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(Anti-)Repression Recht auf Stadt Wuppertal

Umfrage zum Döppersberg – Freiheit stirbt mit Sicherheit

Ist Sicherheit der einziger Bestandteil von Lebensqualität am Döppersberg? Eine Umfrage der Universität und der Stadt erweckt zumindest den Eindruck

Einige Bürger:innen erreichte vor kurzem eine Befragung der Uni Wuppertal, genauer des Lehrstuhls für Bevölkerungsschutz, Katastrophenschutz und Objektsicherheit, unterstützt von OB Schneidewind. Wer sich hier bereits fragt, welche Katastrophen den vom Neuen Döppersberg zu erwarten sind (Dieses Primark Gebäude sah schon immer irgendwie wackelig aus, wie ein Sandcrawler der Jawas aus Star Wars) und wovor die Bevölkerung geschützt werden muss, hat schon das richtige Bauchgefühl.

Abbildung 1: Sandcrawler auf Tatooine, vor langer Zeit in einer weit weit entfernten Galaxis
Das mehrstufige Forschungsvorhaben, aus dem konkrete Maßnahmen entstehen sollen, wird in Zusammenarbeit verschiedener Projektpartner durchgeführt, darunter neben Diakonie und Suchthilfe auch gleich 2 Polizeibehörden und die Sparkasse
(kosid.uni-wuppertal.de/de/projektpartne….


Aus den FAQs, einsehbar unter: kosid.uni-wuppertal.de/fileadmin/site/b…

Die FAQs sind auch was die Ausrichtung der Studie angeht aufschlussreich. Eine der wenigen inhaltlichen Fragen, die die Forscher:innen vorwegnehmen und kurz beantworten, ist die folgende:

Nun mag es ja nicht falsch sein, dass ein Aspekt von Lebensqualität auch Sicherheit ist. Doch wo sind die anderen Aspekte? Wo ist die übergreifende Studie zur Lebensqualität am neuen Döppersberg?
Wie die Forschenden den neuen Döppersberg bereits wahrnehmen, bevor sie ihre Studie durchgeführt und ausgewertet haben, lässt sich ebenfalls leicht auf der Projekt-Webseite erkennen:
„Die städtebauliche Neugestaltung des Döppersbergs ist das zentrale und wichtigste Stadtentwicklungsprojekt der vergangenen Jahrzehnte in Wuppertal. Der Bereich war in der Vergangenheit ein unübersichtlicher und wenig attraktiver Zugang zur Elberfelder Innenstadt. Nun weist das Gebiet eine moderne Gestaltung mit hoher Aufenthaltsqualität und Funktionalität auf.
Mit den Baumaßnahmen wurde ein Bahnhofsumfeld geschaffen, das Mobilitäts- mit Konsumfunktionen verbindet und den Döppersberg als Visitenkarte der Stadt aufwertet.“
Von kosid.uni-wuppertal.de/de/projektgebiet… (selbst unterstrichen)
Dass die Aufenthaltsqualität also hoch ist, alles modern und funktional ist und mit seinen Konsumfunktionen aufgewertet wurde, ist also schon mal klar. Doch die Frage ist hier: Für wen?
„Bahnhöfe und die sie umgebenden Stadtviertel gelten seit jeher als städtische „Schmuddelkinder“. Sie sind vielerorts durch Unsicherheit und einen eher zweifelhaften Ruf geprägt. Der Standortkomplex Bahnhof steht damit beispielhaft für die kriminalitätsfördernden Bedingungen von Mobilitätsschnittstellen. Lange Zeit führte der Döppersberg die Liste der im Angstraumkonzept der Stadt Wuppertal ausgewiesenen Orte an.“ kosid.uni-wuppertal.de/de/projektgebiet… (selbst unterstrichen)
Nee also schmuddelige, kriminalitätsfördernde Bedingungen im Angstraum, das kann ja keine:r wollen! Interessant an der Tatsache, dass die Forschenden dieses angstbesetzte Bild vom alten Döppersberg zeichnen ist, dass dies noch ganz anders beschrieben wurde, als das Projekt 2019 startete. Damals sagte Moritz Quel, der heute nicht mehr im Projekt beteiligt ist, der Rundschau noch: „Das Döppersberg-Vandalismusbild, das vielfach in den Medien gezeichnet wurde und wird, trifft definitiv nicht zu. Der Döppersberg ist weder ein Angstraum, noch ein Kriminalitäts-Hotspot!“ Und er betonte, dass allen Beteiligten klar sein müsse, dass „es in einem großstädtischen Bahnhofsumfeld unmöglich sei, „Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben“ (und die bekanntlich vielfach unerwünscht sind) zu verdrängen.“ (beide Zitate aus Wuppertaler Rundschau vom 9.11.2019, www.wuppertaler-rundschau.de/lokales/wu… Die Ergänzung in Klammern und damit die Interpretationshilfe lieferte die Rundschau gleich mit. So wurde die Aussage von Moritz Quel auf den Kopf gestellt.
Auf der Webseite des Projekts wird unter den Projektzielen polarisiert und in Töpfe geworfen, was das Zeug hält:
„Er der Döppersberg ist auch Wohn- und Aufenthaltsort von Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben. Diesen soll beispielsweise mit dem geplanten Neubau des Café Cosa im Wupperpark-Ost eine neue Anlauf- und Beratungsstelle am Döppersberg geschaffen werden. Demgegenüber stehen die Interessen von Einzelhändlern und Gewerbetreibenden, die im Umfeld des Döppersbergs Umsatzeinbußen, Inventurverluste und Vandalismusschäden beklagen.“ (kosid.uni-wuppertal.de/de/projektziele….
Während hier also ein Zusammenhang zwischen Menschen, die auf der Straße leben und Umsatzeinbußen, Inventurverluste und Vandalismusschäden hergestellt wird und die vermeintlich einheitlichen Interessen dieser Menschen denen des Marktes gegenübergestellt werden, beschreibt das Café Cosa seine Ziele vielmehr so: „Das Café COSA ist das Kontaktcafé in Wuppertal für Gäste, die sich einen Moment ausruhen oder aufwärmen wollen. Ob Sie arbeitslos, verschuldet sind, eine psychische Erkrankung haben oder Drogen konsumieren: für Sie stehen unsere Türen immer offen, wir sorgen für ein wenig Stabilität und Orientierung.“ (https://www.sucht-hilfe.org/cafe-cosa/angebote/)
Dass es Menschen geben könnte, die Gewerbe treiben oder Dinge kaufen UND sich einen Moment ausruhen wollen und/oder verschuldet sind und/oder psychische Erkrankungen haben, kommt den Forschenden offenbar nicht in den Sinn. Denn ihre Welt stellt sich so dar: „Was die einen als wünschenswerte Sicherheit ansehen, kann die Sicherheit der anderen gerade einschränken.“ (https://kosid.uni-wuppertal.de/de/projektverlauf.html) Das ist im Einzelfall womöglich nicht falsch doch liest sich die Projektdarstellung und auch der Fragebogen selbst eher wie eine Schwarz-Weiß Fotografie von komplexen sozialen Realitäten. Durch die Kooperation von Polizeibehörden, Bahn, Wirtschaftsvertreter: innen, Stadt, Stiftungen und zwei (!) Sozialeinrichtungen wird hier unter den Schlagworten „Plurale Sicherheitsarbeit“ (https://www.forum-kriminalpraevention.de/files/1Forum-kriminalpraevention-webseite/pdf/2020-03/Plurale%20Sicherheitsarbeit.pdf) Diversität und Pluralismus suggeriert, der sich dann am Ende so darstellt:


Foto: kosid.uni-wuppertal.de/de/aktuelles.html v.l.n.r.: Jürgen Vitenius (Bezirksbürgermeister Elberfeld), Michael Potschka (Bundespolizeiinspektion Düsseldorf), Markus Röhrl (Polizeipräsident), Dr. Stefan Kühn (Sozialdezernent), Andreas Bialas (Mitglied des Landtags NRW), Prof. Dr. Lambert T. Koch (Rektor der Bergischen Universität Wuppertal), Herbert Reul (Innenminister NRW), Arno Weise (Polizeiinspektion Wuppertal), Andreas Mucke (Oberbürgermeister), Matthias Nocke (Ordnungsdezernent), Dr. Christian Kindinger (WSW)

Die Befragung

Das Projektteam beschreibt seine Vorgehensweise so: „Methodenmix aus Experteninterviews mit (sicherheits-)relevanten Akteuren (Polizei, soziale Ordnungspartnerschaften, Sozialarbeit, Stadtplanung, Gewerbetreibende, Investoren etc.), Beobachtungen vor Ort, einer stadtweiten Bevölkerungsbefragung sowie einer Analyse der tatsächlichen Sicherheitslage“ (https://kosid.uni-wuppertal.de/de/projektverlauf.html) In der Sozialforschung gelten die Menschen, die von bestimmten Maßnahmen, Veränderungen oder Interventionen am Meisten betroffen sind, als Expert:innen definiert (Quelle: guck Internet). Ob auch Menschen interviewt wurden, die nicht allein sozialarbeiterisch dort tätig sind, also aus zweiter Hand sprechen, sondern auch Menschen, die am Döppersberg ihren Wohn- und Aufenthaltsort haben, wird nicht klar. 8000 Wuppertaler:innen zu mit Fragebögen zu befragen klingt ambitioniert, doch wenn dies über das Einwohnermeldeamt geschieht, werden nur Menschen erreicht, die dort auch tatsächlich gemeldet sind.


