazu bei Betroffene zu stigmatisieren. Sexist*innen und Täter können markiert und bekämpft werden. Lasst uns gemeinsam den Spieß umdrehen und sie überall dort angreifen wo wir sie treffen können!
Sexualisierte Gewalt geht uns alle an, immer und überall! Solidarität mit den Betroffenen
Sensibilität, Aufmerksamkeit und Betroffenheit für die alltäglichen Fälle sexualisierter Gewalt sind selten. Außer sie eignen sich für die Ausschlachtung in den Boulevardmedien oder sie lassen sich für die Verfolgung anderweitiger politischer Interessen nutzbar machen (s.o.). Meist werden Betroffene aber zusätzlich gesellschaftlich stigmatisiert und erleben einen sozialen Ausschluss. Vielfach wird Betroffenen nicht geglaubt, ist Solidarität mit Tätern scheinbar wichtiger, wird das Erlebte bagatellisiert oder die Bewegungsfreiheit eingeschränkt, weil viele Räume sich nicht (mehr) sicher anfühlen. Diese Täter-Opfer Umkehr sind wir nicht bereit hinzunehmen.
Wir fordern Frei- und Schutzräumen für FLTI* (FrauenLesbenTransInter) auch und vor allem in den sogenannten Sammelunterkünften für Geflüchtete.
Lasst uns am 1. Mai gemeinsam unseren Unmut über die sexistischen und rassistischen Zustände auf die Straße tragen! Für einen antirassistischen Feminismus und Anti-Sexismus auf die Straße gehen!
Die Stadt gehört denen, die in ihr leben!
Jede*r kennt die Debatten, in allen großen Städten werden vor allem in Szenevierteln die Mieten immer teurer und der Stadtteil wird immer mehr “aufgewertet”, um ihn attraktiver aussehen zu lassen. Es ist kaum noch möglich bezahlbare Wohnungen zu finden da günstiger Wohnraum, luxussanierten Wohungen weichen muss. Was für viele noch überraschend sein dürfte ist, dass das Phänomen sogar in Wuppertal anzutreffen ist z.B in dem als (links-) alternativ bekanntem Viertel Ölberg, wo immer mehr Wohnungen und auch ganze Häuser luxussaniert werden. Ein anderes Beispiel ist der Arrenberg bei dem es zu massiven Versuchen kommt Luxus-Eigentumswohnungen zu installieren, was bereits zu Mietsteigerungen geführt hat.
Also, auch Wuppertal hat zunehmend das Problem steigender Mieten und das trotz des zum Teil massiv vorhandenen Leerstands. Gerade in Quartieren wie dem Ölberg, die aufgrund ganz netter sozialer Strukturen und eines halbwegs interessanten Kultur- und Straßenlebens recht attraktiv für Menschen sind, erleben wir mittlerweile Phänomene die Mensch sonst in Düsseldorf, Köln und Berlin vermuten. Es sammeln sich einige dutzend Menschen zu Wohnungsbesichtigungen und es stehen horrende Quadratmeterpreise für Wohnungen in den einschlägigen Internetportalen. Versuche sich selbst Wohnraum zu nehmen wie z.B die Marien41, welche vorletztes Jahr besetzt wurde um Wohnraum vor allem für Geflüchtete zu schaffen, werden gewaltsam beendet, während leerstehende Gebäude billigend in Kauf genommen werden.
In Großstädten wie Hamburg und Berlin wird der einstige Kiez immer mehr zum Hippsterviertel (Schanzenviertel, Kreuzberg). Während linke Wohnprojekte wie die Rigaer94 räumungsbedroht sind, schießen teure Yuppiewohnungen wie Pilze aus dem Boden. Besonders geflüchtete Menschen haben unter den Folgen von Gentrifizierung zu leiden, denn anstatt ihnen so schnell wie möglich einen Umzug in eine eigene Wohnung zu ermöglichen, wird immer mehr auf die Unterbringung in großen Unterkünften gesetzt und das obwohl der Leerstand in den meisten Städten groß ist und jahrelang nicht genutzt wird.
Dem gegenüber haben wir es in Wuppertal mit einem ambivalenten Phänomen zu tun. An der einen Ecke verfallen die Häuser und Leute wohnen in sehr beschissenen und trotzdem überteuerten Wohnungen, weil sie z.B. auf Hartz IV sind und an der anderen Ecke wird versucht teure Eigentumswohnungen zu etablieren. Die Stadt lässt aktuell einen überteuerten und hässlichen Döppersberg-Umbau durchführen. Die dann weiter privatisierte Innenstadt wird noch mehr unter dem Diktat des Konsumzwangs stehen. Der ekelhafte Angriff der Bullen auf das Punxtreffen am Brunnen in der Elberfelder City letzten Sommer war vielleicht nur der bittere Vorgeschmack auf eine von Bullen und privaten Sicherheitsleuten bevölkerte, furchtbar langweilige und auf reinen Konsum getrimmte Innenstadt, die sich die lokalen Eliten wünschen. Wir wollen dagegen mindestens bezahlbaren und bewohnbaren Wohnraum für alle und ganz besonders für geflüchtete Menschen und Menschen, die vom Jobcenter gequält werden.
Wir wollen eine Innenstadt für alle ohne Konsumzwang und Bullen.
Wir lassen nicht zu, dass unkommerzielle Kultur, wie sie z.B. im Autonomen Zentrum stattfindet, in die Hinterhöfe dieser Stadt verdrängt wird, weil sie einigen Leuten nicht geleckt genug ist!
Kämpfen wir am 1. Mai für ein solidarisches Miteinander, lasst euch eure Viertel nicht wegnehmen!
Verteidigt und schafft Projekte, die eine Alternative zum alltäglichen Wohnraum-Wettkampf bieten!
AZ bleibt an der Gathe!
Bezahlbaren, schönen und guten Wohnraum für Alle!
Keinen Primark sondern eine (Innen-)Stadt für Alle!
Gemeinsame Anreise aus Wuppertal
Treffpunkt: 11:30 Schwebebahnhof Döppersberg (Nähe HBF Wuppertal)
ZAB schließen statt abschieben!
Bewegungsfreiheit statt Abschiebelager! Jeder Fluchtgrund ist legitim!
NRW-weite Demo in Bielefeld am 02. April 2016
Auftaktkundgebung: 14.00 Uhr
Ort: Bahnhofsvorplatz (HBF)
Warum Bielefeld?
In Bielefeld befindet sich eine der drei Zentralen Ausländerbehörden (ZAB) des Landes Nordrhein-Westfalen. Die ZAB Bielefeld ist dabei nicht nur NRW-weit für die Organisation von Flugabschiebungen zuständig. Sie „berät“ auch in speziellen Abschiebelagern (sogenannten „Balkan-Zentren“) „unerwünschte“ Geflüchtete über die „Vorteile der freiwilligen Rückreise“. Denn nicht weit von Bielefeld befindet sich unter anderem das Abschiebelager Hövelhof-Staumühle, in dem bisher albanische Geflüchtete verwahrt und schleunigst wieder abgeschoben wurden – nun sind davon auch aus Kosovo, Serbien, Bosnien-Herzegowina oder Mazedonien geflüchtete Menschen betroffen und demnächst wohl noch weitere. Die Bielefelder Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wickelt dabei das Schnellverfahren ab, mit dem mit pauschalisierten Ablehnungen den Betroffenen jede Chance auf Asyl genommen wird.
The Summer of Hope
Im letzten Jahr wurden die Mauern der Festung Europa endlich brüchig! Sie bröckelten, weil sich viele Menschen von überall her aus vielen eigenen Gründen auf den Weg gemacht haben.
Diese Menschen sind nicht mehr bereit, das elende Leben zu ertragen, das ihnen ein global abgestuftes Verwertungs- und Herrschaftssystem zubilligt, sie sind auf der Suche nach einem besseren Leben!
Die Kontrolle über die Fluchtbewegungen ging den europäischen Regimen verloren und für einen kurzen Augenblick konnten sich die Menschen so frei bewegen wie lange nicht. Ein riesiger Erfolg, den sich die Bewegung der Geflüchteten erkämpft hat. Seitdem kämpfen die Herrschenden hart darum, die Kontrolle wieder zu erlangen. Sie wollen die Menschen kontrollieren, um sie in „nützliche“ und „unnütze“ sortieren zu können.
Es gibt keine sicheren Herkunftsstaaten
In Nordrhein-Westfalen gibt es bereits wie in Bayern mehrere Abschiebelager speziell für Menschen aus „sicheren Herkunftsländern“. Von dort werden Geflüchtete zur angeblich „freiwilligen Ausreise“ gedrängt oder in massenhaft vorgezogenen Schnellverfahren abgeschoben. Das über alle Balkanländer verhängte Konstrukt „sicherer Herkunftsstaaten“ soll nun auch auf Algerien, Marokko und Tunesien ausgeweitet werden, was bedeutet, dass die aus diesen Ländern geflüchteten Menschen ebenfalls keine Chance haben sollen hierzubleiben.
Viele der aus den Balkanländern Geflüchteten sind Rom*nja, die dort ihrer Existenz beraubt, ausgegrenzt und verfolgt worden sind und deren Vorfahren vom NS-Regime ermordet wurden. Das ist vielfach bestätigt und den Herrschenden hier bestens bekannt. Und weil kein Staat für alle sicher ist, sind z. B. wie in vielen Ländern Verfolgungen aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung ebenfalls belegt.
Nationalismus ist keine Alternative
Parallel zu Gesetzesverschärfungen und den wachsenden Mauern in und um Europa, wobei die autoritär regierte und Krieg gegen die Kurd*innen führende Türkei als Pufferstaat benutzt wird, wächst in Deutschland eine rassistische und nationalistische Bewegung, die von der „Mitte der Gesellschaft“ über CSU und AfD bis zu den Nazis reicht. Hunderte angegriffener Unterkünfte für Geflüchtete zeugen von der Aggressivität dieser Bewegung, die sich durch das Verhalten von Polizei und Politik sehr häufig bestätigt und bestärkt fühlen darf. Gegenwärtig erleben wir einen Überbietungswettbewerb seitens der Politik, wer am härtesten gegen Geflüchtete vorgeht.
Akteure der Abschiebungen
Neben den Zentralen Ausländerbehörden (ZAB), lokalen Ausländerbehörden und Fluggesellschaften, die die Flieger für die Abschiebungen zur Verfügung stellen, dem Düsseldorfer Flughafen, der ein eigenes Gate dafür unterhält, geht es vor allen Dingen um die Unternehmen und Organisationen, die die Abschiebelager betreiben. Überraschenderweise haben wir es bei diesen speziellen Lagern oft nicht mit kommerziellen Anbietern zu tun, sondern mit angeblich humanitär ausgerichteten Organisationen wie dem Malteser Hilfsdienst und dem Roten Kreuz. Dass sich diese Organisationen bereit erklären, Einrichtungen zu betreiben, die den einzigen Zweck haben, ein Klima der Abschreckung und Angst zu schaffen, um die Vertreibung vieler Geflüchteter möglichst reibungslos ohne Öffentlichkeit durchzusetzen, lässt sehr tief blicken.
Aber weder die offenen Rassist*innen noch die Herrschenden werden die Menschen aufhalten, die sich auf den Weg gemacht haben – soviel ist jetzt schon klar!
Wir wollen uns mit allen verbünden, die die Abschiebungen und die Sortierung von Menschen in „echte“ und „falsche“ Geflüchtete nicht hinnehmen wollen! Wir wollen gemeinsam für ein gutes Leben für alle kämpfen.