Aus den FAQs, abrufbar unter kosid.uni-wuppertal.de/fileadmin/site/b…

Was mit „Zukunftswerkstätten“ (AP3) und bereits erfolgten „konkreten Maßnahmen“ (AP4) im Projektverlauf gemeint sein könnte, wie mensch daran teilnehmen kann und wie sichergestellt wird, dass wirklich ALLE beteiligt sind, bleibt leider unklar.


Bild: kosid.uni-wuppertal.de/de/projektverlau…

Der Fragebogen

Auch in der Konstruktion der Fragen und möglichen Antworten spiegelt sich die Ausrichtung und das sicherheitsfixierte Weltbild der Durchführenden wider. Barrierefreiheit, ein durch UN-BRK und Teilhabegesetze garantiertes Recht, taucht hier unter „Aspekte, die öffentliche Räume in der Stadt attraktiv machen“ neben „vielseitiges gastronomisches Angebot“ und „Flair/Atmosphäre“ auf (Frage 4).

Frageblock 5 behandelt Personen(-gruppen) und Verhaltensweisen. Die 4 Personengruppen auf der (offenbar unvollständigen) Liste sind:
1) Fußstreifen der Polizei
2) Gruppen herumstehender oder -sitzender Jugendlicher
3) Mitarbeiter/-innen des Ordnungsamtes
4) Menschen mit Lebensmittelpunkt Straße (z.B. Wohnungslose, Suchtkranke)

Sicher gibt es noch mehr Personen(-gruppen), die mit Lebensqualität zu tun haben (die dürfen Befragte selbst ergänzen), doch vor Allem stellt sich hier die Frage, wie die Befragten beurteilen sollen, wer wie alt ist, ob die Person „herum“ steht oder auf den Zug wartet, ob sie auf der Straße lebt und welche medizinischen Diagnosen sie hat.
Bei der darauffolgenden Frage 5 werden „Verhaltensweisen oder Phänomene“ beschrieben, von denen die Befragten im besten Fall „gar nicht beunruhigt“ sein können, im schlimmsten Fall „sehr beunruhigt“. Zwischen „öffentlichem Urinieren“, „Streitereien/Schlägereien in der Öffentlichkeit“ und „Uringeruch“ finden sich hier auch „politische Aktionen (z.B. Demonstrationen)“. Leute, die gerne zu Demonstrationen gehen und politische Beteiligung als wichtig, ja vielleicht sogar „attraktiv“ für öffentliche Räume empfinden, können hier leider nur ankreuzen, dass sie „gar nicht beunruhigt“ sind.

Für die Autor:innen ist offenbar auch klar, dass es einerseits Probleme zwischen „verschiedenen Bevölkerungsgruppen“ geben kann, aber auch solche zwischen „“gesellschaftlichen Randgruppen (z.B. Wohnungslosen, Suchtkranken) und der Mehrheitsgesellschaft“. (Frage 6) Wer so fragt, weiß entweder, was si:er hören möchte oder hat die Vorlesung Methodik I im Studium verpennt. Was ist der Unterschied zwischen Bevölkerungsgruppen und Randgruppen? Und was sagen sie damit, dass sie diesen Unterschied in der Frage einbauen?
Die demografischen Fragen ermöglichen es den Forschenden jedenfalls, ihr Bild, falls nötig, zu bestätigen. Polizeikontakt als Geschädigte:r oder Täter:in, die Einstellung zu Polizei und Ordnungsamt, politische Einstellung und Engagement, finanzielle Situation, Bildung, Staatsbürgerschaft lassen es zu, die Befragten entweder dieser oder jener „Randgruppe“ zuzuordnen, falls gewünscht.

Bei Redaktionsschluss waren wir uns noch unschlüssig, ob wir lieber unsere eigene Studie zum schönen Leben machen oder doch lieber eine 100-jährige Zukunftswerkstatt in der Bundesbahndirektion. Wir halten euch auf dem Laufenden!

gefunden auf njuuz.

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(Anti-)Repression Antifaschismus Antirassismus & Migration Termine

#WeNeverForgetOuryJalloh – Initiativen rufen für den 07.01. zu dezentralem Gedenken auf

Aktionen in Gedenken an Oury Jalloh, Laye Alama Condé und anderer Opfer rassistischer Polizeibrutalität

  • 14:00 Uhr | Dessau: In Gedenken an Oury Jalloh – Kundgebung vor dem Hauptbahnhof und Demo zur Polizeiwache Aufruf
  • 14:00 Uhr | Berlin: In Gedenken an Oury Jalloh – Kundgebung vor der Landesvertretung des Landes Sachsen-Anhalt Aufruf
  • 14:00 Uhr | Dortmund: Kundgebung in der Bayrischen Str. 225 in Gedenken an Dominique Kouamadio Aufruf
  • 15:00 Uhr | Dessau: Livestream direkt von der Aktivitäten in Dessau in Gedenken an Oury Jalloh Link zum Livestream https://www.twitch.tv/daswarmord
  • 15:00 Uhr | Dortmund: Kundgebung Deutsche Str. 33 in Gedenken an Ousman Sey Aufruf
  • 15:00 Uhr | Frankfurt am Main: virtuelle Mahnwache in Gedenken an Oury Jalloh am Paulsplatz Aufruf
  • 15:00 Uhr | Köln: Mediale Mahnwache in Gedenken an Oury Jalloh Aufruf
  • 15:30 Uhr | Duisburg: Ausstellung und Kundgebung Forum Duisburg Aufruf
  • 17:00 | Bremen: Kundgebung in Gedenken an Laye Alama Condé an der Friedenskirche (Humboldstr. 175) mehr Info
  • 17:00 Uhr | Essen: Kundgebung am Westerndorfplatz in Gedenken an Adel B und Michael Haile Aufruf
  • 17:00 Uhr | Hamburg: Kundgebung an der Davidwache in St. Pauli in Gedenken an Achidi John, Yaya Jabbie & Tonou Mboda Aufruf
  • 18:00 | Göttingen: Gedenkveranstaltung an der Groher Landstr. 46 Aufruf
  • 19:00 | youtube: Interviews & Liveschaltungen zu den Aktivistinnen der bundesweiten Aktivitäten am 16. Todestag von Oury Jalloh und Laye Alama Condé https://www.youtube.com/watch?v=oT5Bdzs_ez8
  • achtet auf weitere Ankündigungen in euren Städten

KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen:

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Schwestern und Brüder,

am 7. Januar 2021 sind 16 Jahre nach dem grausamen Tod von Oury Jalloh vergangen. Er wurde von der Polizei in Dessau unrechtsmäßig inhaftiert, malträtiert, an Händen und Füßen angekettet und in der gefliesten Zelle Nr. 5 der Polizeiwache in Dessau verbrannt. Am gleichen Tag begannen die Lügen und Vertuschungsversuche der Polizei und Staatsanwaltschaft Dessau und ihre angebundenen Organe. Alle Fragen der Familie, Bekannten, Freundinnen und Freunde von Oury Jalloh wurden abgewiesen. Die brennenden Fragen veranlassten uns, organisiert diese öffentlich zu formulieren. Eine bundesweite Bewegung entstand. Um diese zum Schweigen zu bringen, wurden Mitglieder der Gemeinschaften nicht nur in Dessau seitens der Behörden und der Polizei unter Druck gesetzt. Die Lebensgrundlage der afrikanischen Gemeinschaft in Dessau wurde permanent bedroht. Die Gewerbelizenz von Mouctar Bah für sein Tele-Café wurde entzogen, um den Treffpunkt zu schließen. Ferner wurden durch konstruierte Lügen die Bewegung kriminalisiert. Die Partner der Dessauer Polizei, ihre faschistischen Hunde wurden auf einzelne Mitglieder gehetzt. Doch all dies reichte nicht aus, um den Kampf der Gemeinschaften für die Wahrheit aufzuhalten. Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh formierte sich und durch die gesamte Republik wurde der grausame und barbarische Mord an Oury Jalloh durch die Parole „Oury Jalloh, das war Mord!“ in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

Heute nach knapp 16 Jahren sind wir uns gewiss, dass es Mord war. Beweise wurden von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh durch unabhängige Gutachten vorgelegt. Zudem deckten wir die Morde an Hans-Jürgen Rose und Mario Bichtermann durch die Dessauer Polizei auf. Hätte der Staat diese konsequent und lückenlos vor dem Tod von Oury Jalloh aufgeklärt, wäre Oury Jalloh vielleicht heute noch unter uns.

Heute nach fast 16 Jahren ist Rassismus mehr denn je ein Thema. Doch weiterhin negieren die Verantwortlichen die offensichtlichen Tatsachen. Fast wöchentlich werden rechte und rassistische Strukturen in Polizei und Bundeswehr aufgedeckt. Doch keiner fragt, was diese Jahrelang gemacht haben. Wir wissen nicht aus Studien, sondern aus unseren persönlichen Erfahrungen, wie Rassismus in den Isolationslager, in Behörden und bei Polizeikontrollen bedeuten. In den öffentlichen Medien wird zwar über die rassistischen Strukturen in der Polizei Essen gesprochen, aber warum werden diese nicht in Verbindung gebracht zu den beiden Opfern rassistischer Polizeibrutalität, zu Mikael Haile und Adels Tod? Warum werden die offensichtlichen Verbindungen zwischen diesen Strukturen und den rassistischen Übergriffen der Polizei in Essen, von denen drei alleine in diesem Jahr in der Öffentlichkeit bekannt wurden, nicht gezogen?

Wir haben in dem Kampf um Gerechtigkeit für Oury Jalloh gelernt, dass wir geschlossen uns einsetzen müssen, damit die Wahrheit weder verleugnet noch begraben wird. Der Kampf um Gerechtigkeit ist vor allem ein Kampf darum, als Zeugen der Verbrechen zusammenzukommen und die Verbrechen sichtbar zu machen. Ob dann die vielen Untersuchungsausschüsse, Gerichtsverfahren, … die Wahrheit anerkennen ist eine andere Sache. Wichtig ist, dass wir uns bewusst sind, dass Veränderung vor allem von uns ausgeht.

Wenn wir also am Todestag von Oury Jalloh zusammenkommen, weil wir dieses Jahr aufgrund der Pandemie nicht gemeinsam nach Dessau anreisen können, dann gedenken wir nicht nur ihm, sondern halten auch seine Hoffnungen und Wünsche lebendig: Seine Wünsche auf ein besseres Leben, seine Fürsorge, für seine zurückgelassene Familie in Guinea zu sorgen, seine Hoffnungen und seine Sehnsucht, seinen ihm weggenommenen Kind in die Arme zu nehmen, aber auch unseren Wut über seine mehrfache Ermordung, in dem Krieg um Diamanten in Sierra Leone, auf dem Meer auf dem Weg nach Europa, in den Isolationslager in Sachsen-Anhalt und schließlich in der Polizeizelle Nr. 5, in uns.

Wenn wir aber gleichzeitig an ihn erinnern, legen wir die Verbindung zwischen seiner Ermordung und den Opfern, die wir überall anders beklagen mussten, offen. Wenn wir rufen „Oury Jalloh, das war Mord!“, machen wir die logische Kette zu den anderen Opfern rassistischer Polizei- oder Staatsbrutalität in Bremen, Dortmund, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Kleve, Remscheid… sichtbar. Wenn wir an den Orten stehen und rufen „Es war Mord!“ verteidigen wir die Wahrheit, die man mit scheinheiligen Studien nicht wegwischen kann, zumindest nicht solange wir solidarisch zusammenstehen und als Zeuginnen auftreten können. Der Aufruf für diesen Gedenktag an Oury Jalloh geht also an allen Initiativen, die sich als Folge rassistischer Polizei- oder Staatsbrutalität gebildet haben. Halten wir am Todestag von Oury Jalloh die Wahrheit hoch und senden unsere Solidarität nach Dessau und an allen anderen Orten. Tragen wir die Namen und die Geschichten der Opfer in die Öffentlichkeit und lassen die Wahrheit hell leuchten, damit sie nicht in den Kerkern der alten reaktionären Strukturen zu Tode gequält wird wie alle Kämpferinnen und Kämpfer der Freiheit und Unabhängigkeit in den Kerkern der Kolonialmächte und ihren Handlangern.

Oury Jalloh ist nicht alleine, solange wir dastehen und die Wahrheit über seinen Mord verbreiten. Und dort, wo wir stehen, mussten andere von uns gehen, weil sie Rassismus praktisch erfahren haben.

Brechen wir solidarisch das Schweigen und verteidigen die Wahrheit Bauen und stärken wir die Gemeinschaften für eine dauerhafte Verteidigung unserer Grundrechte Rassismus kann nie von den Tätern beseitigt werden, sondern von uns, von unten, und zwar nur gemeinsam.

7. Januar 2005 | Bremen | Laye Alama Condé

Am gleichen Tag wie Oury Jalloh, am 7. Januar 2005, stirbt in Bremen auch Laye Alama Condé an den Folgen eines Brechmitteleinsatzes. Die folgenden Gerichtsprozesse ein Farce und Beleidigung für die Gemekinschaften.

14. April 2006 | Dortmund | Dominique Kouamadio

Als Minderjähriger vom Krieg um Rohstoffe in Kongo geflohen, wurde Dominique Kouamadio im Asylprozess aufgerieben, erschossen am 14. April 2006 von der Dortmunder Polizei. Rechtliche Aufarbeitung wurde mehrmals abgewiesen, weil man seiner Schwester das Familienverhältnis und die Verletztheit absprach.

14. Januar 2007 | Remscheid | Mohammed Sillah / SelahMohammad Sillah, Musiker und Songwriter aus Guinea, Flüchtling in Remscheid, gestorben am 14. Januar 2007. Er erhielt nicht die notwendige medizinische Versorgung, ihm wurde der Krankenschein verweigert, weil er abgeschoben werden sollte. Freunde, die sich für die Aufklärung eingesetzt haben, wurden durch Polizeirazzia und Waffen bedroht. Die Stadt Remscheid bedrohte die Freunde mit Klagen vermied aber jede öffentliche oder rechtliche Auseinandersetzung.

19. Mai 2011 | Frankfurt am Main | Christy Omordion Schwundeck In Not bittet Christy Omordion Schwundeck beim Jobcenter Gallus um eine kleine Überbrückungshilfe. Die Polizei wird gerufen. Sie wird dort direkt beim Jobcenter erschossen. Die Fragen der Gemeinschaften werden ignoriert.

7. Juli 2012 | Dortmund | Ousman Sey Notfall. Trotz Herzrasen und Krampfanfälle wird eine Behandlung von Ousman Sey im Krankenhaus verweigert. Als die Schmerzen größer werden und er panisch wird, zerschlägt er ein Fenster. Polizei wird gerufen, auf der Wache stirbt er gefesselt an den Händen.

27. April 2017 | Essen | „Mike“ Michael Haile Aus Eritrea aufgebrochen für ein sicheres Leben ohne Militär starb er in Essen durch die Schüsse der Polizei aus bisher unbekannten Gründen. Familie und Freunde grübeln immer noch, wieso der ruhige und schüchterne Michael Haile erschossen wurde und erhalten bis heute keine plausiblen Antworten.

29. September 2018 | Gelder & Kleve | Amed Ahmad Syriens Gefängnissen und dem blutigen Krieg entflohen. In Geldern Freunde gefunden, jedoch rechtswidrig und „vorsätzlich“ (?) verhaftet. Verbrannte Amed Ahmad nach zwei Monaten unrechtsmäßiger Freiheitsberaubung in der JVA Kleve.

18. Juni 2019 | Essen Altendorf | Adel In einer Notsituation rief Adel um Hilfe. Am 18. Juni in Altendorf ohne Notwehr von der Polizei durch die Haustür im Treppenhaus erschossen. Bis heute verlangen die Familien und Hinterbliebenen nach Aufklärung.

Die Aktivitäten und Aktionen in Gedenken an Oury Jalloh und Laye Alama Condé werden von verschiedensten Gruppen und Initiativen jeweils vor Ort organisiert und beziehen sich alle unter dem Hashtag #WeNeverForgetOuryJalloh zueinander.

Initiative in Gedenken an Oury Jalloh:

Gemeinsames Gedenken an unseren Bruder Oury Jalloh am 7.1.2021 in Dessau & weiteren Orten

Aufruf zum dezentralen Gedenken im Rahmen der (Corona-)Möglichkeiten

Unser Bruder Oury Jalloh wurde am 07.01.2005 (RIP) von Polizisten auf dem Dessauer Polizeirevier in Gewahrsam bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Durch unabhängige Gutachten und Aufklärungsarbeit der letzten 15 Jahre konnte dies die Initiative mit faktischen Beweisen aufzeigen. Die deutsche Justiz verweigert sich weiterhin aufzuklären und verleumdet, dass Oury sich nicht selbst angezündet haben kann. Nicht zuletzt verkündeten dieses Jahr im August 2020 die Sonderberater des Landtages Sachsen-Anhalts, dass sie weiterhin an der Täterversion der Selbstanzündungsthese festgehalten und unseren Bruder Oury Jalloh weiterhin kriminalisieren. Wir wissen:

OURY JALLOH – DAS WAR MORD!

Und es ist kein Einzelfall! Im Oktober 2018 hat die Internationalen Unabhängigen Kommission zur Aufklärung des Todes von Oury Jalloh zwei weitere Mordfälle in die unabhängigen Untersuchungen mit aufgenommen: Hans-Jürgen Rose (1997 RIP) und Mario Bichtemann (2002 RIP) wurden beide in Polizeiobhut in Dessau zu Tode gefoltert. Deshalb reden wir vom OURY-JALLOH-KOMPLEX.