Wir wollen nicht, dass die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) in Bielefeld Abschiebungen organisiert, darum lasst uns das stoppen!
Bewegungsfreiheit gemeinsam erkämpfen!
aufrufendes Bündnis „Bewegungsfreiheit statt Lager“
bewegungsfreiheitstattlager.noblogs.org
bewegungsfreiheit-statt-lager@riseup.net
Soviel ist jetzt schon klar, es wird auch dieses Jahr wieder einen autonomen 1. Mai in Wuppertal geben, wie und wo, das bleibt noch eine kleine Weile ein Geheimnis. Wobei eigentlich nicht, denn soviel ist klar, wir werden dieses Jahr wieder um 14:00 Uhr starten, um dann auf noch unbekannten Pfaden zum Schusterplatz zu gelangen, auf dem es wieder ein phänomenales Straßenfest geben wird! Also geht auch an diesem 1. Mai, übrigens dieses Jahr zum 30. mal in Wuppertal autonom auf die Straße!
Als Teil der inhaltlichen Auseinandersetzung rund um den 1.Mai planen wir dieses Jahr eine Veranstaltungsreihe. Wir werden zu verschiedenen Themen interessantes hören: Zu den Fluchtbewegungen nach Europa, zur zunehmenden Militarisierung, zu Stadt(teil) Kämpfen, zu Sexismus und Patriarchat, zu staatlicher Repression und den Kämpfen der Kurd*innen in der Türkei und Syrien.
Starten werden die Veranstaltungen voraussichtlich am 22.3.2016. Genauere Infos folgen zeitnah, ihr Lieben. Außerdem haben wir natürlich noch vor, einige aktivistische Akzente zu setzten! U.A planen wir ein Aktions-Wochenende vom 30. April bis zum 1. Mai. Es wird ein Punk-Konzert und ein paar weitere Überraschungen geben, also schon mal vormerken!
Auf einen wilden Frühling, er wird kommen!
autonomer1mai.noblogs.org
„Geopolitik, Migration und die Krise der Demokratie“ – Vortrag mit Christoph Marischka (Informationsstelle Militarisierung)
Dienstag, 22.März ab 19:00 Uhr | Autonomes Zentrum | Markomannenstr. 3 | Wuppertal
Die Veranstaltung findet im Rahmen vom Schwarzen Tresen statt und ist Teil der Veranstaltungsreihe zum autonomen 1.Mai in Wuppertal
„Wer Waffen sät, wird Flüchtlinge ernten“ ist nur ein Beispiel von vielen, mit denen auch linke Bewegungen die sog. „Flüchtlingskrise“ aufgreifen und mit ihren Anliegen verknüpfen. Tatsächlich fliehen gerade mehr Menschen als je zuvor vor Kriegen und bewaffneten Konflikten, die Unterscheidung zu anderen Ursachen und Formen der Migration sind jedoch unscharf und oft primär politisch bestimmt.
Im Vortrag soll deshalb viel grundsätzlicher dem Zusammenhang zwischen Geopolitik und Migration nachgegangen werden. Dabei wird sich zeigen, dass die Parole vieler Geflüchteter – „nicht wir sind über die Grenze, sondern die Grenze ist über uns gekommen“ – durchaus zutreffend ist. Zugleich werden und wurden diese Grenzen nicht nur durch Kriege gesetzt, sondern auch ihre Praxis geopolitisch bestimmt: Deutschland und die EU versuchen weltweit mit diplomatischen, polizeilichen und militärischen Mitteln die Grenzregime in ihrem Sinne zu strukturieren. Die westlichen Regierungen stützen sich dabei ebenso wie in ihrer Handels- und Sicherheitspolitik auf Regime, die sich offenbar den Forderungen ihrer internationalen Partnern stärker verpflichtet fühlen, als den Interessen ihrer eigenen Bevölkerungen. Dafür stehen Rücknahmeabkommen ebenso exemplarisch wie Freihandelsabkommen.
Global betrachtet sind sie Ausdruck einer Krise der Demokratie, die sich durch gescheiterte und instrumentalisierte Aufstände der vergangenen Jahre vertieft hat. Diese eigentliche Krise wiederum ermöglicht ein anderes Verständnis für das global zunehmende Migrationsgeschehen.
Und im Anschluss:
ONE WAY TICKET TOUR
Pyro One, Spezial–K, Daisy Chain und Refpolk sind zusammen auf Tour und kommen ins Multi! Einlass ab 20.30 Uhr
Teile der „The Future Is Still Unwritten“ und „TickTickBoom“-Crew gemeinsam unterwegs, 4 verschiedene Acts auf der Bühne. Das heißt HipHop live & direct: Zeckenrap, Kopfstoff, international Connection und explodierende Herzen.
Infos: https://www.facebook.com/events/180488375641833
Bundesweite Demo 12. März | 13 Uhr | Roncalliplatz Köln
WORÜBER GESCHWIEGEN WIRD
Das Jahr 2016 hat in vielen Städten Deutschlands mit Übergriffen auf Frauen* begonnen – auch in Köln. Sexualisierte Gewalt gegen Frauen* ist in der Silvesternacht sichtbar geworden – unübersehbar in die öffentliche Debatte gezerrt.
Wieso plötzlich das mediale Interesse? Es ging dabei nicht vorrangig um die Benennung sexualisierter Gewalt, sondern um die vermeintliche Herkunft der Täter – und das unverhohlen rassistisch: Im Verlauf wurde schnell nicht mehr über Sexismus gesprochen, sondern über die Verschärfung des Asylrechts, Abschottung und Abschiebung.
Ein gängiges Fazit: Nicht der Sexismus in diesem Land sei das Problem, sondern die zu uns Geflüchteten. Jedoch: Sexismus ist nicht nach Deutschland eingewandert, Sexismus ist hausgemacht. Er findet statt – schon immer, ständig und überall. Sexismus findet sich strukturell in unterschiedlich hoher Entlohnung oder unterschiedlicher Belastungen, bspw. durch Kinderbetreuung wieder. Er findet sich ebenso in sexistischer Werbung und in den Seminaren von sogenannten „Pick-upArtists“, in den Männer lernen, wie sie Frauen* gegen ihren Willen verfügbar machen. Nicht gesprochen wird über sexualisierte Gewalt, die in den eigenen vier Wänden stattfindet. So werden 90% Prozent der Frauen* von Männern aus ihrem nahem Umfeld, Verwandten, Bekannten und (Ex-)Partnern vergewaltigt.
WORÜBER WIR SPRECHEN SOLLTEN
Statt sich in rassistischen Debatten über Täterschaft zu ergehen, sollte über die Funktion und Bedeutung von sexualisierter Gewalt und strukturellem Sexismus gesprochen werden – und das weltweit. Es sollte um den Rassismus und die andauernde Gewalt gegen Geflüchtetegehen, denn weiter gibt es täglich Anschläge gegen Unterkünfte.
Es muss über die Kriege gesprochen werden, an denen die BRD beteiligt ist. Über ihren brutalen Charakter, die Militarisierung nach Außen und Innen und ihre Fortsetzung in den Geschlechterverhältnissen. Diese Kriege vertreiben Menschen, zerstören ihre Lebensgrundlage und zwingen sie zur Flucht. Dafür trägt die menschenverachtende Politik der EU die Verantwortung – voran die BRD. Viele Frauen sind auf der Flucht und auf dem lebensgefährlichen Weg in Richtung Sicherheit in höchstem Maße sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Viele Frauen müssen zurückbleiben und werden durch die Beschlüsse der deutschen Bundesregierung, wie im Asylpaket II, in lebensgefährlichen Kriegsgebieten oder an Europas Außengrenzen der Gewalt überlassen. Denn die Asylrechtsverschärfung, die die Regierung als Reaktion auf die sexualisierte Gewalt verkaufen will, trifft in Wirklichkeit Frauen und Kinder weltweit am härtesten.
Innerhalb Deutschlands sind wir schon seit Jahren mit einem Backlash (also einem Rückschritt bei den feministischen Errungenschaften) konfrontiert. Dabei stellen Entwicklungen wie ungleiche Lohnbezahlung, Herdprämie, die Proteste der sogenannter Lebenschützer*innen, homo- und transphobe Mobilisierungen gegen sexuelle Bildung und Antidiskriminierungsarbeit an Schulen sowie die Akzeptanz sexualisierten Gewalt nur eine kleine Auswahl dar. Aktuell werden diese in rassistischen und antifeministischen öffentlichen Debatten deutlich. Rechtspopulistische Parteien und neonazistische Gruppierungen erfahren einen Aufschwung, werden hoffähig gemacht und benutzt, um eine rassistische Politik durchzusetzen.
WAS WIR FEIERN
Wir feiern kämpferische Frauen* und Frauen* in Kämpfen, die zeigen, dass eine solidarische, befreite Zukunft möglich ist. So beispielsweise die Frauen, die in der Revolution im syrischen Rojava aktiv sind.
Wir feiern alle, die in Frauenhäusern arbeiten oder Geflüchtete unterstützen.
Wir feiern all die mutigen Frauen, Lesben, Trans* und Inter*personen, die sich einer hierarchischen Geschlechterordnung widersetzen.
Wir feiern all Jene die Zäune überwunden haben und die Festung Europa kurzzeitig ins wanken gebracht haben – jetzt erst recht!
Organisieren wir uns global, ohne Grenzen!
Wir wollen eine herrschaftsfreie Gesellschaft ohne Ausbeutung, ohne Ausgrenzung, ohne densexistischen und rassistischen Normalzustand. Wir wollen Solidarität und Respekt untereinander.
Es lebe die Verschiedenheit!
Im Rahmen des internationalen Frauenkampftages wollen wir unseren Protest sowohl gegen Sexismus als auch Rassismus entschieden, laut und kämpferisch auf die Kölner Straßen tragen: Unser Feminismus ist antirassistisch – erst recht nach den Übergriffen der Silvesternacht.
Wir sehen uns bei der bundesweiten Demo am 12.3.2016 in Köln!
reclaimfeminism.org
Kein Platz für Neonazis, rechte Schläger*innen und Rassist*innen! Refugees Welcome!
Am Samstag, 27. Februar 2016 will die rassistische rechte Partei „PRO Deutschland“ um 15:00 Uhr auf dem Rathausvorplatz, in Wuppertal-Barmen, aufmarschieren. Dort wollen sie gegen geflüchtete Menschen hetzen. Gegen diese rassistische Stimmungsmache wird es in unmittelbarer Nähe es eine angemeldete Kundgebung geben.
In den vergangenen Wochen und Monaten gab es immer mehr Übergriffe gegen Geflüchtete und Brandanschläge gegen Unterkünfte für geflüchtete Menschen. Auch die rassistische Hetze nimmt zu – ob auf Facebook oder auf der Straße. Die Rassist*innen wollen die rassistische Stimmung in Teilen der Bevölkerung Deutschlands für sich nutzen und weiter anheizen.
Auch wenn sie es nicht (ganz) so offen sagen – da sie bemüht sind ein bürgerliches „Saubermann“-Image zu pflegen – wünschen sie sich auch in Wuppertal mindestens so pogromartige Aktionen wie in Heidenau bei Dresden am 21./22. August 2015.