Am 7. Januar 2021 werden wir wie jedes Jahr unserem Bruder Oury Jalloh in Dessau gedenken. Und auch unserem Bruder Alberto Adriano (2000 RIP), der von Neonazis im Dessauer Stadtparkt zu Tode geprügelt wurde. Sowie Yangjie Li (2016 RIP), die von einem Dessauer Polizisten-sohn und dessen Freundin vergewaltigt und umgebracht wurde.

Wir wollen auch all unseren Geschwistern gedenken, die in Deutschland, Europa und auf der ganzen Welt durch rassistisch motivierte Gewalt von Polizei und Nazis umgebracht worden, von Justiz und Staat entehrt und unterdrückt und von einer schweigenden Masse an Zivilbürger:innen in Deutschland vergessen werden.

Wir werden sie niemals vergessen! Wir werden nicht schweigen! Wir werden weiter kämpfen für Aufklärung, Gerechtigkeit und Konsequenzen!

Wir rufen deutschlandweit und international zu einem dezentralen Gedenken am 07.01.2021 auf, an dem mit lokalen, selbstorganisierten Aktionen – kollektiv oder einzeln – je nach Umständen und Möglichkeiten unter #WeNeverForgetOuryJalloh wir alle gemeinsam unserem ermordeten Bruder Oury Jalloh und unseren Geschwistern gedenken.

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(Anti-)Repression Termine Wuppertal

Schluss mit der Polizeibrutalität in Wuppertal

24.12.2020 | 11:00 Uhr | vor den City Arkaden

Vor nicht all zu langer Zeit hieß es noch Deutschland braucht mehr Wuppertal. Die Stadt und die Behörden konnten sich in einer Willkommenskultur gut präsentieren und wurden für ihre Flüchtlingspolitik deutschlandweit gelobt. Doch bald könnte Wuppertal neue Berühmtheit erlangen. In diesem Jahr wurden mehrere Fälle von Polizeibrutalität bekannt. Wie viele Vorfälle es gegeben hat, wissen wir nicht, weil nicht nur Seehofer sondern auch alle anderen Innenministerien der Länder solche Statistiken nicht führen.

Bereits in diesem Jahr wurde ein Vater auf der Nordbahntrasse zusammengeschlagen. Seine ihn begleitenden Kinder sind immer noch traumatisiert.Einige Zeit später wurde ein blinder Mann von der Polizei physisch vor dem Bahnhof angegriffen, weil er nicht schnell genug seinen Personalausweis zeigte. Dass er nicht sehen konnte und vielleicht deshalb die Kontrolle nicht nachvollziehen konnte, interessierte die beteiligten Polizisten nicht, die ihn zu Boden warfen und den Arm verdrehten.Gestern wieder ein Vorfall. Eine Mutter mit ihren Kindern kommt aus dem Gebäude und hat vergessen die Maske anzuziehen und wird dann zu Boden geworfen. Mehrere Polizeibeamte umringen sie, als ob sie einen gefährlichen Menschen lahmlegen müssen.

Wir sind empört über das harte und absolut unverhältnismäßige Vorgehen der Polizei und können nicht mehr mit ansehen, dass in unsere Stadt Menschen Opfer von Polizeigewalt werden müssen.

Schluss mit der Polizeibrutalität in Wuppertal

Kommt Morgen um 11:00 Uhr zu City-Arkaden

Denkt bitte an Maske und haltet genügend Abstand
Auch wenn wir wütend sind, achten wir darauf die Gesundheit anderer nicht zu gefährden.

Solidarität mit allen betroffenen Personen

Aufruf der Karawane Wuppertal

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(Anti-)Repression 1. Mai Antifaschismus Antirassismus & Migration Feminismus & Gender & Queer Soziale Kämpfe Termine Wuppertal

Am 27.10. auf die Straße gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen! Gemeinsam den Rassismus in Staat und Gesellschaft bekämpfen.

27.10.2020 | 17:30 Uhr | Landgericht Wuppertal | Demo gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen
Aufruf vom „Bündnis gegen Polizeigewalt und rechte Strukturen“
Der Auftakt der Demo findet am 27.10 um 17:30 Uhr vor dem Landgericht statt. Von da aus geht es zur Zwischenkundgebung an die Polizeiwache am Hofkamp, über den Neumarkt zur Zwischenkundgebung am Kasinokreisel und dann zum Hauptbahnhof.
Am Dienstag dem 27.10.2020 werden im Landgericht Wuppertal die Urteile gegen zwei Angeklagte in den Verfahren zum Autonomen 1. Mai 2018 gesprochen. War der gesamte Einsatz 2018 bereits ein großangelegter und versammlungsrechtlich unzulässiger Angriff auf linke Strukturen durch die Polizei, treiben Staatsanwaltschaft und Richterschaft das repressive Vorgehen weiter auf die Spitze. Die Betroffenen werden zu drakonischen Haftstrafen verurteilt, obwohl ihre Beteiligung an den vorgeworfenen Taten nicht ansatzweise nachgewiesen werden kann. Wir erleben wie Menschen nur aufgrund ihrer politischen Haltung bestraft werden. Rechtsstaatliche Grundsätze, wie die Unschuldsvermutung, werden mit Füßen getreten. Wir wollen die Verkündung der Urteile zum Anlass nehmen, breite Kritik auf die Straße zu tragen, denn das Problem ist bei Weitem größer, als eine Wuppertaler Polizei, die etwas gegen Linke hat.
In den letzten Wochen gab es fast täglich Berichte über neue Chatgruppen, in denen Mitglieder von Polizei und Verfassungsschutz menschenverachtende Hetze verbreiteten. Es ist völlig absurd, noch von Einzelfällen zu sprechen. Die Polizei hat ein Rassismusproblem.
Auch in Wuppertal erleben wir seit Jahren immer heftigere Übergriffe der Polizei. Besonders migrantische und linke Menschen werden dabei wieder und wieder zu Opfern der brutalen Polizeiwillkür. Allein in den letzten Wochen kam es zu unzähligen Vorfällen.
Beim Parking Day auf dem Laurentiusplatz verhängte die Polizei erst die Auflage, Masken zu tragen und zeigte anschließend Menschen wegen Vermummung an, weil sie zusätzlich noch eine Mütze trugen oder verteilte Bußgelder an Menschen, die die Maske kurzzeitig nicht über Mund und Nase gezogen hatten. Das gleiche Vorgehen war bei einer Demonstration für die Geflüchteten auf Moria am Döppersberg zu beobachten. Bei beiden Aktionen fiel auf, dass vor Allem migrantisch aussehende junge Menschen herausgepickt wurden. Im April schikanierte die Polizei die Teilnehmenden eines Gedenkens für den zuvor in Celle durch einen Rassisten ermordeten Arkan Hussein Khalaf und verhängte Geldstrafen über tausende von Euros, obwohl die Menschen auf Infektionsschutz achteten.
Bei der Wuppertaler „Ayayay – dieses Patriarchat“ Nachttanzdemo zum 8.März kam es auch zu Anzeigen. Diese richten sich zum einen gegen die Anmelderin der Versammlung, die wegen eines Verstoßes gegen das Vereinsgesetz und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz angezeigt wurde. Begründung: Am Lautsprecherwagen hing ein linksunten.indymedia-Transparent. Außerdem richtet sich eine Anzeige gegen eine Rednerin, bei der die Polizei behauptet von ihr beleidigt worden zu sein.
Am 1.Mai 2020 kam es zu einem skandalösen Großeinsatz der Polizei in der Wuppertaler Nordstadt, bei dem es reihenweise heftige Anzeigen gegen unschuldige Menschen hagelte. Hier wurde sogar Kleinkindern angedroht, dass ihre Eltern in Gewahrsam und sie in die Notbetreuung kämen.
Ein Dauerthema ist die stetige Repression gegen die kurdische Befreiungsbewegung und ihre Sympathisant:Innen, die vor Kurzem in Hausdurchsuchungen auf Grund von Posts bei Facebook gipfelte.
Das Programm des NRW-Innenministers schlägt in Wuppertal voll durch. Neben politisch aktiven Menschen trifft das auch BewohnerInnen der Stadtviertel. So kommt es im Stadtgebiet immer wieder zu stundenlangen Belagerungen von migrantisch geprägten Vierteln. Hunderte von Cops, die teilweise offen rassistisch Menschen anhand ihrer Hautfarbe oder ihres Aussehens kontrollieren und schikanieren, werden gedeckt und unterstützt von Bund und Ländern.
Die Politik von Reul führt zu mehr Polizeigewalt und die ist tödlich!
Die Angriffe von Polizisten, die tödlich enden, nehmen zu! In Wuppertal-Wichlinghausen wurde am 7. Dezember 2019 der 25-jährige Max von der Polizei erschoßen. Sein Vergehen? Er hatte mit einem Hammer Außenspiegel von parkenden Autos abgeschlagen.
Es reicht! – Warum sind es immer wieder die gleichen Beamten, die auffallen?
Weil in Wuppertal immer wieder bestimmte Beamte durch ihre besondere Brutalität hervortreten, werden wir am 27.10. vor der Wache Hofkamp einen Stopp einlegen, um dort eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen uns namentlich bekannten und besonders in Erinnerung gebliebenen Einsatzleiter zu überreichen.
Außerdem fordern wir eine unabhängige Ermittlungsgruppe zu rechten Netzwerken bei der Wuppertaler Polizei und die Aufklärung all der Fälle von Polizeigewalt und -willkür der letzten Jahre.
Kommt zahlreich, passt auf euch und andere auf. Seid kreativ und laut!
Die Täter*innen in Uniform zur Rechenschaft ziehen!
Polizeigewalt und rechten Strukturen entgegen treten!

Wuppertal, Oktober 2020
Wichtige weitere Termine:
28.10.2020 – Prozesstermin wegen der Anzeigen vom 8.März
9.11.2020 – Gedenkaktion zu den antisemitischen Pogromen von 1938 „Erinnern heißt Handeln!“

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(Anti-)Repression Feminismus & Gender & Queer Freiräume Recht auf Stadt Soziale Kämpfe Weltweit

Solidaritätserklärung mit der Liebig34


Wir senden Kraft und Liebe an euch, an die Menschen, denen die Liebig34 ein Zuhause ist. An die, die dort abends einschlafen und morgens aufwachen oder abends aufwachen und morgens einschlafen. An die, die das Haus bewohnen und beleben, deren Utopien in und um die Liebig greifbar wurden. An die, die das Projekt mitgestaltet und erhalten haben – ob mit Besen, Hammer oder Kochlöffel. An die, denen die Liebig, ihre Bewohner_innen und Nutzer_innen eine Familie geworden ist – ein Ort des zusammen träumen, zusammen Pläne schmieden, zusammen leben, lieben und kämpfen. An alle, denen die Liebig ein Teil ihres Lebens geworden ist und die ein Teil von der Liebig sind.

Als Nutzer_innen des AZ Wuppertal wissen wir, wie wichtig Räume sind, die wir nach unseren Bedürfnissen und Vorstellungen gestalten können, auch, wenn wir nur bedingt nachempfinden können, was es heißt, wenn der Freiraum auch der Lebensraum ist. Im AZ können wir uns ausprobieren oder zusammen kommen. Hier verbringen wir unsere Zeit – ob in der Kneipe, bei etlichen Plena, beim Sport, bei Konzerten und Party, zur Bandprobe. So unterschiedlich wie wir sind, so unterschiedlich nutzen wir das AZ. Aber – uns allen bedeutet dieser Raum etwas, mit dem wir schöne wie anstrengende Momente teilen. Denn, selbstverwaltet bedeutet halt auch, selbst die Klos zu putzen, bis zum Konsens zu diskutieren oder sich die Nacht bei ner Schicht um die Ohren zu schlagen.

Für uns alle ist das AZ ein Stück Alltag. Aber, wir wohnen hier nicht. Auch, wenn es das AZ eines Tages nicht mehr gibt, können wir immer noch in ein Zuhause. Wenn ein Raum aber auch noch das Zuhause ist, der Rückzugsort, dann können wir uns nur vorstellen, welch ein Gefühl von Wut und Trauer die bevorstehende Räumung erzeugt.

Dass die Liebig geräumt wird, macht auch uns enorm wütend. Die Liebig ist ein Projekt, welches nicht „nur“ ein Wohnprojekt war. Sie war ein Schutzraum für Menschen. Sie war ein Ort, an dem feministische und queere Utopien gelebt wurden. Ein Projekt, an dem militant feministische Kämpfe mit einem solidarischen Alltag verknüpft wurden. Ein Ort, der so wichtig war und viele Menschen über viele Jahre empowert hat.

Wir begrüßen den ständigen und vielfältigen Widerstand gegen Gentrifizierung und gegen Padovicz und seine Machenschaften.
Für mehr Widerstand gegen Patriarchat, Macker und Cops.
Für mehr anarchafeministische Queerness und Freiräume.

Liebig34 kämpft.
Solidarität auch mit den anderen geräumten oder räumungsbedrohten Projekten in Berlin und woanders.

Nutzer_innen des Autonomen Zentrums Wuppertal im Oktober 2020


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Solidarity with Liebig34!

We send strenght and love to you, who call the Liebig34 their home. To those, who fall asleep there and wake up in the morning or those who wake up in the evening and fall asleep in the morning. To those, who live in the house and bring it to life, to those whose utopies are realized in and around it. To those, who have built up and maintained the house… with brooms, hammer or cooking spoons. To whose who found a family in it and it‘s residents and occupants. It‘s a place to dream together, to make plans together, to live, love and fight together. To those, whom the Liebig is a part of their life and who are part of the Liebig.

As occupants of the AZ Wuppertal we know how important it is, to have places which we can create according to our needs and ideas, even though we can only imagine how it must feel if this place is your home as well. In the AZ we can experiment and try ourself, we can come together and spend our time, whether it is in the bar, at hundreds of plenaries, concerts, parties or band rehearsals or when doing sport together. As different as we are, as different we use the AZ. But to all of us this place means something, something that brings joy, but also effort, because self-governing means aswell, to clean the toilets, to discuss until you find a consent or to stay awake the whole night to do a shift at a party.

For all of us the AZ Wuppertal is a big part of our daily life. But we don’t live here. Even though if the AZ won’t exist anymore one day, we still have a place to go home to. But if a place like this is your home as well, a safer space, then we can imagine, what feelings of anger and grief the upcoming eviction provokes.

The Liebig is a project, which has never only been a place to live. It is a safer space for people. It is a place where feminist and queer utopias came to life. A place, where militant feminist fights and solidarity in daily life are strongly connected. A place, that has been so important and has empowered many people over years.

We welcome the constant and diverse resistance against gentrification and against Padovicz and his machinations.
For more resistance against patriarchy, and cops.
For more anarcha-queer-feminist spaces.

Liebig34 fights!
Solidarity goes out as well to all the other evicted or endangered projects in Berlin and anywhere else!

Occupants of the AZ Wuppertal, October 2020.

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(Anti-)Repression Wuppertal

Mal wieder Polizeigewalt in Wuppertal…

Pressemitteilung der Initiative „Bürger*innen beobachten die Polizei“
Die Polizei dein Freund und Helfer
In einem Video auf Instagram ist zu sehen, wie am 19.9.2020 ein blinder Mensch durch mehrere Polizisten drangsaliert wird. Unter dem Videobeitrag ist zu lesen, dass es sich um eine Ausweiskontrolle handelt, weil der Mensch seinen Ausweis nicht freiwillig vorzeigen wollte. Was dann folgt ist eine kaum auszuhaltende Abfolge widerlichster Gewalthandlungen. Er wird von mehreren Seiten durch Polizisten bedrängt, durchsucht und schließlich mit Handschellen versehen zu Boden gebracht. Die Einwände des blinden Mannes, er hat seine eigene Ordnung in der Tasche und will selber seinen Ausweis rausholen und zeigen, interessiert die Ordnungshüter nicht. Ebensowenig wie die Tatsache, dass eine filmende und hörbar weinende Person immer wieder fassungslos darauf hinweist, dass der Mann blind ist und Gewalt gegen Behinderte ausgeübt wird. Sie wird sogar noch darauf hingewiesen, dass das Filmen der Situation strafrechtliche Konsequenzen für sie haben kann.
Für die Polizei jedenfalls wird es keine Konsequenz haben. Wie die Erfahrung zeigt, können die Schlägertrupps im Staatsdienst ihre Allmachtsphantasien ausleben, konsequenzlos wenn es gegen politisch Andersdenkende, Minderheiten und Menschen mit Migrationshintergrund geht.
Das könnte auch im vorliegenden Fall der Grund für die Ausweiskontrolle sein. Der Mensch hatte lange Haare, vielleicht wurde er für einen „Linken“ gehalten, die halten sich ja sowieso an keine Regeln und „fangen sich eher ne Kugel ein“. So die Aussage eines Polizisten aktuell in Dresden. Oder vielleicht haben sie auch gedacht es handelt sich um einen Menschen mit Migrationshintergrund. Schließlich waren die Haare dunkel und vielleicht hat er sich etwas orientierungslos bewegt, was dann einen Drogenkonsum nahe legt. Wie auf dem Parking Day am 18.9.2020, einer Aktion von Umweltaktivisten im öffentlichen Parkraum, als die Teilnehmer auf Fahrrädern von der Wuppertaler Polizei gestoppt wurden und es Anzeigen und hagelte. Die erste Anzeige kassierte leider selbstverständlich die einzige dunkelhäutige Person auf der Demonstration.
Wie auf den Fotos und im aktuellen Video zu sehen, ist federführend der Ordnungshüter P. Gröteke mit seiner als Hooligan-Schläger in Szene gesetzten Truppe dabei. Konsequenzlos agiert er in Wuppertal wie die Axt im Walde, immer vorne dabei, wenn es darum geht Schwache, Minderheiten oder politisch unliebsame Menschen zu drangsalieren und zu quälen. Wie am 1. Mai 2020, als er zwei alleinerziehende Väter mit ihren Kleinkindern festsetzte, den weinenden und panischen Kindern mitteilte, dass er die Väter jetzt mit in Polizeigewahrsam nehmen werde und die Kinder dem Jugendamt übergeben werde. Aufgebrachte Anwohner*innen schafften dann offenbar so viel öffentliche Aufmerksamkeit, dass Gröteke dann sein Vorhaben doch nicht umsetzen konnte und alle vier durften gehen. Ja, auch die Kinder mussten einige Zeit umringt von der Polizei auf dem Boden sitzend eine Ausweiskontrolle über sich ergehen lassen.
Ein weiterer Fall: Erst gestern Vormittag konnte ein angemeldeter (!) Infostand der Bürger*inneninitiative „Osterholz bleibt“ aufgrund der eigenmächtigen Entscheidung von P. Gröteke nicht durchgeführt werden.
Dies sind nur einige Beispiele aus einer langen Reihe von gewaltsamen Polizeimaßnahmen in Wuppertal. Alle Konsequenzlos, weil die Erfahrung zeigt, dass wenn man sich wehrt z.B. durch eine Anzeige gegen die Polizei, entweder gar nicht erst ermittelt wird, das Verfahren eingestellt wird oder selber eine Anzeige durch die Polizei kassiert. (Vergleiche Studie der Universität Bochum – https://kviapol.rub.de/index.php/inhalte/zwischenbericht)
In der Studie wurden 3375 Fälle untersucht, gerade einmal 439 Fälle wurden durch die Justiz verfolgt und in gerade einmal 1,98 % der Fälle Anklage erhoben/ein Strafbefehl gestellt. Das gibt den Hooligan-Ordnungshütern die Sicherheit für ihr sadistisches Verhalten, für das Ausleben ihrer Allmachtsphantasien nicht belangt zu werden. Weder durch eine Gesinnungsjustiz noch durch die Politik, die von Einzelfällen faselt und der Überzeugung ist, dass die große Mehrheit der Polizei auf dem Boden des Gesetzes steht.
Die Gesetze machen die Hooligans in Uniform selber. Sie decken sich gegenseitig. Der Korpsgeist schützt sämtliche widerlichen Gewalthandlungen, einzelne Kolleg*innen bei denen sich das Gewissen regt, werden als Nestbeschmutzer diffamiert und ausgegrenzt.
Der vorliegende Fall des Quälens eines offensichtlich blinden und beeinträchtigten Mannes in Wuppertal reiht sich ein in eine immer offener zutage tretende rechte Gesinnung von Polizeibeamten die nichts zu befürchten haben, egal ob sie persönliche Daten von politischen Gegnern abrufen und Morddrohungen als NSU 2.0 verschicken, „Hitlerbildchen“ per Whats App verschicken oder Linken eine Kugel verpassen wollen.
Wir werden das Verhalten von P. Gröteke und seiner Hooligan-Schlägertruppe nicht länger hinnehmen.
Shame on you
Bürger*innen beobachten die Polizei, Wuppertal
Quellen:
https://www.youtube.com/watch?v=z2ifu-ul2GI
https://www.t-online.de/region/wuppertal/news/id_88612186/wuppertal-polizei-beendet-demo-fuer-autofreie-friedrich-ebert-strasse.html
https://www.radiowuppertal.de/artikel/waldschuetzer-kritisieren-polizei-725015.html