Bereits Anfang 2016 fand sich ein Hinweis zur Kundgebung auf der Homepage von „PRO Wuppertal“. Im sozialen Netzwerk Facebook wirbt seit dem 31. Januar 2016 eine Gruppe „Asylstopp für Wuppertal“ öffentlich für die Kundgebung. Ein Blick ins Impressum verrät wer hinter der Gruppe „Asylstopp für Wuppertal“ steckt: „PRO Deutschland“. Mit dem Versuch nicht offensiv unter dem Namen der Partei „PRO Deutschland“ für die Kundgebung zu werben, erhoffen sich die „PRO“-Rassist*innen auch außerhalb des Parteiklüngels zu mobilisieren, betonen jedoch dabei, dass Mitglieder und Sympathisant*innen von neonazistischen Strukturen und Parteien angeblich unerwünscht seien.
Auf dem Facebook-Profil „Nationales Forum Wuppertal“ wird die Kundgebung ebenfalls öffentlich beworben. Laut Eigenaussagen wollen “Aktivisten” an der rechten Kundgebung teilnehmen. Um wen es sich dabei handelt ist offensichtlich. Das „Nationale Forum Wuppertal“ wird u.a. von Kevin Koch und weiteren Neonazis der Partei „Die Rechte“ betrieben. Diese Facebook-Seite wurde, nachdem das Unternehmen die Seite von dem Wuppertaler Kreisverband „Die Rechte“ löschte, aus Angst vor neuen Lösch-Aktionen unter dem Namen „Unabhängiger Beobachter Wuppertal“ ins Leben gerufen. Inzwischen wurde das Facebook-Profil in „Nationales Forum Wuppertal“ umbenannt.
Mit dem „Saubermann“-Image ist es aber bei den „PRO’s“ nicht weit her. So war der Sprecher der Remscheider „PRO“-Ratsgruppe, André Hüsgen, an einem Naziüberfall auf NS-Verfolgte bei einer antifaschistischen Gedenkfeier am ehemaligen KZ Kemna in Wuppertal-Beyenburg beteiligt und wurde wegen Fluchthilfe verurteilt. Hüsgen war ebenfalls Mitglied der neonazistischen NPD, saß für die NPD im Stadtrat von Ennepetal. Auch seine Lebensgefährtin, die Wuppertaler „PRO/REPUBLIKANER“-Fraktionsvorsitzende Claudia Bötte machte in einem NPD-Fernsehspot, Wahlwerbung für die NPD und ist wegen Wahlfälschung verurteilt.
Aber auch der desaströs gescheiterte „PRO“-Oberbürgermeisterkandidat Markus Stranzenbach, der frühere Vorsitzende der Jungen Union, träumt immer noch vom “Deutschen Reich” und macht keinen Hehl aus seiner Sympathie für die Waffen-SS und Wehrmacht.
Die „PRO“-Gruppen im Bergischen verfügen außerdem über nachweisbar gute Kontakte zu militanten Neonazikameradschaften und zur rassistischen Hooliganszene. Als Beispiel sei, die im Nazi-Hool-Milieu bestens verankerte, Sabine Twardokus genannt. Sabine Twardokus, die beratendes Mitglied für ihre Partei im Jugendhilfeausschuss der Stadt Wuppertal ist, nimmt fast an jeder rechten Hooligan-Veranstaltung in der Region teil.
Der Wuppertaler Kreisverband von „PRO Deutschland“ ist im letzten Jahr geschlossen von „PRO NRW“ zu „PRO Deutschland“ übergelaufen. Grund dürften weniger politische Differenzen sein – schließlich unterscheiden sie sich kaum, als interne Streitigkeiten über Posten.
Die angeblichen „Saubermänner und -Frauen“, die am 27. Februar gegen geflüchtete Menschen hetzen wollen, sind also ein Haufen unangenehmer und gewaltorientierter Rechter, Neonazis und Rassist*innen.
Egal hinter welchem Namen sich Rassist*innen verstecken – HoGeSa, „PRO Deutschland“, AfD, PEGIDA u.a. – überlassen wir ihnen weder Barmen, noch Heckinghausen oder irgendeinen anderen Ort für ihre ekelhafte und menschenverachtende Hetze.
Refugees Welcome!
Für globale Bewegungsfreiheit!
Rassistische Hetze stoppen!
von https://linksunten.indymedia.org/de/node/169289
Am Samstagmorgen den 11.04.2015 um 1.00 Uhr wurde ein Freund unseres Hauses, ein Antifaschist mit türkischem Migrationshintergrund, auf der Straße vor dem AZ von mehreren Tätern angegriffen und mit zahlreichen Messerstichen in den Rücken und zusätzlich mit stumpfer Gewalt lebensgefährlich verletzt. Er lag mit kurzer Unterbrechung 4 1/2 Wochen im Koma und wird von dem Nazi-Angriff bleibende Schäden davontragen. Wir grüßen unseren Freund an dieser Stelle aufs Herzlichste! Unsere Gedanken sind bei Dir und wir wünschen Dir weiterhin viel Kraft!
Die Täter sind Nazis, organisiert in der HoGeSa-Szene. Seit dem 5.Oktober 2015 wird vor dem Wuppertaler Landgericht gegen Patrick Petri (25), Thomas Pick (43) und Rolf Becker (38) wegen versuchtem Totschlags und gemeinschaftlicher Körperverletzung verhandelt. Für den morgigen 14 Verhandlungstag (03.02.2016) wird ein Urteil erwartet.
In unserer vierten Erklärung beleuchten und erläutern wir – bewusst ausführlich – Zusammenhänge und Hintergründe des mörderischen Naziangriffs, die uns bis heute bekannt sind bzw. weitergehende Fragen aufwerfen, insbesondere solche, die im Gerichtsverfahren gar nicht bzw. nur ansatzweise Erwähnung fanden. Mit dem Ende des Prozesses und der möglichen Verurteilung der Täter ist die öffentliche und politische Aufarbeitung / Aufklärung des gesamten skandalösen Geschehens des mörderischen Nazi-Angriffs noch lange nicht erledigt.
¡No pasarán! – Sie werden nicht durchkommen!
Faşizme Karşı Omuz Omuza! – Schulter an Schulter gegen Faschismus!
Aufgrund der Länge, zwecks besserer Lesbarkeit und Verständniserleichterung haben wir die vierte Erklärung in Themenblöcke aufgeteilt:
1. Täter:
– Pick
– Petri
– Becker
2. Tatablauf
5. Rettungseinsatz am Autonomen Zentrum
6. Polizei / Einsatzleitung /Ermittlungsbehörden
7. Vorladung wegen des Tatvorwurfs des versuchten Mordes an AZ-Besucher*innen
8. Zeugenschutz
9. Richter
11. Fazit
Mit „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) entstand 2014 ein neues Label für rassistische Mobilisierungen in Deutschland. Initiativ zur Gründung von HoGeSa wirkten Hooligans aus dem Kreis der GnuHonnters. Die Gruppe, deren Name von »New Hunters« (»Neue Jäger«) abgeleitet ist, entstand 2012 und sammelt mehrere hundert Hooligans aus ganz Deutschland. Ihr Credo fassten sie in einer Art Gründungserklärung zusammen: »Herstellung alter Werte, keine Antifa im Stadion und Meinungsfreiheit zurückgewinnen.« Bei der Entstehung von HoGeSa spielen soziale Netzwerke eine zentrale Rolle. Hier dienen sie allerdings ebenso zur Mobilisierung wie zur Vernetzung und Verfestigung der Kontakte zwischen Neonazis und rechten Hooligans. HoGeSas Ausgangspunkt, die Störung einer Veranstaltung des Salafisten Pierre Vogel am 07. Februar 2014 in Mönchengladbach, ähnelt durchaus den Aktionen der English Defence League (EDL). Die Schnittmenge der Gruppe mit dem klassisch neonazistischen Milieu ist von Anfang an offenkundig. Wie die EDL inszeniert sich HoGeSa einerseits als Opfer einer multikulturellen Mehrheitsgesellschaft, stellt aber andererseits bei ihren Demonstrationen aggressive Männlichkeit zur Schau.
Zwar beansprucht auch HoGeSa für sich, lediglich „Islamkritik“ zu üben, dass dies aber nur eine taktische Orientierung ist, um jenseits der rechten Szene ein möglichst breites Spektrum mobilisieren zu können, wurde spätestens im Oktober 2014 in Köln offensichtlich. Entgegen der Selbststilisierung als Opfer von Medien, linkem Mainstream, Migrant*innen, Überwachung und Überfremdung entlarvte sich HoGeSa im Jahr 2014 in Köln als das, was es ist: rechtes, rassistisches Tätervolk, das insbesondere antimuslimischen Rassismus schürt und ebenso Geflüchtete und Linke als Gegner fokussiert. Seit Oktober 2015 ist bekannt, dass der Verfassungsschutz, entgegen gegenteiliger Behauptungen, durch den Einsatz des V-Mann Roland Sokol von Anfang an detailliert über die als „HoGeSa“ bekannt gewordene Nazi-Hooligan-Bewegung informiert und in ihre Aktivitäten eingebunden war (siehe linksunten.indymedia.org/de/node/154693).
Wer sind die Täter in Wuppertal?
Zwei der Täter (Pick, 43 J. / Becker 39 J.) aus Wuppertal sind in etwa gleichen Alters wie der Täter des Angriff auf OB Henriette Reker am 17.Oktober in Köln und ebenso in den 90er Jahren politisch sozialisiert, der dritte Täter ist jünger, bewegt sich jedoch heute im gleichen Szenespektrum. Zu ihrem politischen Hintergrund kann u.a. gesagt werden, dass sie alle drei über enge Kontakte zu Mario Leisering verfügen, der seit 2014 Mitorganisator der verschiedenen größeren und kleineren Hogesa-Zusammentreffen ist. Alle drei besuchten neben HoGeSa-Veranstaltungen ebenso Pegida und / oder Pro NRW Demonstrationen und/ oder Aufmärsche der Partei „Die Rechte“. Im Folgenden dokumentieren wir bekannte Details zu den einzelnen Tätern:
– Pick
Thomas Pick, Sohn eines Wuppertaler Polizeibeamten, erscheint für uns als “Anführer bei der Tat”.
Vor Gericht zeigte sich der 43-Jährige Pick als Hardliner der Rechten Szene und hat sich nicht zur Tat eingelassen. Picks Kontakte in der Naziszene bestätigte der vorsitzende Richter bei Prozessbeginn dadurch, dass er den Kontakt zu “SS-Siggi” (Siegfried Borchardt – Borussenfront/Die Rechte Dortmund), Sturm 18 sowie der rechten Hool-Gruppierung “Berserker” erwähnte.
Pick war bestens in das rechte HoGeSa-Netzwerk eingebunden. Das zeigt seine aktive Teilnahme an Diskussionen in internen Chat-Gruppen (siehe “Whats-App”-Gruppe). Außerhalb der digitalen Vernetzung pflegt Pick persönliche Kontakte zu Mario Leisering aus Oberhausen, aber auch zu anderen HoGeSa-Nazis aus NRW, wie z.B. etwa Andreas Kraul. Außerdem hat er offensichtlich Kontakt zur lokalen Wuppertaler Alt-Hooliganszene. An einem der Prozesstage erschien Pick in Begleitung von Nadine Ten Wolde.
Pick nahm am 27. Oktober 2012 an einer PRONRW-Demonstration gegen den Moscheeneubau der DITIB in Wuppertal-Elberfeld teil. An dieser Demonstration beteiligte sich auch Dominik Roeseler (Pressesprecher von „Gemeinsam Stark Deutschland (GSD)“, Anmelder der Kölner HoGeSa-Demonstration am 26. Oktober 2014 und derzeitiger stellvertretender PRONRW-Vorsitzender) sowie die „German Defense League“ (GDL). Wenig glaubhaft versuchte sich im Nachhinein der stellvertretende Vorsitzende und Stadtverordnete Gerd Wöll von der Fraktion PRO Deutschland/DIEREPUBLIKANER von der Teilnahme Pick’s zu distanzieren.