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(Anti-)Repression 1. Mai Antifaschismus Antirassismus & Migration Ökologie

Forum gegen Polizeigewalt und Repression – Kundgebung gegen Reuls Sicherheitspolitik am 8.8. in Leichlingen

Kundgebung:
Forum gegen Polizeigewalt und Repression
Samstag, 8. August 2020 ab 13 Uhr
Neuer Stadtpark – Leichlingen (Rheinland)
Forum gegen Polizeigewalt und Repression - 08.08.2020 - 13 Uhr - Neuer Stadtpark - Leichlingen

Forum gegen Polizeigewalt und Repression

am 8.8. laut gegen Reuls Sicherheitspolitik
Leichlingen bei Köln

Mindestens zehn Menschen starben in NRW in den letzten drei Jahren durch Polizeikugeln. In diesen Fällen präsentiert die Polizei fast immer die gleiche Geschichte: Die Beamt*innen seien angegriffen worden und hätten in Notwehr schießen müssen, eine andere Entschärfung der Situation sei nicht möglich gewesen.
So auch im Juni 2019, als der 32-jährige Adel B. in Essen von einem Polizisten erschossen wurde, da er mit einem Messer auf drei Polizist*innen zugestürmt sei. Das Handyvideo eines Nachbarn zeigt allerdings einen anderen Ablauf der Geschehnisse: Die Polizei erschoss Adel B. durch eine Haustür. Der Nachbar erzählt zudem, Polizist*innen hätten das Video von seinem Handy gelöscht, er konnte es nur aus einer Cloud wieder herstellen. Trotz dieser Widersprüche und Falschaussagen der Polizist*innen bleibt die Staatsanwaltschaft bei der Notwehrtheorie und stellte die Verfahren gegen die beteiligten Beamt*innen ein. Die benachbarten Polizeidirektionen ermittelten und Staatsanwaltschaften und Gerichte folgen unkritisch der polizeilichen Darstellung, so dass die tödlichen Schüsse regelmäßig ohne juristische Konsequenzen für Polizist*innen bleiben.
Allein im letzten Jahr gab es weitere vergleichbare Todesfälle: Am 7. Dezember 2019 wurde in Wuppertal ein 25-jähriger von der Polizei erschossen, nachdem er mit einem Hammer Autospiegel abgeschlagen hatte; Anfang Januar 2020 erschoss in Gelsenkirchen ein Polizeianwärter einen Menschen vor einer Polizeiwache.
Und auch in anderen Teilen des Sicherheitsapparates herrscht Corpsgeist statt Aufklärung: Im September 2018 verbrannte Amad A. in seiner Zelle in der JVA Kleve, wo er nach einer Verwechslung fälschlicherweise einsaß. Auf den aus seiner Zelle ausgelösten Notruf reagierten die wachhabenden Justizvollzugsbeamten nicht. Eine Aufklärung der Vorkommnisse lässt auf sich warten.
Polizeigewalt, Rassismus, Racial Profiling, Rechte Polizist*innen, die Liste berechtigter Vorwürfe ist lang, bundesweit und in auch NRW. Endlich gibt es überall wahrnehmbare Proteste, die wir auch direkt vor die Haustür des Innenministers tragen wollen.
Die neue Koalition von CDU und FDP wählte „Sicherheitspolitik“ zum zentralen Thema der Landesregierung. Innenminister Reul profiliert sich der Öffentlichkeit damit als starker Mann, der vorgibt, endlich hart durchzugreifen. Schnell wurde dazu 2018 das neue Polizeigesetz durch den Landtag gebracht, das der Polizei weitreichendere Befugnisse verschafft und diverse rechtsstaatliche Grundlagen außer Kraft setzt. Diese verschärfte „Law and Order“ Politik hat für Betroffene schwerwiegende Folgen und schränkt regelmäßig demokratische Grundrechte ein.
Für politische und soziale Bewegungen bedeuten die Gesetzesverschärfungen zugunsten angeblicher Sicherheit und Ordnung meist vor allem Repression: Aktivist*innen werden eingeschüchtert, kriminalisiert und oftmals nach der Hufeisentheorie als vermeintliche Extremist*innen diffamiert, wie etwa die Klimabewegung im Hambacher Wald und „Ende Gelände“. Für wessen Interessen die NRW-Innenpolitik steht, belegen – nach vielfachem Leugnen des Innenministers Reul – veröffentlichte Akten, über ein Treffen von RWE-Konzern und Innenministerium, auf dem Begründung und Durchführung der Räumung des Hambacher Waldes geplant wurde. Während der Räumung kam es zu einem Todesfall, als ein Videojournalist von einer Brücke zwischen zwei besetzten Bäumen abstürzte.
In Wuppertal trifft die verschärfte Repression Teilnehmer*innen der autonomen 1. Mai Demonstration 2018, die für ihren Versuch, selbstbestimmt zu demonstrieren nach dem reformierten §114 StGB (tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte) zu drakonischen Geld- und teilweise sogar Freiheitsstrafen verurteilt werden.
Und wer seine Solidarität mit dem Kampf der kurdischen Bewegung gegen den „IS“ und für ein freies Rojava zum Ausdruck bringt, muss mit Razzien, Verfahren nach §129b StGB (Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland), Versammlungsverboten, und anderen Schikanen wegen vermeintlichen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz rechnen, wie beim kurdischen Mezopotamien-Verlag und Musikverlag MIR Multimedia geschehen.
Auch Herbert Reuls Lieblingsthema, die Bekämpfung vermeintlicher „Clan-Kriminalität“ hat für einzelne Betroffene drastische Auswirkungen. So kann schon das Tragen des „falschen“ Nachnamens Anlass für eine der massenhaft durchgeführten Razzien sein, bei denen die Polizei schwerbewaffnet Wohnungen und Geschäfte stürmt. In den betroffenen Stadtvierteln macht sich der Eindruck einer polizeilichen Besatzungspolitik breit. Grundsätzlich trägt die öffentlich wirksame Kriminalisierung ganzer Gewerbezweige, wie zuletzt von Shisha-Bars, zu einer entsprechenden Stigmatisierung bei. Ein Zusammenhang mit dem rechten Terroranschlag mit 10 Toten in zwei Shisha-Bars in Hanau, liegt auf der Hand. Hier als Landesregierung lediglich auf die AfD zu zeigen, soll von der eigenen Verantwortung ablenken.
Neben der Verfolgung vermeintlicher Clan-Kriminalität und der Kriminalisierung linker Bewegungen bagatellisiert Reul rechte Strukturen. Das Posieren für ein Foto bei der Razzia in einer Diskothek in Essen, während zeitgleich Neonazis in Dortmund einen Fackelmarsch abhalten konnten, macht seine Prioritäten deutlich. Auch Bürgerwehren wie in Essen-Steele und Herne bleiben weitgehend unbehelligt. Und selbst wenn, wie jetzt in Hamm, ein Polizist als mutmaßliches Mitglied einer rechten Terrorgruppe enttarnt wird, bleibt Reul der Hufeisentheorie treu und vermeldet, er dulde in der Polizei Extremismus weder von links noch von rechts.
Wir halten es für nötig, uns gegen die immer weitreichendere autoritäre Formierung durch die aktuelle Regierung und die Versicherheitlichung der Gesellschaft zu organisieren. Dazu wollen wir Innenminister Herbert Reul in die Verantwortung nehmen und ihn mit einer angemeldeten Kundgebung an seinem Wohnort mit den Folgen seines Handelns konfrontieren.
Wer eine Politik zu verantworten hat, deren Auswirkungen politische Aktivist*innen mit Gewalt, Repression und Überwachung bis in die privatesten Lebensbereiche überzieht, kann sich nicht in der Anonymität seines Büros im Ministerium verstecken und abends auf den Feierabend berufen.
Wer eine Politik zu verantworten hat, die immer häufiger Menschen durch die ihm unterstellten Institutionen das Leben kostet, muss damit rechnen, jederzeit und überall konfrontiert zu werden.
Deshalb veranstalten wir ein
Forum gegen Polizeigewalt und Repression
Am Samstag, den 8.8.2020, 13-18 Uhr
Ort: Leichlingen (Rheinland)