Thomas Pick wohnte bis vor einigen Jahren in der Wuppertaler Nordstadt. Von Anfang April 2014 bis Oktober 2014 saß er im Gefängnis, danach wohnte er in der Innenstadt von Wuppertal-Elberfeld.
Thomas Pick war unter den über 50 Personen aus dem HoGeSa-Spektrum, die sich am Abend des 18. Januars 2015 in Köln versammelt hatten, um die öffentliche Gedenkveranstaltung anlässlich des 14 Jahre zuvor verübten NSU-Bombenanschlags in der Probsteigasse anzugreifen. Glücklicherweise wurde die Gruppe kurz vor Erreichen des Zieles zufällig entdeckt und für 29 Personen endete die Aktion zirka 150 Meter vom südlichen Ende der Probsteigasse im Polizeikessel. Bei der Durchsuchung der Personen fand die Polizei Pfefferspray, Quarzsandhandschuhe, einen Elektroschocker sowie allerlei Protektoren. Der restliche Teil der Gruppe flüchtete von der Polizei unerkannt in die umliegenden Seitenstraßen.
Nach der Tat am 11. April 2015 war Pick 10 Tage auf der Flucht, obwohl die Polizei wußte wo er sich aufhielt. Stationen waren die Wohnorte von von Tanja Weinhold, Tanja Greulich und später bei Werwitzki in Dortmund. Obwohl schnell relativ klar war, dass Pick an der Tat beteiligt war, konnte er sich nach 10 Tagen freiwillig bei der Polizei stellen (zu der Art und Weise der Vernehmung werden wir im Teil zur Polizei schreiben). Danach folgte keine Festnahme und U-Haft.
– Petri
Seit dem 14. April sitzt der 25-Jährige Patrick Petri als Hauptbeschuldigter in U-Haft. Er wuchs im hessischen Dieburg auf, wohnte vor der Tat in Wuppertal und absolvierte bis zu diesem Zeitpunkt eine Jobcenter-Umschulungsmaßnahme zum Koch in der Bildungseinrichtung E.D.B. (Erfolg durch Bildung) in Velbert. Petri ist u.a. vorbestraft wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen von ehemaligen nationalsozialistischen Organisationen (§§86a) sowie wegen schwerer Körperverletzung.
Patrick Petri bewegt sich schon seit mehreren Jahren in der Naziszene. Er war NPD-Mitglied und zwischenzeitlich Schatzmeister der NPD Krefeld. Engen Kontakt zu Mario Leisering aus Oberhausen, der aktuell zu den führenden HoGeSa-Nazis in NRW gehört, hat er bereits seit mehreren Jahren. Nach einem seiner JVA-Aufenthalten, wo er bei der Essensausgabe wegen rassistischen Äußerungen auffiel, zog er nach Oberhausen. Dort war er beim „Freien Widerstand Oberhausen“ aktiv.
Am 30. Mai 2011 nahm Patrick Petri an einem Naziaufmarsch in Enschede (Niederland) teil. Dort trug er zusammen mit Leisering das Transparent vom „Freien Widerstand Oberhausen“. Spätestens seit diesem Zeitpunkt hat Patrick Petri Kontakte zu Teilen der Wuppertaler Nazistruktur „Nationale Sozialisten Wuppertal“ (heute „Die Rechte Wuppertal“). An der Demonstration nahmen u.a. Marius Dörschel (Freundeskreis Rade), Daniel Borchert (Nationale Sozialisten Wuppertal, heute „Die Rechte“) und Paul Breuer (FN Köln & Angeklagter im AB Mittelrhein-Prozess) teil. Auf der Rückfahrt von dieser Demonstration randalierten mehrere Nazis, so dass sie in Rheine von der Polizei in Gewahrsam genommen wurden. Unter ihnen befand sich neben Patrick Petri, Mario Leisering und Nazis vom „Freundeskreis Rade“ aus Radevormwald auch Daniel Borchert. Daniel Borchert ist ein langjähriges aktives Mitglied der Wuppertaler Nazistruktur und stand auf der „Die Rechte“-Kandidat*innenliste für die Europawahl 2013.
Patrick Petri besuchte am 15. November 2014 die HoGeSa-Kundgebung in Hannover und am 14. März 2015 die PEGIDA-Demonstration in Wuppertal. Ein Foto aus dem Internet zeigt Patrick Petri wie er hinter dem HoGeSa-Transparent den Hitlergruß zeigt. Links neben ihm ist Mario Leisering aus Oberhausen zu sehen. Ob Petri zu den 50 Personen gehört, gegen die nach der PEGIDA-Kundgebung am 14. März ein Ermittlungsverfahren läuft, bleibt dennoch zu bezweifeln.
– Becker
Beim dritten Täter handelt es sich um den 39-Jährigen Rolf Becker aus Remscheid. Becker bewegt sich in der Hooligan-Szene von „Borussia Mönchengladbach“ und dem „FC Remscheid“, nennt sich auf Facebook „Rollo KC“ und pflegt Kontakte zu HoGeSa-Anhängern wie z.B. Andreas „Kalle“ Kraus aus NRW. Wie Patrick Petri besuchte Rolf Becker am 15. November 2014 die HoGeSa-Kundgebung in Hannover und am 14. März 2015 die PEGIDA-Demonstration in Wuppertal. Weitere Antifa-Recherchen in Zusammenhang mit dem Probsteigasse-Angriffsversuch ergaben, dass Becker ebenfalls am versuchten HoGeSa-Naziangriff in Köln beteiligt war.
Bezüglich der mörderischen Tat am 11. April 2015 gibt es in den folgenden Tagen Verbindungshinweise zur Partei “Die Rechte” und Mario Leisering von HoGeSa sowie der Vereinigung “Old School Society” (OSS). Auf der Facebook-Seite von “Die Rechte Wuppertal” veröffentlichte Mario Leisering am 13. April 2015 einen Post, in dem er seinen Freund Patrick Petri grüßt, einen Angriff von nur 3 Personen auf das Autonome Zentrum schützend negiert und beschreibt, dass HoGeSa bei einem gezielten Angriff auf das Autonome Zentrum in Wuppertal mit mindestens 100 HoGeSa-Nazis aufgelaufen wäre. (vgl.www.vice.com/de/read/rechte-hools-haben… Auf der Facebook-Seite der “Old School Society” (OSS) erschien bereits am Nachmittag des 11. April ein Post mit Zitaten der Pressemeldung der Wuppertaler Polizei zum Nazi-Angriff. Nach bundesweiten Razzien und 4 Festnahmen am 6.Mai 2015 hat die Bundesanwaltschaft im Januar 2016 wegen “Gründung einer terroristischen Vereinigung” und „Vorbereitung von “Sprengstoffanschlägen” Anklage erhoben. Der Erstellungszeitpunkt dieses Facebook-Beitrages der OSS ist noch vor dem Post von Mario Leisering auf der Facebook-Seite vom „Die Rechte – Kreisverband Wuppertal“ und vor der ersten Meldung des Autonomen Zentrums Wuppertal zu den Geschehnissen. (linksunten.indymedia.org/de/node/143738)
Die „Oldschool Society“ hat auch Strukturen in NRW (antifabochum.noblogs.org/2015/05/rechte….
Bei Petri, Pick und Becker von einer “Nazi-Vergangenheit”, einem “Ausstieg aus der Rechten Szene” oder ähnlichem zu sprechen, wie die drei Täter es selbst vor Gericht versuchen oder von “drei Männer, die jedenfalls früher zur rechten Szene gehört haben sollen”, wie die Staatsanwaltschaft Wuppertal es in ihrer Pressemitteilung zum Prozessbeginn formulierte oder von “mutmaßlich rechtsorientierten Täter”, wie die Wuppertaler Polizei in ihrer beschränkenden Verfügung vom 28.01.2016 noch weiterhin tut, stellt den kläglichen Versuch dar, einen politisch motivierten, mörderischen Angriff zu einer zufälligen Auseinandersetzung abzustufen und den politischen Hintergrund zu negieren.
Wir fragen:
- Was ist die Absicht hinter der Verleugnung des politischen Hintergrunds der Täter?
- War einer der Täter Zuträger oder V-Mann einer Sicherheitsbehörde?
- Was ist den Sicherheitsbehörden / der Wuppertaler Polizei bekannt zu den Verbindungen der Täter und des Täterumfelds zu weiteren rechtsterroristischen Vereinigungen?
Die Tat muss als einer der schwersten Angriffe von HoGeSa- Nazis 2015 eingeordnet werden. Der Ablauf des Tages bzw. des Abends der Nazis vor und nach der Tat stellt sich bislang folgendermaßen dar: Es wurde sich in der Wohnung des Täters Thomas Pick in der Elberfelder Innenstadt mit Patrick Petri und Rolf Becker getroffen. Ein Anlass dieses Treffens soll nach Aussage von Petri und Becker gewesen sein, für die anstehende Fahrt auf die geplante Hogesa-Nazi-Demo in Karlsruhe am 19. April 2015 das Fahrgeld einzusammeln, um dieses an Mario Leisering weiterzuleiten. Der Nachmittag / frühe Abend wurde nach Aussagen von Petri gemeinsam an der Wupper, genauer am Islandufer verbracht, um im Anschluss wieder in die Wohnung Pick zurückzukehren. Bereits hier war die vierte Person Tanja Weinhold nach Aussagen des Gerichts ebenfalls anwesend. In der Wohnung wurde der Plan besprochen ins Autonome Zentrum zu gehen, sich dafür unauffällig zu kleiden sowie sich mit mindestens einem Messer und einem Teleskopschlagstock zu bewaffnen. Die drei Hogesa-Nazi-Täter Pick, Petri und Becker waren im AZ und Tanja Weinhold war zwischenzeitlich ebenfalls kurz anwesend. Sie fielen nur einigen AZ-Besucher*innen durch unangemessenes Verhalten (z.B. zu große körperliche Nähe am Kicker, Frauen anstarren, gemeinsamer Gang aufs Frauenklo, Versuche Räume anzugucken) auf. Dies trug jedoch zunächst keine direkten Konsequenzen nach sich. Als Nazi wurde Thomas Pick durch den nachkommend eintreffenden Freund des AZ, das spätere Opfer, aufgrund einer weiter zurückliegenden Bedrohung an einem anderen Ort erkannt und zunächst AZ-intern benannt. Ca. zeitgleich haben sich Pick, Petri und Becker am Ausgang des AZ aufgehalten und wurden sodann darauf hingewiesen, dass sie nicht mehr reinkommen, da mindestens einer von ihnen eine Nazi-Vergangenheit habe. Die drei Täter fingen über den Umstand des Hausverbots Streit an in dessen Verlauf T. Pick P.Petri mit zweimaligem unauffälligem Zeichen geben über anstoßen mit der Hand aufforderte gemeinsam loszuschlagen. Dies geschah mit dem zeitgleichen Ruf: „Wir sind Hogesa!“ , den unbeteiligte Augenzeug*innen im Gericht bestätigten. Thomas Pick griff eine*n gegenüberstehende*n AZ-Besucher*in frontal an und zog einen Teleskopschlagstock. Patrick Petri griff unseren Freund direkt mit dem Messer an. Becker zog Pick aus dem Eingang des AZ heraus. In der Annahme alle AZ Besucher*innen befinden sich im AZ, ist aus Schutz vor den Hogesa-Nazi-Angreifern die Eingangstür zugezogen worden, ohne sehen zu können, dass sich unser Freund noch auf der Strasse vor der Tür befand, ein folgenschweres Versehen, dass dazu führte, dass er mit den drei Tätern allein war. Nach unabhängigen Augenzeug*innenberichten sind die drei Täter zu dritt weiter auf unseren Freund losgegangen und schlugen, traten und stachen mit dem Messer auf ihn ein als dieser bereits schutzlos am Boden lag, ein unabhängiger Fensterzeuge sprach in diesem Zusammenhang von einem sogenannten Stiefelkreis. Patrick Petri hat sich nach Erkenntnissen im Verfahren beim brutalen führen des Messers auf unseren Freund mit seinem eigenen Messer verletzt. Als sich das Tatopfer nicht mehr regte flüchteten die drei Täter gemeinsam, Zeug*innen beschreiben noch einen Ruf: „Vergiss nicht das Messer“ und „Verrecke du linke Sau“. Auf der anderen Straßenseite standen zu diesem Zeitpunkt nach Zeug*innenaussagen einige Leute, die von der später eintreffenden Polizei nie als Zeug*innen ermittelt bzw. vernommen worden sind. Unerkannt und unverfolgt flüchteten Petri, Pick und Becker gemeinsam über die Gathe in die Wohnung von Pick. Spätestens hier trafen sie wieder auf Tanja Weinhold. Gemeinsam wurde eine Geschichte eines Überfalls gesponnen, die Tanja Weinhold in der Rolle der „unbeteiligten Passantin“ der selbst gerufen Polizei vorgelogen hat. Patrick Petri wurde mit einem gerufenen Rettungswagen ins Helios-Klinikum gebracht, wo er medizinisch versorgt wurde und von der Polizei zunächst noch in der Nacht gegen 2.40 Uhr als Zeuge vernommen worden ist. Zu der Art und Weise der Vernehmung berichten wir unter dem Punkt Polizei, hier nur soviel: der vernehmende Beamten wusste bereits zu diesem Zeitpunkt durch vorherige Abfrage, dass Petri “der Rechten Szene zuzuordnen” sei.