Wir wollen einen Ort schaffen, um Betroffene und Solidaritätsinitiativen zusammen zu bringen und in einen gemeinsamen Austausch zu treten.

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(Anti-)Repression Corona Soziale Kämpfe Wuppertal

„Für ein solidarisches Viertel“ – Aufruf zur Kundgebung am 14.8 auf dem Ölberg

In den letzten Wochen und Monaten bekam man ein Wort immer wieder zu hören. Sei es in den Abendnachrichten, der Morgenzeitung, der Werbung oder auf Pressekonferenzen der Regierenden.
Ständig war die Rede von Solidarität.
Man müsse solidarisch sein mit den Alten und Vorerkrankten. Mit denen, die durch das Coronavirus am meisten gefährdet sind.
Vertreter aus Politik und Wissenschaft verkündeten Solidarität würde bedeuten sich an die von ihnen verordneten Maßnahmen zu halten.
Mundschutz tragen und Abstand zu seinen Mitmenschen einzuhalten.
In Zeiten einer grasierenden Pandemie ist es nicht solidarisch große Menschenansammlungen zu meiden und das Risiko andere zu infizieren zu minimieren, sondern einfach nur vernünftig.
Rücksichtnahme ist keine Solidarität!
Und Solidarität lässt sich auch nicht von oben diktieren und bei Nichteinhaltung sanktionieren.
Sie ist niemals passiv, sondern muss immer mit einer aktiven Handlung einhergehen.
Solidarisch in dieser Krise waren die Menschen, welche Telefonketten organisierten und denen halfen, die durch das Virus am meisten gefährdet sind.
Und eben nicht diejenigen die andere denunzierten weil sie gegen die Coronaauflagen verstoßen haben.
Solidarisch waren auch diejenigen, welche eben nicht auf Distanz blieben sondern auf die Menschen zugingen die am meisten unter den verordneten Maßnahmen zu leiden haben.
Wie z.B. Menschen die isoliert zu Hause sind, dort Gewalt erfahren oder gar kein zu Hause haben.
Solidarität bedeutet der Zerstörung unserer Umwelt einen Riegel vorzuschieben, damit solche Krisen nicht ständig aufs Neue entstehen.
Es bedeutet hinzuschauen und diejenigen nicht zu vergessen die in den Gefängnissen und Lagern dieser Welt dem Virus und Seuchen aller Art schutzlos ausgeliefert sind.
Solidarität würde bedeuten das Sterben im Mittelmeer und dessen Ursachen wie Kriege und Armut zu beenden, sowie die politisch Verantwortlichen und wirtschaftlichen Profiteure zur Verantwortung zu ziehen.
Solidarisch sind wir wenn wir Arbeitskämpfe gerade auch in den unterbezahlten sogenannten systemrelevanten Berufen zu unser aller Angelegenheit machen.
Wenn wir uns gemeinsam gegen die zunehmende Verdrängung und Wohnraumverknappung zur Wehr setzen.
Wenn wir Freiräume schaffen und verteidigen in denen jeder Mensch unabhängig von der Größe des Geldbeutels Zugang zu Bildung und Kultur hat.
Wenn wir Homophobie, Sexismus und Antisemitismus in diesen Räumen nicht dulden.
Wenn wir rassistische Angriffe auf unsere Mitmenschen, als Angriffe auf uns alle verstehen und die Faschisten aus unseren Straßen, unseren Vierteln und unseren Städten vertreiben.
Solidarisch sein heißt auch nicht wegzuschauen, wenn Menschen aufgrund ihrer Haut- oder Haarfarbe, aufgrund ihres Nachnamens, ihrer Kleidung oder Frisur von Polizisten oder Ordnungsbehörden schikaniert werden.
Lasst uns nicht einfach weiter nebeneinander her leben und uns stattdessen gegenseitig unterstützen.
Helft euren Nachbarn und schaut nicht weg wenn sie Probleme haben.
Lasst uns gemeinsam ein solidarisches Viertel aufbauen.
Kommt alle zur Kundgebung „Für ein solidarisches Viertel“ am 14.8.20 auf den Schusterplatz in Wuppertal / Elberfeld
Los geht’s um 19 Uhr inklusive musikalischer Unterhaltung.

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(Anti-)Repression Antifaschismus Antirassismus & Migration Corona

Forum gegen Polizeigewalt und Repression

Forum gegen Polizeigewalt und Repression NRW
Mit der Koalition von CDU und FDP nach der letzten Landtagswahl 2017 ist das Thema „Sicherheit“ in NRW wieder einmal ins Zentrum der Politik der Landesregierung gerückt. Innenminister Reul präsentiert sich der Öffentlichkeit als starker Law and Order Mann, der vorgibt, endlich hart durchzugreifen und kompromisslos gegen angebliche rechtsfreie Räume vorzugehen.
Für die Betroffenen dieser Politik hat das Handeln der Sicherheitsbehörden oft gravierende bis fatale Auswirkungen. Um diese Folgen öffentlich zu thematisieren und inhaltlich zu verbinden, verschiedene Spektren von Betroffenen miteinander bekannt zu machen und der aggressiven Sicherheitspolitik des NRW Innenministeriums die angemessene Kritik entgegen zu setzen, fand sich Anfang 2020 das Bündnis „Forum gegen Polizeigewalt und Repression NRW“ zusammen.
Mindestens zehn Menschen starben in NRW in den letzten drei Jahren durch Polizeikugeln. Die Opfer und ihre Angehörigen haben kaum eine Lobby. Konsequenzen für die Todesschützen bleiben fast immer aus. Einsätze mit Todesfolge stellen aber nur die Spitze des Eisbergs beim Thema Polizeigewalt dar. Auch wenn die Folgen nicht gleich tödlich sind, gehört Polizeigewalt vielerorts zum Alltag bei Polizeieinsätzen, selbst dann, wenn die ursprünglichen Gründe dieser Einsätze oft banal sind. Auffallend hierbei ist, dass sich Berichte, Vorwürfe und Anzeichen häufen, die ausgeübte Polizeigewalt sei rassistisch motiviert. Parallel mehren sich Enthüllungen von rechten Strukturen, auch in der Polizei NRW. Eine durch Korpsgeist und halbherzig arbeitende Ermittlungsbehörden geförderte Sicherheit der Straffreiheit für die Täter*innen bereiten zusätzlich den Boden für diese brisante Mischung. Die Beteuerungen Herbert Reuls wirken wenig glaubwürdig, wenn er in diesem Zusammenhang feststellt, er dulde in der Polizei Extremismus weder von links noch von rechts. Im Gegenteil, bleibt er auch hier der Hufeisentheorie treu und nennt sogar die Gefahr durch „Linksextremisten“ in der Polizei zuerst, als würde diese ein akutes Problem darstellen. In der Praxis trägt er aber beispielsweise mit seiner Fokussierung auf die „Bekämpfung der Clan Kriminalität“ zur Stigmatisierung bestimmter Migrant*innen und zur sozialen Spaltung der Gesellschaft bei.
Die genannte Hufeisentheorie zum „Extremismus“ findet natürlich auch Anwendung bei der Repression gegen politische und soziale Bewegungen. Auch in diesem Bereich hat die Landesregierung u.a. mit der Durchsetzung des neuen Polizeigesetzes den Druck erhöht und setzt ihre neuen Befugnisse teilweise rigoros durch. Unterstützt wird sie dabei vielfach von Gerichten, die die neuen Paragrafen in aller Härte anwenden.
Durch die aktuelle Situation, unter Einfluss des Covid-19 Virus, wurde die Überwachung des öffentlichen und teilweise auch des privaten Raums weiter verschärft. Dies zeigte sich beispielsweise Ende April bei einem Fall in Essen, der überregional Schlagzeilen machte. Dort stürmte die Polizei aufgrund der falschen Vermutung eines Verstoßes gegen die Corona-Schutzverordnungen eine Wohnung und verletzte diverse Mitglieder einer migrantischen Familie brutal.
Es wird sich zeigen müssen, inwieweit die Ordnungsbehörden bereit sind, nach einer Eindämmung der Pandemie von ihren neu erhaltenen Aufträgen und Befugnissen wieder abzurücken, oder ob sie auch weiterhin das öffentliche und private Leben in Parks und auf Plätzen überwachen und kontrollieren und damit immer weiter in das soziale Leben einzudringen.
Auch für uns als Bündnis brachte der Ausbruch der Corona-Pandemie unerwartete und schwierigere Rahmenbedingungen. Gestartet mit dem Ziel, die genannten Themen zu skandalisieren, sowie zusammen zu kommen, uns auszutauschen und die Verantwortlichen der verfehlten Politik mit ihrem Handeln zu konfrontieren, verlagerte sich die gemeinsame Arbeit in den letzten Wochen in den digitalen Bereich. In der Folge haben wir eine Sammlung einzelner Fälle und der teils fatalen Auswirkungen von Polizeigewalt und Repression begonnen, die wir auf diesem Blog zusammentragen und veröffentlichen.
Es bleibt aber unser Ziel, unserer Kritik auch draußen auf der Straße Nachdruck zu verleihen, und wir werden damit beginnen, sobald dies in einem sinnvollen Rahmen wieder möglich ist. Achtet also in den kommenden Wochen und Monaten auf Ankündigungen, beteiligt euch an Aktionen, dokumentiert Polizeigewalt, wenn ihr sie beobachtet und unterstützt die Betroffenen.
Forum gegen Polizeigewalt und Repression NRW im Juni 2020
forumnrw.noblogs.org/

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(Anti-)Repression Antirassismus & Migration

Gerechtigkeit für Adel – Er ist kein Einzelfall / Demonstration gegen rassistische Polizeigewalt in Essen

Gerechtigkeit für Adel - Er ist kein Einzelfall / Demonstration gegen rassistische Polizeigewalt in Essen
Die Ermordung von George Floyd hat der Welt aufgezeigt wie grausam rassistische Polizeigewalt sein kann. Zurecht gehen die Menschen jetzt auf die Straße und kämpfen für ihre Rechte. So auch wir, denn rassistische Polizeigewalt gibt es nicht nur in den USA. Auch in Essen häufen sich die Fälle von Polizeiübergriffen, insbesondere gegen Menschen mit Migrationshintergrund. Durch die Corona-Pandemie mit zusätzlichen Befugnissen ausgestattet und bestärkt von der nicht vorhandenen Aufarbeitung von Polizeiübergriffen und der politischen Rückendeckung, nehmen die Schikanen, willkürlichen Polizeikontrollen und physischen Angriffe insbesondere in den Essener Arbeiterstadtteilen zu. Auch die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) und Ordnungsamt beteiligen sich in zunehmend an diesem ganz alltäglichen Terror. Inzwischen ist es traurige Realität, dass durch die Hand der Polizei Menschen mit Migrationshintergrund in dieser Stadt getötet werden.
Der Fall Adel B.
So auch letztes Jahr am 18. Juni. An diesem Tag wurde Adel B. von der Polizei durch die geschlossene Tür seines Hausflures erschossen. Zuvor hatte Adel sich an den Notruf gewandt und, mit dem Ziel psychologische Hilfe zu erhalten, gedroht, sich umzubringen. Adel hatte bereits in der Woche zuvor beim Notruf angerufen, damals wurde ein Seelsorger geschickt, und Adel hat sich in psychiatrische Behandlung begeben. Aus dieser wurde er auf Bescheid des Richters wieder entlassen. Am Tag von Adels Tod wurde dann von der Notrufzentrale nicht erneut ein Seelsorger mitgeschickt, sondern lediglich Beamte der Essener Polizei, die Adel mit gezogener Waffe konfrontierten. Obwohl Adel mit ihnen diskutierte, zwischenzeitlich das Messer beiseite legte und sich am Ende auf den Weg nach Hause machte, wurde er letztendlich von der Polizei erschossen. Im Nachhinein wurde behauptet, Adel hätte die Polizisten mit einem Messer angegriffen. Videos, die zu dem Vorfall auftauchten, widerlegen die Lügen der Polizei.
Der Fall Maikel Haile
Auch der aus Eritrea stammende Mikael Haile wurde 2017 in Essen von der Polizei erschossen. Die Polizei behauptete damals, aus Notwehr gehandelt zu haben, da Mikael sie angebliche mit einem Messer angegriffen haben soll. Dafür gibt es keine Beweise. Seit Anfang diesen Jahres haben Polizeiübergriffe in Essen noch weiter zugenommen: Der bekannteste Fall ist der der Familie Ayoub. Hier erschien die Polizei wegen einer angeblichen Ruhestörung. Unter diesem Vorwand wollten zwei Polizisten in das Haus der Familie Ayoub eindringen. Als Omar Ayoub sein Recht einforderte und einen Durchsuchungsbeschluss sehen wollte, wurden er und seine Familie von den Polizisten beleidigt und körperlich angegriffen. Im Nachhinein wird der Familie eine Verbindung zur organisierten Kriminalität angedichtet. Mit den Lügen soll erreicht werden, dass es keine Solidarisierung mit der Famile Ayoub gibt. Dieser und andere Fälle, wie der von Ridvan Saado im Februar, welcher im Polizeirevier Altenessen zusammengeschlagen wurde, oder der Angriff auf eine Familie aus Mülheim, die von der Polizei im März durch die ganze Stadt gehetzt wurde, nach dem sie eine Anzeige in einer Wache aufgeben wollten zeigen, dass rassistisch motivierte Polizeiübergriffe in Essen kein Ausnahmefall sondern System sind.
Rassismus und Polizeigewalt hat System
Wenn Betroffene ihrer Wut auf dieses rassistische Vorgehen Luft machen und das Verhalten der Polizei entlarven, hagelt es Lügen von der Polizei, Verleumdungen von der Presse und Verfahren von der Staatsanwaltschaft. Auf der anderen Seite verlaufen die „Ermittlungen“ gegen Polizeibeamte immer wieder im Sand und werden ganz systematisch unter den Teppich gekehrt, wie der Fall von Oury Jalloh es gezeigt hat. Mit so einer Rückendeckung können Polizisten ungehindert Menschen schlagen oder auch erschießen. Eine Strafe müssen sie nicht befürchten. Ganze Stadtteile wie Altendorf wurden zu Gefahrengebieten erklärt, dass bedeutet unter anderem „anlasslose“ oder „verdachtsunabhängige“ Personenkontrollen. Ziel der Kontrollen sind junge Menschen mit Migrationshintergrund. Unter dem Deckmantel der Kriminalitätsbekämpfung wird der Polizei erlaubt migrantische Teile der Bevölkerung einzuschüchtern und öffentlich wie medial zu kriminalisieren, allen voran die „WAZ“.
Das alles ist notwendiger Teil des Imperialismus. Wir sollen in „Deutsche“ und „Migranten“ unterschiedlicher Herkunftsländer gespalten werden, damit wir uns gegenseitig statt die bestehenden Verhältnisse bekämpfen. So dient der Rassismus in diesem Land als Vorwand einen großen Teil der arbeitenden Menschen stärkerer Ausbeutung und Unterdrückung auszusetzen und ebnet den Weg für Angriffskriege überall auf der Welt. Für uns muss eins klar sein: Wir dürfen dieses Spiel nicht mitspielen und uns nicht gegeneinander ausspielen lassen.
Es liegt an uns für Veränderung zu sorgen
Wir wollen uns die Schikane nicht mehr gefallen lassen. Immer wieder werden Menschen mit Migrationshintergrund angegriffen und kriminalisiert. Es trifft uns, unsere Nachbarn, Arbeitskollegen, Freunde und Verwandte. Deshalb rufen wir zu einer Demonstration auf. Wir wollen unsere Wut gemeinsam mit euch auf die Straße tragen. Niemand steht allein. Gerechtigkeit für Adel und alle Opfer von Polizeigewalt!

Kommt zur Demonstration, berichtet über die Übergriffe die ihr erlebt und mobilisiert mit!
Schickt uns Videos in denen ihr von euren Erlebnissen mit Polizeigewalt berichtet.

Ehrenzeller Platz Essen-Altendorf
20.06.2020 15:00 Uhr