In den ersten Presseberichten hieß es, dass eine unabhängige Zeugin den Täter Patrick Petri nach seiner Flucht vom Tatort des Autonomen Zentrums an den City Arkaden entdeckt hat und die Polizei anrief. Das ist eine falsche Annahme gewesen, basierend auf Aussagen der Wuppertaler Polizei und Staatsanwaltschaft.
Im Verlauf des Prozesses hat sich herausgestellt, dass die scheinbare „Passantin“ Tanja Saure Weinhold (38 Jahre, Wuppertal-Langerfeld), die den Täter Patrick Petri vor den City Arkaden in der Elberfelder Innenstadt verletzt gefunden haben soll und daraufhin die Polizei alarmierte, im Verlauf des gesamten Abends mit den drei Tätern Pick, Petri und Becker in Kontakt stand bzw. sich mit ihnen gemeinsam bewegte.
Sie war anwesend bei der Planungsbesprechung und Bewaffnung in der Wohnung des Täters Thomas Pick. Sie war zwischenzeitlich am Tatabend im AZ mit den drei Tätern zusammen. Im Anschluss an die mörderische Tat, nach der die Täter Pick, Petri und Becker unerkannt und unverfolgt geflohen sind, war sie mit den Tätern in der Wohnung Pick.
Der Täter Petri, der sich selbst mit seinem eigenen Messer an Oberschenkel und Hand verletzt hat (oder war es einer seiner Freunde?), wurde von Pick, Becker und Weinhold in der Wohnung behandelt und in der Folge an den City Arkaden abgesetzt. Tanja Weinhold hat in Absprache mit den angeklagten Tätern die Polizei gerufen und eine fingierte Geschichte über den Fund Petris in der Stadt sowie eine gemeinsam erlogene Darstellung über einen Überfall in der Innenstadt der Polizei geschildert.
Tanja Weinhold ist zumindest eine Mitwisserin. Nach Zeugenaussage der langjährigen Ex-Lebensgefährtin von Thomas Pick Roswitha S. und ihrer Tochter im laufenden Prozess, ist Tanja Weinhold nach eigener Aussage von Pick ihnen gegenüber die einzige, die ihm „das Genick brechen könnte“.
Tanja Weinhold soll nach Aussage des Gerichts verschiedene Versionen des Ablaufs in der Tatnacht bei der Polizei ausgesagt haben, die sich in den Akten des Prozess befinden und im laufenden Verfahren nicht genauer thematisiert worden sind. Auch soll sie bereits im Vorfeld von Pick bedroht worden sein.
Weinhold war am 4.12. als Zeugin geladen. Sie gab an seit 11.11.2015 mit dem HoGeSa-Nazi Thomas Pick verlobt zu sein. Im gleichen Satz sagte sie, dass es hierfür Zeug*innen gäbe. Sie verweigerte daraufhin jede weitere Aussage.
Am 18.01.16. haben Thomas Pick und Tanja Weinhold geheiratet. Staatsschutz bzw. Sicherheitsbehörden – die auch den Prozess intensiv verfolgen – waren Teil der Hochzeitsgesellschaft und am Standesamt anwesend. Vor Gericht hatten sie angegeben künftig „Saure“ als Ehenamen führen zu wollen. Auf dieses durchsichtiges Verschleierungsmanöver haben wir keine Lust, daher werden die beiden im Folgenden immer mit allen drei Nachnamen Saure, Pick, Weinhold benannt.
Ob Tanja Weinhold von Thomas Pick unter Druck gesetzt wurde, die Ehe einzugehen oder, ob sie dies freiwillig tat, um nicht gegen ihn aussagen zu müssen ist letztlich unerheblich. Fakt ist, sie hätte ihn zusätzlich vor Gericht belasten können, hat sich aber entschieden den Mordversuch mit zu decken. Sie ist mindestens Mitwisserin, wenn nicht gar Mittäterin.
Wir fragen:
- Inwieweit wusste Tanja Saure Weinhold im Vorfeld von der Tat?
- Welche Aussagen hat Tanja Saure Weinhold bei der Polizei getätigt, die den Täter Pick schwer belasten?
- Welche Aufgabe hatte der Staatsschutz bzw. Sicherheitsbehörden bei der Hochzeit von Pick und Weinhold am 18.01.2016?
Im bereits angelaufenem Verfahren meldete der Staatsanwalt im Gericht, ihm sei vom Staatsschutz Wuppertal, namentlich Herrn Böttcher, eine Akte übergeben worden, die möglicherweise etwas mit dem Tatkomplex zu tun habe. Dem Staatsanwalt war über eine solche Akte im Vorfeld des Verfahrens laut eigenen Aussagen nichts bekannt, sie lag also zum Zeitpunkt der Ermittlungen der federführenden Ermittlungsbehörde scheinbar nicht vor.
Das Gericht erhielt diese Akte zur Einsichtnahme und verkündete an einem anderen Prozesstag, dass es in dieser Akte um Chat-Protokolle von WhatsApp-Gruppen gehe u.a. mit dem Namen „Angriffsparty“. Der Angeklagte Pick sei Mitglied dieser WhatsApp-Gruppen und an diesen Chats aktiv beteiligt ebenso wie Thomas Otten, Dennis Stedile und Marcel Vierke. Der Abschnitt zu Wuppertal sei nur ganz kurz und das Gericht habe noch nicht entschieden, ob diese Akte hinzugezogen werden soll.
Zunächst erhielten alle Verfahrensbeteiligten (Gutachter, Nebenklageanwältin, Verteidiger der Angeklagten) Einsicht in die Akte und dieser Themenkomplex wurde nicht weiter behandelt. Am letzten Prozesstag, kurz vor Abschluss der Beweisaufnahme wurde ohne weitere Begründung die sogenannte „WhatsApp-Akte“ in kleinen Auszügen den Prozess eingeführt.
Im Folgenden erläutern wir unsere Erkenntnisse zum WhatsApp-Akten-Komplex:
Wie bereits oben unter dem Punkt Täter beschrieben, war Thomas Pick am Abend des 18.01.2015 am versuchten Angriff auf eine Gedenkveranstaltung anlässlich des 14 Jahre zuvor verübten NSU-Bombenanschlags in der Probsteigasse in Köln beteiligt.
Am 21.01.2015 ergeht eine richterliche Anordnung zur Hausdurchsuchung bei Thomas Pick zwecks Feststellung von 2 Handys, die jedoch nicht durchgeführt worden ist, da T. Pick an seiner Wohnung nicht angetroffen worden sei, jedoch im folgenden dazu stieß und 2 Handys ‚freiwillig’ abgibt.
Am 23.01.2015 wurde der Staatsschutz Wuppertal über den Vorgang informiert und erhielt eine Zusammenfassung. Die darauf folgende Vernehmung Pick durch den Vernehmungsbeamten des Wuppertaler Staatsschutzes Böttcher war oberflächlich, dünn ohne unbequeme Fragen und ohne weitere Erkenntnisse. Auf den Vorhalt Böttchers der Vorbereitung eines Anschlags, stritt Pick ein solches Vorhaben ab, kann sich nicht erklären woher solche Informationen stammen und fragt den Vernehmungsbeamten Böttcher dazu. Dieser sagt es gebe Chat-Protokolle. Daraufhin erklärt Pick Böttcher, dass sie darüber gechattet hätten wo Autonomen Zentren sind und der, der danach gefragt habe, sei einer der bei HoGeSa “das Sagen hat” und die Aktionen plant. Warum dieser so etwas wissen wollte, habe er (Pick) nicht gefragt und wie der hieße wisse er nicht, nur der Spitzname wäre bekannt. Auf diese Aussage hin stellte der Staatsschutzbeamte Böttcher keine weiteren Fragen, nicht einmal den Spitznamen wollte er wissen! Das Vernehmungsprotokoll schließt mit der Bemerkung Böttchers, dass Pick durchgehend kooperativ gewesen sei.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt wusste die Staatsschutzabteilung der Wuppertaler Polizei vom Autonomen Zentrum Wuppertal als ein Angriffsziel einer Gruppe von 100 in einer WhatsApp-Gruppe namens „Angriffsparty“ vernetzter gewaltätiger HoGeSa-Nazis.
Thomas Pick brachte in diese Chat-Gruppe den Vorschlag des Angriffs auf das Autonome Zentrum in Wuppertal ein. Der Zeitpunkt eines Angriffs an dem unser Haus (AZ) gut besucht sein könnte (Öffnungszeiten und Konzerte) sowie die Art eines Angriffs (mit vielen Leuten hin bis zum Brandsatz werfen) wurden offen in der Chat-Gruppe diskutiert.
Als weiteres Ziel wurde das Linke Zentrum „Hinterhof“ in Düsseldorf erwähnt. Dies ergibt sich aus dem kurzen Abschnitt des Chat-Protokolls, der im Gericht verlesen wurde und aus dem Plädoyer der Anwältin der Nebenklage.
Was in den anderen WhatsApp-Gruppen mit den Namen “Arische Rasse 88”, “Hogesa Bergisches Land”, “Antifa-Feier sprengen” usw. geschrieben worden ist, ist bisher nur den Behörden bekannt, nicht jedoch der Öffentlichkeit geschweige denn den von der akuten Bedrohung Betroffenen.
Die Akte wird am 28.02.2015 geschlossen, ohne dass etwas weiteres damit geschieht.
Es gab zu keiner Zeit eine Warnung an das Autonome Zentrum Wuppertal bzw. linke Zentren von Seiten irgendeiner Behörde.
Von Beginn an waren wir uns sicher, dass die Täter das Autonome Zentrum als Ort eines Angriffs ganz bewusst aufgesucht haben (vgl. zweite Erklärung) aufgrund unser unablässigen Organisierung und Mobilisierung gegen rassistische Zustände und Naziumtriebe jedweder Art. Das war zum damaligen Zeitpunkt überdies ein logischer Schluss aus dem Wissen über Gewalttätigkeiten und Vernetzungen der verschiedenen und ineinandergreifenden Naziszenen und der Selbstenttarnung des NSU 2011.
Aus heutiger Sicht stellt sich klar heraus, dass es Planungen und Verabredungen zu Angriffen auf linke Zentren aus Reihen organisierter Nazis aus dem HoGeSa – Spektrum, womöglich vernetzt mit weiteren organisierten Nazistrukturen zumindest aus NRW, gegeben hat und gibt. Dieses geschah mit konkretem Wissen der Polizei, die zu keinem Zeitpunkt die Betroffenen darüber informiert, bzw. gewarnt geschweige denn geschützt hat sondern vielmehr durch Verschweigen ihres Wissens den Tätern ermöglicht unerkannt zu handeln.
Wir fragen:
- Wer hat die Beschlagnahmung der Handys veranlasst?
- Was war der Anlass zur richterlichen Verordnung zur Beschlagnahmung der Handys von Pick?
- Sind von noch mehr Handys der Angreifern des 18. Januars in Köln beschlagnahmt und ausgewertet worden? - Welche Erkenntnisse liegen daraus vor?
- Sind neben der Polizei weitere staatliche Behörden in diesen Vorgang verwickelt?
- Sind V-Männer in den WhatsApp-Gruppen aktiv gewesen?
- Wenn ja, wie viele?
- Gab es bereits vor dem 18.Januar Erkenntnisse aus den verschiedenen WhatsApp-Gruppen z.B. bezüglich des versuchten Angriffs am 18. Januar?
- Warum sind die Ermittlungen zum 18. Januar in Köln eingestellt worden?
- Warum sind die Betroffenen / das Autonome Zentrum Wuppertal nicht über Planungen von Angriffen auf sie informiert worden?
- Warum lag die Akte zum Zeitpunkt der Ermittlungen, spätestens seit bekanntwerden der Tatbeteiligung Thomas Pick der federführenden Staatsanwaltschaft und dem Remscheider Vernehmungsbeamten Baron von Thomas Pick nicht vor? -
- Wer hat entschieden, dass die Akte tatenlos geschlossen wird? -
- Was hat den Beamten des Wuppertaler Staatsschutzes Böttcher veranlasst, die „WhatsApp-Akte“ in das laufende Gerichtsverfahren nachzureichen?
5. Rettungseinsatz am Autonomen Zentrum
Spätestens am 5. Verhandlungstag wurde es über deutlich: Die Rettungskräfte wurden von der Polizei vom lebensgefährlich verletzten Opfer des Messerangriffs wegbeordert!
Bereits mehrere Zeug*innen hatten ausgesagt, dass die Rettungskräfte kurz nach ihrem Eintreffen die Behandlung wieder abbrechen mussten, weil sie von der Polizei abgezogen wurden. Dies hat sich nun durch die Aussage des erstbehandelnden Rettungsassistenten eindeutig bestätigt. Die Besatzung des durch die AZ-Besucher*innen herbei gerufenen RTW wurde nicht nur unmittelbar ins Autonome Zentrum (AZ) gelassen, vielmehr seien sie bereits an der Straße eilig herbei gewunken und direkt zu dem lebensgefährlich Verletzten geführt worden, laut Aussage des Rettungsassistenten zu sechst: sein Kollege, er und vier uniformierte Streifenbeamte. Worauf sie unmittelbar und ungehindert mit der rettungsdienstlichen Erstversorgung beginnen konnten, bis sie plötzlich und für sie nicht nachvollziehbar durch die zeitlich später eingetroffene Einsatzleitung vom Opfer wegbeordert wurden.
Selbst der verwunderte Richter musste trotz mehrfachen Nachfragens schließlich konstatieren, dass sowohl den Rettungskräften als auch den zeitgleich eintreffenden Polizist*innen der Zutritt zum AZ nicht verweigert wurde und sie zusammen mit den Rettungskräften ungehindert zu dem lebensgefährlich verletzten Freund des Hauses geleitet wurden.
Nachdem die Rettungskräfte vom Schwerstverletzten abgezogen und von der Polizei nicht mehr ins AZ gelassen wurden, habe die etwas später eingetroffene Notärztin angeregt, dass zur Not der Patient auch durch die Polizei aus dem AZ gebracht werden könne, damit die weitere rettungsdienstliche Notfallversorgung fortgesetzt werden könne. Woraufhin die Polizist*innen zunächst versuchten den lebensgefährlich Verletzten auf einer Trage abzutransportieren. Die Trage passte jedoch nicht um die enge Ecke und so wurde der Schwerstverletzte anscheinend von Polizist*innen gepackt und ohne Trage aus dem AZ befördert. Diese Schilderung, die sich wie bereits erwähnt, in zahlreichen bisher erfolgten Zeug*innenaussagen wiederfindet, offenbart in aller Deutlichkeit, dass Fehlverhalten der Polizei in dieser Nacht.
Wir fragen:
- Wer hat die Rettungskräfte von unserem Freund abgezogen?
- Wer hat die Lageeinschätzung getätigt?
- Auf welcher Basis / Erkenntnis wurde diese Lageeinschätzung getätigt?
- Wer waren die ersten Polizeibeamten vor Ort?
- Warum findet sich über die eingesetzten Beamten nichts in der Akte?
6. Polizei / Einsatzleitung /Ermittlungsbehörden
Der folgende Abschnitt ist in drei Blöcke unterteilt: das Handeln der Polizei am Tatabend, Presse- und Öffentlichkeitsinformation der Wuppertaler Polizei und Vernehmung der Täter durch Vernehmungsbeamte der Polizei.
Das Handeln der Wuppertaler Polizei am Tatabend
Reflexhaft funktioniert bei der Wuppertaler Polizei das Feindbild gegen Links bzw. gegen Antifaschist*innen. Im Anschluss an den Angriff der drei HoGeSa-Nazis agierte die Wuppertaler Polizei eskalierend und unprofessionell, die Beamt*innen der Elberfelder Hauptwache Hofkamp handelten wie folgt:
- Während der Notfallversorgung wurde das AZ von Polizeibeamt*innen gestürmt.
- Die vom Nazi-Angriff unter Schock stehenden, sich in einer psychologischen Ausnahmesituation befindende Besucher*innen des Autonomen Zentrums wurden mit Schlagstöcken und Pfefferspray bedroht – diese wurden jedoch nicht zum Einsatz gebracht -.
- Die Einsatzleitung des Abends beordert die bereits mit der Notfallrettung unseres Freundes beschäftigten Rettungssanitäter von dem Schwerverletzten weg mit dem Befehl: “Alle Rettungskräfte raus!”. Sie nahm dabei eine Verschlechterung des höchst-kritischen Gesundheitzustands des lebensgefährlich verletzten Opfer des mörderischen Naziangriffs billigend in Kauf.
- Ermittlungen und Spurensicherungen in der Tatnacht und am darauf folgenden Morgen konzentrierten sich offensichtlich ausschließlich nur auf Zeug*innen bzw. Besucher*innen aus dem AZ.
- Unabhängige Zeug*innen, die sich auf der anderen Straßenseite aufhielten wurden nicht ermittelt geschweige denn befragt.
- Die eingesetzten Beamten trampelten ohne Rücksicht durch alle Spuren vor der Tür.
- Anstatt mit einem direkt vor Ort angebotenen Schlüssel alle Räume im Haus zu betreten, wurden zwecks „Tatortsicherung“ fast alle Türen des Autonomen Zentrums eingetreten und zerstört.
- Fluchtwege von Tätern wurden nicht überprüft.
- Zeug*innen und Ersthelfer*innen aus dem Autonomen Zentrum wurden teilweise bis zum nächsten Mittag in Polizeigewahrsam festgehalten bzw. als Beschuldigte festgenommen.
- Ein „blutverschmiertes Messer“, womöglich die Tatwaffe, wurde erst am Montag von der Polizei sichergestellt.
Presse- und Öffentlichkeitsinformation der Wuppertaler Polizei
Es gibt 2 Arten von Lügen:
- Fälschen und Präsentieren falscher Informationen, so als seien sie wahr
- und Verheimlichen und Weglassen wahrer Informationen.
Die Wuppertaler Polizei bediente sich beider Taktiken, nicht um die Öffentlichkeit mit ihren Informationen zu informieren, sondern um diese in ihrem Interesse zu beeinflussen. Aufheizen ist hier wohl das passendere Wort.
In ihrer ersten Pressemitteilung spricht die Polizei von einer „Auseinandersetzung“. Diese falsche Wortwahl kennen wir bereits aus dem geplanten Überfall von Wuppertaler Nazis auf Besucher*innen des Vohwinkler Flohmarkts und aus dem überregional organisierten Nazi-Überfall auf eine Vorstellung des Medienprojekts Wuppertal im Cinemaxx. Damals wie bis heute wird bewusst suggeriert, dies sei ein beidseitiger Konflikt zwischen „Rechts“ und „Links“, anstatt eindeutig die brutale einseitige schwere Verletzungs- und dieses mal Tötungsabsicht von Nazis zu benennen. Dieses Vorgehen muss als Opfer-Täter-Umkehr bezeichnet werden.
Weiterhin erzählte die Polizei die Geschichte ihres Einsatzes am AZ in verschiedenen Versionen:
In der ersten Pressemitteilung verlautbaren sie: „Bei Eintreffen der Rettungskräfte wurden Polizeibeamte und Rettungswagenbesatzungen im Gebäude von mehreren Angehörigen der linken Szene angegriffen und der Zutritt verwehrt. Erst durch den Einsatz von Pfefferspray und mittels Schlagstock konnten die Einsatzkräfte den Verletzten zur weiteren ärztlichen Versorgung aus dem Gebäude retten.“ (Pressemitteilung der Polizei Wuppertal 11.04.2015 – 08:58)
In der Lokalzeit vom 11.04.2015 behauptet die Polizeisprecherin Anja Meis: „es gab Widerstandhandlungen, dass heißt wir mussten unter Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock in das Gebäude.“ (Lokalzeit vom 11.4.2015)
In der Lokalzeit vom 13.04.2015 wird die Geschichte ebenfalls durch die Polizeisprecherin Anja Meis wieder anders erzählt:„Die Kollegen sind in das Gebäude rein. Es gab Rangeleien und Schubsereien. Und da musste man auch zwischendurch wieder rausgehen, sich sammeln. Die verletzte Person konnte aber aus dem Gebäude gebracht werden und wurde dann aber weiter behandelt.“
Die verschiedenen Erzählungen der Polizei zeigen deutlich, dass hier absichtlich und berechnend Falschdarstellungen in Umlauf gebracht werden, die von der Presse zu diesem Zeitpunkt durchweg ungeprüft übernommen worden sind und so ein Bild von Besucher*innen des Autonomen Zentrums gezeichnet worden ist, als seien diese ein Haufen “Durchgeknallter”, die lieber gegen die Polizei kämpfen, als sich um ihren lebensgefährlich verletzten Freund zu kümmern. Es wurden mutwillig AZ-Besucher*innen / Antifaschist*innnen von Seiten der Polizei verleumdet.
In dem Wissen, dass die zusammengelogene Geschichte über die Geschehnisse der Nacht womöglich nicht haltbar sein wird, verbreitet die Pressesprecherin der Wuppertaler Polizei immer neue Versionen des Einsatzablaufs, zuletzt am 13.04.2015.
Ab diesem Zeitpunkt schweigt die Polizei. Selbst von der Festnahme Petris und der Überführung in Untersuchungshaft am 14.04.2015 und der Ermittlung von Becker und Pick als die 2 weiteren Täter wird nicht öffentlich berichtet. Das Verheimlichen und Weglassen wahrer Informationen kommt hier zum tragen.
Am 15.05.2015, ca. 4 Wochen nach der Tat und der Ermittlung der Täter, veröffentlichte die Wuppertaler Polizei in einer kurzen Pressemitteilung den Abschluss der Ermittlungen, in dem sie neben einer Festnahme am 14.04.2015 und der Ermittlung zweier weiterer Männer (38 J./42 J.), die Zugehörigkeit zur Rechten Szene erwähnt und das alle drei bereits polizeilich in Erscheinung getreten sind. Es findet sich kein Wort über ihr eigenes Handeln und die Falschinformationen ihrer vorherigen Pressemitteilungen.
Das zuvor gezeichnete Bild bleibt in der Öffentlichkeit bestehen. Die Falschmeldungen von damals ermöglichen es sich heute erneut auf das damalige Narrativ zu beziehen und das aktuelle polizeiliche Vorgehen nochmals damit zu begründen. (vgl. Beschränkende Verfügung der Versammlung der Polizei Wuppertal vom 28.01.2016 im Anhang der Pressemitteilung der Partei ‘Die Linke’ vom 1.2.2016; www.njuuz.de/beitrag33699.html)
Es muss den Sicherheitsbehörden unterstellt werden, dass mit der Lancierung von Falschmeldungen eine bewusste Fehlinformation der Öffentlichkeit betrieben worden ist, mit dem Ziel diese in ihrem Interesse zu beeinflussen.
Es muss den Sicherheitsbehörden unterstellt werden, dass der HoGeSa / Pegida-Nazi-Hintergrund der Tat verharmlost, bagatellisiert, relativiert und letztendlich negiert werden soll. Rechte Gewalt wird nicht benannt.
Vernehmung der Täter durch Vernehmungsbeamte der Polizei
Bereits im oben stehenden Abschnitt zum WhatsApp-Akten-Komplex haben wir den nicht von Erkenntnisinteresse geleiteten, oberflächlichen Vernehmungsstil des Staatsschutzbeamten Böttcher beschrieben. Diese handeln von Vernehmungsbeamten zieht sich insbesondere bezogen auf die Vernehmungen von Petri und Pick fort.
Die erste Vernehmung Petris fand um 2.40 Uhr im Helios-Krankenhaus statt. Ein Eintrag im Polizeicomputer als “rechtsmotiviert” war dem vernehmenden Beamten bekannt. Petri wurde als Zeuge einer Straftat vernommen und sagte lediglich aus, er sei von Unbekannten mit einer Flasche auf den Kopf geschlagen worden. Die zweite Vernehmung fand im Laufe des 11.04.2015 auf Wunsch Petris durchgeführt von dem Beamten Kämmler, damals in Wuppertal tätig, nun arbeitend beim LKA ebenfalls im Krankenhaus statt. Bereits hier sagt Petri nach Aussage Kämmlers im Prozess aus, er sei in der Nähe vom AZ aus einer Gruppe heraus mit der Flasche auf den Kopf geschlagen worden. Die Verbindung Petris zum Tatort des mörderischen Naziangriff wurde durch ihn selbst also bereits am 11.04.2015 hergestellt. Der Beamte Kämmler stufte ihn als Gefährdeten ein und bot Polizeischutz an. Die dritte Vernehmung fand im Beisein des Rechtsanwalt Sauter bei der Polizei statt. In dieser Vernehmung behauptet der Täter Petri er sei nicht im AZ gewesen, aber davor und dort angegriffen worden. Die Namen seiner Freunde wolle er nicht nennen er sage nur soviel dazu: der Eine sei ein Hooligan, der andere ein distanzierter Rechter. In der vierten Vernehmung am 15.04.2015 sagte Petri aus, er sei im AZ gewesen. Der Vernehmungsbeamte bestätigte vor Gericht auf Nachfrage, dass ihm eigentlich alle Informationen der laufenden Ermittlung zur Verfügung hätten stehen müssen, von der “WhatsApp-Akte” hatte er keine Kenntnis. Weiter sagte er, die Geschichte von Petri sei ihm schon komisch und widersprüchlich vorgekommen, aber: nichts weiter.
Nach der Tat am 11. April 2015 war Pick 10 Tage auf der Flucht, obwohl die Polizei durch seine Ex-Lebensgefährtin Roswitha S. wusste wo er sich aufhielt, geschah nichts weiter. Nach terminlicher Vereinbarung durch seinen Anwalt spazierte er 10 Tage nach der Tat auf eine Polizeiwache in Remscheid um dort seine erste und einzige Aussage zu tätigen. Er diktierte dem Vernehmungsbeamten Baron kurz und knapp seine Version des Tatgeschehens in die Feder. Das Vernehmungsprotokoll war dermaßen kurz, dass es selbst den vorsitzenden Richter quasi fassungslos machte. Das Protokoll sei „höchstens einem Ladendiebstahl würdig“. Der Polizist hat nicht eine Nachfrage zu der Tat oder zur genaueren Sachverhaltsermittlung gestellt – es wurde immerhin wegen versuchtem Mord ermittelt -.
Er fragte lediglich am Ende: “Möchten Sie dem noch etwas hinzufügen?” und als dieses von Pick verneint wurde, war die Vernehmung beendet. Von Erkenntnisinteresse keine Spur und obwohl Thomas Pick als gewalttätig und der Extremen Rechten zugehörig der Polizei bekannt sein muss, obwohl er zu diesem Zeitpunkt akut verdächtig für diesen versuchten Mord war, wurde seine Version des Abends als glaubwürdig eingeschätzt und er wurde von Vernehmungsbeamten einfach gehen gelassen. Das machte im Verfahren selbst den Richter stutzig bis sprachlos. Der Täter Pick schweigt seitdem.
Der Fisch stinkt – der Kopf erst recht
Es war nicht nur der Einsatzleiter des Abends, der die Situation “falsch” einschätzte.
Es war nicht nur die Spurensicherung, die schlampte.
Es war nicht nur der / die einzelne Streifenpolizist*in, der / die schon immer mal gegen die von ihm / ihr verhassten Autonomen vorgehen wollte.
Es war nicht nur die einzelne Polizeisprecherin, die gelogen hat.
Es war nicht nur die Mordkommission, die versäumt hat ihre Ermittlungsergebnisse an die Öffentlichkeit weiterzugeben.
Es waren nicht nur die Vernehmungsbeamten Böttcher, Klämmer, Baron, die eine Vernehmung vergeigt haben.
Und so weiter, und so weiter, und so weiter……..
Die ganzen Lügen, das Schweigen und gezielte Nicht-Ermitteln gegen Nazis liegt im System, der Struktur und der Institution begründet: Mit Schlampigkeit oder Fehlverhalten eines einzelnen Beamten ist ein solches Verhalten, das quasi alle Abteilungen der Wuppertaler Polizei betrifft, nicht zu erklären.
Der gesamte Sachverhalt zum Thema Polizei / Ermittlungsbehörden spielt in dem Prozess gegen die drei Täter Pick, Petri und Becker keine Rolle, bedarf jedoch der dringenden öffentlichen Aufklärung.
Es ergeben sich hieraus hunderte von Fragen!
Wir erwarten Antworten und befürchten dennoch, dass diese ähnlich unbefriedigend ausfallen, wie diejenigen aller Sicherheitsbehörden in den Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen der Länder und des Bundes zum NSU-Komplex, denn heutzutage fangen alle richtigen Märchen nicht mehr mit „Es war einmal…“, sondern mit: „Ich kann mich nicht mehr erinnern…“an.
Wir fragen zunächst nur eines:
- Frau Polizeipräsidentin Radermacher, ist das ihr Programm “Hellwach gegen Rechts” mit den drei Säulen Strafverfolgung, Prävention, polizeiinterne Information, das hier zur Geltung kommt?
7. Vorladung wegen des Tatvorwurfs des versuchten Mordes an AZ-Besucher*innen
In der Folge des mörderischen Nazi-Angriffs setzte die Polizei ihren Angriff auf Besucher*innen des Autonomen Zentrums fort. Zeug*innen und Ersthelfer*innen aus dem Autonomen Zentrum wurden teilweise bis zum nächsten Mittag in Polizeigewahrsam festgehalten bzw. als Beschuldigte festgenommen. Ersthelfer*innen wurden mit Plastiktüten über den Händen in Handschellen ins Polizeigewahrsam gebracht. Freunde und Bekannte des Opfers wurden von Beginn an als Beschuldigte geführt, ohne eine andere Spur zu verfolgen (vgl. Abschnitt Vernehmung Petri).
Mindestens 8 der anwesenden AZ-Besucher*innen erhielten Vorladungen, zwei davon mündlich, in denen sie grund- und haltlos der Tat des versuchten Mordes bzw. Totschlags beschuldigt wurden. Zur Deutlichkeit noch einmal: nicht als Zeug*innen, sondern als Beschuldigte.
Diese lagen zum Teil bereits Sonntags morgens in den Briefkästen der Betroffenen. Die Wuppertaler Polizei verschickte diese jedoch auch noch, nachdem sie mit Petri schon einen dringend Tatverdächtigen festgenommen hatte.
Alles in allem fand eine typische Opfer-Täter-Umkehr statt.
Zu Beginn des Verfahrens am 5. Oktober lagen für Besucher*innen aus dem AZ, die als Zeugen im Prozess aussagen sollten, keine Einstellung des Verfahrens gegen sie vor.
Gegen unseren Freund, das Opfer des Nazi-Angriffs, wurde ebenso ermittelt und er wurde im ganzen Verlauf des Verfahrens auch als Beschuldigter geführt.
Die Kriminalisierung der Hilfeleistenden aus dem Autonomen Zentrum und eine Opfer-Täter-Umkehr, die die Opferberatung Rheinland und die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus NRW in ihrem offenen Brief an die Wuppertaler Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher befürchtete (vgl. www.wuppertaler-rundschau.de/lokales/ei…, ist bittere Realität in Wuppertal.
Unsere Stadt ist an diesem Punkt kein Einzelfall. Als schreckliche und katastrophale Beispiele müssen in diesem Zusammenhang die Ermittlungen um die Morde des NSU und den Nagelbombenanschlag auf die Kölner Keupstraße genannt werden. Dieses Vorgehen bzw. Falsch- und Nicht-Vorgehen nach Gewalttaten mit rechtem menschenverachtenden und / oder rassistischem politischen Hintergrund ist, trotz gegenteiliger Behauptungen nach der Selbstenttarnung des NSU 2011, noch immer tief in den Strukturen der ‚Sicherheits’-Institutionen verankert.
Wir fragen:
- Hat sich überhaupt etwas innerhalb der Behörden seit der Selbstenttarnung des NSU 2011 verändert?
- Sind alle Verfahren gegen Besucher*innen des Autonomen Zentrum am 11.04.2015 eingestellt?
- Wer ist verantwortlich für die grund- und haltlosen Beschuldigungen?
- Was hat Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher im Polizeiausschuss hierzu erklärt?
Besucher*innen des Autonomen Zentrums, die als Zeug*innen vor Gericht ausgesagt haben, haben im Vorfeld eigenständig bzw. über die Opferberatung Rheinland das Unkenntlichmachen bzw. Schwärzen ihrer Namen und Adressen in den Akten beantragt, da von einer weiteren hohen Bedrohungslage durch Nazi-Angriffe auszugehen ist. Diese Möglichkeit des Schutzes besteht nach §68 Strafprozessordnung. Hierzu bedarf es einer Einschätzung der Bedrohungslage.
In Wuppertal sind bereits vor, während und nach Aussagen vor Gericht gegen Nazis in anderen Verfahren Zeug*innen bedroht worden. Dieser Umstand ist der Wuppertaler Polizei sowie der Wuppertaler Staatsanwaltschaft, z.B. aus dem Verfahren um den Überfall von Nazis auf linke Flohmarktbesucher*innen, durchaus bekannt.
Trotz der Anträge (mündlich und schriftlich): alle Namen und Adressen, teilweise ebenso die der Eltern und Telefonnummern sind vollständig lesbar in den Akten vorhanden. Kein einziges Unkenntlichmachen bei Zeug*innen aus dem AZ-Umfeld hat funktioniert.
Erstaunlicherweise stellte sich jedoch im laufenden Verfahren heraus, dass bei vier unabhängigen Zeug*innen genau dieser Vorgang reibungslos und ohne Antrag, ja sogar ohne einen eigenen Wunsch auf Anonymisierung, durchgängig sicher erledigt wurde. Diese vier Zeug*innen wurden in der Akte als X01-X04 geführt und der Staatsanwalt musste aus seinem Tresor aus dem Büro zunächst die geschlossenen Umschläge selbst holen, damit die jeweiligen Zeug*innenaussagen in der Akte, den anwesenden Zeug*innen zugeordnet werden konnten. Ohne Abklärung und Aufklärung über eine Gefährdungslage wurde diese Anonymisierung von Seiten des Richters im laufenden Prozess aufgehoben.
Wir fragen:
- Wer ist für die Einschätzung der Gefahrenlage sowie den mangelnden Zeug*innenschutz verantwortlich?
- Warum hat es durchgehend bei allen Besucher*innen des AZ nicht funktioniert, in anderen Fällen jedoch sehr wohl?
- Wer hat diese unterschiedliche Behandlung zu verantworten?
- Wie hoch ist eine Bedrohungslage für Zeug*innen nach dem Urteil?
Dem Vorsitzenden Richter ist „das Politische im Prozess scheißegal“, das hat er nicht nur in dieser drastischen Aussage deutlich gemacht, es zeigt sich auch immer wieder in seiner Art der Prozessführung.
Die Befragung der Zeug*innen durch den Richter ist höchst unemphatisch und zeitweise total daneben. Er ließ sich mehreren Zeugen gegenüber zu der Ausdrucksweise herab “Die Action haben sie nicht gesehen?”
Nachdem durch die Vernehmung eines LKA Sachverständigen deutlich geworden war, das die Einlassung Petris falsch war, sagte der Richter zu dessen Rechtsanwalt Sauter “Sie können die Kleidung ja einmal anziehen, dann kann Petri demonstrieren wie er das gemacht haben will”. Darauf der Rechtsanwalt Sauter: “Nein, der Nebenkläger kann die Kleidung nochmal anziehen und sich auf Herrn Petri legen…” Die Nebenklageanwältin hat dieses widerliche Wortgeplänkel zum Glück sofort unterbunden.
Die mangelnde Empathie und Vorstellungskraft des Richters trat auch bei der direkten Befragung des Nebenklägers auf erschreckende Weise zu Tage. So regte er an, die Wunden des Geschädigten könnten doch durch die, als Zeugin geladene, Rettungsärztin untersucht werden und dies könne sicherlich auch im Verhandlungssaal stattfinden – Männer seien da meist nicht so eigen. Durch Eingreifen der Anwältin des Opfers konnte dies verhindert werden und fand in einem abgeschlossenen Nebenraum statt.
Sobald durch mehrere Zeug*innenausagen deutlich geworden war, dass die Rettungskräfte nicht durch die AZ-Besucher*innen behindert, sondern durch die Polizei wegbeordert wurden, stellte der Richter fest: “Der Komplex interessiert uns nicht mehr, wir stellen keine Fragen mehr dazu.”
Zeug*innen aus dem Umfeld des Betroffenen, die bei der Befragung durch die Polizei die Aussage bzw. Unterschrift von vorgelegten Dokumenten verweigerten, hielt der Richter vor, dies sei für die Angehörigen von Opfern äußerst unüblich, diese seien normalerweise hilfsbereiter. Immer wieder hinterfragte er warum Freund*innen des Nebenklägers diesen nicht nach dem Tathergang gefragt hätten. Dass Freund*innen Rücksicht auf den lebensgefährlich verletzten Freund nehmen und ihn deshalb nicht nach dem traumatisierenden Angriff der drei HoGeSa-Nazis gefragt haben, ist ein Gedanke der dem emphatiefreien Richter vollkommen fremd scheint.
Der Richter befragte zahlreiche Zeug*innen aus dem Umfeld des Nebenklägers immer wieder auch nach Hören-Sagen (Wann haben Sie mit wem, was geredet?) und ihrer Einschätzung des Nebenklägers (Wie würden Sie ihn beschreiben?). Durch solche und ähnliche Fragen klammerte der Richter bewusst schon in der Befragung der Zeug*innen das Politische aus und reduzierte den mörderischen Angriff auf eine persönliche Auseinandersetzung.
Großes Interesse zeigte er auch an den AZ-Strukturen, so frage er immer wieder wen die Zeug*innen noch kennen würden oder mit wem sie potenziell über das Geschehen gesprochen haben könnten. Interessant, da ihn doch angeblich das Politische nicht interessiert. Aber das scheint nur soweit zu gelten, dass ihm die politischen Aspekte der Tat nicht interessieren. So unterstellte er einigen der Zeug*innen aus dem AZ Umfeld auch, sie seien beeinflusst worden: „Wer hat Ihnen gesagt, dass Sie nichts sagen dürfen?“ Eine Frage, die er Zeug*innen aus dem Täterumfeld nicht stellte, obwohl es immer wieder Hinweise auf Einschüchterungsversuche und Bedrohungen, vor allem durch Thomas Pick/Saure/Weinhold gab.
Bereits vor Prozessbeginn begannen die Verrenkungen der Staatsanwaltschaft um den politischen Hintergrund der Tat zu bagatellisieren und zu negieren.
Die Staatsanwältin Monika Olschak erklärt in der Lokalzeit: „Es sei bedingt durch den Tatort, dass man auch in diese Richtung ermittelt, aber aktuell haben wir keine festen Anhaltspunkte dafür, dass es tatsächlich eine politische Tat bzw. mit rechtem Hintergrund ist.“ (Lokalzeit 13.04.2015). Zu diesem Zeitpunkt hatten sich bereits unabhängige Zeug*innen bei der Polizei gemeldet, die die Täter als Nazis erkannt hatten uns der Täter Patrick Petri war bereits befragt worden.
Angeklagt wurde „nur“ versuchter Totschlag und gemeinschaftliche Körperverletzung, bei einer politischen Bewertung der Tat wäre eine Mordanklage angemessen gewesen, so wie die Bundesanwaltschaft es im Fall der Oberbürgermeisterin von Köln Henriette Reker tut. Der für eine solche Anklage notwendige Vorsatz ergibt sich aus dem politischen Hintergrund und der Planung der Täter. Es handelt sich nämlich keinesfalls um eine zufällige Begegnung verschiedener Menschen, die eskalierte, sondern vielmehr um ein bewusstes Aufsuchen und Angreifen des politischen Gegners. Spätestens seit Bekanntwerden der WhatsApp Akte und der dort dokumentierten Anschlagspläne ist dies offensichtlich.
Doch dass es sich hier um einen rechten Mordanschlag handelt, wird, vermutlich wegen des damit einhergehenden Imageschadens für die Stadt Wuppertal, versucht mit allen Kräften zu verschleiern. So ist in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft zu Prozessbeginn (23.09.2015) von Tätern die Rede, die „jedenfalls früher zur rechten Szene gehört haben sollen”. Das alle drei Angeklagte zum Tatzeitpunkt in Wuppertal bzw. dem Städtedreieck wohnen, wird in dieser Pressemitteilung ebenfalls übertüncht, denn Wuppertal „darf“ kein Naziproblem haben. Blinder als die Wuppertaler Staatsanwaltschaft kann auf dem rechten Auge wohl nur noch die Wuppertaler Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher sein.
Und so beendet der Staatsanwalt passender Weise sein Plädoyer mit dem Wunsch, der Angeklagte Becker möge mithilfe eines Bewährungshelfers wieder auf den rechten Weg geführt werden.
In Wuppertal hat es am 11.04.2015 einen versuchten Mordangriff von organisierte HoGeSa-Nazis auf einen Antifaschisten mit türkischem Migrationshintergund vor dem Autonomen Zentrum gegeben, der mit stumpfer Gewalt und vielfachen Messerstichen lebensgefährlich verletzt worden ist.
In der Folge des Nazi-Angriffs wurden Besucher*innen des Autonomen Zentrums von Seiten der Polizei massiv kriminalisiert und verleumdet.
Das politische Motiv und die politischen Hintergründe der Tat werden bis heute verleugnet.
Das Erschreckenste an Lügen ist ihr durchschlagender Erfolg!
Einen großen Aufschrei über das Geschehen und eine breite Solidarität der Wuppertaler*innen mit dem Opfer ist bisher ausgeblieben.
Auch wenn der Prozess gegen die Täter Petri, Pick und Becker morgen mit einem Urteil beendet wird, bleiben viele Fragen bisher ungeklärt.
Es ist deutlich, dass das jeweilige Handeln der Sicherheitsbehörden nicht nur auf ein individuelles Versagen von Einzelpersonen und deren politische Einstellungen zurückzuführen, sondern systemimmanent, institutionell und strukturell ist.
In dem Bestreben Rechtsterrorismus zu leugnen, werden politische Hintergründe der Tat verschwiegen. Das führt zu einem Verkennen der Gefährlichkeit von nazistischen, rassistischen und menschenfeindlichen Bewegungen. Dieses Wegsehen suggeriert nicht nur eine heimliche Unterstützung für ein solches Gedankengut sondern hilft in der Praxis denjenigen in der Extremen Rechten, die auf Worte Taten folgen lassen.
Das Verschweigen und Nicht-Benennen politischer Motive von Rassismus und Menschenverachtung sowie die Kultur des Tolerierens und Wegschauens trägt dazu bei, Dimensionen rechter Gewalt zu verharmlosen und führt zu einem weiteren Erstarken rassistischer, menschenfeindlicher Bewegungen jeglicher Art.
Solidarität mit den Betroffenen rassistischer, antisemitischer, sexistischer und menschenfeindlicher Hetze und Gewalt!
¡No pasarán! – Sie werden nicht durchkommen!
Faşizme Karşı Omuz Omuza! – Schulter an Schulter gegen Faschismus!
PS: Ganz herzlichen Dank an die autonome Strukturen Aachen, die Opferberatung Rheinland, die Freund*innen aus Bremen, die Initiative Keupstraße ist überall, Out of Action und insbesondere an die Menschen die das Cafe so lange am Laufen gehalten haben und noch weiterhin tun!
Ihr seid toll!!!
Autonomes Zentrum Wuppertal, 02.02.2016